Titel: Mittheilungen aus dem chemisch-technischen Laboratorium des Carolinum zu Braunschweig.
Fundstelle: Band 205, Jahrgang 1872, Nr. XLIX., S. 143
Download: XML
XLIX. Mittheilungen aus dem chemisch-technischen Laboratorium des Carolinum zu Braunschweig. Studien zur wissenschaftlichen Begründung der Gerberei; von A. Reimer. Reimer, Studien zur wissenschaftlichen Begründung der Gerberei. Die rasche Entwickelung der Chemie in der Neuzeit hat auf die Industriezweige, deren Processe wesentlich auf chemische Gesetze zurückgeführt werden, einen ungemein günstigen Einfluß ausgeübt. Die früher traditionell sich fortpflanzenden Methoden, welche sich nur langsam auf empirischem Wege weiter entwickelten, sind einer rationelleren Behandlung der Rohstoffe gewichen, welche die neuen Entdeckungen der Wissenschaft rasch auf die Praxis überzutragen und zur Vervollkommnung derselben anzuwenden bestrebt ist. In dieser Beziehung hat sich namentlich die Färberei ausgezeichnet; man hat nicht nur die Entdeckung neuer Farbstoffe rasch für die Praxis nutzbar zu machen gewußt, auch die praktischen Manipulationen welche der wissenschaftlichen Erkenntniß weit voraus geeilt waren und sich durch die Erfahrung auf eine bewundernswürdige Höhe emporgeschwungen hatten, sind nach den verschiedensten Richtungen hin erklärt und auf diese Weise deren Weiterentwicklung Vorschub geleistet worden. Die Einwirkung der Farbstoffe und deren Befestigung auf die Faser sind Gegenstand eingehender Untersuchungen gewesen, auf Grund deren mehrere Theorien aufgestellt worden sind. Die Gerberei hatte sich bis in die neuere Zeit einer ähnlichen Aufmerksamkeit nicht zu erfreuen, die Praxis hatte sich allerdings, aber nur auf empirische Weise ausgebildet, die Wissenschaft hatte auf die Weiterentwickelung wenig oder keinen Einfluß ausgeübt. Zwar wurden die Untersuchungen der Gerbmaterialien auf ihren Gerbstoffgehalt mit wesentlichen Verbesserungen bedacht und es entstanden neue Methoden, die uns gegenwärtig gestatten, den Gerbstoffgehalt mit ziemlicher Schärfe bestimmen zu können, aber die Einwirkung der Gerbmaterialien auf die Haut selbst und die Veränderungen welche dieselbe dadurch erleidet, wurden minder berücksichtigt. Die jüngste Zeit erst hat diese Lücke ausgefüllt und letztere. Fragen auch in den Bereich der Forschung gezogen. Im Folgenden gebe ich eine kurze Uebersicht der Resultate, welche die bisherigen Untersuchungen geliefert haben, soweit sie die Zwecke dieser Abhandlung berühren. Fr. Knapp gibt in seiner BroschüreBrochüre „Natur und Wesen der Gerberei und des Leders“ München 1858, bei J. G. Cotta; auch im polytechn. Journal Bd. CXLIX S. 305 und 378. die erste wissenschaftliche Erklärung des Begriffes Leder und der bei seiner Bildung thätigen Processe. Er begründet seine Definitionen durch ausgedehnte Experimente und tritt hauptsächlich der verbreiteten Ansicht entgegen, daß Leder eine chemische Verbindung von Gerbstoff mit Haut sey. Dieß ist nach ihm nicht der Fall, denn andere leimgebende Stoffe geben bei gleicher Behandlung kein Leder. Die Verschiedenheit der chemischen Natur der Gerbmittel, welche alle die gleiche Wirkung auf Haut hervorbringen, spricht dagegen. Gehen organische Körper mit einer bestimmten histologischen Form eine chemische Verbindung ein, so verschwindet in der Regel die Structur, beim Leder hingegen tritt sie um so deutlicher hervor. Das auf die Haut fixirte Gerbmittel verhält sich wie chemisch frei, sein Verhalten gegen andere Körper ist dasselbe geblieben, auch geht die Verbindung mit der Faser nicht nach stöchiometrischen Verhältnissen vor sich. Beim Kochen von Leder mit Wasser findet eine Umwandlung der Hautfaser in Leim statt, ohne Freiwerden der Gerbsäure, es entsteht vielmehr die charakteristische Verbindung von Gerbsäure mit Leim. Weißgare Leder verlieren schon beim Auswaschen mit Wasser den größten Theil des Thonerdesalzes wieder, und sind dann nicht verschieden von roher Haut. Diese Thatsachen sprechen gegen die Ansicht, daß Leder eine chemische Verbindung von Haut mit Gerbstoff ist. Quantitative Versuche welche Knapp anstellte, ergaben folgende Aufnahmen von gerbenden Stoffen, in Procenten der Haut: Alaun 8 1/2 Proc., schwefelsaure Thonerde 27,9 Proc., Chloraluminium 27,3 Proc., essigsaure Thonerde 23,3 Proc., Eisenchlorid 7 3/4 Proc., Stearinsäurea) 1 Proc., b) 1/3 Proc., Oelsäure 1 Proc., Thran und Colophonium je 1/2 Proc., Pikrinsäure in wässeriger Lösung 22 3/4, in weingeistiger Lösung 8 1/2 Proc. Die Aufnahme der Gerbmittel ist abhängig von der Concentration der Lösung und der Natur des Lösungsmittels; es kannkann unter Umständen wie bei den Fetten eine Gerbung stattfinden ohne alle fixirende Einwirkung der Haut auf das Gerbmittel, lediglich durch den Antheil der Lösung welcher mechanisch in den Poren der Haut zurückbleibt und daselbst eintrocknet. Im weiteren Verlauf der Abhandlung definirt Knapp Leder im wissenschaftlichen Begriff als Haut in welcher durch irgend ein Mittel das Zusammenkleben der Fasern beim Trocknen verhindert worden ist. Die rohe Haut bildet nach dem Trocknen eine steife hornartige Masse, eine Folge des Aneinanderklebens der einzelnen Fasern. Die Gerbung hat den Zweck, dieses Aneinanderkleben zu verhindern, indem die Gerbmittel in die Poren der Haut eindringen und die einzelnen Fasern umhüllen. Bei einzelnen Gerbmitteln (Lohe) ist das Leder nach dem Trocknen sogleich offen und geschmeidig, bei anderen (Alaun) muß dieser Zustand erst durch Ziehen und Dehnen (Stollen) hervorgebracht werden. Die Kraft der Haut, Substanzen zu fixiren, beruht wie bei den Geweben überhaupt, auf der Vergrößerung der Oberfläche durch die faserige Structur. Die Gerberei ist somit nur ein specieller Fall des Processes der Färberei und die Verschiedenheit der Kraft, mit welcher bei der Loh- und Weißgerberei der Gerbstoff von der Haut zurückgehalten wird, ist vergleichbar mit den ächten und unächten Farben der Färberei. Ein Leder ohne allen Gerbstoff läßt sich darstellen durch Verdrängen des Wassers aus den Poren der Haut durch Alkohol und Aether. Es hat das Aussehen und die Eigenschaften weißgarer Leder und diese Umwandlung schließt es vollkommen aus, das Leder als das Ergebniß einer chemischen Verbindung zu betrachten. Im AnhangeAnfange gibt Fr. Knapp, veranlaßt durch die Erfahrung in der Färberei, daß die Stoffe sich am dauerhaftesten auf die Zeuge befestigen, wenn sie unmittelbar auf der Faser selbst niedergeschlagen werden, die Vorschrift zur Gerbung mit unlöslichen Seifen. Eine mikroskopisch-chemische Untersuchung über die Structur des Bindegewebes lieferte A. Rollet i. J. 1858.Sitzungsberichte der Wiener Akademie, Bd. XXX S. 37. Derselbe zeigte, daß Kalk- und Barytwasser eine eigenthümliche Wirkung auf das Bindegewebe ausüben. Beide verändern die morphologische Beschaffenheit desselben nicht, sondern zerlegen nur die Bindegewebsmassen in ihre einzelnen Formelemente, fasern sie auf und gestatten die Isolirung der einzelnen Fäserchen. Gleichzeitig lösen sie eine geringe Menge eines Eiweißkörpers auf, dessen Vorhandenseyn das Zusammenkleben der einzelnen Fasern bewirkt. Beim Neutralisiren wird derselbe ausgeschieden. Das Barytwasser wirkt energischer und in kürzerer Zeit als Kalkwasser, die Wirkung gilt sowohl für das Bindegewebe der Sehnen wie der Haut. Rollet vermuthet, daß auch verdünnte Säuren diese Wirkung ausüben; da sie aber eine starke Aufquellung verursachen und dadurch die mikroskopischen Merkmale verwischen, so eignen sie sich weniger wie Kalk- und Barytwasser zur Verwendung. Er fand weiter, daß sich beim Rindercorium durch diese Flüssigkeiten zunächst aus den Faserbündeln Fasern von bedeutenderem Durchmesser abzweigen welche keine Anzeichen an sich tragen, daß sie noch weiter spaltbar sind; nach längerer Einwirkung spalten sie sich jedoch weiter in der Richtung ihrer Längenachse und zerfallen in ihre Formelemente. Am geeignetsten zur Untersuchung ist fertiges Leder, welches alle Verhältnisse des frischen Bindegewebes auf die deutlichste Weise zeigt; die vorhergehenden Operationen haben nur zu einer Isolirung der einzelnen Formelemente geführt. Ein