Titel: Sechsfache Kessel-Bohrmaschine (System Basson) von Sondermann und Stier in Chemnitz.
Fundstelle: Band 204, Jahrgang 1872, Nr. CXVII., S. 433
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CXVII. Sechsfache Kessel-Bohrmaschine (System Basson) von Sondermann und Stier in Chemnitz. Mit Abbildungen auf Tab. VIII. Sondermann und Stier's sechsfache Kessel-Bohrmaschine. Bei der verringerten Festigkeit jeder Nietung im Verhältniß zur absoluten Festigkeit des vernieteten Materiales ist es von größter Wichtigkeit, daß man jede Unvollkommenheit der praktischen Ausführung vermeidet, welche das theoretisch erreichbare Maximum der Festigkeit einer Nietung herunterzieht. Dennoch ist man bisher gerade bei einer Hauptarbeit, der Erzeugung der Nietlöcher, auf eine Maschine angewiesen, mit deren Benutzung wesentliche Mängel verbunden sind. Denn es ist bekannt, daß die Durchstoßmaschine nicht ausschließlich den Zusammenhang des Materiales im Umfange des Nietlochkreises durchbricht, sondern darüber hinaus eine gewisse Zerstörung der Fasern, die sich bis zu gefährlichen Rissen steigern kann, veranlaßt. Im Ferneren ist es eine praktische Unmöglichkeit, durch das bei der Durchstoßmaschine in Anwendung kommende Verfahren die Bleche einzeln zu lochen, absolute Genauigkeit des Aufeinanderpassens je zweier zusammengehörigen Nietlöcher zu erzielen. Man wird sich hiernach der Durchstoßmaschine nur insoweit und so lange bedienen, als man kein vollkommenes Mittel zur Erzeugung der Nietlöcher hat. Ein solches ist in der Bohrmaschine gegeben und hat auch dieselbe beim Bau eiserner Brücken etc. sich bereits die ausgedehnteste Verwendung errungen, da bei ihr das schneidende Werkzeug ausschließlich die in den Bereich des Lochumfanges fallenden Fasern in Anspruch nimmt, nebenbei eine glättere, für die Dichtigkeit günstigere Lochwandung erzeugt und hauptsächlich das Zusammenbohren von je zwei und mehr aufeinandergehörigen Blechplatten resp. Tafeln ermöglicht. Diesen, die praktisch mögliche Grenze der Vollkommenheit erreichenden Vorzügen steht einzig der Nachtheil der geringeren Leistungsfähigkeit der Maschine gegenüber. Diese geringere Leistung ist indes; nur in Bezug auf die einzelne Bohrmaschine vorhanden und wird wesentlich ausgeglichen dadurch, daß mit dem gleichen, für einen Durchstoß nöthigen Anlagekapital 3 bis 4 einfache, dem Zweck entsprechende Bohrmaschinen beschafft werden können. Wo also, wie beim Brückenbau, nicht ein besonderes Zusammenwirken dieser einzelnen Maschinen nöthig, ist bereits seitens der Werkzeug-Maschinenfabriken durch die verschiedenen gewöhnlichen Bohrmaschinen (namentlich einfache Wand- und Wand-Radialbohrmaschinen) ausreichend für die allgemeine Einführung des Nietloch-Bohrsystemes an Stelle des Stanz-Systemes gesorgt. Anders liegen die Verhältnisse jedoch bei der Kesselfabrication. Will man hier nicht den einen Hauptvortheil, das Zusammenbohren zweier übereinanderliegender Bleche, aufgeben, so resultirt daraus, daß vor Beginn des Bohrens die Bleche gebogen und der ganze Kessel in ähnlicher Weise, wie jetzt vor Beginn des Nietens üblich, durch einzelne vorgebohrte Löcher und eingesteckte Heftschrauben provisorisch zusammengesetzt wird. Hiernach könnte das Bohren mit derselben Genauigkeit und demselben Vortheil wie bei den ebenen Flächen des Brückenbaues vor sich gehen, wenn nicht der Mangel einer geeigneten Combination mehrerer Bohrmaschinen, die zugleich an diesem Blechcylinder arbeiten, sowie einer Vorrichtung, um solche umfangreiche Hohlkörper exact und ohne zu bedeutende Raumbeanspruchung zu regieren, bisher von Anwendung dieses Verfahrens absehen ließen. Die in Figur 13 gezeichnete sechsfache Kesselbohrmaschine, System W. A. Basson, Director der russischen Gesellschaft