Titel: D'Arlincourt's Telegraphen-Relais.
Fundstelle: Band 204, Jahrgang 1872, Nr. XXXV., S. 135
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XXXV. D'Arlincourt's Telegraphen-Relais. Nach Engineering, März 1872, S. 142. Mit Abbildungen auf Tab. III. D'Arlincourt's Telegraphen-Relais. Bei den in Frankreich gebräuchlichen Relais oscillirt ein leicht beweglicher Hebel unter dem Einflusse eines Elektromagnetes. Diese Vorrichtung läßt jedoch verschiedene Einwürfe zu. In dem Eisen des Hebels und in den Polen des Elektromagnetes zeigt sich immer ein kleiner Rückstand von Magnetismus, weßhalb die Entmagnetisirung derselben nicht momentan stattfinden kann. Die Folge davon ist eine Verminderung der Transmissionsgeschwindigkeit der Signale. Außerdem erfordert die geringste Aenderung in der Länge oder in der Isolation der Leitung, ja sogar in der Art der Transmission, eine neue Justirung des Apparates, denn der rückständige Magnetismus des weichen Eisens ändert sich mit der Intensität und Dauer des Stromes. Gegenströme in Folge der Induction sind unvermeidlich, und bei langen Linien oft kräftig. Sie bringen bei derartigen Relais Störungen hervor und machen die Transmission öfters unmöglich. D'Arlincourt glaubt durch das von ihm erfundene und nach einem neuen Princip construirte Relais die erwähnten Schwierigkeiten beseitigt zu haben. Es sey c, Fig. 4, ein magnetisirter Stahlstab; xy die Mittellinie; N und S seine Pole; D eine Magnetnadel, deren Drehungsachse in der Linie xy liegt. Die Richtung der Nadel fällt alsdann mit dieser Linie zusammen, wobei ihr Nordpol dem Südpol des Magnetes c zugewendet ist. E, Fig. 5, ist ein Elektromagnet, durch dessen Drahtwindungen ein continuirlicher galvanischer Strom geht; n, s sind dessen Pole. Angenommen nun, der Elektromagnet werde auf den Südpol des Magnetes c gestellt, so daß, wie Fig. 6 zeigt, sein Südpol s rechts und sein Nordpol n links von der Achse des Magnetes zu liegen kommt: so wird die Nadel D augenblicklich abgelenkt, wobei ihr Nordpol n rechts von der Achse xy gegen den Südpol des Magnetstabes zu liegen kommt. Wird alsdann der Elektromagnet entfernt, so weicht die Nadel, wie Fig. 7 zeigt, nach der entgegengesetzten Seite ab, indem sich ihr Nordpol n links von xy stellt und in dieser neuen Lage stehen bleibt, wodurch sie eine permanente Verschiebung des Südpoles S des Stabes c nach der linken Seite seiner eigenen Achse xy anzeigt. Bringt man den Elektromagnet in die Lage Fig. 6, so stellt sich das Nordende der Nadel D wieder rechts von der Achse xy, und entfernt man ihn, so wird die Nadel abermals nach der linken Seite der Achse abgelenkt. Wechselt man die Pole des Elektromagnetes rücksichtlich der Achse des Stahlmagnetes, so wiederholen sich die Bewegungen des Nordpoles wie vorher, nur nach entgegengesetzter Richtung. Kurz, wenn der Elektromagnet auf dem Südpol des Stahlmagnetes c haftet, so bleibt der Nordpol der Nadel D nach derjenigen Seite der Achse xy abgelenkt, auf welcher sich der Südpol des Elektromagnetes befindet. Entfernt man dagegen den Elektromagnet, so wird die Nadel nach der anderen Seite der Achse abgelenkt und bleibt dann in dieser Lage stehen. D'Arlincourt gibt von dieser Erscheinung folgende Erklärung: Wenn man den Elektromagneten, wie in Fig. 6, auf den Südpol des Stahlmagnetes stellt, so wird der letztere von dem Südpol des Elektromagnetes abgestoßen und von seinem Nordpol angezogen, mithin nach der linken Seite der Achse xy verschoben. Nach Zurückziehung des Elektromagnetes wird dieser Südpol des Stabes durch die Coercitivkraft zurückgehalten und bleibt, wie Fig. 7 zeigt, auf der linken Seite von xy. So lange jedoch der Elektromagnet in der Lage Fig. 6 verharrt, bleibt trotz der Verrückung des Südpoles des