Titel: Ueber eine neue Doppelverbindung von Schwefelgold und Schwefelsilber; von M. Pattison Muir.
Fundstelle: Band 205, Jahrgang 1872, Nr. CXXIX., S. 540
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CXXIX. Ueber eine neue Doppelverbindung von Schwefelgold und Schwefelsilber; von M. Pattison Muir. Aus Chemical News, vol. XXV p. 265; Juni 1872. Muir, über eine Verbindung von Schwefelgold mit Schwefelsilber. Vor einiger Zeit führte mein Bruder, John M. Muir, mit Hrn. W. Carrick auf dem Thames Goldfield in Neuseeland einige Versuche über das Verhalten eines geschmolzenen Gemisches von Gold und Silber gegen Schwefel ab, um die stattfindende Reaction womöglich zur Scheidung dieser Metalle im großen Maaßstabe anwenden zu können. Diese Versuche fielen jedoch ganz anders aus, als die Genannten erwartet hatten; denn anstatt durch die Bildung von Schwefelsilber eine vollständige Trennung von Gold und Silber zu erreichen, fanden sie, daß eine neue Doppelverbindung entstanden war, von der sie mir eine Probe übersendeten. Bevor ich zu meiner Analyse derselben übergehe, will ich das von meinem Bruder und Hrn. Carrick bei ihren Untersuchungen über die Einwirkung des Schwefels auf Goldsilberlegirungen angewendete Verfahren in Kürze mittheilen. Das silberhaltige Rohgold wurde auf dem Ofen in einem großen Tiegel bis zum Schmelzen erhitzt. In eine eiserne Quecksilberflasche wurde nun durch ihre mit Schraubenstöpsel verschließbare Oeffnung eine Quantität Schwefel gefüllt; in die nach unten gerichtete Mündung der Flasche wurde dann ein aus Graphit angefertigtes Rohr gepaßt. Hierauf wurde der Schwefel durch ein Feuer zum Schmelzen gebracht und die Flasche nun über dem das flüssige Metallgemisch enthaltenden Tiegel so aufgehängt, daß die untere Mündung des Graphitrohres in das Metall tauchte, und der Schwefel also hineinfließen und sich mit dem Inhalte des Tiegels mischen konnte. Zuvor war die flüssige Legirung mit einer Boraxdecke versehen worden. In dieser Weise wurden Quantitäten von 20 bis 100 Unzen Thames-Gold auf einmal behandelt; die Operation wurde je nach der verwendeten Metallmasse, zehn Minuten bis eine Stunde lang fortgesetzt. Nach Beendigung dieser Behandlung mit Schwefel wurde der Tiegel vom Feuer genommen; man ließ das Gold erstarren und goß dann den noch flüssigen Borax nebst der ebenfalls noch flüssigen, für Schwefelsilber gehaltenen Substanz aus. Der Borax ließ sich nach dem Erkalten leicht abschlagen, so daß das Schwefelmetall als Kuchen zurückblieb. Bei sämmtlichen von den Genannten abgeführten Versuchen zeigte das erhaltene Gold einen Feingehalt von 654 bis 812 Tausendteln, aber höher stieg derselbe nicht, ein Beweis daß keineswegs alles Silber extrahirt worden war. Die für Schwefelsilber gehaltene Substanz, welche nach meiner Analyse in einem Doppelsulfuret von Gold und Silber besteht, ist dunkelgrau, ziemlich hart und gewissen Varietäten von natürlichem Schwefelantimon (Grauantimonerz, Antimonglanz) sehr ähnlich. Sie hat krystallinische Textur und läßt sich mit dem Messer schneiden, ist aber sehr spröde; ihr specifisches Gewicht ist 8,159. Durch Erhitzen in einem Luftstrom wird sie nicht zersetzt; beim Schmelzen mit kohlensaurem Natron dagegen bildet sich Schwefelnatrium, während eine Goldsilberlegirung zurückbleibt. Durch längeres Kochen mit starker Salpetersäure wird fast alles Silber gelöst und es bleibt beinahe reines Gold zurück. Erhitzt man das Doppelsulfuret gelinde, aber genügend lange mit starker Schwefelsäure und behandelt es dann mit heißem Wasser, so läßt sich, wie ich gefunden habe, alles Silber in Lösung erhalten, wobei das Gold als ein fein zertheiltes Pulver zurückbleibt. 1,1915 Grm. der auf diese Weise behandelten Substanz gaben 0,4252 Grm. = 35,569 Procent Gold. Das Filtrat, mit Salzsäure gefällt, gab 0,7799 Grm. Chlorsilber, entsprechend 49,27 Procent Silber. Eine zweite Portion, im Gewicht von 0,5475 Grm., mit starker Salzsäure und Chlorsäure vorsichtig erwärmt, gab mit Chlorbaryum 0,6414 Grm. schwefelsauren Baryt, entsprechend einem Schwefelgehalte von 0,0885 Grm. oder 16,17 Procent. Aus den Resultaten meiner Analyse habe ich für die in Rede stehende Substanz folgende Formel abgeleitet: 2 Au²S³ + 5 Ag²S. Dieser Formel entspricht nachstehende Zusammensetzung: Berechnet Gefunden Schwefel          15,87    16,17 Gold    35,47    35,69 Silber    48,66    49,27 –––––––––––––––––  100,00  100,00