Titel: Das praktische Pigmentdruckverfahren.
Fundstelle: Band 205, Jahrgang 1872, Nr. CIX., S. 447
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CIX. Das praktische Pigmentdruckverfahren. Ueber das Pigmentdruckverfahren. Seit längerer Zeit ist keine übersichtliche Darstellung des Pigmentdruckverfahrens gegeben worden, obgleich wesentliche Verbesserungen in dieser leider noch wenig cultivirten Branche stattgefunden haben, und die prächtigen Drucke, welche jetzt die Autotype-Compagnie in London herausgibt, wohl geeignet sind, die Aufmerksamkeit der Photographen auf's Neue auf diesen Proceß zu lenken. Leider geschieht jetzt in Deutschland für denselben wenig oder nichts mehr; die Materialien werden nur noch in England fabricirt, und unter solchen Umständen wird es dem Praktiker freilich schwer gemacht, mit dem Verfahren zu operiren, welches in der Freiheit der Wahl der Farbe, in der Aechtheit derselben, in dem Belieben, das Bild matt oder glänzend zu halten, und in der Durchsichtigkeit der Schatten viel vor dem Silberdruck voraus hat. Hr. Phips hat kürzlich über das Pigmentdruckverfahren, wie es jetzt in London in den Ateliers der Autotype-Compagnie ausgeübt wird, folgende interessante Details gegeben. 1) Die Negative. – Im Allgemeinen empfiehlt es sich, die Negative für den Pigmentdruck etwas dünner als die Negative zum Silberdruck zu halten. Ferner empfiehlt es sich, dieselben ringsum mit einem undurchsichtigen Rande zu umgeben, entweder durch Aufmalen oder durch Umkleben von Papier. 2) Das Pigmentpapier. – Dasselbe wird fertig gekauft. Um es zu sensibilisiren, taucht man es am besten 1 1/2 Minute lang in eine Lösung von doppelt-chromsaurem Kali (1 : 32) ein. Die Zeit ist abhängig von der Temperatur und von der Natur des Papieres. Je mehr Zucker dieses enthält, desto kürzer kann die Eintauchzeit seyn. Man läßt jedenfalls das Papier so lange in der Lösung bis es vollkommen flach liegt. Die chromsaure Kalilösung darf keine freie Säure enthalten, sonst wird die Schicht rasch schlecht und unlöslich im Wasser. Die Autotype Compagnie verkauft eine besondere Art Chromsalz, welches sehr gut ist und ein Gemenge verschiedener Chromate zu seyn scheint. Das Trocknen geschieht an Schnüren, am besten bei ca. 18° R. Je rascher das Papier trocknet, desto besser hält es sich. Das mit einer frischen Lösung des Chromsalzes der Autotype Compagnie präparirte Papier hält sich vortrefflich 14 Tage lang; das mit alter Lösung präparirte Papier wird rasch unlöslich. Trocknen bei sehr hoher Temperatur gibt ein hartes und brüchiges Papier, das jedoch curirt werden kann, wenn man es kurze Zeit in feuchter Luft liegen läßt. 3) Die Exposition. – Diese beträgt ungefähr 2/3 der Exposition für Silberdruck. Als Photometer kann einfach ein Stück Silberpapier benutzt werden; wenn dieses braun geworden ist, so nimmt man den Copirrahmen herein. Freilich muß hierbei die Intensität des Negativs in Betracht gezogen werden. Ueberexposition ist besser als Unterexposition; im Uebrigen ist man hier nicht so beschränkt in der Wahl der Expositionszeit, als man glaubt. 4) Entwickelung. – Behufs der Hervorrufung muß die Schicht von ihrem ursprünglichen Support (Papier) auf eine andere Fläche – Glas oder Metall – übertragen werden, so daß das auf der Oberfläche liegende unsichtbare Bild vollständig abgehoben, und die überflüssige Gelatine von der Rückseite aufgelöst wird; bleibt das Bild auf der neuen Unterlage, so ist es rechts und links verkehrt; wird es noch ein Mal übertragen, so erhält man es in richtiger Stellung. Wünscht man, daß das Bild glänzend erscheine, so reibt man eine Glasplatte oder glatte Zinkplatte mit einer Lösung von 1 Grm. Dammarharz in 40 Grm. Benzin ein. Wünscht man eine mehr matte, körnige Fläche, so nimmt man eine matte Glas, Zink- oder Porzellanscheibe und reibt sie eben damit ein. Statt des oben genannten Firnisses kann man zu gleichem Zwecke eine Mischung von gleichen Theilen Bienenwachs und Harz nehmen, von der man 11 Grm. in 600 Kubikcentimeter Terpenthinöl auflöst. Man nimmt den Ueberfluß dieses Aufstriches mit einem reinen Tuch fort, so daß die Oberfläche nicht schmierig erscheint. Wünscht man eine biegsame Unterlage, so streicht man gedachte Lösung auf Schellackpapier, wie es von der Autotype-Compagnie gekauft wird. Diese Ueberzüge sind jedoch nur nöthig, wenn das Bild wiederum übertragen werden soll. Wünscht man dagegen dasselbe auf seiner Unterlage zu lassen, so braucht man oft gar keinen Ueberzug. Auf manchen Glassorten, namentlich Milchglas, haftet