Lederdurchschnitt zeigt hauptsächlich zwei Schichten, welche sich von einander unterscheiden. Die innere stärkere Schicht, das Hauptlager der Lederhaut, besteht aus verschiedenen dicken Bündeln der oben beschriebenen Fasern, vielfach durchflochten. Verfolgt man ein solches Bündel nach der Oberfläche des Corium zu, so nimmt man wahr, daß es sich dann auflöst, in jene Formelemente zerfährt, deren Isolirung durch längere Einwirkung von Kalk- und Barytwasser gestattet wird. Das Bindegewebslager der menschlichen Lederhaut verhält sich genau so wie das des Rindes. Verdünnte Säuren verwandeln das Bindegewebe in eine zähe und klebrige Masse, ebenso die Lösungen der reinen Alkalien. Längere Einwirkung verwandelt es in eine scheinbar structurlose Masse, beim Neutralisiren tritt jedoch die frühere Structur wieder zu Tage. Behandelt man Bindegewebe mit sehr verdünnter Säure, wäscht mit Wasser aus und setzt sehr vorsichtig Ammoniak zu, zur Neutralisation noch vorhandener Säure, so nimmt man wahr, daß durch Schütteln der Flüssigkeit derselbe fadige Filz entsteht welcher durch längere Einwirkung von Kalkwasser hervorgebracht wurde. Im Jahr 1866 veröffentlichte Fr. Knapp eine zweite Untersuchung über das Wesen der Weißgerberei.Polytechn. Journal Bd. CLXXXI S. 311. Er erörterte darin die Wirkungsweise welche der Nahrung im Ganzen und Einzelnen zukommt. Der Zusatz von Kochsalz zum Alaun hat nicht den Zweck, Chloraluminium zu bilden, denn es findet keine Umsetzung statt; dasselbe bewirkt vielmehr einen gesteigerten endosmotischen Austausch der Flüssigkeiten und führt den Alaun mit größerer Schnelligkeit zu den Fasern hinüber. Das Eigelb ist wirksam durch seinen Eiweiß- und Oelgehalt. Eiweiß wird von Alaun gefällt und der voluminöse Niederschlag von der Haut gern aufgenommen. Ebenso nimmt die Haut Fette auf. Der Vortheil des Eigelbes beruht aber wesentlich darin, daß sich das Fett in demselben im Zustande der feinsten Vertheilung befindet. Es kommt ihm kein besonderer Vorzug vor anderen Oelen zu; wenn man nur diese auf kunstgerechte Weise in eine Emulsion umwandelt, so wirken sie ebenso. Die Verschiedensten Oele, im Zustande einer Emulsion angewandt, geben stets das gleiche Resultat. Die mangelhaften Resultate welche die Praxis bisher damit erzielt hat, sind nur der wenig sachverständigen Behandlung derselben zuzuschreiben. Das Mehl bewirkt ebenso sehr das Aufgehen des Leders wie es für den Zug Bedingung ist. Eingehende Untersuchungen ergaben, daß es nur die Kleberbestandtheile sind, welche von der Haut aufgenommen werden; die Stärke wird nicht fixirt, deren Gegenwart ist aber trotzdem ein Vortheil, da sie die flockige Beschaffenheit des Niederschlages und dessen feine Zertheilung begünstigt und diesen dadurch für die Haut leichter aufnahmefähig macht. Andere Proteinkörper, z.B. Casein, werden mit derselben Begierde und Leichtigkeit aufgenommen und das Resultat ist ein gleich günstiges. Die Wirkungsweise der Bestandtheile des Mehles wird durch einen vergleichenden Versuch in das rechte Licht gestellt. Eisen- und Thonerdeseife, erhalten durch Ausfällen von Eisenchlorid- und Alaunlösung, wird unter Zusatz von Kochsalz mit Haut zusammengeknetet. Der Niederschlag wird langsam und schlecht von der Haut aufgenommen, ballt sich zusammen und verliert seine Hauptbedingung zur Aufnahme, die lockere Beschaffenheit. Rührt man jedoch die Seifenlösung vor dem Ausfällen mit fein geschlämmtem Thon an, so geht die Aufnahme ungleich rascher und schneller vor sich und der Niederschlag behält seine flockige Beschaffenheit. Damit ist die Wirkung der Stärke erklärt, sie schützt die Kleberbestandtheile vor dem Zusammengehen und entspricht dem Thonzusatze bei letzterem Versuche. Nach diesen Versuchen macht Fr. Knapp folgende Schlüsse über die Wirkung der Nahrung im Ganzen: Der Alaun wirkt als solcher, ohne Umsetzung mit Kochsalz, er bereitet die Haut zur Aufnahme der übrigen Stoffe vor, das Kochsalz beschleunigt seine Aufnahme. Die gar machenden Mittel sind die Kleberbestandtheile mit Thonerde verbunden und das Fett. Diese bewirken das Aufgehen und die satte Beschaffenheit der Haut. Erhöhte Temperatur ist dabei nicht nothwendig. Am Ende weist Knapp nach, daß die Mürbheit mancher Leder von einem Rückhalt an Kalk herrührt; derselbe setzt sich mit Alaun zu Gyps um und inkrustirt die Faser. Jeder spröde krystallinische Körper hat dieselbe Wirkung. Der Kalk kann unschädlich gemacht werden durch Bildung von Kalkseife oder von amorphem phosphorsaurem Kalk. Eine neuere Untersuchung über die Zusammensetzung der Haut und die Veränderung derselben beim Gerben mit Lohe rührt von A. Müntz Annales de Chimie et de Physique, Juli 1870, S. 309; im Auszug im polytechn. Journal Bd. CXCV S. 466. her. Derselbe untersuchte die Haut (Rindshaut von mittlerer Stärke) nach dem Reinigen und Enthaaren, nach dem Aufenthalt in saurer Gerbbrühe und nach vollendeter Gerbung, und beschreibt ausführlich die einzelnen Operationen. Die rohe Haut fand er zusammengesetzt aus: C 51,43 Proc. H   6,64   „ N 18,16   „ O 23,06   „ Asche   0,71   „ Nach dem Aufenthalt in der sauren Brühe während fünf Wochen hatten 86,52 Grm. Haut 16,25 Grm. Gerbstoff aufgenommen. Die Zusammensetzung dieses Productes war: C 52,10 Proc. H   6,30   „ N 15,31   „ O 25,99   „ Asche   0,30   „ Auf Grund der Analyse der Haut berechnet er die Menge der einzelnen Bestandtheile in dem Gewichte der angewandten Haut; mit Berücksichtigung der Gewichtszunahme und der Analyse des Leders findet er die Menge der einzelnen Bestandtheile in dem Leder. Die Differenz gibt ihm die Zusammensetzung der aufgenommenen Gerbsubstanz, welche auf Procente gebracht folgendes Resultat ergibt: C 54,72 Proc. H   4,42   „ O     40,87   „ Bei der vollendeten Gerbung, nachdem die Haut fünf Wochen in der sauren Brühe und eilf Monate in den Gruben gewesen war, fand er auf 31,37 Grm. Haut 26,01 Zunahme und die Zusammensetzung des Leders war: C 52,68 Proc. H   5,65   „ N   9,07   „ O 31,67   „ Asche   0,93   „ In derselben Weise wie vorher die Zusammensetzung der Gerbsubstanz berechnet, ergab sich: C 53,80 Proc. H   4,42   „ O       4,87   „ Außerdem ergab sich auf 100 Leder 0,86 Stickstoff weniger, als in der angewandten Haut. Müntz zieht deßhalb dafür 4,73 Grm. Haut ab, die sich nach seiner Ansicht während der Gerbung zersetzt haben und findet jetzt die Zusammensetzung der fixirten Substanz wieder: C 54,72 Proc. H   4,41   „ O     40,87   „ Er schließt daraus, daß Haut eine andere Substanz aufnimmt als Tannin, weil die Zusammensetzung beider verschieden sey. Um zu sehen, ob Haut und Leim gleiche Mengen Gerbstoff aufnehmen, fällte er letzteren mit Tannin und fand eine Aufnahme von 76,11 Procent des Leimes. Völlig trockene Haut besteht nach ihm in 100 Theilen aus:   3,086 Zellgewebe, durch kochendes Wasser nicht angreifbar,   1,058 Fett,   0,467 Mineralsubstanz, 95,395 leimgebender Substanz. Das Zellgewebe löste sich in Kupferoxydammoniak und enthielt circa 15 Proc. Stickstoff. Müntz gibt weiter Aschenanalysen der Haut in den erwähnten drei Phasen der Behandlung und findet, daß durch Einwirkung der Brühe eine Verminderung der Mineralsubstanzen eintritt, dieselben aber bis zur vollendeten Gerbung wieder aufgenommen werden. Nach ihm erleidet Tannin in den Gruben Zersetzung und gibt Milchsäure, Ameisensäure, Essigsäure, Gallussäure, Kohlensäure; ebenso vermuthet er Spuren von Propionsäure und schreibt dieser den sauren Geruch der Gerbereien zu. Eine Monographie der Gerberei von Lietzmann Lietzmann: die Herstellung der Leder in ihren chemischen und physikalischen Vorgängen. Berlin 1870. ist noch zu erwähnen. Dieselbe ist eine Vervollständigung einer früheren Arbeit desselben Verfassers (Erfahrungen auf dem Gebiete der Gerberei).Verhandlungen des Vereines zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen, 1862. Derselbe beschreibt sämmtliche Zweige der Gerberei und classificirt die Leder nach ihrer Behandlungsweise. Ich beschränke mich darauf, diese Classification wiederzugeben: In der Lohgerberei werden bei Sohlleder die Eiweißkörper der Haut und die gelöste leimgebende Substanz chemisch umgewandelt durch