Titel: Ueber Springmühl's Natrium-Sprengapparate; von Dr. Adolph Reiche.
Autor: Adolph Reiche
Fundstelle: Band 202, Jahrgang 1871, Nr. CXXIII., S. 538
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CXXIII. Ueber Springmühl's Natrium-Sprengapparate; von Dr. Adolph Reiche. Reiche, über Springmühl's Natrium-Sprengapparate. Hr. Dr. Springmühl beschrieb in diesem Journal Bd. CCI S. 54 (erstes Juliheft 1871) höchst einfache Apparate, um mit Natrium unter Wasser zu sprengen, welche Abhandlung mich veranlaßte, in dieser Richtung gleichfalls einige Versuche anzustellen, deren Resultat in Folgendem kurz mitgetheilt sey. Die mit Natrium gefüllten Glaskugeln, deren Ansatzrohr zur Abhaltung der Luft mit einem geschmolzenen Salze gefüllt wird, explodiren mit Wasser in Berührung gebracht mit hinlänglicher Heftigkeit um jede Eisdecke zu sprengen und zeigen einen um so größeren Effect, je verdünnter der Raum der Kugel ist (d.h. je schneller das Wasser nach Auflösung der Salzschicht hineinstürzt) und je feiner vertheilt das Natrium ist. Niemals jedoch wird der theoretisch berechnete Effect bei Glaskugeln erzielt, und zwar aus dem Grunde, weil die Kugel eher explodirt, als alles Natrium zur Wasserzersetzung gelangt ist und alsdann in der größeren Menge umgebenden Wassers sich vertheilt. Man muß daher meiner Meinung nach auf eine Umhüllung sehen, welche dem Drucke des im ersten Augenblicke sich entwickelnden Gases einigen Widerstand zu leisten im Stande ist. Alsdann wird durch den erhöhten Druck im Inneren des Apparates die Temperatur so bedeutend erhöht, daß fast alles fein zertheilte Natrium zur Wirkung kommt, und die Explosion erfolgt erst in dem Augenblicke wo der innere Druck die Cohäsion der Umhüllung überwindet. Auf diese Weise erhält man mit den in Springmühl's Abhandlung angegebenen stark galvanisch verkupferten Glaskugeln bei weitem stärkere Resultate. Ich würde jedoch vorschlagen, sowohl der größeren Billigkeit, als auch der Widerstandsfähigkeit wegen, eiserne, zinkene oder ähnliche Umhüllungen für die Patronen zu wählen, oder auch direct eiserne Patronen anzuwenden. Man gibt den Sprengapparaten eine cylindrische Gestalt und hüllt sie in unten ganz und oben theilweise verschlossene eiserne Cylinder ein. Letztere lassen sich aus nicht zu dicken, alten eisernen Röhren leicht herstellen. Im Uebrigen läßt man der Patrone die von Springmühl angegebene Gestalt. Das Luftleermachen der Patrone geschieht sehr leicht, indem man einen Tropfen Petroleum in derselben erhitzt und zuschmilzt, bei dessen Verdichtung alsdann ein luftleerer Raum entsteht. Die Schicht geschmolzenen Salzes erhält man am leichtesten, wenn man einfach den Apparat mit der einen Seite in dasselbe taucht und sofort nach dem Erstarren wieder herauszieht. Will man kein Glas anwenden, was besonders bei baldiger Verwendung der Patrone überflüssig ist, so nehme man kleine eiserne oder zinkene Röhrenstückchen, tauche das untere Ende in ein geschmolzenes Salz, so daß die Oeffnung verschlossen wird, bringe durch die andere das unter der Luftpumpe mittelst einer einfachen Vorrichtung an der Stopfbüchse der Glocke fein zerschnittene Natrium hinein, etwas dünnes Kupferblech darüber, um ein Herausfallen des Metalles zu verhüten, und tauche nun das noch offene Ende ebenfalls in das Salz, lasse letzteres erstarren und verschließe die so vorbereitete Patrone beiderseits durch aufgelöthete oder aufgeschraubte Eisenkapseln, welche mäßig große Oeffnungen enthalten. Solche eiserne Apparate versagen niemals, es sey denn, daß die Umhüllung im Verhältniß zu den aufgesetzten Kapseln gar zu stark gewesen wäre, wodurch eine Entladung nach den beiden Oeffnungen hin stattfände. Den Eisenpatronen kann man natürlich beliebige Formen geben, um möglichst viel Wasser mit dem Natrium in Berührung zu bringen, Die von Springmühl sinnreich erdachten Apparate zu Sprengungen über Wasser, welche ich ebenfalls anwandte, werden wohl keine Verwendung finden können, da unsere Sprengmittel, Nitroglycerin, Schießbaumwolle etc. sowohl bequemer, als auch billiger erscheinen. Als Zünder läßt sich das Natrium in jeder Art leicht anwenden, wenn man darauf achtet, so wenig zu nehmen daß eine Explosion desselben vor der Explosion des Sprengmittels nicht stattfindet.