Titel: Elektro-pneumatische Schutzvorrichtung für Cassen.
Fundstelle: Band 204, Jahrgang 1872, Nr. X., S. 26
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X. Elektro-pneumatische Schutzvorrichtung für Cassen. Nach dem Scientific American vom 11. November 1871, S. 30). Elektro-pneumatische Schutzvorrichtung für Cassen. Zweifelsohne hat das Raffinement der Einbrecher mit jenen Erfindungen, welche ihren Angriffen auf Geldschränke etc. zu begegnen bezweckten, gleichen Schritt gehalten und weder eines der sichersten Cassenschlösser, noch die solideste Festigkeit der Schrankwände haben bis jetzt volle Sicherheit geboten. Duncan und Rowell, die Erfinder der zu beschreibenden Schutzvorrichtung (electro-pneumatic protector), sind jedoch der Ueberzeugung, daß durch ihren Apparat ein absoluter Schutz gegen das gewaltsame Einbrechen oder unbefugte Oeffnen von Geldschränken und Cassen etc. verbürgt sey. Das Princip einer solchen Vorrichtung besteht darin, daß der Geldschrank mit einem elektrischen Weckerapparat derart in Verbindung gebracht ist, daß bei jedem Durchdringen der Schrankwände, sowie beim unbefugten Oeffnen der Schrankthür, die Circulation des elektrischen Stromes gestört und dadurch der Alarmapparat in Thätigkeit versetzt wird. Dieser Alarmapparat oder Wecker ist in einer den Dieben unerreichbaren Stelle, z.B. an der Außenseite des Gebäudes auf der Straße angebracht und durch eine solide Stahl- und Eisen-Verkleidung gleichfalls gegen Einbruch versichert. Der Wecker läutet, wenn er einmal in Bewegung gesetzt wurde, wenigstens eine volle Stunde lang und kann nur von einer Person welche die Einrichtung des Apparates kennt und den Schlüssel zu dem (nach Art der Vexirschlösser construirten) Weckerverschlusse besitzt, zum Stillstande gebracht werden. Die Magnetmultiplicationen des eigentlichen Alarmapparates stehen mit dem Schrank und den Batterien durch ein eigenthümlich construirtes Drahtkabel in Verbindung. Die eigentliche Schutzvorrichtung (der Protector) besteht in einem doppelwandigen Kasten aus Metallplatten, in welchen die zu beschützenden Cassen u. dgl. eingesetzt werden. Die Wände des Schutzkastens sind luftdicht hergestellt und denselben wird durch Füllungen von gepreßtem Holze die nöthige Steifheit gegeben. Alle zwischen den Wänden hohl gebliebenen Räume sind untereinander in Verbindung und communiciren durch ein Kautschukrohr auch mit dem hohlen Raume der Thürwand, welche wie die Seitenwände des Kastens construirt ist. Im Inneren des Schutzkastens ist eine Oeffnung gelassen, welche durch eine Art Ventil geschlossen werden kann. Mittelst einer kleinen Luftpumpe, welche durch einen biegsamen, luftdichten Schlauch ebenfalls mit dem Luftraume der Thür in Verbindung steht, kann nun die Luft zwischen den Wänden ausgepumpt werden und es schließt sich dann das erwähnte Ventil. Die Metallklappe des Ventiles stellt in dieser Lage die metallische Verbindung der zu dieser Stelle geführten Stromleitungen her, während sie beim Oeffnen des Ventiles abfällt und die Stromleitungen unterbricht. Für die erwähnte Luftpumpe sind zur bequemen Unterbringung auf der inneren Seite der Thür passende Stützen angebracht, an welchen jene aufgehängt wird, wenn sie nicht im Gebrauche ist. Weiters ist an der Innenwand der Thür ein isolirter kupferner Knopf angebracht, welcher sich beim Schließen der Thür zwischen zwei im Kasten befindliche Kupferfedern einklemmt und auf diese Weise den Stromweg an einer zweiten Unterbrechungsstelle herstellt, so daß damit dem Strome unbehindert seine reguläre Circulation gestattet ist. Bei einer der bezeichneten Kupferfedern schließen nämlich die Drähte an, welche zu einem Pole der Batterie, z.B. zum Kupfer führen, und bei der zweiten Feder jene welche zu den Multiplicationen der Elektromagnete des Schlagwerkes gehen. Bei der einen Contactseite der Ventilklappe hingegen sind die Drähte zum zweiten Batteriepol (also in unserem Falls zum Zink) angeschlossen, und bei der anderen Contactseite die Drähte welche von den Multiplicationen des Alarmapparates zurückkommen. Ist also die Thür des Schrankes und das Ventil geschlossen, so ist der Stromweg continuirlich hergestellt; die Anker im Alarmapparate werden von den nun magnetisch