Titel: Untersuchung einiger Gaswässer aus Gasanstalten und über den Gehalt der Steinkohlen an Chlorverbindungen; von Dr. G. Th. Gerlach aus Kalk bei Cöln a. Rh.
Autor: G. Th. Gerlach
Fundstelle: Band 205, Jahrgang 1872, Nr. CXXXII., S. 552
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CXXXII. Untersuchung einiger Gaswässer aus Gasanstalten und über den Gehalt der Steinkohlen an Chlorverbindungen; von Dr. G. Th. Gerlach aus Kalk bei Cöln a. Rh. Gerlach, Untersuchung einiger Gaswässer aus Gasanstalten und über den Gehalt der Steinkohlen an Chlorverbindungen. Das wässerige Destillationsproduct der Steinkohlen, welches bei der Bereitung des Leuchtgases außer dem Theer als Nebenproduct gewonnen wird, ist eine nach Theer riechende Flüssigkeit, welche aus der Reihe der aromatischen Substanzen wohl hauptsächlich Benzol und Kreosot gelöst enthält. Seine technische Verwendbarkeit beruht auf dem Gehalt an Ammoniakverbindungen, und zwar kommen darin vor, neben kohlensaurem Ammoniak, Schwefelammonium, unterschwefligsaures Ammoniak, ferner Cyanverbindungen von Ammoniak namentlich das Rhodanammonium, etwas schwefelsaures Ammoniak und wechselnde Mengen von Salmiak. Gelegentlich der Untersuchung einiger Gaswässer, fiel es mir auf, daß zuweilen der Titer der Gaswässer außerordentlich niedriger war, als der Titer des Destillates dieser Gaswässer, wenn diese Wässer vorher mit überschüssiger Natronlauge, oder mit Kalk versetzt worden waren. Es waren also in diesen Fällen neben den flüchtigen Ammoniakproducten, auch reichlich solche Ammoniaksalze im Gaswasser vorhanden, welche erst durch fixe Alkalien zerlegbar sind. Die Untersuchung hat ergeben, daß neben wenig unterschwefligsaurem Ammoniak, immer geringe Mengen schwefelsaures Ammoniak im Gaswasser enthalten sind, namentlich aber auch Salmiak, und manche Gaswässer, z.B. die aus Zwickauer Kohlen erhaltenen Gaswässer, enthalten sogar als Hauptbestandtheil gerade Salmiak, während sich in denen aus Ruhr- oder Saar-Kohlen, oder auch aus englischen Newcastle-Kohlen nur wenig Salmiak vorfindet und vielmehr das kohlensaure Ammoniak in den Vordergrund tritt. Analyse des Gaswassers aus der Gasanstalt in Chemnitz. In Chemnitz, wo man nur Zwickauer Kohle als Gaskohle benutzt, ist das Gaswasser das reine Destillationsproduct der Steinkohlen, insofern die Waschwässer nicht mit in das Theerbassin laufen und einen besonderen getrennten Abfluß haben. Das Wasser hat eine Stärke von 1,6° Baumé. Nr. I. Zur Bestimmung der Mengen von unterschwefligsaurem Ammoniak, wurde Gaswasser mit Bleiweiß geschüttelt zur Entfernung des Schwefelammoniums; das Gaswasser wurde abfiltrirt, vom Filtrate 10 Kubikcentimeter mit destillirtem Wasser verdünnt, mit Essigsäure schwach angesäuert und Kleister zugefügt. Es waren 0,7 K. C. einer 1/10 Normaljodlösung erforderlich bis zur Bläuung des Kleisters. 