Titel: Ueber eine eigenthümliche Kesselsteinbildung im Dampfraume der Dampfkessel; von Eduard Mategczek.
Fundstelle: Band 205, Jahrgang 1872, Nr. CXVII., S. 505
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CXVII. Ueber eine eigenthümliche Kesselsteinbildung im Dampfraume der Dampfkessel; von Eduard Mategczek. Aus der in Prag erscheinenden Zeitschrift für Zuckerindustrie, August 1872, S. 306. Mategczek, über Steinbildung im Dampfraume der Dampfkessel. Es ist eine bekannte Erscheinung, daß die aus dem Speisewasser der Dampfkessel sich bildenden Niederschläge sich zumeist unterhalb der Feuerlinie, also im Wasserraume absetzen, während der aus den mechanischen Verunreinigungen beim Kochen sich bildende Kesselschaum sich wohl im Dampfraume zum Theil ansetzen kann, aber beim Ausblasen gewöhnlich von da wieder abgespült und entfernt wird. Ebenso ist es eine bekannte Thatsache, daß die Niederschläge ebenso verschieden, wie die Speisewässer sind; daß dieselben bald schlammig oder pulverig sind oder auch feste, zusammenhängende Krusten, den eigentlichen Kesselstein bilden; ferner daß erstere meistens kohlensaure Erden, letztere vorwiegend schwefelsauren Kalk enthalten und daß sie sich zumeist an jenen Stellen des Dampfkessels in größerer Menge ansetzen, welche dem Feuer am meisten ausgesetzt sind. Weniger bekannt und meines Wissens noch in keiner Zeitschrift veröffentlicht ist der Einfluß der verschiedenen Kesseleinmauerung auf das Absetzen des Kesselsteines. Zum Speisen der 9 im Betriebe befindlichen Dampfkessel der Unterberkowitzer Zuckerfabrik wird das immer etwas fetthaltige Dampfwasser und als Zuschuß reines Elbewasser benutzt. Die Dampfkessel von 30 Fuß Länge und 4 Fuß Durchmesser haben je zwei in den abziehenden Gasen liegende Siederöhren von 24 Fuß Länge und 21 Zoll Durchmesser, und waren bis zur Kampagne 1868/9 nach der gewöhnlichen Art eingemauert, d.h. im oberen Theile bis zur Feuerlinie mit Mauerwerk vollständig umgeben. Die Dampfspannung beträgt circa 40 Pfd. pro Quadratzoll. Bis zu dieser Zeit wurde nicht die geringste Ablagerung im Dampfraume der Dampfkessel bemerkt und im Wasserraume eine solche von nur sehr geringer Stärke (1–2 Linien), wie schon die Beschaffenheit der Speisewässer voraussetzen läßt. Anfangs, so lange die Kesselplatten noch vollkommen blank waren, war der Ansatz so gering, daß derselbe erst nach der 4. Campagne ausgeschlagen wurde. Seit der Zeit geschieht dieß alljährlich, da an der trotz der sorgfältigen Reinigung zurückbleibenden rauhen Kesselfläche der Kesselstein viel leichter haftet. Im Jahre 1868 wurden sämmtliche Dampfkessel vom Ingenieur Mörth nach der schon früher bekannten Weise derart eingemauert, daß nur die vordere, der Heizung zuliegende Hälfte des Dampfraumes vollständig mit Mauerwerk bedeckt blieb, während der vom Dom nach rückwärts liegende Theil 7 Zoll vom Kessel überwölbt wurde. Der dadurch entstandene ringförmige Hohlraum hält jedenfalls die Hitze besser zusammen, resp. läßt eine stärkere Erhitzung des Dampfraumes zu, als dieß durch das am Kessel aufliegende Mauerwerk geschieht, indem die nach außen durch Abkühlung verlorene Wärme durch die heißen abziehenden Gase gleich wieder ersetzt wird. Als nun nach der Campagne 1868/9 die Kessel befahren wurden, zeigte sich die überraschende und auch in den folgenden Jahren sich wiederholende Erscheinung, daß der Dampfraum und besonders der rückwärtige Theil mit zapfenförmigem, an die Tropfsteingebilde erinnernden Ueberzug bekleidet war, während der Wasserraum den gewöhnlichen Kesselsteinansatz zeigte. Die Zapfen selbst hatten ein erdiges Aussehen, bestanden aus concentrischen Schichten und waren mitunter bis von 2 Zoll Länge. Am stärksten abgelagert fanden sich dieselben an den Nieten oberhalb der Feuerlinie, sowie an den Rändern, wo der Kessel in den Dom übergeht. Im trockenen Zustande ist die zapfenförmige Ablagerung zwischen den Fingern leicht zerreiblich und unbenetzbar, welch' letztere Eigenschaft sich mit der Zeit verliert. Ich muß gleich hier bemerken, daß diese Bildung unter genau denselben Fabrikverhältnissen wie früher erfolgte, nur mit dem Unterschiede daß