Titel: Ueber künstliches Alizarin; von W. H. Perkin.
Fundstelle: Band 201, Jahrgang 1871, Nr. XLIII., S. 153
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XLIII. Ueber künstliches Alizarin; von W. H. Perkin. Im Auszug aus dem Journal of the Chemical Society, 1871, vol. VIII p. 133; aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. CLVIII S. 315. Perkin, über künstliches Alizarin. Den Farbstoff, welcher entweder nach Graebe's und Liebermann's ursprünglichem Verfahren oder aus der Sulfosäure des Anthrachinons erhalten wird, habe ich stets als Alizarin angesprochen. Man hat jedoch die Identität dieses Stoffes mit Krappalizarin in Frage ziehen wollen. Ich habe deßhalb einige Versuche hierüber angestellt und die zwei Producte auf's Sorgfältigste neben einander geprüft. Zu diesem Zweck verwendete ich sowohl gereinigtes sublimirtes als unsublimirtes künstliches Alizarin und zum Vergleich gereinigtes sublimirtes Alizarin aus Krappextract. Beide, natürliches wie künstliches, krystallisiren in Nadeln, welche gewöhnlich gekrümmt sind, namentlich wenn sie klein sind. Beide bilden mit caustischem Alkali violette Löfungen von gleichem Farbenton. Auf gebeizten Zeugen bringen beide die gleichen Farben hervor, die gleichmäßig die Behandlung mit Seife ertragen; beide besitzen gleichen Färbewerth. In Alkohol gelöst erzeugen sie mit essigsaurem Kupfer purpurfarbige Lösungen von genau gleicher Farbennüance. Mit dem Spectroskop untersucht erzeugen ihre kalischen Lösungen die gleichen Absorptionsbänder. Endlich gibt das präcipitirte Alizarin aus Anthracen bei Zersetzung mittelst Salpetersäure Phtalsäure. Nach den erwähnten Reactionen — andere prägnante Reactionen von Alizarin sind mir nicht bekannt — müssen wir künstliches und natürliches Alizarin als identisch ansehen. Man wollte künstliches Alizarin nicht als Ersatzmittel für Krapp gelten lassen, die Krappfarben würden, nicht durch reines Alizarin erzeugt, es wirkten dabei noch andere Farbstoffe mit. Nun ist aber neben Alizarin die einzige färbende Substanz des Krapps, welche die Schönheit der Farben nicht beeinträchtigt, das Purpurin. Dieser Körper ist von Alizarin in vielen seiner Eigenschaften verschieden; er löst sich z. B. in Alkalien mit hellrother Farbe, während Alizarin eine schön violette Lösung gibt. Seine Lösung in Alaun ist blaßroth mit gelber Fluorescenz; Alizarin ist in Alaun nahezu unlöslich. Seine optischen Eigenschaften sind auch sehr charakteristisch und von denen des Alizarins verschieden; ganz besonders ist dieß der Fall mit seiner Lösung in Alaun, deren Spectrum im grünen Theil zwei Absorptionsbänder zeigt; Alizarin gibt solche nicht. Professor Stokes hat gezeigt, daß diese Unterschiede so ausgesprochen sind, daß man Alizarin und Purpurin nachweisen kann in einer Krappmenge nicht so groß wie ein Stecknadelkopf. Es ist daher die Entdeckung eines jeden dieser Farbstoffe auf einem mit Krapp gedruckten Stück nicht schwer. Dr. SchunkJournal of the Chemical Society, vol. XII p. 202. bemerkt, er sey durch eine lange Reihe von Versuchen zu dem Schluß gekommen, daß das Endresultat der Krappfärberei lediglich in der Verbindung von Alizarin mit den verschiedenen angewendeten Beizen bestehe; er empfiehlt als leichtesten Weg, Alizarin im Kleinen rein zu bekommen, das Ausziehen desselben aus Krappdrucken. Ich habe auch in dieser Beziehung einige Versuche gemacht und auf fertigem Krappdruck nur Alizarin gefunden, selbst mit dem Spectroskop konnte ich Purpurin nicht entdecken. Man kann sich davon leicht überzeugen, wenn man aus einem mit Krapp gefärbten Stoff die Beize durch Salzsäure entfernt und den Farbstoff auf dem Zeug mit Kalilauge behandelt. Man wird dann eine blauviolette Lösung erhalten, wie mit reinem Alizarin. Wäre Purpurin in irgend nachweisbarer Menge vorhanden, so würde die Farbe der Lösung sich mehr und mehr dem Purpurroth nähern, entsprechend dem Procentgehalt an Purpurin. Ich will damit nicht behaupten, daß dieser Farbstoff niemals auf mit Krapp oder Garancin gefärbten Zeugen vorkomme, aber darüber kann kein Zweifel seyn, je ächter und brillanter die Farbe, desto reiner ist das Alizarin, das sich mit den Beizen verbunden hat. Ich erwähnte schon der Absorptionsspectren von Alizarin und Purpurin; es ist hier noch eine dritte Substanz zu besprechen, die unter gewissen Umständen ein Absorptionsspectrum gibt, dem des Alizarins so ähnlich, daß man sie bei der Prüfung mit dem Prisma leicht mit Alizarin verwechseln könnte; ich meine die Sulfoxanthrachinonsäure C14H6O2OH . SO3H. Auf dem hier folgenden Holzschnitt ist zu sehen, daß diese Säure in alkoholischem Kali gelöst zwei Absorptionsbänder von nahezu gleicher Lage gibt, wie bei Alizarin unter gleichen Umständen. Sie läßt sich jedoch von letzterem unterscheiden, wenn zur Untersuchung Lösungen in wässerigem Kali angewendet werden; dann gibt sie ein drittes Absorptionsband nahe bei E, das wenn auch nicht sehr dunkel, doch vollkommen deutlich ist. Alizarin in wässerigem Kali bewirkt eine mehr gleichmäßige Lichtabsorption und die Bänder sind nicht so scharf wie bei der alkoholischen Lösung. Nach Professor Stokes ist auch in diesem Fall ein drittes Absorptionsband zu bemerken, das aber so schwach ist, daß es sich in der allgemeinen Dunkelheit fast verliert. In ihren chemischen Eigenschaften unterscheidet sich die Sulfoxanthrachinonsäure wesentlich von Alizarin, denn sie ist in Wasser löslich und unlöslich in Aether, während Alizarin sich gegen diese Lösungsmittel umgekehrt verhält. Textabbildung Bd. 201, S. 155 I. Alizarin in alkoholischem Kalt. II. Sulfoxanthrachinonsäure in alkoholischem Kali. III. Sulfoxanthrachinonsäure in wässerigem Kali. IV. Purpurin in schwefelsaurer Thonerde.