Titel: Ueber die Abscheidung des Arsens aus dem Arsenwasserstoffgase durch Erhitzen bei der Marsh'schen Arsenprobe; von Dr. John C. Draper, Professor der Chemie an der medicinischen Facultät der New-Yorker Universität.
Fundstelle: Band 204, Jahrgang 1872, Nr. CVI., S. 385
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CVI. Ueber die Abscheidung des Arsens aus dem Arsenwasserstoffgase durch Erhitzen bei der Marsh'schen Arsenprobe; von Dr. John C. Draper, Professor der Chemie an der medicinischen Facultät der New-Yorker Universität. Aus dem Scientific American, März 1872, S. 195 und 211. Mit Abbildungen. Draper, über Abscheidung des Arsens bei der Marsh'schen Probe. In den Handbüchern der Chemie wird zur Ausmittelung des Arsens bei Vergiftungen empfohlen, das durch die Wirkung von Zink und verdünnter Schwefelsäure auf die arsenhaltige Lösung entwickelte Arsenwasserstoffgas durch ein großes Rohr von schwer schmelzbarem Glase zu leiten, und letzteres an irgend einer Stelle mittelst einer Weingeistlampe oder eines Bunsen'schen Brenners zu erhitzen. Das Arsenwasserstoffgas wird unter diesen Umständen in seine Bestandtheile zerlegt, indem sich in kurzer Entfernung von der Flamme ein glänzender Spiegel von metallischem Arsen absetzt. Nachdem das Gas der Einwirkung der Hitze unterworfen worden, muß es in eine verdünnte Lösung von salpetersaurem Silberoxyd geleitet werden, in welcher die unzersetzt gebliebenen Antheile desselben einen dunkelbraunen Niederschlag hervorbringen. Man ersieht hieraus, daß das Arsenwasserstoffgas durch Erhitzen nur theilweise zersetzt wird, da die Silberlösung benutzt wird, um die der Einwirkung der Hitze entgehenden Antheile zurückzuhalten. Dieß veranlaßte mich zu untersuchen, bis zu welchem Grade die Abscheidung des Arsens durch Erhitzen stattfindet. Zu diesem Zwecke ließ ich das Arsenwasserstoffgas durch ein Marsh'sches Reductionsrohr streichen, welches an fünf Stellen durch Bunsen'sche Brenner erhitzt wird, wie nachstehende Figur zeigt, und die Stelle des Rohres bei dem in meiner letzten Mittheilung abgebildeten Apparate (im vorhergehenden Heft dieses Journals Seite 321) vertritt. Textabbildung Bd. 204, S. 385 Bei dem ersten Versuch war die in das Zersetzungsgefäß gebrachte Arsenigsäure-Lösung von mäßiger Stärke und bei 1 bildete sich bald ein Metallspiegel; darnach entstand ein solcher bei 2, hernach bei 3, 4 und 5. Das aus Arsenwasserstoff und Wasserstoff bestehende Gasgemach wurde ungefähr eine halbe Stunde lang durch das Reductionsrohr geleitet; nach Verlauf dieser Zeit befand sich bei 1 eine dicke, etwa zwei Zoll lange Arsenablagerung, bei 2 eine solche von beiläufig derselben Länge, aber nicht so dick, eine noch schwächere bei 3, während die bei 4 und 5 entstandenen Flecke ziemlich dasselbe Ansehen hatten. Bei einem zweiten Versuche wurde eine sehr verdünnte Arsenlösung angewendet und die Gasentwickelung war eine sehr langsame; in diesem Falle wurde fast sämmtliches Arsen bei 1 fixirt; an den vier übrigen erhitzten Stellen traten nur sehr schwache Flecke auf. Bei einem dritten Versuche wurde eine starke Lösung von Arsenigsäure in das Zersetzungsgefäß gebracht; das Resultat war ähnlich dem beim ersten Versuche erhaltenen. Wir können daher schließen, daß bei der Abscheidung des Arsens aus Arsenwasserstoffgas zwar der größere Theil des Metalles durch Erhitzen einer einzigen Stelle des Rohres ausgeschieden werden kann, wenn der Gasstrom sehr langsam und das Gas stark mit Wasserstoff verdünnt ist, daß hingegen, wenn der Gasstrom ein rascher und das Gas reich an Arsen ist, ein beträchtlicher Theil des Arsens der Abscheidung entgehen kann, selbst wenn das Gas auf seinem Wege durch das Reductionsrohr wiederholt erhitzt wird, daher die letzten Arsenantheile sich in dieser Weise nur mit der größten Schwierigkeit abscheiden lassen. Bei Untersuchung der Leber oder eines anderen Organes auf Arsenvergiftung ist die Lösung, wie sie nach dem Verfahren von Fresenius und v. Babo erhalten wird, bei wirklichem Vorhandenseyn von Arsen in der Regel von mäßiger Stärke; es ist daher nöthig, unter diesen Umständen die Abscheidung sämmtlichen Arsens an der ersten erhitzten Stelle des Reductionsrohres zu sichern, und dasselbe in solcher Form zu erhalten, daß es ohne Verlust gewogen und dann jeder gewünschten weiteren Probe unterworfen werden kann. Dazu dient ein von mir ersonnenes einfaches Verfahren: ich erreiche nämlich diesen Zweck dadurch, daß ich ein Bündelchen Platindrähte in das Reductionsrohr bringe. Meine nachstehend abgebildete Vorrichtung läßt sich als eine Modification des