zum Schmieren der Maschinen zumeist Vulcanöl benutzt wird und daß in dem Verhältnisse zwischen Retour- und Elbewasser keinerlei Veränderung eintrat. Das specifische Gewicht wurde in zwei Proben zu 1,30 und 1,499, also im Mittel zu 1,388 bestimmt. Folgende Analyse zeigt die Zusammensetzung in 100 Gewichts theilen: Wasser 2,831 Fett 1,430 organische Substanz 21,955 Kieselsäure 21,713 Kohlensäure 1,187 Schwefelsäure 6,947 Chlor 0,139 Eisenoxyd 3,836 Thonerde und Phosphorsäure 7,878 Kalk 15,752 Magnesia 4,151 Sand und Thon 12,283 ––––––– 100,102 Von dem darin enthaltenen Fett wurden 1,263 Proc. mittelst Aether und 0,167 Proc. mit einer Mischung aus gleichen Theilen Alkohol und Aether extrahirt. Dasselbe war von brauner Farbe und starkem Geruch. Die 22 Proc. organischer Stoffe stammen nicht allein aus dem Elbewasser, sondern schließen einen hohen Antheil an Kalk gebundener Fettsäuren ein, wovon ich mich durch Lösen des Rückstandes von der Aetherextraction in Salzsäure überzeugt habe. Der Gehalt an Kieselsäure ist ein sehr hoher und ohne mich hier weiter in eine Erklärung über deren Anhäufung einzulassen, will ich nur bemerken, daß ein noch höherer Gehalt in einem Kesselsteine von Seelowitz durch Dr. Otto Kohlrausch nachgewiesen wurde. Derselbe zeigte folgende Zusammensetzung in 100 Gewichtstheilen: Kieselsäure   24,817 schwefelsaurer Kalk   65,332 kohlensaurer Kalk     3,800 Eisenoxyd etc.     6,051 ––––––– 100 Nach den dargelegten Verhältnissen kann ich nicht umhin, die Bildung obigen Beschlages ganz allein der abgeänderten Kesseleinmauerung zuzuschreiben und ist dieselbe auch sehr leicht erklärlich. Kesselsteine setzen sich nach allen Beobachtungen nur an der directen Heizfläche, also an den heißesten Stellen des Kessels an, während der übermauerte Dampfraum wegen seiner niederen und bei 3 Atmosphären Dampfspannung 108° R. nicht übersteigenden Temperatur, immer davon frei bleibt. Ist jedoch der Kessel zum Theil überwölbt, resp. in den Feuerraum verlegt, so wird durch die daselbst bewirkte Temperaturerhöhung die Kesselsteinbildung höher hinaufrücken. Da jedoch die untere Hälfte der Kesselwandungen, welche direct von der Flamme berührt werden, eine höhere Temperatur wie die obere besitzt, welche meist nur von stagnirenden Gasen umgeben ist, so wird auch folgerichtig die Beschaffenheit der Absätze eine verschiedene seyn müssen; oben im Dampfraume lockerer, unten compacter. Die Zapfenbildung des Kesselsteines im Dampfraume ist nur Folge der Wirkung des zurückfallenden Wassers. Obgleich nicht geläugnet werden kann, daß durch das Ueberwölben der Dampfkessel die Wärme des Brennmaterials besser ausgenutzt wird und ein schädlicher Einfluß der Kesselsteinbildung im Dampfraume auf das Kesselmaterial in Unter-Berkowitz noch nicht bemerkt wurde, so wäre es doch von mir gewagt, dieß im Allgemeinen zu behaupten. Belehrend wäre es, zu wissen, ob auch bei den vielen im Betriebe befindlichen genau ebenso überwölbten Dampfkesseln dieselben oder ähnliche Beobachtungen gemacht wurden, denn nur durch gewissenhafte Mittheilung aller Erfahrungen ist es möglich, die so tief in das industrielle Leben eingreifende Dampfkesselfrage ihrer Lösung immer näher zu führen. Schließlich theile ich noch den Gehalt an den wichtigeren Bestandtheilen des als Zuschuß zu den Retouren benutzten Elbewassers mit. Dasselbe wurde am 22. September 1869 geschöpft zu einer Zeit, wo stromaufwärts noch keine andere Zuckerfabrik die Campagne begonnen hatte. Dasselbe war ganz klar und enthielt im Liter: Abdampfrückstand 0,0905 Gramme fixen Rückstand 0,0800       „ organische Stoffe 0,0105       „ schwefelsauren Kalk 0,0087       „ kohlensauren Kalk 0,0321       „ kohlensaure Magnesia 0,0134       „ Chlor 0,00496     „ Am 20. Februar 1870, wo auf 4 Stunden Entfernung 4 Zuckerfabriken in Thätigkeit waren, von denen 3 auf derselben Seite liegen, wo obige Probe genommen wurde, zeigte das unter der Eisdecke geschöpfte Wasser im Liter einen Chlorgehalt von 0,00547 Grm., also um 10 Proc. mehr. Von einer nennenswerthen Verschlechterung des Elbewassers durch die abfließenden Spodiumschmutzwässer kann demnach keine Rede seyn.