die Schicht ganz vortrefflich, und ein solcher Pigmentdruck sieht auf Milchglas geradezu wundervoll aus. Hauptsache ist, daß die Glasoberfläche rein und frei von Fett ist. Haftet die Schicht nicht für sich allein, so muß man den Ueberzug anwenden, der auch nachher zum Uebertragen dient und unten beschrieben ist. Der belichtete Bogen wird nun in kaltes Wasser getaucht; er rollt sich zunächst einwärts, dann wird er flach, und schließlich rollt er sich auswärts; sobald er flach wird, nimmt man ihn heraus und preßt ihn sofort auf die präparirte Fläche, taucht diese unter Wasser, und quetscht die etwa zwischengebliebenen Luftblasen heraus. Am besten verfährt man so: Man legt die Uebertragsfläche (Glas- oder Zinkplatte) auf einen flachen, ebenen Tisch, gießt Wasser auf, nimmt den Pigmentbogen aus der Schale, worin er weichte, faßt ihn an zwei entgegengesetzten Enden, legt ihn mit der Mitte zuerst auf, senkt die Ecken und treibt so das zwischenbefindliche Wasser heraus; dann nimmt man ein Stück Kautschuk, flach zwischen Bretchen gefaßt, und treibt, auf der Rückseite reibend, die Luftblasen heraus. Ein wenig aufpassen muß man hierbei; von selbst gehen die Luftblasen nicht weg. Man setzt jetzt die Tafel mit dem Pigmentpapier etwa fünf oder zehn Minuten lang bei Seite und taucht dieselbe dann in einen Kasten mit Wasser von etwa 25° R. Nach kurzer Zeit löst sich das Papier ab, die Gelatine auf. Man nimmt das Papier weg und läßt das Bild sich entwickeln. Hat man auf Papier übertragen, so legt man es am besten mit der Bildseite nach unten. Das Wasser im Kasten hält man am besten mit einer Lampe warm. Wenn das Bild vollständig entwickelt ist, überspült man es mit kaltem Wasser. Man darf den Proceß nicht forciren, namentlich zu Anfang nicht zu heißes Wasser anwenden, da sonst die Bildhaut sich plötzlich ausdehnt und leicht Falten bekommt. Eben so muß man sich hüten, den Bogen vor dem Auslegen auf die Zinkplatte sich zu sehr ausdehnen zu lassen, und zu rasch nach dem Auflegen zu entwickeln. Ist das Bild überexponirt, so wendet man schließlich heißes Wasser an; aber man lasse es nur nach und nach warm werden. Ist das Bild gewaschen, so kann man es durch Behandeln mit Chromalaun unlöslich machen. 5) Das Uebertragen. – Beim Uebertragen des entwickelten Bildes dient entweder das Uebertragspapier der Autotype-Compagnie oder ein Papier, welches mit nachfolgender Lösung präparirt ist: Gelatine   24 Grm. Chromalaun     0,8 Grm. Wasser 576 Grm. Eisessig   12 Grm. Man löst Gelatine und Chromalaun separat auf, mischt beide zusammen und setzt dann Eisessig hinzu, welcher die Lösung haltbar macht. Man weicht dieses Papier in Wasser von 32° R., feuchtet das entwickelte Bild an, und bringt es unter Wasser in Contact mit dem Papier. Man treibt das überflüssige Wasser durch Drücken mit Kautschuk heraus und läßt das Ganze trocken werden. Dann löst sich das Papier mit dem Bilde ab. Das Uebertragspapier der Autotype-Compagnie ist übrigens besser, als das nach obigem Recept selbst bereitete. Angenehmer ist es, den zweiten Uebertragsproceß ganz zu sparen, und das Bild lieber auf seiner definitiven Unterlage zu entwickeln. Sehr schön ist der Effect von Pigmentdrucken, die auf Tonpapier übertragen sind, und bei denen man die Lichter mit etwas chinesischem Weiß aufgesetzt hat. Eben so kann man durch Uebertrag auf gekörntes Papier oder Whatman reizende Effecte erzielen, wie sie im gewöhnlichen Druck gar nicht möglich sind. Auf den fertigen Pigmentdrucken arbeitet es sich ausgezeichnet mit Wasserfarben. Will man stark übermalen, so präparirt man das Bild am besten mit einer wässerigen Schellacklösung, welche die Gelatine härtet. Zu dunkle Theile kann man durch bloßes Radiren aufhellen. 6) Druck auf Elfenbein. – Auf Elfenbein kann man Bilder direct übertragen und entwickeln, und dieß empfiehlt sich statt des zweiten Uebertrages (5) mit Gelatine; freilich färbt das Chromsalz das Elfenbein leicht gelb; dieß kann jedoch vermieden werden, wenn man das belichtete Bild sofort wäscht und so das Chromsalz heraus wäscht. Nachher läßt man es trocknen und verfährt dann damit, wie oben. Am besten macht man das Elfenbein vorher mit Bimsstein rauh. 7) Verkehrte Negative. – Um den zweiten Uebertrag zu spüren, muß man verkehrte Negative haben. Man nimmt diese am besten so auf, daß man die Platten verkehrt in die Cassette legt. Natürlich muß man den Focus entsprechend der Plattendicke adjustiren. Auch kann man Prismen zum Umkehren der Bilder anwenden. (Photographische Mittheilungen, 1872 S. 73.)