Titel: Ein Colorimeter; von H. Rheineck.
Autor: H. Rheineck
Fundstelle: Band 201, Jahrgang 1871, Nr. CXI., S. 433
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CXI. Ein Colorimeter; von H. Rheineck. Mit einer Abbildung. Rheineck's Colorimeter. Bei den in Hohenheim ausgeführten landwirthschaftlich-chemischen Versuchen vor mehreren Jahren als assistirender Chemiker betheiligt, fiel mir unter Anderem auch die Aufgabe zu, die Undurchsichtigkeit der Milch, bezüglich ihres Fettgehaltes, zu messen. Die vor längeren Jahren zu diesem Zwecke von Donné angegebene Methode schien mir die einfachste und dem Principe, daß die Undurchsichtigkeit oder Trübung der Milch im einfachen Verhältniß zu ihrem Fettgehalte stehe, am angemessensten gegenüber den anderen hierbei angewendeten Methoden. Textabbildung Bd. 201, S. 433 Das von ihm dazu angegebene Instrument, Lactoskop, mußte aber nothwendig abgeändert werden. Es besteht aus zweien, mittelst eines Schraubengewindes parallel gestellten und beweglichen, eben geschliffenen Glasplatten, zwischen welche man die zu messende Milch gießt. Norm der Undurchsichtigkeit ist das Verschwinden der Umrisse einer durch die Milchschicht betrachteten Stearinkerzenflamme. Direct werden also die Höhen verschiedener Milchschichten gemessen. Da aber außerordentlich kleine Differenzen in Betracht kommen, so ist die geringste Ausnutzung des Schraubengewindes eine bedeutende Fehlerquelle. Bei meinem Instrumente, wovon vorstehende Figur eine schematische Seitenansicht darstellt, ist die parallele Bewegung durch die Divergenz zweier Glasplatten ersetzt. Dieselben sind eben geschliffen und stark, um nicht leicht gebogen werden zu können Die untere Platte ist auf der Rückseite mit einer Scale versehen, deren Nullpunkt sich bei a befindet, und an dem einen Ende mit einem eingelegten Platindraht, durch welchen die Platten einen sehr kleinen Winkel bilden. Die obere Platte ist am einen Ende, welches auf der unteren Platte aufliegt, derart schief abgeschliffen, daß die Kante bei a mit dem Drahte bei b parallel ist. Ein Metallhalter, welcher leichtes Aus- und Einlegen gestattet, hält die Platten immer in gleicher Lage zusammen. Da die Schwere der oberen Platte die Cohäsion der Flüssigkeit nicht überwindet, und jene nur auf derselben schwimmt, zieht man die Schrauben sanft an, wenn man den Platten die in der Figur angedeutete Stellung gegeben hat. Diese Schrauben müssen auf die Berührungslinien bei a und b senkrecht wirken, andernfalls die Divergenz krummlinig wird. Zwei oder drei Tropfen der zu messenden Flüssigkeit reichen gewöhnlich aus, den Raum zwischen den beiden Platten soweit zu füllen, als erforderlich ist, um bei gewöhnlichem Tageslicht das Verschwinden der Theilstriche wahrzunehmen. Als Maaß der Undurchsichtigkeit liest man den letzten noch deutlich sichtbaren Theilstrich, Grad, ab. Wenn man eine Milch mit Wasser mischt, so verändern sich Fettgehalt und Undurchsichtigkeit im gleichen Verhältniß wie die Concentration. Eine Milch z. B., welche gewichtsanalytisch 3 Proc. Fett ergab, zeigte 68° meines Instrumentes; mit 0,1 Raumtheil Wasser vermischt 75°, d. i. beinahe 11/10 mal 68. Mit ½ Raumtheil Wasser vermischt, zeigte sie 103°. Jedoch verhalten sich nicht alle Milchen gleich. Ein anderes Beispiel zeigte bei 3 Proc. Fettgehalt 62°, woraus nach dem Obigen 3,29 Proc. Fett zu berechnen wären. Diese Abweichung fand ihre Erklärung durch die mit dem Mikroskop gemachte Beobachtung, daß die undurchsichtigere Milch durchschnittlich kleinere Fettkügelchen enthält. Dadurch wird für feinere Messungen zwar jedes Lactoskop unbrauchbar; es ist aber ohne Zweifel für die Zwecke der Milchpolizei in großen Städten nützlicher als die Milchwaage, da jedenfalls der Handelswerth der Milch besser nach ihrem ungefähren Fettgehalte, als nach dem specifischen Gewichte beurtheilt wird. Als Colorimeter ist das beschriebene Instrument allgemeiner verwendbar. Bringt man eine stark gefärbte Flüssigkeit zwischen die Glasplatten, so hat man alle Intensitäten von der Farblosigkeit bis zur Undurchsichtigkeit vor Augen. Es findet zwischen der Intensität einer Farbstofflösung und der Höhe der Schichte dasselbe Verhältniß statt, wie zwischen der Undurchsichtigkeit der Milch oder einer Emulsion überhaupt und der Höhe der Schichte. Man kann die Intensität concentrirter Lösungen von Indigo, Anilinfarbstoffen, Lackmus u. s. w. in absoluter Weise messen, wenn man eine gewisse Anzahl sichtbarer Grade des Instrumentes als Norm annimmt, oder in relativer, wenn man mittelst mehrerer genau gleich justirter Instrumente gleiche Intensitäten verschiedener Lösungen vergleicht. Bei gewissen Materialien, z. B. Lackmus, deren färbender Bestandtheil nicht oder nur sehr schwierig in reinem Zustande herstellbar, und deren wässerige Lösung nicht lange haltbar ist, kann die absolute Methode nützlich angewendet werden, indem man dadurch in den Stand gesetzt ist, sich stets gleich intensive Lösungen herzustellen. Ich habe z. B. für gewisse Untersuchungen für Normal-Lackmuslösung 50° meines Instrumentes festgehalten. Diese Normallösung braucht man sich niemals herzustellen, indem man aus den Graden auf die Verdünnung schließen kann. Da (nach den Gesetzen der ähnlichen Dreiecke) die Grade sich wie die Höhen verhalten, so stehen die Intensitaten im umgekehrten Verhältniß zu den Graden. Hagen in Westphalen, den 18. Juli 1871.