tannin- und proteinhaltige Vegetabilien. Bei Oberleder findet eine Umwandlung der Eiweißkörper mit Einschluß der Möglichkeit einer gleichen Einwirkung auf die leimgebende Substanz statt. In der Weißgerberei findet nur eine chemische Umwandlung der Eiweißkörper durch Mineralsubstanzen statt, die leimgebende Substanz bleibt unverändert. Die Sämischgerberei ist ein rein physikalischer Färbeproceß; die allein übrig gebliebenen indifferenten Gebilde grober Faserstränge und Zellwandungen der eigentlichen Lederhaut werden mit chemischen Umsetzungsproducten animalischen Fettes mechanisch überzogen. Die Bereitung von Fettgarleder ist theils auf chemische, theils auf physikalische Processe zurückzuführen, theils Gerbe-, theils Färbeproceß; die Eiweißkörper allein werden chemisch umgewandelt, die leimgebende Substanz bleibt unverändert und die groben Faserstränge der eigentlichen Lederhaut werden mechanisch überzogen durch animalische und vegetabilische Fette. Faßt man diese Untersuchungen zusammen, so ergeben sich noch verschiedene Punkte, deren Beantwortung noch offen oder noch nicht genügend ist. Die Wirkung des Alaunes und Kochsalzes, namentlich aber die Frage, findet unter Umständen eine Zerlegung des einen oder anderen dieser Salze statt, ist noch nicht genügend aufgeklärt. Die Zwischenlagerungen des Bindegewebes faßt man allgemein als Eiweißkörper auf, ohne Kenntniß ihrer Zusammensetzung und näheren Eigenschaften, die reine Bindegewebsfaser kennt man weder bezüglich der Zusammensetzung noch chemischen Veränderung. Folgende Untersuchung ist zu dem Zwecke unternommen, nähere Aufklärung darüber zu bringen. Ich ging dabei von der Idee aus, die Haut womöglich in ihren einzelnen Bestandtheilen kennen zu lernen, die für die Gerbung wichtigen zu isoliren und deren Zusammensetzung und Eigenschaften im Allgemeinen festzustellen, insbesondere auch mit Rücksicht auf die einzelnen Gerbeoperationen. Folgende Punkte waren dabei näher in's Auge zu fassen: die Haut für sich, ihre Bestandtheile im Allgemeinen; der Stoff, welcher das Zusammenkleben der einzelnen Hautfasern bewirkt; die reine Bindegewebsfaser; Haut und Wasser; Haut bei Behandlung mit Kalk; Haut und verdünnte Säuren; Einwirkung verschiedener Gerbstoffe auf Haut im Ganzen; Antheil der einzelnen Hautbestandtheile an der Gerbung; Folgerungen aus dem Ganzen. Die Haut. Die thierische Haut ist ein zusammengesetztes Organ und besteht aus mehreren Schichten, welche sich sowohl anatomisch wie chemisch verschieden verhalten. Sie besteht aus der Oberhaut, der eigentlichen Lederhaut oder Corium und dem Unterhautzellgewebe. Die Oberhaut zerfällt in die Hornschichte, ein an dem Lebensproceß nicht mehr theilnehmendes Gebilde welches nur die Berührung mit der Außenwelt vermittelt, und in das Malpighi'sche Netz, einer mit Flüssigkeit gefüllten und aus kernhaltigen Zellen bestehenden Schichte, die bei dem Lebensproceß thätig ist und bei der gereinigten Haut die Narbe bildet. Die Epidermis ist Sitz der Haare; dieselben ragen allerdings scheinbar in das Corium hinein, aber nur mittelbar mit einer sich bis dahin ziehenden Einstülpung der Oberhaut. Das Corium oder die eigentliche Lederhaut ist bei weitem dicker als die übrigen Hautschichten, es ist der eigentliche Repräsentant des Ganzen und die Geschmeidigkeit und Biegsamkeit, nebst Festigkeit, überhaupt die hauptsächlich zu Tage tretenden Eigenschaften der Haut an sich, rühren von ihm her. Es zerfällt in die der Oberhaut zunächst liegende intermediäre Schichte und in die eigentliche Lederhaut. Beide bestehen hauptsächlich aus Bindegewebsfasern mit elastischen Fasern durchzogen und sind die Bindegewebsfasern in der eigentlichen Lederhaut zu Bündeln vereinigt, die sich in den verschiedensten Richtungen kreuzen und im Allgemeinen mit der Oberfläche des Corium parallel laufen. Beim Austritt der Faserbündel in die der Epidermis zugekehrte Grenzschichte zerfahren jene Faserbündel in ihre Elemente, durchflechten sich in verschiedener Weise und bringen so die dichte eigenthümliche Beschaffenheit jener Grenzschichte zu Stande. Das Unterhautzellgewebe besteht aus formlosem Bindegewebe, es nimmt keinen Theil an dem Gerbeproceß, sondern wird vorher abgestoßen. Der Hauptbestandtheil der thierischen Haut sind die Bindegewebsfasern; außerdem enthält dieselbe die Zellen der Oberhaut, Spiral- und elastische Fasern, Einlagerungen von Fettzellen und ein Albuminoid, welches das Zusammenkleben der Fasern verursacht und das man als identisch mit Eichwald's Mucin erklärt hat, ferner geringe Mengen Eiweißkörper und Aschenbestandtheile. Beim Kochen mit Wasser geht das Bindegewebe in Leim über, die übrigen HautbestandtheileHauptbestandtheile haben keinen Theil an der Leimbildung. Müntz fand, wie oben angegeben, über 95 Proc. Leim aus der angewandten Trockensubstanz der HautDiese Zahl ist jedenfalls etwas zu hoch gegriffen; Müntz berücksichtigt nur noch Zellsubstanz, Fett und Asche, da aber die Haut auch noch einen eiweißähnlichen Körper enthält und dieser, wie später erläutert wird, beim Kochen nicht coagulirt, also mit in den Leim übergeht, so nimmt er diesen fälschlich mit als Leim an. und würde dieß ungefähr dieselbe Menge Bindegewebe repräsentiren, da, wie man annimmt, bei der Leimbildung nur eine moleculare Umsetzung und keine weitere chemische Veränderung vor sich geht. Die Operationen der Gerberei behandeln nicht die Haut im weiteren Sinne, sondern die von den Haaren und dem Unterhautgewebe, sowie anhängenden Blut- und Fleischtheilen befreite sogenannte „Blöße“. Dieses Product ist es auch, welches im weiteren Verlaufe dieser Abhandlung unter „Haut“ verstanden wird. Ich benutzte meist Kalbhaut, die durch Behandlung im Kalkäscher enthaart worden war, nur in einzelnen Fällen wurde durch Schwitzen enthaarte Haut verwandt und ist dieß speciell dabei bemerkt. Das Product, welches ich vom Gerber als Blöße bekam, also bereits frei von Haaren und Unterhautgewebe sowie gröberen Verunreinigungen, war für die späteren Zwecke, wo es sich darum handelte, Haut im chemischen Sinne rein zu haben, nicht verwendbar. Ich unterwarf es einer nochmaligen Reinigung und verfuhr dabei in folgender Weise: Zunächst wurde die Blöße nochmals mit einem stumpfen Messer sorgfältig ausgestrichen und dadurch eine weißliche Brühe entfernt, welche hauptsächlich Fett und Kalk, zum Theil wohl als Kalkseife, enthielt. Dann wurde sie circa einen halben Tag lang einem constantem Strome fließenden Wassers ausgesetzt, unter öfterem Durchwalken, wieder ausgestrichen und diese Operation je nach Bedürfniß noch einige Male wiederholt. Die zuletzt durch Ausstreichen entfernte Flüssigkeit ist fast hell und enthält nur noch geringe Mengen Bindegewebe, welches sich mechanisch mit abstößt. Jetzt wurde die Haut, welche durch die letzten Operationen ein blendend weißes Aussehen erhalten hatte, in einzelne Stücke geschnitten und mittelst Metalldraht in hohe Glascylinder gehangen, welche mit destillirtem Wasser gefüllt waren. Es wurde dabei besonders darauf geachtet, daß in jedem einzelnen Cylinder die Haut möglichst lose hing und, allerdings vollständig vom Wasser bedeckt, eine ziemlich hohe Wasserschichte unter sich hatte. Auf diese Weise wurden die noch vorhandenen Verunreinigungen rasch und vollständig entfernt; das destillirte Wasser trübt sich etwas, bleibt jedoch nach 2–3maliger Erneuerung vollständig klar und die Haut kann dann als rein angesehen werden. Alle später zur Verwendung kommende Haut ist auf diese Weise gereinigt. Es wurde zunächst daraus dargestellt: Der Stoff, welcher das Zusammenkleben der Fasern bewirkt. Rollet bemerkt in seiner oben citirten Abhandlung, daß er durch Baryt- und Kalkwasser aus der menschlichen und Rindshaut einen Körper auszog, der beim Neutralisiren dieser Flüssigkeiten als weißer flockiger Niederschlag erhalten wurde. Eine spätere Abhandlung dieses ForschersA. Rollet: über die Eiweißkörper des Bindegewebes. Sitzungsberichte der Wiener Akademie, Bd. XXXIX S. 308. hatte den Zweck, diese Einlagerungen näher zu studiren und benutzte er als Darstellungsmaterial Pferdesehnen. Diese wurden in Wasser gewaschen und geknetet bis