für Maschinenbau und Hüttenwerke in St. Petersburg, und ausgeführt in der Werkzeugmaschinenfabrik der HHrn. Sondermann und Stier in Chemnitz, entspricht dem vorstehend angeführten Doppelzwecke in vollkommenster und rationeller Weise. Es ist dieselbe für die Locomotivwerkstätten der genannten Gesellschaft bestimmt und eingerichtet um die Nietlöcher in cylindrische Kessel bis 1400 Millimet. Durchmesser mit sechs radial gestellten Bohrmaschinen zugleich zu bohren, und geben wir im Nachstehenden die nähere Beschreibung dieser, mehrfache interessante Details bietenden, in allen Theilen auf's Solideste ausgeführten Maschine. Der Kessel wird zuvörderst im vorstehend beschriebenen provisorisch zusammengestellten Zustande mittelst des auf der Zeichnung nur theilweise dargestellten Laufkrahnes vertical aufgerichtet und genau centrisch über die Bohrmaschine und den darunter befindlichen gemauerten Brunnenschacht gebracht. Der Laufkrahn kann sowohl durch Elementarkraft, als auch zum letzten genauen Einstellen mittelst Hand betrieben werden. Die Steuerungsmechanismen für Hoch- und Tief-, Rechts- und Linksgang werden durch zwei Händel mit Gradbogen, welche die Klauenmuffe a und b auf- und niederschieben, leicht in und außer Gang gesetzt. Von den drei Riemenscheiben ist die mittlere d die Losscheibe, c die Treibscheibe für den Krahn, e die für die Bohrmaschine. Mithin wird sowohl das Bohren, als auch sämmtliche Manipulationen des Krahnes mittelst eines Treibriemens bewerkstelligt. Ist der den Kessel bildende Blechcylinder durch den sehr präcis arbeitenden Krahn mit den Centren der vorgezeichneten Nietlöcher genau in die Horizontalebene der Bohrerspitzen gebracht, so wird er in dieser Stellung durch die auf dem runden Bett der Maschine beliebig verstellbaren drei Spannböcke f (von denen nur einer gezeichnet) fixirt, was durch einfaches Anziehen der Schrauben g geschieht. Hierauf kommen die sechs, der einen gezeichneten völlig gleichen Bohrmaschinen eine nach der anderen in Gang. Zuerst bringt der Arbeiter die Bohrerspitze durch entsprechende Fortbewegung des Bohrmaschinensupportes h am Handkreuz i genau auf den vorgezeichneten Körner. Der Anzug der Leistenschrauben k, k genügt, um die Bohrmaschine an dieser Stelle zu fixiren und eine Vorwärtsbewegung des Hebels l, welche Eingreifen des Klauenmuffes m in das conische Rad bewirkt, dieselbe in Bewegung zu setzen. Die Spindel arbeitet hierauf selbstthätig mittelst Sperrrad und Excenter. Auf diese Weise sind schnell alle sechs Bohrmaschinen eingestellt und in Thätigkeit, und kommt es auf die Geschicklichkeit der betreffenden Arbeiter an, ob 1 oder 2 Mann zur Bedienung genügen. Es bleibt uns nun noch übrig, den gemeinschaftlichen Antrieb der Bohrmaschinen zu besprechen. Derselbe erfolgt durch ein doppelt (nach oben und nach außen) verzahntes, zwischen der Wange im Bett liegendes Treibrad n ohne Speichen und Nabe. Die innere Wange bildet somit die ringförmig gestaltete Drehungsachse. Die untere Fläche des ziemlich schweren Zahnringes läuft auf 12 Unterstützungsrollen r mit entsprechender schwacher Conicität des Umfanges, und wird durch das Getriebe o an der verticalen Welle p in Umdrehung gesetzt. Für die richtige Umdrehungszahl der Bohrspindeln genügen ca. 12 Umgänge des Zahnringes pro Minute. Das Benetzen der Bohrerspitzen geschieht durch das über der Spindel angebrachte Tropfgefäß q. Wie ersichtlich, ist diese Maschine nicht nur für Locomotivkessel, sondern ebenso zum Bohren jedes anderen cylindrischen Kessels bis 1,4 Met. Durchmesser verwendbar. Für kleinere Kessel werden die Bohrspindeln entsprechend vorwärts gedreht, resp. längere Bohrer eingesteckt. Ruppert. (Aus dem Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, 1872, Heft 2 und 3.)