Titel: Verdampfungsversuche mit Meyn'schen Dampfkesseln.
Fundstelle: Band 204, Jahrgang 1872, Nr. CXVI., S. 428
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CXVI. Verdampfungsversuche mit Meyn'schen Dampfkesseln. Aus der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1872, Bd. XVI S. 193. Verdampfungsversuche mit Meyn'schen Dampfkesseln. Mit dem von der Carlshütte bei Rendsburg gebauten, im Jahrgang 1871 des polytechn. Journals, Bd. CXCIX S. 338 nach beigegebenen Abbildungen beschriebenen Meyn'schen Röhrenkessel sind in der letzten Zeit verschiedenerseits Verdampfungsversuche angestellt worden, welche die dort angegebenen hohen Leistungen desselben durchgehends bestätigen. Den Einwendungen gegenüber, daß die bedeutende Verdampfungsfähigkeit dieser Kessel zum nicht geringen Theil der Menge des übergerissenen Wassers zuzuschreiben sey, ist bei den Versuchen ein besonderes Augenmerk auf die Vermeidung dieses letzteren Umstandes gerichtet worden. So sind auf der Krupp'schen Gußstahlfabrik im September v. J. Versuche mit vier Kesseln von den dort aufgestellten 10 Stück angestellt worden. Jeder derselben hatte bis zum mittleren Wasserstande eine Heizfläche von 34,4 Quadratmeter, eine Ueberhitzungsfläche von 10,9 Quadratmeter und eine totale Rostfläche von 1,54 Quadratmeter. Die Versuche fanden an einem Sonntag Statt, um bei dem Stillstande der meisten Maschinen eine möglichst regelmäßige und continuirliche Dampfentnahme in das ganze Dampfleitungsnetz zu haben. Zur noch vollständigeren Zurückhaltung des mit dem Dampfe ausströmenden Wassers wurde jeder Kessel mit einem Werner'schen Entwässerer armirt, weßhalb angenommen werden darf, da außerdem der abgehende Dampf auch eine kupferne Ueberhitzungsspirale von 3,2 Quadratmeter Heizfläche passirte, daß die erzielten Resultate sich auf wirklich verdampftes Wasser beziehen. Die Versuchskessel wurden zunächst von Flugasche und Ruß befreit, um vor Beginn des Versuches in kurzer Zeit eine nochmalige Reinigung mittelst Dampfstrahles bei hellem Feuer vornehmen zu können; nach dieser wurden die Rauchschieber geschlossen und das auf den Rosten befindliche Brennmaterial ausgezogen, überhaupt der Rost vollständig gereinigt; sodann wurden die Wasserstände aufnotirt und die Feuerung mit 162 Kilogrm. lufttrockenem Buchenknüppel begonnen, worauf nach etwa 20 Minuten (das durch die Strahlung des Mauerwerkes der Vorfeuerung entzündete Holz war durchgebrannt) mit der ersten Kohlenbeschickung vorgegangen wurde. Diese Zeit wurde als Anfang des Versuches aufnotirt und festgesetzt, daß die letzte Kohlenaufgabe das Ende begrenzen sollte. Die Dampfspannung der Kessel betrug beim Beginn 4 Atmosphären Ueberdruck und bewegte sich während der ganzen Versuchsperiode annähernd auf dieser Höhe. Frisch geförderte Kohle der Zeche Sälzer und Neuack, zu etwa gleichen Theilen aus Stückkohle, Nußkohle und Grus bestehend, diente als Brennmaterial. Das den Kesseln mittelst Dampfpumpe continuirlich zugeführte Speisewasser von 22° C. wurde in zwei eisernen Kästen abgemessen, während das Brennmaterial den Kesseln zugewogen wurde. Messungen in den schmiedeeisernen Kaminen, in