Titel: Neuer Diffusionsapparat, mittelst dessen man die Säfte aller Pflanzen und hauptsächlich der Rüben und des Zuckerrohres gewinnen kann, selbst durch Erschöpfung des Pflanzenbreies mit kaltem Wasser; von Julius Robert in Gr. Seelomitz.
Fundstelle: Band 201, Jahrgang 1871, Nr. LXVIII., S. 257
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LXVIII. Neuer Diffusionsapparat, mittelst dessen man die Säfte aller Pflanzen und hauptsächlich der Rüben und des Zuckerrohres gewinnen kann, selbst durch Erschöpfung des Pflanzenbreies mit kaltem Wasser; von Julius Robert in Gr. Seelomitz. Patentirt in Bayern am 7. September 1869. — Aus dem bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt, 1871 S. 54. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Robert's Diffusiousapparat zur Gewinnung von Zuckersäften. Dieser Apparat ist in Figur 9 und 10 im Verticalschnitt und Grundriß dargestellt. Zur Gewinnung des Saftes mit Diffusion drückt man die früher durch eine Schneidmaschine entsprechend erzeugten Schnitte von Rüben (oder Zuckerrohr) durch eine Kolbenpresse A, durch das allmählich erweiterte Rohr B und den Boden G in den unteren Raum des Gefäßes C. Dieses Gefäß ist mit einem durchlöcherten Boden D von Holz oder Eisen versehen, damit die Schnitte zurückgehalten werden. Zwischen diesem Siebboden und dem unteren Boden H befindet sich eine Kupferschlange E, um mittelst Dampf die unteren Schichten des Gefäßinhaltes in einer Temperatur von beiläufig 40° R. zu erhalten. Diefe Temperatur läßt sich auch dadurch erzielen, daß man den Saft aus dem Gefäße C circa in 1/10 seiner Höhe vom Boden abnimmt und in einem abgesonderten Vorwärmer auf 70 bis 80° R. erwärmt, um denselben wieder bei B′ in B zu den frischen Schnitzeln zuzuführen. In diesem Falle fällt die Schlange E ganz weg. Die obere Fläche des durchlöcherten Bodens D wird fortwährend abgestreift durch zwei Flügelschaufeln F, welche ihre Bewegung von der sich drehenden Achse J erhalten. Die Bewegung wird durch die Riemenfcheibe K und eine endlose Schraube L, welche in das Zahnrad M eingreift, auf diese Achse übertragen. Die Flügelschaufeln haben nicht nur den Zweck, den Siebboden frei von Schnitzeln zu erhalten, sondern auch die durch das Rohr B anlangenden Schnitzel in das Innere des Gefäßes zu vertheilen und die Schichten regelmäßig in die Höhe zu leiten. Zu diesem Zwecke sind die Schaufeln nach aufwärts schief gestellt. Auf diese Weise gelangen die Schnitzel bis zu der Seitenöffnung N, durch welche sie hinausgeschoben werden, mittelst der oben befindlichen Flügelschaufeln F1, welche an derselben Achse J befestigt sind. Durch N fallen die Schnitte in die zweite Kolbenpresse A1, welche einen guten Theil des anhängenden Wassers entfernt. Ueber den zweiten Flügelschaufeln F1 befindet sich ein Siebboden D1, welcher mittelst über die Rollen O laufender Ketten und Gegengewichte befestigt ist, so daß man ihn nach Belieben heben oder senken kann. Durch die Löcher dieses Bodens vertheilt man das Erschöpfungswasser; dieses fließt aus dem kreuzförmigen Rohr P, welches ebenfalls an dem oberen Theile der Achse J befestigt ist und mit dieser sich dreht, während das Wasser aus kleinen Löchern, die an dem unteren Theile der Rohrflügel angebracht sind, herabläuft. Das Ende dieses Kreuzrohres ist mittelst einer Stopfbüchse Q mit einem festen Rohre R verbunden, welches mit einem Wasserreservoir in Verbindung steht. Am Boden des Gefäßes C ist ein Ablaufrohr S, welches die extrahirten Säfte aufsteigend in die Läuterpfannen T führt und mit einem Ventil U versehen ist. V ist ein Ablaufventil, um das Gefäß vollkommen zu leeren. X ist eine Dampfpipe, um sowohl das Rohr S, als die Schlange E zu reinigen. Die Dampfschlange E kann auch durch direct einströmenden Dampf ersetzt oder verstärkt werden. Der ganze Apparat kann, — bis auf die Centralachse J, die Schlangen und Röhren — aus Holz, Eisen oder Mauerwerk construirt werden. Am