1 K. C. Normaljodlösung entsprechen 2 K. C. Normallösung eines unterschwefligsauren Salzes; mithin enthielten 100 K. C. Gaswasser so viel unterschwefligsaures Ammoniak NH⁴O . S²O², als 1,4 K. C. einer Normallösung von diesem Salze. Nr. II. 10 K. C. Gaswasser direct mit Essigsäure schwach angesäuert und mit Kleister versetzt, erforderten 1,7 K. C. 1/10 Normallösung, hiervon ab obige 0,7 K. C. ––––––––– verbleiben 1,0 K. C. 1/10 Jodlösung für Schwefelammonium. 100 K. C. Gaswasser enthalten also so viel Schwefelammonium NH⁴S, als 1,0 K. C. Normaljodlösung entsprechen. Nr. III. Gaswasser wurde mit wenig gepulvertem Chlorbaryum versetzt, in einer gut verstöpselten Flasche umgeschüttelt und vom flockigen Niederschlag abfiltrirt. Das Filtrat mußte eine Spur Chlorbaryum enthalten und mit Schwefelsäure versetzt die Gegenwart von Baryt darthun. Wurde das ammoniakalische Filtrat gekocht, so trübte es sich beim Stehen von ausgeschiedenem kohlensauren Baryt; das alkalische Filtrat enthielt demnach doppelt-kohlensauren Baryt gelöst. 100 K. C. der schnell abfiltrirten Flüssigkeit erforderten 2,5 K. C. Normalsalpetersäure zur Sättigung. Das Chlorbaryum hatte alles einfach-kohlensaure Ammoniak entfernt und die genannten 2,5 K. C. Normalsäure entsprechen dem Gehalte an doppelt-kohlensaurem Ammoniak, einschließlich des Schwefelammoniums.           Es bleiben also von 2,5 K. C.           ab für Schwefelammonium 1,0 K. C. –––––––– für doppelt-kohlensaures Ammoniak 1,5 K. C. Nr. IV. 100 K. C. Gaswasser direct mit Normalsäure titrirt, erforderten 12 K. C. Normalschwefelsäure. Von diesen 12 K. C. kommen in Abzug 1 K. C. für Schwefelammonium, 1,5 K. C. für doppelt-kohlensaures Ammoniak, es bleiben also 12 K. C. ab 2,5 K. C. –––––––– 9,5 K. C. für kohlensaures Ammoniak. Das Titriren des Gaswassers kann nicht so vorgenommen werden, daß man dasselbe direct mit Lackmuspapier bläut, mit Normalsäure übersättigt, durch Kochen die Kohlensäure vertreibt und mit Normalnatron zurückgeht. Die Gegenwart von Schwefelwasserstoff, namentlich aber die Gegenwart von Cyanverbindungen zerstören zu schnell die Farben des Lackmus. Man muß hingegen den Eintritt der Neutralität in der kochenden sauren Flüssigkeit beim Zurückgehen mit Natron durch Betupfen von Lackmuspapier aufsuchen. Der Gehalt an kohlensaurem Ammoniak läßt sich natürlich ebenso leicht feststellen, wenn man den ausgewaschenen voluminösen Niederschlag von kohlensaurem Baryt aus einer bestimmten Menge Gaswasser in gemessenen Mengen Normalsalpetersäure löst und durch Zurückgehen mit Normalnatron die verbrauchten Mengen Normalsäure feststellt. Nr. V. 100 K. C. Gaswasser mit Salzsäure übersättigt und kochend heiß mit Chlorbaryumlösung versetzt, gaben einen Niederschlag von schwefelsaurem Baryt, der natürlich mit ausgeschiedenem Schwefel gemengt war. Nach dem Abfiltriren, Trocknen und Glühen des Niederschlages, wobei der Schwefel verbrannte, wurden erhalten 0,083 Grm. schwefelsaurer Baryt. Da das Mischungsgewicht des schwefelsauren Baryts = 116,6, so entsprechen jene 0,083 Grm. 0,7 K. C. Normal-Schwefelsäure. Nr. VI. Zur Bestimmung des Chlorgehaltes wurden das Schwefelammonium und das unterschwefligsaure Ammoniak vorher durch Oxydation zerstört und in schwefelsaure Salze übergeführt; und um das flüchtige Chlorammonium