Ferrocyankalium keinen Niederschlag mehr gab, und darauf einige Tage mit Kalkwasser digerirt. Der durch Neutralisiren mit verdünnter Essigsäure daraus gewonnene Körper war in verdünnter Essigsäure ebenso in verdünnter Salz- und Salpetersäure unlöslich, löslich in concentrirter Salz- und Salpetersäure. Die Substanz war aschenfrei, unlöslich in Wasser, Weingeist und Aether, verbrannte mit dem bekannten Geruche stickstoffhaltiger Körper und die saure Lösung wurde durch Ferrocyankalium nicht gefällt. In concentrirter Essigsäure wurde sie nur feiner vertheilt nicht gelöst, dagegen war sie leichtlöslich in Kali- und Natronlauge, Baryt- und Kalkwasser. Die Lösung in Kalilauge reagirte neutral, Weingeist erzeugte darin eine in Wasser wieder lösliche Fällung, Sublimatlösung keine Veränderung und Gerbsäure geringe Trübung. Eichwald Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. CXXXIV S. 177. erklärte dieselbe identisch mit dem von ihm aus Weinbergschnecken und Geweben höher organisirten Thiere dargestellten Mucin. Um zu constatiren, ob in der thierischen Haut derselbe Körper vorhanden sey, wählte ich denselben Weg den Rollet einschlug, das Extrahiren mit Kalkwasser. Die auf obige Weise gereinigte Haut wurde noch so lange mit kaltem destillirtem Wasser unter öfterer Erneuerung desselben geknetet, bis Ferrocyankalium keinen Niederschlag mehr hervorbrachte, und hierauf, nachdem sie durch Auspressen möglichst von der Flüssigkeit befreit worden war, in mit Glasstöpseln verschlossenen Cylindern 6–8 Tage mit Kalkwasser von gewöhnlicher Stärke digerirt. Die Extraction kann durch öfteres Umschütteln und sehr gelinde Temperaturerhöhung (bis Handwärme) beschleunigt werden, und nach der angegebenen Zeit kann man durch Neutralisiren der Flüssigkeit, dem Volumen nach eine ziemliche Quantität Substanz erhalten. Das Sammeln des Niederschlages hat indeß seine Schwierigkeiten; derselbe ist äußerst voluminös und setzt sich schlecht ab. Bringt man gleich anfangs Theile des Niederschlages mit auf das Filter, so werden die Poren desselben sehr leicht verstopft, das Filtriren wird dann äußerst zeitraubend und man läuft in wärmeren Räumen leicht Gefahr, daß sich ein Theil des Niederschlages, dem die schützende Decke des Kalkwassers fehlt, an der Luft verändert. Außerdem schrumpft der anfangs voluminöse und nicht wenig erscheinende Niederschlag schon nach dem Ablaufen der FlüssigkeitFüssigkeit und noch mehr nach dem Trocknen so zusammen, daß es gar nicht gelingt, ihn in dünner Schicht vom Filter zu entfernen, ohne daß Theile des letzteren daran hängen bleiben. Die Angabe von Eichwald,Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. CXXXIV S. 183. daß sich bei Zusatz von viel Essigsäure der Stoff in großen Flocken ausscheide, fand ich für diesen Fall nicht bestätigt; mein Körper verhielt sich, wie ich durch wiederholte sorgfältige Versuche festgestellt habe, völlig verschieden. Nach Neutralisiren der Flüssigkeit mit Essigsäure und Zusatz bis zur schwachsauren Reaction schieden sich dichte Flocken aus, bei weiterem Zusatz der Säure verschwanden dieselben wieder und kamen auch nach Zusatz jeder Menge nicht wieder zum Vorschein; es entstand vielmehr eine leicht getrübte Flüssigkeit, die sich durch Filtriren nicht klären ließ und worin man nach längerem Stehen ganz fein zertheilte Flocken, nicht zusammenhängend, wahrnehmen konnte. Meine Beobachtungen stimmen daher mit denen Rollet's Sitzungsberichte der Wiener Akademie, Bd. XXXIX S. 313. überein, dem es auch nicht gelang den frisch gefällten Stoff durch Zusatz von viel Essigsäure in flockiger und überhaupt in sammlungsfähiger Form zu erhalten. Ich kann dieselben jedoch noch dahin ergänzen, daß man durch Zusatz einer größeren Menge reinen KochsalzesDas Kochsalz muß frei von Schwefelsäure seyn, sonst wird der Ausscheidung Gyps beigemengt. Ich stellte es mir dar durch Umkrystallisiren von reinem Steinsalz. Wo solches nicht vorhanden, empfiehlt sich Neutralisiren von reinem kohlensauren Natron mit Salzsäure. den Stoff wieder in großen zusammenhängenden Flocken ausgeschieden erhält und habe dieses Verhalten zum Theil benutzt. Ich verfolgte in Kürze folgenden Weg: Die zerkleinerten Hautstücke wurden mit Kalkwasser 6–8 Tage lang digerirt und die Auszüge nach vorherigem Abpressen und Filtriren in einem großen Cylinder vereinigt und mit verdünnter Essig- oder Salzsäure versetzt bis zur eben sauren Reaction. War das Kalkwasser ziemlich verdünnt und hat man eine große Menge Flüssigkeit, so sammelt sich der flockige Niederschlag bald am Boden des Gefäßes und man kann nach einem halben Tage die überstehende klare Flüssigkeit mittelst eines Hebers entfernen. Den Rest sammelt man mit dem Niederschlage auf mehreren Filtern, wäscht anfangs mit schwach saurem, später mit reinem Wasser aus, und spült wieder in ein größeres Gefäß worin man den Stoff abermals mit verdünntem Kalkwasser übergießt und eine Nacht damit in Berührung läßt. Die nochmalige Behandlung mit Kalkwasser ist unbedingt nothwendig denn das erste Filtrat ist nicht vollkommen klar, sondern enthält feine Zellreste, die sich nicht durch einfaches Filtriren entfernen lassen. Beim abermaligen Lösen in Kalkwasser bleiben diese Zellreste zurück. Ich erleichterte die Reinigung noch dadurch, daß ich nach dem Lösen fein gepulverte, vorher durch Kalilauge und Salzsäure gereinigte und wiedergewaschene und getrocknete Holzkohle zusetzte und damit schüttelte. Beim Filtriren durch doppeltes schwedisches Filtrirpapier erhält man jetzt ein klares Filtrat und verfährt weiter damit auf die bereits angegebene Weise. Man wäscht mit essig oder salzsäurehaltigem Wasser, je nachdem man diese oder jene Säure zum Neutralisiren genommen, bis keine Reaction auf Kalk mehr zu bemerken ist, und verdrängt hierauf durch reines Wasser bis zum Verschwinden der sauren Reaction. Man kann jetzt mit Alkohol unmittelbar das Wasser verdrängen und mit Aether auswaschen und auskochen; ich zog es jedoch vor, die Niederschläge erst vom Filter zu entfernen und die ganze vereinigte Masse anfangs mit Alkohol später mit Aether zu behandeln. Das Entfernen der Niederschläge vom Filter hat seine Schwierigkeiten. Ist die Flüssigkeit abgelaufen, so bleibt der Niederschlag in gallertiger Form zurück und läßt sich schwer vom Filter lösen. Ich verfuhr wie folgt: Ich legte die Filter zwischen doppelte Lagen Fließpapier welches die Feuchtigkeit aufnahm. Bei gehöriger Vorsicht kann man den Punkt wo man die Niederschläge mit geringer Mühe vom noch feuchten Filter entfernen kann, leicht finden. Ist das Filter fast trocken geworden, so gelingt die Entfernung nicht mehr, ohne daß Filterreste am Niederschlage festkleben; in diesem Falle zog ich das Filter schnell durch eine Schale, die mit destillirtem Wasser gefüllt war, das Filter wird dadurch angefeuchtet und läßt sich mit derselben Leichtigkeit entfernen. Die so erhaltene Substanz bildet in feuchtem Zustande zusammenhängende Blätter, welche sich durch Schütteln mit Wasser leicht wieder in eine gleichmäßige schleimige Masse umwandeln lassen. Wie schon erwähnt, änderte ich in den Fällen wo die Abscheidung des Niederschlages nach dem Neutralisiren nicht schnell genug vor sich ging, das Verfahren in der Weise ab, daß ich überschüssige Essigsäure zusetzte und den wieder fein zertheilten Stoff durch Eintragen von reinem Kochsalz flockig ausschied. Der Niederschlag sammelt sich in diesem Falle leicht und die Flüssigkeit läuft gut ab; beim Auswaschen muß man aber das Verfahren etwas abändern. Wäscht man nämlich sofort mit Wasser nachdem die salzhaltige Flüssigkeit abgelaufen, so schwindet der Niederschlag, die durchlaufende Flüssigkeit wird trübe und man hat viel Verlust. Der Stoff löst sich nämlich in mäßig verdünnter Kochsalzlösung, die nicht unter einen gewissen Kochsalzgehalt geht, leicht wieder auf und diese erhält man, wenn man den Niederschlag und das Filter, die noch mit concentrirter Lösung vollgesogen sind, mit Wasser übergießt. In diesem Falle befolgte ich das folgende Verfahren: Ich ließ die concentrirte Kochsalzlösung abtropfen, preßte das Filter zwischen Fließpapier und entfernte dadurch fast alle