nicht allzugroßer Entfernung von den Kesseln, ergaben Temperaturen zwischen 210 und 230° C. Eine Reinigung der Feuerzüge während des Versuches war nicht erforderlich. Nachdem der Rest von 3675 Kilogrm. Kohlen den Rosten aufgegeben worden war, wurde die Endzeit des Versuches aufnotirt, die Ausnutzung des auf den Rosten befindlichen Brennmateriales jedoch so lange fortgesetzt, als die producirte Wärme noch im Stande war, die Spannung auf 4 Atmosphären zu halten, was mittelst der Dampfabsperrventile sich leicht controlliren ließ. Die anfängliche Wasserstandshöhe der Kessel, welche während des Versuches annähernd beibehalten blieb, wurde nach beendeter Ausnutzung wieder hergestellt, und ergab sich dabei ein Verbrauchsquantum von 33 Füllungen des einen und 33,18 Füllungen des anderen Meßkastens. Der Inhalt des ersteren wurde bei Wasser von 25° C. zu 226,1 Kilogrm., der des anderen zu 430,26 Kilogrm. gefunden, so daß für die Temperatur von 22° C. während der Versuchszeit 426,41 und 430,57 Kilogrm. als Gewichte der Meßkastenfüllung in Rechnung gestellt werden müssen, woraus 28356,76 Kilogrm. verdampftes Wasser resultiren. Der Rückstand auf den Rosten, worunter sich noch unvollständig ausgenutztes Brennmaterial befand, sowie die während der Heizung entfernten Schlacken und erhaltenen Aschen wogen 533,25 Kilogrm. Nimmt man nach Brix das Verhältniß des nutzbaren Heizeffectes von Buchenholz zur Kohle von Sälzer und Neuack zu 1/2 an, so würden die zum Anheizen verwendeten 162 Kilogrm. Holz gleich 81 Kilogrm. Kohle zu rechnen seyn, und sich dadurch das verbrauchte Kohlenquantum zu 3756 Kilogrm. ergeben, wovon 14,2 Proc. unvollständig ausgenutzt wurden. Hiernach ergibt sich folgendes Resultat: In einem Zeitraume von 6 Stunden 25 Minuten sind mit 3756 Kilogrm. Kohlen von Zeche Sälzer und Neuack 28356,76 Kilogrm. Wasser von 22° C. in Dampf von 4 Atmosphären Ueberdruck verwandelt worden, was einer Verdampfung von 7,55 Kilogrm. Wasser pro 1 Kilogrm. Kohle, oder von 1104,6 Kilogrm. Wasser pro Stunde und Kessel entspricht. Bei 5 Atmosphären Ueberdruck und 10° C. Temperatur des Speisewassers würden die erhaltenen Angaben sich durch Rechnung auf 7,38 resp. 1080 Kilogrm. reduciren. Eine Probe der aus dem Haufen entnommenen Feinkohlen ergab einen Feuchtigkeitsgehalt (Grubenwasser) von 2 Proc.; die bei 100° C. getrocknete Substanz ergab: Kohlenstoff 83,00 Proc., Wasserstoff   4,28    „ Sauerstoff und Stickstoff   6,01    „ Schwefel   0,65    „ Asche   6,06    „ worin, da der Stickstoffgehalt in der Regel sehr gering ist, auch als an Wasserstoff gebunden zu betrachten ist, und deßhalb in der Rechnung unberücksichtigt bleiben kann, 6,01 : 8 = 0,75 Proc. Wasserstoff als an Sauerstoff gebunden zu denken, und somit 3,53 Proc. Wasserstoff als zur Verbrennung disponibel vorhanden sind. Reducirt man diese Wasserstoffmengen, sowie den Kohlenstoff auf die aschen- und schwefelfreie Substanz, so ergibt sich die Zusammensetzung des verwendeten Brennmateriales zu: Kohlenstoff 88,97 Proc., disponibler Wasserstoff   3,78    „ gebundener Wasserstoff   0,80    „ Sauerstoff   6,44    „ woraus sich das Verhältniß von Kohlenstoff zum disponiblen, sowie zum gebundenen Wasserstoff, wie 1000 : 42,5 resp. 1000: 9 berechnet, so daß die Kohle als eine stark backende sogenannte Kohkskohle bezeichnet werden muß. In 100 Kilogrm. der grubenfeuchten Kohle sind enthalten 81,34 Kohlenstoff,   3,45 freier Wasserstoff,   8,63 Wasser, daher stellt sich deren theoretischer Heizeffect auf 81,34 . 