in ein beständiges Alkalichlorid überzuführen, wurden 10 K. C. Gaswasser mit 2 Grammen chlorfreier Soda im Wasserbad zur Trockne verdampft. Die eingetrocknete, von organischer Substanz braun gefärbte Salzmasse wurde mit 5 Grammen chlorfreiem Salpeter im zugedeckten geräumigen Platintiegel geschmolzen bis unter Aufschäumen alle organische Substanz zerstört war und der farblose Salpeterfluß ruhig schmolz. Die erkaltete Masse wurde in Wasser gelöst, die alkalische Flüssigkeit neutralisirt und das Chlor mit 1/10 Normalsilberlösung, unter Zufügung eines Tropfens neutraler chromsaurer Kalilösung als Indicator, titrirt. Es waren erforderlich 57 K. C. 1/10 Silberlösung. 100 K. C. Gaswasser entsprechen also 57 K. C. Normallösung von Chlorammonium. Werden die gefundenen äquivalenten Mengen Ammoniak ausgedrückt in Anzahl von Kubikcentimetern, wie sie den Normallösungen entsprechen, so sind dieß:   1,4 K. C. Ammoniak (NH⁴O) gebunden an unterschweflige Säure   1,0 gebunden an Schwefelwasserstoff   1,5 gebunden an Kohlensäure als NH⁴O . 2 CO²   9,5 gebunden an Kohlensäure als NH⁴O . CO²   0,7 gebunden an Schwefelsäure 57,0 gebunden an Salzsäure ––––––––– 71,1 K. C. Wird das Ergebniß der Analyse auf die Salze selbst berechnet, so findet man, daß in 100 K. C. Gaswasser enthalten sind:   1,4 × 0,074 = 0,1036 Gramme NaO, S²O² = unterschwefligsaures Natron   1,0 × 0,034 = 0,0340 NH⁴S = Schwefelammonium   1,5 × 0,070 = 0,1050 NH⁴O . 2 CO² = doppelt-kohlens. Ammoniak   9,5 × 0,048 = 0,4560 NH⁴O, CO² = kohlensaures Ammoniak   0,7 × 0,066 = 0,0462 NH⁴O, SO³ = schwefelsaures Ammoniak 57,0 × 0,0535 = 3,0495 NH⁴Cl = Salmiak ––––––––––––––– Summe 3,7943 Ich habe Gelegenheit gehabt, in derselben Weise noch ein anderes Gaswasser aus einer sächsischen Gasanstalt zu untersuchen, in welcher meines Wissens Zwickauer Kohlen und schlesische Kohlen gemeinschaftlich verarbeitet werden. Das Gaswasser hatte eine Stärke von 1,5° Baumé. Nr. I. Wurde Gaswasser mit Bleiweiß geschüttelt und abfiltrirt, so erforderten 100 K. C. des Filtrates 11 K. C. 1/10 Jodlösung nach der Ansäuerung mit Essigsäure zum Bläuen des Kleisters. Es sind dieß also 1,1 K. C. Normaljodlösung, entsprechend 2,2 K. C. unterschwefligsaurem Ammoniak. Nr. II. 100 K. C. Gaswasser mit Essigsäure angesäuert, mit Kleister versetzt und direct mit 1/10 Normaljodlösung titrirt, erforderten 30 K. C.; hiervon ab 11 K. C. aus Nr. I, verbleiben 19 K. C. entsprechend 1,9 K. C. Normaljodlösung für Schwefelammonium. Nr. III. Wurde Gaswasser mit Chlorbaryum geschüttelt und vom Filtrate 100 K. C. mit Normalsalpetersäure titrirt, so waren erforderlich: 4    K. C. Normalsäure, hiervon ab 1,9 K. C. aus Nr. II für Schwefelammonium, bleiben ––––––– 2,1 K. C. für doppelt-kohlensaures Ammoniak. Nr. IV. 100 K. C. Gaswasser direct mit Normalschwefelsäure titrirt, erforderten 20 K. C., hiervon ab 1,9 K. C. für Schwefelammonium und 2,1 K. C. für doppelt-kohlensaures Ammoniak, bleiben 16  K. C. für kohlensaures Ammoniak. Nr. V. 100 K. C. Gaswasser mit Salzsäure angesäuert und mit Chlorbaryumlösung