oberen Theile des Gefäßes C befindet sich ein Glasständer Y, um die Höhe des Wasserstandes beobachten zu können. Endlich kann der Apparat auch in Brennereien zur Extraction benutzt werden, wenn man aus dem kreuzförmigen Rohr P heißes Wasser oder heiße Schlempe zur Erschöpfung verwendet, wobei die Schlange E als unnöthig wegfällt. Das Diffusionsverfahren, wie es seit fünf Jahren im Betriebe ist,Beschrieben im polytechn. Journal Bd. CC S. 127 (zweites Aprilheft 1871). hat, obwohl man sich von dessen Vortheilen im Allgemeinen überzeugte, manche Wünsche angeregt, um es noch schneller und allgemeiner empfehlenswerth zu machen. Man konnte noch immer die Bemerkung entgegenstellen, daß, ungeachtet der durch die verhältnißmäßig geringe Maschinen- und Handkraft erzielten bedeutenden Ersparnisse, die Diffusion in manchen Localitäten nicht eingeführt werden könne, weil man das nöthige Wasser nicht habe und weil die Transport- und Anschaffungskosten der nöthigen Gefäßbatterien große Schwierigkeiten und Kosten verursachen, welche die Einrichtung mindestens ebenso theuer machen, wie die Aufstellung von Pressen oder Walzen. Dazu kommen die vielen Röhren und Ventile, deren systematische Benutzung erst durch einige Uebung erworben werden konnte; endlich die immer nachtheilige Unterbrechung im Fall einer Verstopfung eines Rohres oder Hahnes, oder das Undichtwerden eines Mannloches. Diese Mängel sind in dem neuen Apparate vollständig beseitigt; statt 200 und noch mehr Procent Wasser braucht man zur Erschöpfung nur so viel Wasser, um den Saft in den Zellen zu ersetzen. Statt der vielen Gefäße, Röhren und Hähne braucht man nur ein einziges großes Gefäß, welches die Schnitte von einer 3½ stündigen Arbeitszeit zu fassen vermag; ein Rohr, 8 bis 12 Zoll im Durchmesser und etwa 12 Fuß lang, für die Schnitte zum Füllen des Gefäßes; ein zweites Rohr, 4 bis 6 Zoll im Durchmesser und etwa 20 Fuß lang, zum Abziehen des Saftes, und 4 bis 6 Hähne oder Ventile für Saft, Wasser und Dampf. Was geschah hingegen bei dem bisherigen Diffusionsbetrieb? Man füllte 5, 6, 7 bis 8 Gefäße mit Schnitten und ließ das Wasser durch 3 bis 4 Stunden auf sie einwirken, nachdem man sie früher durch heißen Saft auf 40° R. erwärmt hatte. Die Continuirlichkeit bestand darin, daß man für jedes erschöpfte Gefäß von rückwärts ein neu gefülltes Gefäß nach vorne einschaltete, von dem der concentrirte Saft entnommen wurde. Es wurden die durch einen 3½ stündigen Diffusionsaustausch gewonnenen Säfte schichtenweise durch kaltes Wasser verdrängt, so daß am Anfange der Batterie die Säfte am concentrirtesten waren, während sie allmählich gegen das vordrängende Wasser bis zu 0° abnahmen und so auch die Abnahme der Temperatur von 40° bis zur Temperatur des kalten Wassers. Die Einwirkung des wärmenden Saftes oder Wassers dauerte gerade so lange, um die Schnitte auf 40° und nicht darüber hinaus zu erwärmen (was allerdings bei dem Zuckerrohr nicht dieselbe nachtheilige Folge hat wie bei der Rübe, wegen der nicht vorkommenden Pektinbildung). Ganz ähnliche Verhältnisse treten nun auch bei dem neuen Apparate auf. Die Schnitte werden ganz continuirlich dem unteren Ende des Gefäßes C zugeführt, wo die Säfte am dichtesten sind und abgezogen werden. In dem Maaße als sie zutreten, werden sie durch eine entsprechende Menge heißen Saftes entweder schon in dem Rohre B vorgewärmt, oder das Schlangenrohr E erwärmt den dasselbe umgebenden Saft und mithin die damit successive in Berührung kommenden Schnitzel, welche aber durch die Schaufelarme F in die Höhe gehoben werden, um anderen Platz zu machen. In beiden Fällen findet nur die momentane, zur Einleitung der Diffusion erforderliche Erwärmung statt; das Gefäß aber faßt die in 3½ Stunden geschnittenen Schnitzel, welche, indem sie successive in die Höhe gehoben werden und dem Wasser entgegentreten, vollständig erschöpft werden. Eine Höhe des Gefäßes von 16 bis 14 Fuß zwischen den beiden Siebböden