Reductionsrohres des Wasserstoffapparates a betrachten. Sie besteht in einem Rohre von schwer schmelzbarem Glase b, c, von einem Viertelzoll Durchmesser, welches bei b zu einem ungefähr zwei Zoll langen und einen Zehntelzoll weiten Rohre ausgezogen ist. Ein gewogenes Bündel von zehn bis zwölf Stück etwa zwei Zoll langen und vollkommen reinen Platindrähten wird dann in den engeren Theil des Rohres b geschoben, welchen es dicht ausfüllen muß. Das Ende h des Rohres wird ausgezogen und nach abwärts gebogen, um das entweichende Gas in eine verdünnte Lösung von salpetersaurem Silber zu leiten. Textabbildung Bd. 204, S. 387 Nachdem in dem Zersetzungsgefäß eine zum Füllen des ganzen Apparates genügende Menge Wasserstoffgas entwickelt worden, wird c mittelst einer Flamme erhitzt, und wenn, nachdem das Gas eine halbe Stunde langsam durch das Rohr geströmt ist, in dem engen Theile desselben zwischen c und h ein Arsenspiegel nicht erscheint, so können die Materialien als genügend rein betrachtet werden. Hierauf wird ein Bunsen'scher Brenner, dessen Flamme aus einer verlängerten Oeffnung von 1/16 Zoll Weite und 1 Zoll Länge hervorströmt, bei b angebracht, und dann die arsenhaltige Flüssigkeit in das Zersetzungsrohr a eingeführt. Nach kurzer Zeit beobachtet man an dem heißen Platindrahtbündel ein verändertes Ansehen; es wird äußerlich in Folge der Ablagerung von Arsen rauh und krystallinisch, und selbst wenn die arsenhaltige Lösung sehr stark ist und die Entwickelung des Gases sehr rasch vor sich geht, so erfolgt die Fällung des Arsens vollständig, indem bei der zweiten Flamme keine Spur von einem Arsenspiegel sich bildet und die Silberlösung unverändert bleibt. Nachdem sämmtliche arsenhaltige Lösung in das Zersetzungsrohr eingegossen worden, läßt man das Gas eine Stunde lang über das heiße Platinbündel streichen, wornach man dasselbe auf das Freiseyn von Arsen dadurch prüft, daß man die Wärmequelle von b für kurze Zeit entfernt. Ist noch ein wenig Arsenwasserstoff im Gase vorhanden, so entsteht bei c ein Spiegel und die Flamme muß sofort wieder unter b gebracht werden. Bewegt man die Flamme c mehr nach dem gebogenen Ende des Rohres zu, so wird der Arsenspiegel nach oder unterhalb h getrieben und der bei c verbliebene Rückstand kann zu einer anderen Probe benutzt werden. Die Anwendung der zweiten Flamme c hat somit den Zweck, beim Anfange des Versuches die Materialien auf ihre Reinheit zu prüfen, ferner um nachzuweisen daß die Wirkung des Platindrahtbündels in genügender Weise erfolgt, und endlich dient sie auch, damit der Experimentirende das Aufhören der Entwickelung von Arsenwasserstoffgas erkennen kann. Nachdem sich in dieser Weise alles Arsen auf dem Platin abgesetzt hat, wird das Drahtbündel aus dem Rohre entfernt und wieder gewogen; seine Gewichtszunahme repräsentirt die Quantität des metallischen Arsens welche darauf niedergeschlagen wurde. Man berechnet nun diese Gewichtsmenge auf ihr Aequivalent an Arsenigsäure, und damit ist dieser Theil der Operation beendigt. Nun folgt die Umwandlung des auf dem Platin abgelagerten und mit demselben verbundenen Arsens in Arsenigsäure, in welcher Form man es aufbewahren oder für andere Proben verwenden kann. Die von mir zu diesem Zwecke angewendete Methode besteht darin, das Platindrahtbündel in einem Rohre a, c, d zu erhitzen, durch welches aus dem Gasometer b ein Strom von trockenem Sauerstoffgas streicht. In dieser Atmosphäre wird fast alles Arsen aus dem Drahtbündel bei Dunkelrothgluth als Arsenigsäure verflüchtigt, wornach es sich bei e condensirt. Ein kleiner Antheil der Arsenigsäure wird nach dem offenen Ende des Rohres zu getrieben, kann hier aber nöthigenfalls dadurch aufgehalten werden, daß man das entweichende Gas in Wasser treten läßt, welches in dem Kölbchen d in schwachem Sieden erhalten wird. Textabbildung Bd. 204, S. 388 Ist die Bildung und Verflüchtigung der Arsenigsäure vollständig erfolgt, so wird das Rohr mitten durch den Spiegel c zerschnitten, und der Rohrtheil c, d in kleine Stückchen zertheilt und in den Kolben d gebracht. Die auf diese Weise erhaltene Lösung kann dann weiter untersucht werden. Die Anwendung des Platindrahtbündels ist nicht bloß für gerichtliche Untersuchungen zu empfehlen, sondern läßt sich auch zur quantitativen Bestimmung des Arsens in Erzen, Metallen und anderen Hüttenproducten benutzen. Zu diesem Behufe müssen derartige Materialien, bevor sie in das Zersetzungsgefäß gebracht werden können, verschiedenen Behandlungsmethoden unterworfen werden, welche der praktische Chemiker und Probirer jedem besonderen Falle anzupassen hat.