versetzt, gaben 0,154 Grm. schwefelsauren Baryt entsprechend 1,3 K. C. Normalschwefelsäure. Nr. VI. 10 K. C. Gaswasser mit 2 Grm. kohlensaurem Natron zur Trockne verdampft und mit 5 Grm. Salpeter geglühlt, erforderten beim Titriren mit 1/10 Normalsilberlösung 32 K. C. – 100 K. C. Gaswasser enthalten also so viel Chlorammonium als in 32 K. C. einer Normallösung enthalten sind. Bei der Zusammenstellung der äquivalenten Mengen Ammoniak, ausgedrückt in Kubikcentimetern von Ammoniaknormallösungen, wurden also gefunden: 2,2 K. C. Ammoniak NH⁴O gebunden an unterschweflige Säure, 1,9 gebunden an Schwefelwasserstoff, 2,1 gebunden an Kohlensäure als NH⁴O . 2 CO² 16,0 gebunden an Kohlensäure als NH⁴O . CO² 1,3 gebunden an Schwefelsäure, 32,0 gebunden an Salzsäure. –––––––––– 55,5 K. C. 100 K. C. Gaswasser mit NaO versetzt und abdestillirt, sättigten 55,3 K. C. vorgeschlagene Normalschwefelsäure. Aus den genannten Zahlen berechnet sich folgender Befund an Ammoniakverbindungen in 100 K. C. Gaswasser:   2,2 × 0,074 = 0,1628 Gramme NH⁴O, S²O² = unterschwefligs. Ammoniak,   1,9 × 0,034 = 0,0646 NH⁴S = Schwefelammonium,   2,1 × 0,070 = 0,1470 NH⁴O . 2 CO² = doppelt-kohlens. Ammoniak, 16,0 × 0,048 = 0,7680 NH⁴O, CO² = kohlensaures Ammoniak,   1,3 × 0,066 = 0,0858 NH⁴O, SO³ = schwefelsaures Ammoniak, 32,0 × 0,0535 = 1,7120 NH⁴Cl = Salmiak. Abweichend von diesen Zusammensetzungen der Gaswässer fand ich das Gaswasser aus der Gasanstalt von Freiberg. Das Freiberger Gaswasser zeigte 2 1/2° Baumé. Man verarbeitet in Freiberg ausschließlich Burgker Gaskohlen aus dem Plauenschen Grunde bei Dresden. Im Freiberger Gaswasser bildete kohlensaures Ammoniak den vorwaltenden Bestandtheil, da der Titer des Gaswassers nicht so sehr bedeutend abwich von dem Titer des Gaswasser-Destillates, wenn das Gaswasser vorher mit Natronlauge versetzt worden war. Gaswasser von Bonn. In Bonn verarbeitet man Ruhrkohlen. Dieses Gaswasser zeigte eine Stärke von 1,9° Baumé. Die Analysen wurden in derselben Weise vorgenommen, wie oben mitgetheilt, weßhalb ich mich auf die Zusammenstellung der Resultate beschränke. Die äquivalenten Mengen Ammoniak ausgedrückt in Kubikcentimetern der Normallösungen sind folgende: 6,8 K. C. Ammoniak NH⁴O gebunden an unterschweflige Säure, 18,3 gebunden an Schwefelwasserstoff, 3,5 gebunden an Kohlensäure als NH⁴O . 2 CO² 69,0 gebunden an Kohlensäure als NH⁴O . CO² 2,0 gebunden an Schwefelsäure, 7,0 gebunden an Salzsäure. –––––––––– Summe 106,6 K. C. Hieraus ergeben sich in 100 K. C. Gaswasser:   6,8 × 0,074 = 0,5032 Gramme NH⁴O, S²O² = unterschwefligsaures Ammoniak 18,3 × 0,034 = 0,6222 NH⁴S = Schwefelammonium   3,5 × 0,070 = 0,245 NH⁴O . 