7160 + 3,45 . 34742 – 8,63 . 640 = 697513 W. E. davon ab rund 14 Proc. für Rückstände   95652       „ ––––––––––– bleiben 601861 W. E. 100 Kilogrm. Dampf von 4 Atmosphären Ueberdruck und aus Wasser von 22° C. gebildet, beanspruchen 100 (606,5 + 0,305 . 154 – 22) = 63150 W. E. Die Kessel haben also bei einer Verdampfungsfähigkeit von 7,55 nutzbar gemacht 7,55 . 63150 = 476772 W. E. oder rund 79 Proc. des theoretischen Heizeffectes. Der Antheil an Grus in der Kohle mußte auf die regelmäßige Verbrennung von merklichem Einfluß seyn, indem bekanntlich bei backender Kohle die feineren Theile sofort entgasen und Kohks bilden, welche einerseits als glänzende Aschen in den Aschenfall stürzen, andererseits den Rost verstopfen, oder als aufgeblähte Decke die Brennmaterialschicht überziehen. In dieser Eigenschaft der Sälzerkohle, die in dem hohen, praktischen Aschengehalt von 14,47 Proc. Ausdruck findet, scheint die geringe Differenz gegen die Resultate anderer anderweitiger Versuche zu liegen, welche bei mehr Stückkohle oder Gaskohlen jedenfalls ausgeglichen werden würde. Ein Kessel von denselben Abmessungen ist auf dem Werke der Gesellschaft „Phönix“ in Laar durch den Civilingenieur G. Schmeltzer in Hagen einer umfassenden Probe unterzogen worden. Für den Versuch ließ man im Kessel die Spannung vollständig herabgehen, worauf derselbe von Ruß gereinigt, Rost und Aschenfall vollständig gesäubert wurde. Es wurde mit Wasser von 13° C. der festgesetzte Wasserstand hergestellt, und für den Versuch 467,5 Kilogrm. Förderkohle von Zeche Carolus magnus zum Versuche abgewogen, von welchen zur Einleitung der Dampfentwickelung 73,7 Kilogrm. verbraucht wurden, so daß sich das zum Verdampfen benutzte Kohlenquantum auf 393,8 Kilogrm. reducirt. Das dem Kessel mittelst Injector, der durch den Dampf des Versuchskessels betrieben wurde, zugeführte Speisewasser wurde einem eisernen cylindrischen Reservoir entnommen von 1170 Millimet. Durchmesser und 1060 Millimet. Wasserstandshöhe. Hiernach war der Inhalt desselben 1139 Liter oder Kilogramme Wasser. Drei Füllungen des Reservoirs wurden dem Kessel zugeführt, also zusammen 3417 Kilogrm. Wasser. Während der Versuchszeit war der Dampfdruck ca. 41 Pfd. und bei dem Ende des Versuches war der Wasserstand im Glasrohr derselbe wie beim Beginn desselben. Es verdampften folglich in 3 Stunden und 18 Minuten 393,8 Kilogrm. Kohle ein Quantum von 3417 Kilogrm. Wasser, also pro Kilogramm Kohle 8,6 Kilogrm. Wasser, oder pro Stunde 1035 Kilogrm. Wasser. Die sorgfältig gesammelte Asche, welche keine bemerkenswerthen unverbrannten Kohlentheile enthielt, wog 83,5 Kilogrm., es enthielt daher die Kohle 8350 : 467,6 = 17,8 Proc. Aschengehalt. Ein in die vertical stehende Esse 2,5 Met. oberhalb des Kessels eingeführtes Thermometer zeigte 