Kochsalzlösung. Hierauf vereinigte ich sämmtliche so behandelte Niederschläge auf einem größeren Filter und übergoß sie mit viel Wasser. Das Wasser nimmt beim Durchlaufen die noch anhängenden Reste Kochsalz mit, ohne erhebliche Mengen der Substanz aufzulösen und wenn bei fortgesetztem Auswaschen im Filtrat eine Trübung eintritt, so kann man durch Zusatz von etwas Alkohol zum Waschwasser leicht jede weitere Lösung verhindern. Die spätere Behandlung des Niederschlages ist die oben angegebene. In jedem Falle ist es nothwendig, durch nochmaliges Auflösen in Kalkwasser den Niederschlag zu reinigen. Die Haut ist durch diese erste Behandlung mit Kalkwasser noch nicht erschöpft; man kann sie noch ein zweites und drittes Mal damit behandeln und erhält, wenn auch etwas weniger, immer noch ansehnliche Mengen der Substanz. Ja als ich Haut, die bereits mehrere Male mit Kalkwasser behandelt war, zur Entfernung desselben mit destillirtem Wasser übergoß und unbeachtet verschiedene Wochen damit stehen gelassen hatte, fand ich dieselbe nicht nur sehr gut conservirt, sondern in dem sehr verdünnten Kalkwasser eine ebenso reichliche Menge der Substanz gelöst, wie beim ersten Digeriren damit. Es ist deßhalb durchaus überflüssig und kann auch nicht den geringsten Werth beanspruchen, wenn man einen Schluß auf die Menge der Substanz in der Haut machen will. Vielleicht ist der Einwurf an dieser Stelle nicht ungerechtfertigt und bedarf der Erwägung, ob sich die Substanz nicht vielleicht durch die lange Einwirkung des Kalkwassers von Neuem gebildet hat und ein Umsetzproduct des Bindegewebes, des Hauptbestandtheiles der Haut ist? Die Zusammensetzung wird in der Folge zeigen, daß beide in sehr naher Beziehung zu einander stehen. Da ich gefunden hatte, daß Kochsalzlösung von mittlerer Concentration (circa 10 Proc. Gehalt) vorliegende Substanz sehr leicht löste, so entstand die Frage, ob sie sich nicht direct aus der Haut auf diese Weise gewinnen lasse? Der Versuch gelang über Erwartung. Zerkleinerte Haut, mit Kochsalzlösung von angegebener Concentration digerirt, gibt nach einigen Tagen schon eine nicht unbeträchtliche Menge des Stoffes ab, die Lösung trübt sich etwas und die Substanz scheint zum Theil in gelöster, zum Theil in gequollener Form vorhanden zu seyn. Die Ausbeute ist ebenso ergiebig wie bei Behandlung mit Kalkwasser. Schon bei Zusatz von Essig- oder Salzsäure zur abgepreßten und filtrirten Flüssigkeit wird dieselbe schleimiger und scheidet Flocken aus. Weiterer Zusatz von Kochsalz bis beinahe zur Sättigung bewirkt vollständige Ausscheidung. Nach einmaligem Sammeln und Auswaschen auf früher angegebene Weise löst man nochmals in Kochsalzlösung, schüttelt mit Kohle, säuert das klare Filtrat wieder an und verfährt auf dieselbe Weise.Zur Entfernung der letzten Antheile von Kochsalz kann man sich auch des Dialysators bedienen; man bringt die mit Kochsalzlösung verunreinigte Substanz in denselben und in das äußere Gefäß destillirtes Wasser. Die Reindarstellung ist jedoch langwieriger und habe ich nur obiges Verfahren benutzt. Die Ausscheidung erfolgt auch, wenn man die kochsalzhaltige Lösung in die 8–10fache Menge destillirtes Wasser gießt. Der Niederschlag sammelt sich in zarten weißen Flocken, die Absetzung ist aber schwieriger und habe ich dieses Verfahren nicht weiter verfolgt. Die Ausscheidung in der gesättigten Kochsalzlösung geschieht am oberen Theile der Flüssigkeit und bei der specifischen Schwere der Lösung und der Leichtigkeit des Niederschlages, in sehr kurzer Zeit. Ein Versuch, Barytwasser zum Extrahiren der Haut anzuwenden, lieferte scheinbar schlechte Resultate, in Wirklichkeit aber ist dieß nicht der Fall. Das Barytwasser war concentrirter als Kalkwasser und beim Neutralisiren entstand nur eine geringe Trübung und kein Niederschlag. Da mir zu der Zeit die Eigenschaft der Substanz, sich in Salzlösungen der Alkalien und auch alkalischen Erden aufzulösen, noch nicht bekannt war, so goß ich die Flüssigkeit weg; ich hätte sie aber nur mit der doppelten Menge Wasser zu verdünnen brauchen, um reichliche Ausbeute zu erhalten. Spätere Versuche mit dem Barytwasser überzeugten mich, daß es sich ebenso gut zum Extrahiren eignet, wie Kalkwasser; ich behielt aber letzteres bei, weil die beschränkte Lösungsfähigkeit des Kalkhydrates in Wasser es eben so schätzenswerth macht, indem es erstlich die Bindegewebsfaser nicht angreift und auch beim Neutralisiren ohne Verdünnung die ganze Menge der Substanz liefert. Barytwasser, sehr verdünnt, wirkt gleich, bei stärkerer Concentration eignet es sich weniger, da es die Haut mehr angreift. Verdünnte Kalilauge wirkt auch auf die übrigen Hautbestandtheile ein, und eignet sich nicht zum Ausziehen der Substanz, sondern liefert ein unreines Product. Es handelte sich jetzt darum, zu constatiren ob die Substanz ein bereits bekannter Körper sey. Ich prüfte zunächst auf Eiweißkörper im Allgemeinen und benutzte dazu die gereinigte Substanz in Kochsalzlösung gelöst. Diese ziemlich verdünnte Lösung läßt sich mit Essigsäure stark ansäuern, ohne daß ein Niederschlag weder in der Kälte noch beim Kochen entsteht. Zusatz von concentrirter Glaubersalzlösung bewirkt keine Ausfällung. Das Verhalten ist also verschieden von dem der gewöhnlichen Albuminstoffe. Zur Darstellung des Myosins aus Muskeln benutzt man ein ähnliches Verfahren; nach allen Angaben coagulirt dasselbe jedoch beim Erhitzen der Salzlösung, die Lösung dieser Substanz bleibt auch nach längerem Kochen vollständig klar. Ebenso wenig konnte ich Uebereinstimmung mit den Reactionen der übrigen Albuminstoffe finden. Ich gebe jetzt die Reactionen der Substanz wieder: Die entweder durch Kochsalz oder Kalkwasser gewonnene Substanz verhält sich in allen Fällen vollkommen gleich. Beide Niederschläge bilden nach dem Ablösen vom Filter grauweiße membranartige Blättchen, welche beim Liegen im feuchten Zustande an der Luft sich etwas dunkler färben. Mit Wasser geschüttelt quellen die Blättchen stark auf; eine wirkliche Lösung erfolgt nicht, man erhält eine ähnliche Masse wie Stärkekleister, nur etwas grau von Farbe. Verdünnt man die gequollene Masse mit viel Wasser und schüttelt stark, so erhält man eine weiße opalisirende Flüssigkeit aus welcher sich nach einiger Zeit die Substanz in zarten weißen Flocken zu Boden setzt. Die überstehende Flüssigkeit enthält Nichts gelöst. Ein geringer Zusatz von Kochsalz erhöht die Quellungsfähigkeit beträchtlich, größerer Zusatz bewirkt Lösung; bei Sättigung mit Kochsalz erfolgt wieder flockige Ausscheidung. Die Substanz ist also nur löslich in Kochsalzlösung von mittlerer Concentration, unlöslich sowohl in sehr verdünnter wie gesättigter Lösung. Zusatz von Weingeist zur gelösten oder in Wasser gequollenen Substanz bewirkt flockige Ausscheidung; die Flocken verhalten sich nach Entfernung des Weingeistes vollständig wie vorher. Aether bewirkt ebenfalls Ausscheidung; er scheint insofern weiter einzuwirken, als die Quellung der vom Aether befreiten Substanz, welche längere Zeit damit in Berührung war, beträchtlich langsamer vor sich geht. Erhitzen beeinträchtigt die Quellung und hebt sie auf. Die Substanz scheidet sich nach dem Kochen bei Zusatz von Kochsalz oder anderen Körpern viel weniger voluminös, sondern in feinen Flocken aus. Außer Kochsalz haben die meisten Lösungen von Salzen der Alkalien und alkalischen Erden die Fähigkeit die Substanz aufzulösen. Geringe Antheile von Salzen der Alkalien und alkalischen Erden erhöhen die Lösungsfähigkeit in Säuren. Hat man die Substanz in concentrirterem Barytwasser gelöst, neutralisirt mit Essigsäure und setzt Ueberschuß derselben zu, so bleibt die Flüssigkeit klar; die Lösung ist aber dann auf Rechnung des gebildeten Barytsalzes zu setzen, denn die reine Substanz mit Essigsäure behandelt, löst sich nicht, sondern quillt nur auf und wird in der Flüssigkeit feiner vertheilt. Ebenso verhalten sich andere alkalische Lösungen, Kalkwasser und Kalilauge, wenn sie in nicht zu geringer Menge vorhanden sind. In der wirklichen Lösung bewirkt Ferrocyankalium keinen Niederschlag, in der aufgequollenen Flüssigkeit jedoch, die man bei gehöriger