Titel: Ueber Verwendung der Steinkohlenlösche zu künstlichem Brennmaterial; von E. F. Loiseau.
Fundstelle: Band 204, Jahrgang 1872, Nr. C., S. 364
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C. Ueber Verwendung der Steinkohlenlösche zu künstlichem Brennmaterial; von E. F. Loiseau. Vorgetragen im American Institute of Mining Engineers. – Aus dem Engineering and Mining Journal, März 1872, S. 152. Loiseau, über Verwendung der Steinkohlenlösche zu künstlichem Brennmaterial. Wenn Mittel geschafft werden könnten, um die Menge der bei der Zubereitung des Anthracites zu Marktwaare mittelst des Brechers auf jeder Grube fallenden Staubkohle oder Lösche zu vermindern, so würde dadurch beim Kohlenbergbau eine große Ersparniß ermöglicht werden. Daß dieser Zweck aber wirklich erreicht werden kann, bezweifle ich nicht. Wenn diese Staubkohle in ein künstliches Brennmaterial umgewandelt werden könnte, welches fast eben so gut wie der Anthracit selbst wäre, und zwar zu sehr mäßigem Preise, so daß solches Brennmaterial etwas unter dem Preise des Anthracites verkauft werden könnte, so würde dieß jedenfalls der beste Weg seyn, sich in den Anthracitregionen der ungeheuren Anhäufungen von Lösche auf den Grubenhalden zu entledigen. Daß die Staubkohle, wenn sie eine Anzahl von Jahren der Einwirkung der Atmosphärilien ausgesetzt war, sehr bedeutend von ihrer Heizkraft verloren hat, ist eine bekannte Thatsache. Steinkohle jeder Art erleidet beim Lagern an freier Luft, den Einflüssen der Witterung ausgesetzt, einen langsamen Verbrennungsproceß, indem sie Sauerstoff aufnimmt und die flüchtigen Oxydationsproducte abgibt. Bei dieser Zersetzung spielt die atmosphärische Luft nebst der Feuchtigkeit die Hauptrolle, und Wärme befördert hierbei die Zersetzung, deren Schnelligkeit durch die höhere Temperatur bedingt wird. Es ist demnach klar, daß ein künstliches Brennmaterial, das gänzlich aus Staubkohle dargestellt ist, welche lange Zeit dem Einflusse von Wind und Wetter ausgesetzt war, mit gewöhnlichem Anthracit nicht concurriren, und nicht zu demselben Preise verkauft werden kann; es ist aber offenbar vorzuziehen, die bisher auf den Halden aufgehäufte Lösche zu einem geringeren Brennmaterial zu verarbeiten, als diesen Abfall ganz unbenutzt zu lassen. Bei der Fabrication von künstlichem Brennstoffe ließe sich jedoch die schlechte Qualität des in den Kohlendistricten aufgehäuften Kohlenkleins leicht dadurch verbessern, daß man demselben einen zweckentsprechenden Antheil der von den Brechmaschinen Tag für Tag gelieferten frischen Staubkohle zusetzt; letztere enthält viel Wasserstoff, daher sich auf diesem Wege ein künstliches Brennmaterial herstellen läßt, welches fast ebenso gut wie der Anthracit ist. Alle in den nordamerikanischen Kohlendistricten bisher gemachten Versuche, die Anthracitlösche in feste Kohlensteine, somit in einen gut verkäuflichen Artikel umzuwandeln, sind mißlungen, was nicht schwierig zu erklären ist. Fast sämmtliche zu diesem Zwecke angewendeten Methoden bestanden in Nachahmungen der seit einer Reihe von Jahren in England, Deutschland, Frankreich und Belgien benutzten Verfahren. Der hohe Preis der als Bindemittel verwendeten Materialien erhöhte die Kosten des Verfahrens in solchem Maaße, daß dasselbe auf bituminöse Steinkohle behufs ihrer Concurrenz mit Stückkohle keine Anwendung finden konnte. Diese Bindemitttel bestanden in harzigen Substanzen, in Steinkohlentheer und aus demselben hergestellten festen oder flüssigen Pech; obgleich aber diese Materialien in Europa bei der Darstellung von künstlichem Brennmaterial aus bituminöser und halbbituminöser Steinkohle mit günstigem Erfolge benutzt wurden, so ließen sich die feinen Theilchen des Anthracitkleins durch dieselben ohne die Anwendung sehr kräftiger Maschinen und eines sehr hohen Druckes doch nicht so fest mit einander verbinden, daß die Steine oder Stücke im Feuer Zusammenhalt behielten. Ein sehr starker Druck würde jedoch aus der auf diese Weise fabricirten Kohle den zur vollständigen Verbrennung jedes Brennmateriales erforderlichen Wasserstoff (die harzigen etc. Substanzen) austreiben, und die Kohlensteine würden im Feuer als todte Masse liegen bleiben und in Folge der Entstehung eines Ueberzuges von Asche nur sehr theilweise verzehrt werden. Wollte man hingegen die Steine nicht einem sehr starken Drucke unterwerfen und dadurch gehörig fest zusammenpressen, so würden die als Bindemittel benutzten harzigen etc. Substanzen verbrennen bevor die Heizkraft der Kohle sich nur zur Hälfte entwickelt hätte, und die Kohlensteine würden im Feuer zerfallen. Die Anwendung von harzigen Substanzen zum Binden der zu agglomerirenden Staubkohle ist jedoch, abgesehen von den Kosten, mit manchen Uebelständen verknüpft. Dieses