ist hinreichend, um die ganze Stufenleiter vom concentrirten Saft bis zum Wasser, trotz der unvermeidlichen Mischungen durchzumachen, wobei der Saft nicht mehr als 10 Proc. Verdünnungswasser haben darf. Wenn nun fortwährend Wasser einerseits und erwärmte Schnitzel andererseits in das Gefäß eintreten, so kann man auch continuirlich verarbeitungsfähigen Saft durch das unten am Boden befindliche Rohr abziehen, wobei zu bemerken ist, daß der untere Siebboden diese Ausdehnung hat, um durch die vielen Löcher jeder Hemmung in dem Saftabzuge vorzubeugen. Nur im Anfange tritt der kleine Uebelstand ein, daß in den unteren Raum des Gefäßes Wasser eingeführt werden muß, da noch kein Saft vorhanden ist; es braucht aber nur die Schlange bis 2 Zoll über dem Siebboden D damit bedeckt zu seyn. Aber diese Rücksicht hat man nicht zu nehmen, wenn das heiße Wasser durch das Rohr B bei B1 eingelassen wird. Der Wasserstand in dem Gefäß C muß immer eine Höhe von 12 Fuß über dem unteren Siebboden D haben, so daß noch immer ein paar Fuß Druck vorhanden sind, mit welchem der Saft in den Läuterkessel abgezogen wird. Die Schnitzel, welche in Folge des Druckes von unten aufsteigen, überdecken diese Wasserlinie um 1 bis 2 Fuß, theils um auf die unter ihnen befindlichen zu drücken, theils um etwas abzutropfen, bevor sie durch die Oeffnung N in die zweite Kolbenpresse A1 gelangen, von wo sie durch ein nach Belieben verlängertes Rohr dorthin geschafft werden, wo man sie haben will. Will man nun die Operation einstellen, so läßt man das Wasser durch das Kreuzrohr fortlaufen, bis man nur noch Wasser in die Scheidepfanne erhält. Dann läßt man das vorhandene Wasser aus dem Gefäße C durch den Ablaufhahn V abziehen. Die Schnitzel kann man nun durch ein an geeigneter Stelle angebrachtes Mannloch entfernen, oder oben durch einen Aufzug ausleeren, denn während des Betriebes hat man gegenüber dem bisherigen Verfahren auch den Vortheil, daß der Apparat sich selbst entleert, wodurch auch wieder Handarbeit erspart wird. Man kann auch zur größeren Sicherheit des Ganges sowohl das Erschöpfungswasser, als das Wärmwasser durch eine geeignete Meßvorrichtung periodisch einlaufen lassen, damit das entsprechende Verhältniß zu den Schnitzeln genau eingehalten werde, was sonst erst durch einen intelligenten Arbeiter mittelst der Stellung des Hahnes ausprobirt werden muß. Das Gefäß C von einer Höhe von 16 Fuß und von 12 Fuß Durchmesser faßt 400 Centner Schnitzel zwischen den beiden Siebböden und ist für eine tägliche Verarbeitung von 2000 Centnern geeignet. Bei einer Verarbeitung von 4000 Centnern müßte der kubische Inhalt zweimal so groß seyn. Das Gefäß braucht nur um 3 Fuß höher und 3 Fuß breiter zu seyn, um dieser doppelten Leistungsfähigkeit zu genügen. Alles Andere bleibt sich beinahe gleich, daher die unbedeutenden Mehrkosten, welche überhaupt gegen die jetzigen Anschaffungskosten und Raumerfordernisse verschwindend klein sind. Ebenso braucht das Wasserreservoir nur ein paar Fuß höher als das Gefäß zu stehen. Daß man die Schnitzel nicht mit Dampf zu erwärmen braucht, sondern wie früher erwähnt, mit heißem Saft, ist besonders vortheilhaft für jene Fabriken, welche auf freiem Feuer kochen und überhaupt keinen Dainpf haben. Die Betriebskosten sind kaum der Rede werth, indem für den größten Betrieb bloß eine Controlle bei der Kolbenpresse A, in welche sich die Schneidmaschine entleert, und ein Mann bei der letzteren zu seyn braucht, der sowohl den Zulauf des Erschöpfungswassers, als auch des abgezogenen Saftes nach seiner Stärke regulirt. Eine erhebliche mechanische Kraft ist nur bei der Schneidmaschine in Anschlag zu bringen, und allenfalls bei der zweiten Kolbenpresse A1, da die frischen Schnitzel, welche gleich im Rohre B durch Saft gedrängt werden, nur sehr geringen Widerstand leisten.

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Tafel Tab.
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