Verdünnung und oberflächlicher Beobachtung wohl auch für Lösung halten kann, findet eine Fällung statt. Dieß ist aber nur eine mechanische Wirkung, welche auch andere Salzlösungen ausüben, wie ich mich durch wiederholte Versuche überzeugt habe. Durch Salzsäure, in größerer Menge zugesetzt, erhält man eine wirkliche Lösung und diese bleibt auf Zusatz von Ferrocyankalium klar. Verdünnte Salzsäure löst nur einen Theil der Substanz, das nicht Gelöste setzt sich nach längerem Stehen flockig ab, und die übrige Flüssigkeit klärt sich. Die Substanz löst sich leicht in Lösungen der reinen Alkalien und alkalischen Erden. Unzureichender Zusatz von Kali, so daß ein Theil ungelöst bleibt, läßt das Filtrat neutral reagiren. Die alkalische Lösung wird beim Neutralisiren gefällt, der entstandene Niederschlag ist leichter löslich in Mineralsäuren. War der Alkaligehalt gering, so entsteht keine vollständige Lösung in Essigsäure; enthielt die Lösung jedoch mehr, so bleibt der Stoff auch bei überschüssig zugesetzter Essigsäure gelöst und die Lösung verhält sich nicht verschieden von derjenigen in Salzsäure. Die angesäuerte Lösung wird nicht gefällt von Ferro- und Ferridcyankalium. Die neutrale oder schwach alkalische Lösung wird ebenso wenig gefällt durch: Eisenchlorid, schwefelsaures Kupferoxyd, neutrales essigsaures Bleioxyd, Quecksilberchlorid. Dagegen findet Ausscheidung statt durch: basisch-essigsaures Bleioxyd, Ueberschuß an Gerbsäure (geringe Mengen lassen die Lösung klar), basisch-schwefelsaures Eisenoxyd. Beim Kochen bleibt sowohl die neutrale, wie die angesäuerte Lösung unverändert. In saurer Lösung findet Ausscheidung statt durch Zusatz größerer Mengen neutraler Salze der Alkalien und alkalischen Erden. Millon's Reagens erzeugt rosenrothe Färbung. Die stark alkalische Lösung zum Sieden erhitzt und Zusatz einiger Tropfen Kupfervitriollösung bewirkt violette Färbung. Erhitzen der Lösung mit concentrirter Salpetersäure bewirkt Gelbfärbung, hierauf Zusatz von Kali oder Ammoniak eine Bräunung. Den Farbenwechsel welchen die meisten Albuminstoffe beim Erhitzen mit Salzsäure geben, konnte ich nicht constatiren. Beim Erhitzen der Substanz auf dem Platinbleche bläht sie sich anfangs auf, verbrennt dann mit dem bekannten Geruch stickstoffhaltiger Substanzen und hinterläßt eine geringe Menge Asche. Eine Quantität mit reinem Kali geschmolzen und die Schmelze nach dem Lösen in Wasser mit verdünnter Säure versetzt, bräunte Bleipapier nicht, die Substanz erwies sich also als schwefelfrei. Für die Elementaranalyse wurde die Substanz mit Alkohol und Aether ausgekocht, und bei + 120° C. getrocknet. Sie läßt sich schwer und nur sehr unvollkommen zerreiben und ich begnügte mich, sie vor dem Trocknen in möglichst kleine Stücke zu zerschneiden. Die Verbrennung geschah im Schiffchen, im beiderseits offenen Rohr bei vorgelegtem Kupferoxyd und metallischem Kupfer, und constantem Durchleiten von Sauerstoff. Die Stickstoffbestimmungen wurden nach der Methode von Will und Varrentrapp ausgeführt, das gebildete Ammoniak in titrirte Schwefelsäure geleitet und der Rest mit Barytwasser zurücktitrirt. 1 Kub. Centim. der SO³ entsprach 0,005077 Grm. N. 0,5430 Grm. Substanz0,5430 Grm. gaben 0,0140 Grm.0,0140 entsprechend 2,578 Proc. Asche. 1) 0,3055 Grm. Substanz gaben 0,1715 Grm. H²O = 0,01905 Grm. oder 6,23 Proc. H und 0,5020 Grm. CO² = 0,1369 Grm. oder 44,81 Proc. C. 2) 0,2190 Grm. gaben 0,1295 Grm. H²O, entsprechend 0,014388 Grm. H oder 6,57 Proc. und 0,3595 Grm. CO² = 0,10785 Grm. C oder 44,77 Proc. 3) 0,2875 Grm. gaben 0,1700 Grm. H²O, entsprechend 0,01888 Grm. H oder 6,57 Proc. und 0,4705 Grm. CO² = 0,1283 Grm. C oder 44,64 Proc. 4) 0,2095 Grm. gaben 0,1180 Grm. H²O = 0,01311 Grm. H oder 6,26 Proc. 1) 0,2090 Grm. Substanz sättigten 7,80 Kub. Centim. SO³ = 0,03606 Grm. oder 17,20 Proc. N. 2) 0,1100 Grm. Substanz sättigten 3,74 K. C. SO³ = 0,01898 Grm. oder 17,26 Proc. N. 3) 0,1920 Grm. Substanz sättigten 6,67 K. C. SO³ = 0,03386 Grm. oder 17,63 Proc. N. Daraus berechnet sich die Zusammensetzung der aschenfreien Substanz wie folgt: 1. 2. 3. 4. Mittel: C 46,00 Proc. 45,95 45,80    –   45,91 H   6,39    „   6,74   6,74  6,42     6,57 N 17,65    „ 17,72 18,10    –   17,82 O     –    –    –    –   29,60 –––––– 100,00 Es hat zwar wenig Werth, für Substanzen welche keine bestimmten Verbindungen eingehen, aus denen man das Aequivalentgewicht berechnen kann, eine chemische Formel aufzustellen, doch gebe ich den einfachsten Ausdruck der procentischen Zusammensetzung wieder. Es werden dadurch die Beziehungen der Substanz zu dem reinen Bindegewebe, dessen Darstellung ich später beschreiben werde, mehr aufgeklärt und die nahe Verwandtschaft in das rechte Licht gestellt. Die procentische Zusammensetzung führt zu der Formel: C³⁰H⁵⁰N¹⁰O¹⁵. Berechnet: Gefunden: 30 Aeq. C 30 × 12 = 360     45,57     45,91 50    „   H 50 ×   1 =   50       6,33       6,57 10    „   N 10 × 14 = 140     17,72     17,82 15    „   O 15 × 16 = 240     30,38     29,61 ––––––––––––––––––––––––– 790   100,00   100,00 Obgleich sich schon aus den Eigenschaften Verschiedenheiten zwischen vorliegender Substanz und dem Mucin ergeben, so kann doch die von letzterem ganz verschiedene Zusammensetzung keinen Zweifel mehr übrig lassen, daß beide Körper verschieden sind. Ich werde den dargestellten Körper in der Folge mit Rücksicht auf sein Vorkommen mit dem Namen Coriin bezeichnen. Auch der etwaige Einwurf, daß es kein reiner Körper, sondern ein mit Eiweißkörpern verunreinigtes Mucin sey, wird durch die Zusammensetzung außer den bestimmt ausgeprägten Eigenschaften widerlegt. Das Coriin enthält ca. 6 Proc. C weniger als die eigentlichen Eiweißkörper und dabei 1,5 Proc. N mehr, während Mucin nach Scherer 52,2 Proc. C und 12,6 Proc. N, und nach Eichwald nur 48,9 C und 8,5 N hat Ein Gemisch müßte also jedenfalls über 49 Proc. C und nur zwischen 8 und 16 Proc. N haben. Es lag nicht in meiner Absicht, die Zersetzungsproducte des Coriins weiter zu untersuchen, ich wollte vielmehr nur die Bedeutung des Körpers für die Zwecke der Gerberei und die Veränderung bei Einwirkung einiger wichtigen in diesem Industriezweige zur Verwendung kommenden Materialien studiren. Indem ich daher die Weiterverfolgung der Untersuchung in ersterer Richtung späterer Forschung überlasse und wenigstens eine Andeutung für Darstellung des Materiales gegeben habe, gehe ich noch in Kürze auf das Verhalten des Coriins gegen die Verbindungen, welche als Gerbmittel dienen, ein. Hierher gehören Alaun und überhaupt Thonerdesalze und Kochsalz in der Weißgerberei, und Eichengerbsäure in der Rothgerberei. Außerdem zog ich noch hinzu Eisenverbindungen, deren sich einige vorzüglich zur Gerbung eignen. Das Verhalten gegen die Fette und deren Oxydationsproducte, welche in der Sämischgerberei zur Verwendung kommen, habe ich nicht mit in die Untersuchung gezogen. Es ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, daß sich das Coriin in der Haut nach der Enthaarung im Zustande unvollständiger Lösung befindet. Bei der Enthaarung kommen Kalkmilch, in selteneren Fällen Kochsalz, bei stärkeren Häuten sich bildendes Ammoniak zur Verwendung, welche alle lösend auf Coriin einwirken, es auch zum Theil aus der Haut entführen. Ich habe deßhalb mit Rücksicht darauf eine concentrirtere Lösung von Coriin in Alkali verwandt. Kalkwasser eignet sich weniger, da sich bei Zusatz von Alaun schwerlöslicher Gyps, bei Zusatz von Gerbsäure gerbsaurer Kalk bildet, welche das Resultat beeinträchtigen können. Ich verwandte zum Ansäuern dieser Lösung organische Säure (Essigsäure) wie dieß in der Praxis gebräuchlich ist, und constatirte außerdem, daß sich andere organische Säuren ebenso verhalten. Beim Neutralisiren fällt Coriin, wie schon beschrieben, in Flocken aus, beim Ansäuern verschwinden die Flocken wieder und es entsteht wieder Lösung.Ich gebrauche das Wort Lösung, wenn dieß auch in chemischem Sinne nicht zutreffend ist, da die Flüssigkeit bei der schleimigen Beschaffenheit der Substanz einen wenn auch geringen Grad von Opalescenz zeigt. Bei Lösungen welche stark alkalisch reagiren, ist sie übrigens nach dem Ansäuern fast