Stahlmagnetes nach der linken Seite von xy der Nordpol der Nadel, wegen der überwiegenden Anziehungskraft des Südpoles des Elektromagnetes, rechts abgelenkt. Wird dagegen der Elektromagnet entfernt, so bewegt sich der Nordpol der Nadel, welcher jetzt nur noch unter dem Einflusse des Südpoles des Magnetstabes steht, augenblicklich nach der linken Seite der Achse xy in die in Fig. 7 dargestellte Lage. Anstatt die Pole des Elektromagnetes dem Stahlmagneten zu nähern und von demselben zu entfernen, läßt sich die nämliche Wirkung auch auf andere Weise hervorbringen. Man befestigt den Elektromagnet permanent an den Südpol des Stahlmagnetes und sendet intermittirende Ströme durch die Drahtwindungen des Elektromagnetes. Durch jeden Strom wird der Nordpol der Nadel gegen den Südpol des Elektromagnetes abgelenkt, bei jeder Unterbrechung bewegt sich die Nadel wieder zurück. Somit lassen sich Ablenkungen in eben so rascher Folge hervorbringen, als der galvanische Strom geschlossen oder unterbrochen wird. Diese Art, die Nadel abzulenken, ist vortheilhafter, als die erstere; denn im Momente der Unterbrechung des Contactes entsteht in den Windungen des Elektromagnetes ein directer Extrastrom, welcher den Magnetismus der Pole des Elektromagnetes steigert und zum großen Theil zur Verschiebung des Südpoles des Stahlmagnetes beiträgt. Fig. 8 stellt eine zum Zweck eines Relais dienende Anordnung der Magnete dar. An dem Südpol eines kräftigen Hufeisenmagnetes sind die Pole eines Elektromagnetes befestigt. Zwischen den Schenkeln des letzteren erhebt sich eine Armatur P in Form eines verticalen Stäbchens aus weichem Eisen, welche um ein am Nordpol des permanenten Magnetes angebrachtes eisernes Scharnier beweglich ist. Diese Armatur stellt demnach selbst einen permanenten Nordpol dar. Sendet man nun eine Reihe unterbrochener Ströme durch die Windungen des Elektromagnetes, so oscillirt das Stäbchen P im Sinne der oben erwähnten Bewegungen der Magnetnadel. Bei jedem Strom wird dasselbe nach dem Südpol des Elektromagnetes hingezogen, bei jeder Unterbrechung des Stromes nach der entgegengesetzten Richtung abgestoßen. Es genügt, die Stromrichtung zu ändern, um das Stäbchen in entgegensetztem Sinne oscilliren zu lassen. Zu beiden Seiten des freien Endes des Stäbchens sind Metallschrauben angebracht, um den zum Betrieb eines Relais erforderlichen Contact herzustellen und die Oscillationen einzugrenzen. Relais, welche nach vorstehendem Princip construirt sind, besitzen nach D'Arlincourt folgende Vortheile. In Folge des permanenten Magnetismus des Stäbchens und der Beschaffenheit der die Oscillationen desselben bedingenden Kräfte, wird die Wirksamkeit des Apparates durch den Einfluß des rückständigen Magnetismus weder gestört noch geschwächt. Die Thätigkeit des Apparates ist von der. Richtung und Intensität des Stromes unabhängig. Er arbeitet, ohne einer Regulirung zu bedürfen, und gestattet ohne Schwierigkeit eine Umkehrung der Bewegung. Es ist möglich, ohne die Transmissionsgeschwindigkeit zu vermindern, die Zahl der Apparate auf schlechten Telegraphenrouten zu vermehren und die letzteren auf diese Weise zu verbessern. Das Stäbchen oscillirt mit solcher Schnelligkeit, daß die Depeschenbeförderung mit Hülfe dieses Relais so vor sich geht, wie bei directer Communication. D'Arlincourt war im Stande, durch Anwendung seines Relais, eine Depesche von Paris direct nach Marseille mittelst eines autographischen Apparates zu senden, wobei die Transmissionsgeschwindigkeit derjenigen des Hughes'schen Apparates gleich kam. Mit Hülfe seines in Paris eingeschalteten Relais gehen Telegramme von Marseille nach London.

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Tafel Tab.
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