215° C., ebenso wurde, um einen Schluß über die Wärmestrahlung des Kessels und der Vorfeuerung ziehen zu können, ein Thermometer 0,3 Met. vom Kessel und der Vorfeuerung, sowie 1 Met. vom Boden entfernt, aufgestellt, welches bei 1 1/2° Lufttemperatur 10° anzeigte. Durch die umfassenden Versuche, welche durch die Ingenieure des Werkes zu Laar mit diesem Kessel, mit und ohne Werner'schen Entwässerungsapparat und Ausströmen des Dampfes in die freie Luft, früher gemacht worden sind, hat sich mit der größten Sicherheit ergeben, daß der Dampf ohne alles Mitreißen von Wasser trocken entweicht; auch war bei jenen Versuchen in die freie Luft die Verdampfungsfähigkeit dieselbe wie bei diesem Versuche, wo der Dampf in die allgemeine Leitung geführt wurde. Diese Versuche ergaben mit den Kohlen von den Zechen Carolus, Sälzer und Neuack, Dorstfeld, Hasenwinkel, Neu-Essen etc. eine durchschnittliche Verdampfung von 8,2 Kilogrm. Wasser pro Kilogramm Kohle. Der Kessel der Eisengießerei und Maschinenfabrik von Windhoff, Deeters u. Comp. in Lingen mit 18,5 Qdrtmtr. Heizfläche, 7 Qdrtmtr. Oberfläche des Dampfüberhitzungs-Apparates und 0,93 Qdrtmtr. Rostfläche verdampft nach mehrfach angestellten Versuchen mit 1 Kilogrm. Förderkohle der Zeche Mitten und Barop 7,89 Kilogrm. Wasser und in der Stunde überhaupt 510 Kilogrm. Wasser; für einen Kessel bei C. W. Meyer Söhne in Osnabrück ergaben die Betriebsresultate von 1 1/2 Jahren, daß der Meyn'sche Kessel zur Leistung derselben Nutzarbeit etwa 20 Proc. weniger Brennmaterial gebraucht als der früher für dieselbe Leistung verwendete Cornwallkessel. Auf der chemischen Fabrik von de Haen u. Comp. wird der im Ueberhitzungsapparat getrocknete Dampf vorwiegend für chemische Zwecke verwendet; der Umstand, daß das aus der Condensation dieses Dampfes gewonnene Wasser chemisch rein ist, dürfte den Beweis liefern, daß ein Ueberreißen von Speisewasser dort nicht stattfindet. Was endlich die Reinhaltung der Kessel von Kesselstein anbetrifft, so stimmen die Angaben darin überein, daß sich an den cannelirten Siederohren keine dickere Kruste von Kesselstein ansetzt. Sobald diese eine gewisse Stärke erreicht hat, springt sie in dünnen Blättchen ab, welche zu Boden fallen und mit dem sich dort ansammelnden Schlamm leicht entfernt werden können. Während aus Veranlassung eines viel Stein absetzenden Speisewassers in einem Cornwallkessel bei täglich mehrmaligem Ausblasen sich nach sechs Wochen eine 3 bis 6 Millimet. starke feste Kruste ansetzte, welche mit vieler Mühe und Zeit durch Ausklopfen und Picken entfernt werden mußte, wurden bei dem Meyn'schen Kessel bei täglich zweimaligem Ausblasen von etwa 50 Millimet. der Wasserstandshöhe alle sechs Wochen 150 bis 200 Kilogrm. Ausscheidungen des Wassers durch den im Kessel aufgestellten Kesselstein-Fangapparat aufgenommen. Letzterer kann leicht ausgeschüttet werden. Ein Losklopfen von angesetztem Kesselstein ist noch nicht erforderlich gewesen. Ruß und Flugasche in den Feuerzügen oder zwischen den Röhren lassen sich nach der Angabe verschiedener Kesselbesitzer durch einen Dampfstrahl ohne jede Störung des Betriebes beseitigen. R. Ziebarth.