vollständig klar. Verwende ich anstatt der organischen Säure Alaunlösung, so entsteht beim Neutralpunkte ein Niederschlag, der sich aber auch bei weiterem Zusatze vollständig wieder auflöst. Selbstverständlich darf der Alkaligehalt der Flüssigkeit nicht so bedeutend seyn, daß Thonerdehydrat dadurch bleibend ausgeschieden wird. Für diesen Fall kann man auch Lösung in Kalkwasser anwenden. Mischungen von Alaunlösung und Kalkwasser trüben sich nicht, und der sich bildende Gyps bleibt in der Flüssigkeit gelöst. Alaunlösung für sich scheidet also das Coriin nicht aus. Der Alaun, an sich mit sauren Eigenschaften begabt, verhält sich analog jeder anderen Säure, denn außer den organischen findet auch bei Anwendung anorganischer Säuren keine Verschiedenheit statt, wie ich mich durch Versuche überzeugt habe. Setzt man jedoch zu der sauren Lösung concentrirtere Kochsalzlösung zu, so wird in beiden Fällen, sowohl bei Gegenwart von Alaun wie auch in der nur essigsauren Lösung, das Coriin flockig-faserig ausgeschieden. Ein Unterschied findet nur insoweit statt, daß in der essigsauren Lösung Coriin rein, in der Lösung von Alaun aber, wenn nicht noch freie Essigsäure vorhanden war, mit dem Coriin etwas basisches Thonerdesalz ausgeschieden wird, was diesem Niederschlage ein etwas weißeres Ansehen gibt. Der Niederschlag durch Kochsalz aus Coriinlösung mit Alaun ist auch etwas feiner vertheilt, während der aus der rein essigsauren Lösung großstockiger gefällt wird; diese Verschiedenheit schreibe ich der zusammenziehenden Wirkung des Alaunes zu. Verwendet man Kochsalz als Lösungsmittel, so entsteht sowohl bei Zusatz von Alaun wie einer Säure derselbe Niederschlag. In der alkalischen Lösung bringt Kochsalz, auch in großer Menge zugesetzt, keinen Niederschlag hervor. Außer Chlornatrium haben auch die meisten Salze der Alkalien und alkalischen Erden dieselbe Eigenschaft, sie vermögen Coriin selbst zu lösen und bei Zusatz von Säure findet Ausscheidung statt, oder ihre concentrirten Lösungen zu sauren Coriinlösungen gesetzt, bewirken Ausscheidung des Coriins. Eisenchlorid fällt Coriin nicht, eine geringe Ausscheidung findet nur statt, wenn man stark alkalische Lösung anwendet; dagegen bewirkt basischschwefelsaures Eisenoxyd vollständige Fällung. Eichengerbsäure bewirkt in der sauren Coriinlösung Ausscheidung desselben; die Ausscheidung erfolgt um so langsamer, je saurer die Flüssigkeit ist. Schütteln beschleunigt die Ausscheidung. In alkalischer Coriinlösung erfolgt die Ausscheidung erst dann, wenn der Zusatz von Gerbsäure so groß ist, daß deren Eigenschaften als Säure in den Vordergrund treten und den Charakter der alkalischen Lösung verändern, die Ausscheidung ist dann vollständig. Gallusgerbsäure verhält sich analog. Die Reactionen sind ausführlich angegeben, weil das genaue Studium des Verhaltens allein im Stande ist, die speciellen Vorgänge in der Haut selbst bei der Gerbung, die sich der unmittelbaren Beobachtung mehr oder weniger entziehen, aufzuklären. Der Zusatz von Kochsalz zur Alaunlösung, die vorzüglichen Eigenschaften des basisch-schwefelsauren Eisenoxydes als Gerbmittel, das Bemühen der Praxis vor dem Einbringen der Häute in die Lohe die alkalische Reaction aufzuheben, erklären sich nach diesem Verhalten von selbst. Ich gebe specielle Erklärungen bei den einzelnen später folgenden Gerbeversuchen. Die reine Bindegewebsfaser. Bei Behandlung von Hautstücken mit sehr verdünnter Essigsäure (1/2 Proc. Hydrat enthaltend), fand ich daß nach mehrtägiger Einwirkung sich aus der filtrirten Lösung durch Kochsalz- und Gerbsäurelösung, ebenso beim Neutralisiren der Flüssigkeit ein dem Coriin ähnlicher faserigflockiger Niederschlag in reichlicher Menge ausschied. Da Coriin, wenn nicht gleichzeitig Salze vorhanden sind, sich in dieser verdünnten Säure nicht auflöst, so hielt ich es für gerathen, den Niederschlag etwas näher zu untersuchen. Es fand sich auch bald eine Verschiedenheit, obgleich die Fällung sich von der in Coriinlösungen entstehenden nicht unterschied; der Niederschlag war unlöslich in reinem Kalkwasser. Die Wirkung von Essigsäure auf Haut ist schon längst bekannt; nach allen Angaben wird die Structur der Bindegewebsfaser dadurch verwischt, erscheint jedoch beim Neutralisiren der Säure wieder, und der Zusammenhang der einzelnen Fasern, sowie die ganze Anordnung scheint nicht verändert. Man benutzt dieses Verhalten schon länger, um die übrigen Bestandtheile der thierischen Haut welche durch verdünnte Säure nicht gleichzeitig verändert werden, mikroskopisch näher untersuchen zu können. Anfangs erscheint die Haut bei Behandlung mit dieser Säure nur geschwellt, sie wird durchscheinend und bekommt nach kurzer Zeit auf ihrer Innenseite ein schlüpfriges Anfühlen; wendet man concentrirtere Essigsäure an, und setzt die Behandlung etwas länger fort, so nimmt die Haut beträchtlich an Dicke zu, und die einzelnen Schichten können um so deutlicher unterschieden werden. Die umgebende Flüssigkeit erhält nach und nach eine schleimige Consistenz. Nimmt man ein solches Hautstück heraus, so erscheint die ganze Masse gleichmäßig glasartig durchsichtig, nur der Theil welcher den sogenannten Narben bildet, hat sein früheres Ansehen beibehalten. Die entstandene Flüssigkeit mit dem mehrfachen Volumen Wasser verdünnt, läßt sich filtriren, wenn auch langsam, da ein Theil nicht wirklich gelöst, sondern nur aufgequollen ist, welcher die Poren des Filters leicht verstopft. Das Filtrat ist klar; beim Neutralisiren erhält man eine reichliche Menge eines flockigen Niederschlages. Es erschien mir mehr als wahrscheinlich, daß ein Theil des Bindegewebes in wirklich gelöstem Zustande vorhanden sey, und gedachte ich diesen Weg zur Darstellung der reinen Faser zu benutzen. Die Wirkung kommt nicht der Essigsäure allein zu, sondern andere Säuren zeigen sich auch. Um etwa beigemengtes Coriin zu entfernen, neutralisirte ich die durch verdünnte Essigsäure erhaltene Lösung nach dem Filtriren mit Kalkwasser und setzte einen größeren Ueberschuß desselben zu. Das Coriin löst sich darin leicht auf, während sich dieser Niederschlag nicht verändert. Nach eintägigem Stehen mit Kalkwasser, unter öfterem Umschütteln, wurde abfiltrirt, anfangs mit Kalkwasser später mit reinem Wasser gewaschen, und nochmals in verdünnter Essigsäure gelöst. Das abfiltrirte Kalkwasser enthielt nur sehr wenig Coriin, die verdünnte Säure entzieht der Haut dieses also nicht. Das klare Filtrat wurde mit Kalilauge versetzt, bis die Lösung nur noch sehr schwach sauer reagirte und nach Zusatz von etwas reinem Kochsalz (um der Flüssigkeit ein größeres spec. Gew. zu geben und den Niederschlag an der Oberfläche zu erhalten) einen halben Tag der Ruhe überlassen. Aller Niederschlag hat sich dann an der Oberfläche der Flüssigkeit gesammelt und stellt eine etwas zusammenhängende weiche schleimige Masse dar, die man leicht auf dem Filter sammeln kann. Er wird anfangs mit schwach saurem Wasser gewaschen bis zum Verschwinden der Kalkreaction, später mit reinem Wasser, dann mit Alkohol. Man erhält so immer weißer werdende etwas zusammenhängende Massen, welche durch Aufbewahren unter Aether vollkommen entwässert werden können. Im Wasser quillt die Substanz wieder auf, und erhält wieder die frühere weiche Beschaffenheit. Es scheint mir hier ein ganz ähnlicher Fall vorzuliegen, wie bei Behandlung von reiner Baumwolle mit Kupferoxydammoniak. In beiden Fällen entsteht eine schleimige Flüssigkeit; die Baumwolle verliert ihre Structur jedoch schneller, was erklärlich ist, da die Einwirkung auf die einzelnen freiliegenden Fasern eine viel leichtere ist, während die Haut, ein zusammengesetztes Organ, durch ihr geschlossenes Ganze dem Angriffe mehr Widerstand entgegen setzt, die einzelnen Fasern auch nicht freiliegen, sondern mit Zwischenlagerungen versehen sind, welche dem Angriffe der Essigsäure größere Hindernisse bieten. Die Wirkung der Essigsäure auf die reine Hautfaser und die des Kupferoxydammoniaks auf die Baumwollfaser scheint gleich; es entsteht in beiden Fällen eine schleimige Flüssigkeit, erst durch starkes Verdünnen filtrirbar. Man hat auch die Umwandlung der