2 CO² = doppelt-kohlens. Ammoniak 69,0 × 0,048 = 3,3120 NH⁴O, CO² = kohlensaures Ammoniak   2,0 × 0,066 = 0,1320 NH⁴O, SO³ = schwefelsaures Ammoniak   7,0 × 0,0535 = 0,3745 NH⁴Cl = Salmiak. Auch das Gaswasser von Neuwied, welches durch häufiges Aufpumpen nach den Scrubbern bis auf 5 1/2° Baumé gebracht worden war, enthielt als Hauptbestandtheil kohlensaures Ammoniak. Gaswasser von Trier. Ganz ähnlich dem Bonner Gaswasser fand ich auch die Zusammensetzung des Gaswassers der Gasanstalt in Trier. In Trier verarbeitet man Saarkohlen. Die äquivalenten Mengen Ammoniak, ausgedrückt in Kubikcentimetern von Normallösungen, sind folgende:   2,8 K. C. Ammoniak NH⁴O gebunden an unterschweflige Säure,   7,26 gebunden an Schwefelwasserstoff, 70,34 gebunden an Kohlensäure,incl. des doppelt-kohlensauren Ammoniaks,   9,2 gebunden an Salzsäure undan Schwefelsäure. –––––––––––– Summe 89,6 K. C. Gaswasser von Zürich. Dasselbe stammt ebenfalls aus Saarkohlen. In der Züricher Gasanstalt wird das Gas mit viel Brunnenwasser gewaschen, welches Waschwasser gemeinschaftlich mit dem wässerigen Destillationsproduct der Steinkohlen nach den Theercysternen abläuft. Das Wasser zeigte nur 3/4° Baumé und die äquivalenten Mengen Ammoniak, ausgedrückt in Kubikcentimetern von Normallösungen, waren folgende:   0,4 K. C. Ammoniak NH⁴O gebunden an unterschweflige Säure,   4,2 gebunden an Schwefelwasserstoff, 12,2 gebunden an Kohlensäure einschließlich des    doppelt-kohlensauren Ammoniaks,   3,6 gebunden an Salzsäure und an Schwefelsäure. ––––––––– Summe 20,4 K. C. Selbst bei Anwendung derselben Kohlen stellen sich bei der Verarbeitung in verschiedenen Gasanstalten Unterschiede in den Destillationsproducten ein. Einige Gasanstalten chargiren die Retorten alle 3 bis 3 1/2 Stunden, andere beenden eine Charge in 5 bis 6 Stunden, und da mit erhöhter Temperatur die Producte der trockenen Destillation sich im Allgemeinen ändern, so werden sich diese Einflüsse auch auf die Zusammensetzung des Gaswassers erstrecken; hierzu kommt, daß einige Gasanstalten das Gas zum Absondern des Theeres und des Wassers nur durch Thürme mit Kohks, oder durch Thürme mit gelochten Blechen streichen lassen, andere aber ein überaus reichliches Waschen des Gases mit Brunnenwasser in den Scrubbern vornehmen, noch andere das Gaswasser selbst wiederholt in die Scrubber pumpen, um eine möglichste Entschwefelung des Gases, schon vor der Reinigung in den Reinigungskästen, vorzunehmen; der Schwefelwasserstoffgehalt des Gases wird hierbei vom Ammoniak gebunden und es ist Gelegenheit geboten, daß das Schwefelammonium sich durch Aufnahme von Schwefelwasserstoff in Schwefelwasserstoffschwefelammonium (NH⁴S + SH) umwandelt. Es ist nicht ohne Interesse, sich ein muthmaßliches Bild von den chemischen Vorgängen bei der Zersetzung der Erd- und Alkalisalze zu machen, welche dieselben bei der Verkohkung der Steinkohlen in den Gasretorten unter Luftabschluß bei der hohen Temperatur und namentlich bei Gegenwart des überhitzten Wasserdampfes erleiden. Alle Steinkohlen enthalten unabhängig vom Eisenkies Schwefel; indessen kommen größere oder geringere Mengen Eisenkies (FeS²) oder schwefelsaure Salze, namentlich Gyps, überaus häufig vor. Es mag unentschieden bleiben, ob dieser Schwefelgehalt durch Infiltration zu den Kohlen gelangt sey, oder ob er zum Theil ursprünglich von dem Pflanzenalbumin herrührt. Die Gegenwart der geringen Mengen von schwefelsaurem Ammoniak im Gaswasser gibt Zeugniß davon, daß der