Bindemittel gibt beim Verbrennen so viel Rauch und entwickelt dabei einen so unangenehmen Geruch, daß ein solches künstliches Brennmaterial für häusliche Zwecke ganz ungeeignet ist. Auch würde die Fabrication zu kostspielig seyn und das Product mit gewöhnlicher Steinkohle nicht concurriren können. In Paris fabricirt man aus einem Gemenge von Steinkohlenklein, Sägespänen und rohem Steinkohlentheer ein zu technischen Zwecken bestimmtes künstliches Brennmaterial, die sogen. Pariser Kohle (charbon de Paris) in der Weise, daß das erwähnte teigartige Gemenge einem sehr starken Drucke unterworfen, dadurch in cylindrische Stücke gepreßt und zur möglichsten Verhütung Her Entwickelung von Rauch und üblem Geruche 24 Stunden lang in Oefen „gebacken“ und beinahe vollständig verkohlt wird. Dieses Material verbrennt sehr langsam ohne Flamme, und gibt nur wenig Hitze. Vor zwei Jahren wurde ein Versuch gemacht, ein ähnliches Verfahren zur Fabrication von künstlichem Brennmaterial aus anthracitischer Staubkohle und rohem Steinkohlentheer anzuwenden. Zu diesem Zwecke errichtete eine Gesellschaft zu Nesquehoning in Carbon County, eine Fabrik. Die producirte Kunstkohle sah sehr gut aus, brannte aber in Folge der starken Pressung nicht gut. Trotz dem „Backen“ verbreitete sie beim Brennen einen unangenehmen Geruch und rauchte stark; das Schlimmste war aber, daß die Fabricationskosten sich zu hoch stellten, daher das Geschäft bald aufgegeben werden mußte. Vor mehreren Jahren wurde zu Tamaqua ein ähnlicher Versuch und zwar mit gleichem Mißerfolge gemacht. Das einzige Bindemittel, welches die kleinen Staubkohlentheilchen gehörig zusammenzuhalten vermag, ohne daß die geformte Kohle einer starken Pressung unterworfen zu werden braucht, ist gewöhnlicher gelber Thon (Lehm). Dieß weiß man seit Jahren und macht von dieser Substanz in Deutschland, Belgien und Nordfrankreich noch jetzt zum Binden des Steinkohlenkleins ausgedehnten Gebrauch. Der Thon besitzt bekanntlich die Eigenschaft, in höheren Temperaturen sehr stark zu schwinden. Als Bindemittel für Steinkohlenklein hat er aber die Schattenseiten, die Menge der Asche zu vermehren, und der Feuchtigkeit ausgesetzt, zu zerfallen. Die bedeutendsten europäischen Bergingenieure stimmen darin überein, daß Thon das beste und billigste und in Bergwerks-, namentlich Kohlendistricten am leichtesten zu beschaffende Agglomerationsmittel ist. Der ausgezeichnete Metallurg L. Grüner sagt in seinem i. J. 1865 der französischen Akademie erstatteten Berichte über die Fabrication von künstlichem Brennmaterial, „daß Thon unzweifelhaft alle übrigen Bindemittel an Vorzüglichkeit übertreffen werde, wenn man dahin gelange, die erforderliche Menge desselben auf ein Minimum zu reduciren und das fertige Product für Feuchtigkeit undurchdringlich zu machen.“ Durch ein von mir erfundenes Verfahren zur Fabrication künstlichen Brennmateriales aus Lösche und Staub von bituminöser Steinkohle sowohl, wie vom Anthracit, ist es mir gelungen, die zum Agglomeriren der Kohlentheilchen erforderliche Thonmenge auf sieben Procent zu erniedrigen und ich zweifle nicht, daß ich dieselbe auf 5 Proc. zu vermindern im Stande seyn werde, wogegen bei den besten in Belgien angewendeten Methoden der Zusatz von Thon immer noch zwanzig Procent beträgt. Die nach meinem Verfahren dargestellte Kunstkohle wird, nachdem sie geformt und getrocknet worden, je eine halbe Tonne auf einmal, in ein Bad von gewöhnlichem Benzin getaucht, in welchem Fichtenharz Nr. 3 gelöst worden ist; auf die Tonne Kunstkohle, deren Stücke zwei Kubikzoll groß sind, nimmt man drei Gallons Benzin und 18 Pfd. Harz. Je größer die Kohlenstücke sind, desto weniger von dieser wasserdicht machenden Lösung erfordern sie. Hierauf werden die Kohlen der Einwirkung eines Luftstromes ausgesetzt; das Benzin verflüchtigt sich und der auf der Außenfläche der Kohlenstücke zurückbleibende Harzüberzug verschließt alle Poren und Spalten so wirksam, daß nach einem vom Ausschusse des Franklin Institute zu Philadelphia erstatteten Berichte: „Kohlenstücke welche zwölf Stunden lang in Wasser gelegen hatten, sich im Inneren vollkommen trocken erwiesen, nachdem sie behufs der näheren Untersuchung zerbrochen worden waren.“ Ich bin jetzt mit Einrichtungen beschäftigt, mit deren Hülfe ich binnen wenigen Monaten im Stande zu seyn hoffe, den thatsächlichen Beweis zu liefern, daß aus Steinkohlenabfall ein gutes und billiges Brennmaterial dargestellt werden kann, dessen Preis weit geringer ist, als der der Grubenkohle. Dann wird zweifelsohne jedes bedeutendere Steinkohlenbergwerk es vortheilhafter finden, aus seinem Kohlenabfalle ein künstliches Brennmaterial zu fabriciren, als diesen Abfall wie bisher auf den Halden sich anhäufen zu lassen.