Baumwollfaser nur als Quellung bezeichnet, doch scheint die Filtrirbarkeit bei großer Verdünnung für eine wahre Lösung zu sprechen. Die Ausscheidung beider Substanzen bei der Neutralisation bietet gewisse Aehnlichkeiten; dieselbe erfolgt beiderseits in großen faserigen Flocken, bei der Baumwolle ist die Structur verschwunden und auch das gelöste und wieder gefällte Bindegewebe erscheint unter dem Mikroskop nicht mit dem bestimmt ausgeprägten anatomischen Charakter, sondern unregelmäßig, undeutlich faserig. Wie ich mich überzeugt habe, entstand durch Einwirkung von Essigsäure kein Leim, sondern das Bindegewebe wird als solches gelöst. Die durch Auswaschen von anhängender Säure und Salzlösung befreiten Massen haben nicht das klebrige Anfühlen, welches feuchter Leim zeigt, sie werden beim Entwässern durch Alkohol und Aether weiß und undurchsichtig. In der essigsauren Lösung entsteht Ausscheidung durch Kochsalz und andere Neutralsalze der Alkalien und alkalischen Erden; ebenso entsteht Fällung durch Zusatz von gelbem und rothem Blutlaugensalz. Ein Theil der reinen, durch Auswaschen vollständig von Säure befreiten Substanz wurde mit Wasser zum Sieden erhitzt und eine zeitlang damit gekocht. Die Masse vertheilt sich gleichmäßig in der Flüssigkeit, wird gelöst und die Lösung erstarrt beim Erkalten zu einer dicken durchsichtigen Gallerte. Die Substanz hat sich also in Leim umgewandelt und ist damit bewiesen, daß reine Bindegewebsfaser vorlag. Zusatz von reinem Aetzkali zur essigsauren Lösung bewirkt Ausscheidung beim Neutralpunkte; weiterer Zusatz löst den Niederschlag leicht wieder auf. Ueberschüssig zugesetztes Kalkwasser thut dieß nicht.Das Kalkwasser muß vollständig frei von Alkali seyn, sonst wird, namentlich in verdünnten Lösungen, die Substanz durch den Alkaligehalt ebenfalls wieder gelöst. Beim Kochen der stark mit Kali versetzten Lösung und Zusatz von wenig Kupfervitriol entsteht violette Färbung. Millon's Reagens bewirkt Rothfärbung. Zusatz von Kali oder Ammoniak zur erhitzten, stark mit Salpetersäure versetzten Lösung bewirkt je nach Concentration Gelb- bis Braunfärbung der Flüssigkeit. Gerbsäure bewirkt Ausscheidung, deßgleichen bausch-schwefelsaures Eisenoxyd. Beim Verbrennen hinterblieb eine geringe Menge Asche. Die schon mit Alkohol und Aether entwässerten Stücke wurden für die Analyse wiederholt mit wasserfreiem Aether ausgekocht und bei + 120° C. getrocknet; sie sind sehr schlecht zu zerkleinern. Die Verbrennung wurde ganz in derselben Weise wie beim Coriin angegeben, ausgeführt. Die Stickstoffbestimmung deßgleichen; zum Auffangen des gebildeten Ammoniaks diente dieselbe Schwefelsäure, wovon ein Kub. Cent. 0,005077 Grm. N entsprach. 0,3800 Grm. Substanz gaben 0,0090 Grm. = 2,37 Proc. Asche. 1) 0,2493 Grm. Substanz gaben 0,4320 Grm. CO² = 47,26 Proc. C und 0,1460 Grm. H²O = 6,51 Proc. H. 2) 0,2700 Grm. Substanz gaben 0,4685 Grm. CO² = 47,33 Proc. C und 0,1580 Grm. H²O = 6,50 Proc. H. 3) 0,3375 Grm. Substanz mit Natronkalk verbrannt, sättigten 11,97 K. C. SO³ = 0,06077 Grm. oder 18,00 Proc. N. Daraus berechnet sich die Zusammensetzung der aschenfreien Substanz wie folgt: 1. 2. 3. Mittel: C 48,41 48,48    – 48,45 H   6,66   6,66    –   6,66 N    –    – 18,45 18,45 O    –    –    – 26,44 Aus dieser Zusammensetzung ergibt sich die Formel: C¹⁵H²³N⁵O⁶. Berechnet: Gefunden: C¹⁵ = 180   48,77   48,45 H²³ =   23     6,24     6,66 N⁵  =   70   18,97   18,45 O⁶  =   96   26,02   26,44 ––––––––––––––––––––––––––– 369 100,00 100,00 Vergleicht man die für das Coriin gefundene Formel C³⁰H⁵⁰N¹⁰O¹⁵ mit derjenigen des Bindegewebes und verdoppelt die letztere, so zeigt sich die nahe Uebereinstimmung. Das Coriin unterscheidet sich von dem Bindegewebe nur durch den Mehrgehalt von O und 2 H²O. 2 (C¹³NO⁶) + O + 2 H²O = H⁵O¹⁵ Bindegewebsfaser. Coriin. Es dürfte sich demnach eine Verdoppelung der Formel für das Bindegewebe empfehlen und erscheint das Coriin dann als ein durch gleichzeitige Aufnahme von 2 H²O entstandenes Oxydationsproduct des ersteren. CramerUeber die Bestandtheile der Seide, im Journal für praktische Chemie Bd. XCVI S. 76; im Auszug im polytechn. Journal Bd. CLXXX S. 397. untersuchte die Bestandtheile der Seide und zeigte die Zusammensetzung des Seidenfaserstoffes (Fibroin) und des Seidenleimes (Sericin.) Er fand die Zusammensetzung wie folgt:   Fibroin   Sericin C 48,39           C 44,32 H   6,51 H   6,18 N 18,40 N 18,30 O 26,70 O 31,20 Auf Grund seiner Analysen berechnete er für Fibroin die Formel C¹⁵H²³N⁵O⁶ und für Sericin C¹⁵H²⁵N⁵O⁸. Die Formel des Fibroms und die von mir für das Bindegewebe berechnete sind gleich. Die Zusammensetzung beider Faserstoffe zeigt eine so genaue Uebereinstimmung, daß hier jedenfalls eine Isomerie vorliegt. Das Verhältniß des Sericins zum Fibroin ist ähnlich wie das des Coriins zur Bindegewebsfaser. Verdoppele ich die Cramer'schen Formeln und stelle sie mit denen des Coriins und der Bindegewebsfaser zusammen, so ergibt sich die Analogie noch deutlicher: H⁴O¹² + 2 O + 2 H²O = H⁵O¹⁶ Fibroin. Sericin. H⁴O¹² + O + 2 H²O = H⁵O¹⁵ Bindegewebsfaser. Coriin. Es ergibt sich für Coriin und Sericin nur ein Unterschied von einem Molecül Sauerstoff. Die Uebersicht zeigt jedenfalls, daß das Verhältniß jedes von je beiden Körpern ein ähnliches ist, und daß die beiderseitigen Uebergänge auf gleiche Weise geschehen. Ob das Coriin aus der Bindegewebsfaser entsteht, darüber wage ich keine Ansicht auszusprechen. Der Umstand jedoch, daß die Haut auch nach öfterem Ausziehen mit Kalkwasser oder anderen Lösungsmitteln immer noch davon abgibt und ein Aufhören der Reaction nicht zu bemerken war, spricht dafür. Vielleicht ist es ein Zwischenproduct beim Uebergang der Bindegewebsfaser in Leucin und Tyrosin, den gewöhnlichen Ausgangsproducten bei Umwandlung der eiweißartigen Körper. Cramer fand, daß die Lösung von Sericin gelatinirte und daß sie diese Eigenschaft durch Zusatz von Alkalien und Säuren verlor. Vielleicht ist dieß ursprünglich mit dem Coriin ebenfalls der Fall und das Verschwinden dieses Verhaltens nur auf die vorhergehende Behandlung der Haut mit Kalkwasser zu schieben. Jedenfalls ist es sowohl physiologisch wie chemisch von Wichtigkeit, daß der Körper zweier so verschiedener Thierclassen Producte liefert, welche in so naher Beziehung zu einander stehen.Die hier gegebene Möglichkeit der Darstellung von reiner Bindegewebsfaser dürfte die Gelegenheit an die Hand geben, die Beziehungen der leimgebenden Substanz zum Leim selbst und die Vorgänge bei dessen Bildung aufzuklären. Jedenfalls läßt sich bei Behandlung von reinem Hautfibroin mit Wasser in höherer Temperatur unter Druck in zugeschmolzenen Röhren leicht chemisch reiner Leim darstellen und durch Fällung mit Alkohol gewinnen. Die Untersuchung seiner Zusammensetzung, die Menge welche sich im Verhältniß zur angewandten Substanz ergibt, wird feststellen, ob nur eine moleculare Umlagerung oder ein Aus- oder Eintritt von Wasser stattfindet. Die jetzt vorliegenden Analysen von leimgebender Substanz und Leim daraus, welche allerdings eine ungefähre Uebereinstimmung zeigen, beweisen, da gewöhnlich ein Theil der angewandten Substanz nur leimgebend ist und die übrigen Bestandtheile sich nicht auf einfache Weise entfernen lassen, sehr wenig. Bei Umwandlung von Haut in Leim wird man z.B. stets Coriin in dem fertigen Leim mit analysiren. Versuche in dieser Beziehung dürften nicht unwichtige Resultate ergeben. In Bezug auf das Verhalten der Bindegewebsfaser, für die ich den Namen Hautfibroin vorschlage, zu den schon beim Coriin erwähnten Gerbmaterialien gilt so ziemlich das daselbst Gesagte. Die essigsauren Lösungen verhielten sich gleich, nur die Gerbsäure, auch in geringerer Menge zugesetzt, bewirkte ebenfalls Ausscheidung und war die Fällung nicht vom Säuregrade abhängig. Nach Darstellung der beiden für die Operationen der Gerberei wichtigen Bestandtheile der thierischen Haut, deren Verhalten jetzt aufgeklärt ist, wende ich mich wieder der Haut im Allgemeinen zu, und suche deren Verhalten aufzuklären zunächst bei den vorbereitenden Gerboperationen. (Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.)