Gyps bei Anwesenheit von überhitztem Wasserdampf die Schwefelsäure abgibt; andererseits ist es begreiflich, daß die freie Schwefelsäure bei Gegenwart glühender Kohks sich zum größten Theil zu schwefliger Säure reducirt. Der Schwefelkies (FeS²) gibt sein zweites Atom Schwefel ab und gibt bei dem reichlich vorhandenen Ammoniak zur Bildung von Schwefelammonium Veranlassung. Das Auftreten von unterschwefliger Säure im Gaswasser kann hiernach nicht befremden und ist eine Folge der gegenseitigen Einwirkung von Schwefelammonium auf schwefligsaures Ammoniak. Da der Zutritt der Luft in den Gasretorten abgeschlossen ist und nur reducirende Gase vorhanden sind, so kann ein Röstproceß hier nicht stattfinden, es bleibt leicht schmelzbares Schwefeleisen (FeS) in den Kohks zurück. Daß alle Kohks geringe Mengen von geschmolzenen Schwefelmetallen enthalten, dafür spricht der schwache Schwefelwasserstoffgeruch, welcher fast immer beim Löschen der Kohks mit Wasser austritt. Sehr bemerkenswerth ist besonders die stete Gegenwart größerer oder geringerer Mengen Salmiak im Gaswasser. Offenbar rührt dieser von einem Kochsalzgehalt der Steinkohlen her. Es ist bekannt, daß alle Chloride der Metalle, einschließlich der Erd- und Alkalimetalle, leicht in der Glühhitze bei Gegenwart von überhitztem Wasserdampf Salzsäure abgeben. Das Natron des Kochsalzes wird sich bei Gegenwart der niemals fehlenden Kieselsäure wahrscheinlich verglasen. Der Gehalt der Steinkohlen an Chlorverbindungen war bis jetzt den Analytikern entgangen, weil bei der Einäscherung der Kohlen das Chlor in Form von Salmiak sich verflüchtigte. In Muspratt's Encyklopädie sind Analysen der Steinkohlenaschen von Philipps, auch von Johnston angegeben, welche Kieselerde, Thonerde, Eisenoxyd, Kalk, Magnesia, Schwefelsäure und Phosphorsäure aufführen; auch in Bischof's Geologie sind die Arbeiten von Kremers und H. Taylor zu finden, welche Analytiker außer den genannten Körpern auch Kali und Natron vorfanden; aber von den unorganischen Bestandtheilen der Steinkohlen konnte der oft reichliche Gehalt an Chlorverbindungen bei der seitherigen Methode der Analyse, durch Einäscherung der Kohlen, nicht aufgefunden werden. Da in dem Chemnitzer Gaswasser 3 Proc. Chlorammonium, entsprechend auch ungefähr 3 Proc. Chlornatrium, gefunden wurde und die Zwickauer Kohle nach Professor Erdmann's Versuchen etwa 10 Proc. Wasser bei der trockenen Destillation gibt, so beträgt der Kochsalzgehalt der Zwickauer Kohle ungefähr 3 pro Mille. Nach Analysen von Kremers (man vergl. Bischof's Geologie) beträgt der Aschengehalt der Zwickauer Kohle aber etwa 2 Procent, woraus sich ergibt, daß in der Asche ungefähr 15 Proc. Kochsalz vorhanden seyn würden, wenn nicht bei der Einäscherung der Kohlen sich Salmiak verflüchtigte. Wie ich glaube, wird das Auffinden von so reichlicher Menge Chlorverbindungen in einzelnen Steinkohlensorten auch in geologischer Beziehung zu weiteren Schlußfolgerungen Veranlassung geben; in Zwickau sind die Wässer, welche aus dem Rothliegenden in die Kohlenschächte zudringen, immer salzhaltig.