gewordenen Elektromagneten angezogen und das Uhrwerk des Weckers kann eingestellt werden. Wird nun die Schrankthür geöffnet, ehe das Uhrwerk von einem Sachverständigen arretirt wurde, so hört die anziehende Kraft der Elektromagnete im Alarmapparate in demselben Augenblicke auf, wo die Thür so weit aufgemacht wurde daß der metallische Contact zwischen dem beschriebenen Kupferknopf und den Kupferfedern aufgehoben, d.h. der elektrische Strom unterbrochen worden ist. Es reißen in Folge dessen die Anker im Alarmapparate ab und lösen das Uhrwerk des Weckers aus, der zu läuten beginnt. Das Gleiche muß geschehen, wenn mittelst irgend eines Instrumentes die äußere Wand des Protectorschrankes durchbohrt wird. Durch die geringste Oeffnung dringt die äußere Luft ein, die Metallklappe des Ventiles fällt herunter, unterbricht dadurch den Strom, und der Alarmapparat kommt in Thätigkeit. Ducan und Rowell wenden Alarmapparate mit drei Elektromagneten an; jeder der letzteren ist mit einer selbstständigen Leitung versehen. Durch das Abreißen auch nur eines der drei Anker wird das Weckeruhrwerk ausgelöst. Die sechs Leitungsdrähte sind in einem eigenthümlich construirten Kabel vom Alarmapparat zum Protectorkasten geführt. Es sind drei der isolirten Drähte (z.B. zwei positive a und b, und ein negativer c) zu einem dünnen Seile fest zusammengedreht; die anderen drei Leitungen (hier also der positive c, und die negativen a und b) sind zusammengeflochten und mit ihnen das dünne Drahtseil überwickelt. Wollte man die Drähte trennen und die zusammengehörigen Leitungsdrähte aufsuchen, allenfalls zu dem Zwecke um eine zweite Batterie einzuschalten, so würde dieß schon aus mechanischen Gründen unmöglich seyn, abgesehen davon daß physikalische Untersuchungen nur constatiren ließen, welche Drähte positiv und welche negativ sind, nicht aber, welche zusammengehören. Der Versuch, die äußeren Drähte abzuwickeln, muß nothwendig eine noch stärkere Drehung der inneren zur Folge haben und den einen oder den anderen derselben zerreißen, somit den elektrischen Strom unterbrechen. Von der Batterie, welche an einem beliebigen Orte angebracht werden kann, gehen die Batterieanschlußdrähte gleichfalls in Form eines Kabels zum Protectorkasten. Jede Verletzung dieser Drähte, sowie des zum Alarmapparate führenden Kabels, würde natürlich gleichfalls die Unterbrechung des elektrischen Stromes und dadurch das Auslösen des Uhrwerkes zur Folge haben. Der Alarmapparat wird am besten an der äußeren Mauer des Gebäudes auf der Straße angebracht, wo er von jedem Vorübergehenden deutlich gesehen und gehört werden kann. Ohne Leiter ist es nicht möglich zu ihm zu gelangen, und ohne Licht kann nichts dabei gethan werden. Jeder Versuch, denselben von seiner Stelle zu bringen, würde den Wecker in Thätigkeit versetzen. Der Apparat kann selbstverständlich außerhalb eines Gebäudes an irgend einem Stockwerke oder irgend einem Zimmer, überhaupt an jedem beliebigen Orte aufgestellt werden, und ebenso kann man für einen und denselben Protector zwei oder mehrere Apparate an verschiedenen Orten anbringen. Durch die beschriebene Einrichtung ist also eine vollkommene Sicherung von Geldschränken etc. gegen Einbruch wirklich erreicht und das Beste geleistet, was in dieser Richtung bisher erfunden wurde. Diese Erfindung wurde am 15. November 1870 und am 1. August 1871 in den Vereinigten Staaten von Amerika patentirt. Weitere Nachrichten über dieselbe ertheilt Hon. A. H. Cragin, Post building (Room 13), Hanover street, corner Beaver street, New York city. –––––––––– Es ist auffallend, daß im Scientific American vom 11. November 1871 eine Erfindung beschrieben und als einzig in ihrer Art dastehend bezeichnet wird, nachdem dieselbe in der Hauptsache, nämlich in den Grundzügen, schon ein Jahr früher im polytechn. Journal Bd. CXCVII S. 542 als Walk's Sicherheit-Vorrichtungen für Lassen“ veröffentlicht worden ist. – Wahrscheinlich ist Hr. Joh. Walk, Beamter der nieder-österreichischen Escompte-Gesellschaft in Wien – welcher schon am 21. Juni 1869 ein Patent für Amerika durch den amerikanischen Gesandten in Wien nachgesucht, bis jetzt aber nicht erhalten hat – das Opfer eines geistigen Diebstahles geworden. Die Redaction d. p. J.