Titel: Ueber die Methoden zur Unterscheidung und Trennung von Seide, Wolle und Pflanzenfasern in gemischten Geweben; von Emil Kopp.
Fundstelle: Band 205, Jahrgang 1872, Nr. CXXXIV., S. 563
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CXXXIV. Ueber die Methoden zur Unterscheidung und Trennung von Seide, Wolle und Pflanzenfasern in gemischten Geweben; von Emil Kopp. Aus dem Moniteur scientifique, 1871 p. 476. Kopp, über die Methoden zur Unterscheidung und Trennung der Gespinnstfasern. Die zu diesem Zwecke gewöhnlich angewendeten Methoden beruhen entweder auf dem Verhalten der thierischen und pflanzlichen Fasern gegen gewisse Reagentien, oder auf ihrer größeren oder geringeren Verwandtschaft zu verschiedenen Farbstoffen, namentlich künstlich dargestellten. Zum besseren Verständniß des Werthes der empfohlenen Methoden halte ich es für zweckmäßig, die wichtigsten Reactionen welche die Gespinnstfasern zeigen, dem Leser in's Gedächtniß zurückzurufen. Da alle pflanzlichen Gespinnstfasern (Baumwolle, Flachs, Hanf etc.) Cellulose zur Basis haben, so widerstehen sie der Einwirkung sogar kochend heißer wässeriger Lösungen der ätzenden Alkalien sehr kräftig, werden dagegen von concentrirter Schwefelsäure, Salpetersäure, und Salzsäure, sowie von eben diesen Säuren, auch wenn dieselben verdünnt sind, aber erhitzt werden, stark angegriffen. So läßt sich ein baumwollener Stoff, ohne großen Schaden zu leiden, in kaltes Wasser eintauchen, welches 5 bis 10 Procent Säure enthält; wird aber die Flüssigkeit erhitzt, besonders bis zum Kochen, so wird die Baumwolle nach kurzer Zeit zerreiblich, löst sich dann auf, und wird nach und nach in Gummi und Zucker umgewandelt. Es ist jedoch zu bemerken, daß rauchende Salpetersäure oder ein Gemisch von Salpetersäure und Schwefelsäure die Pflanzenfaser nicht auflöst, sondern dieselbe, fast ohne ihr physisches Ansehen zu ändern, in Schießbaumwolle oder Pyroxylin umwandelt. Ammoniak ist ohne alle Wirkung auf Baumwolle und Hanf, sowohl bei gewöhnlicher, wie bei erhöhter Temperatur; läßt man aber eine Lösung von Kupferoxyd-Ammoniak (Schweitzer's Reagens) auf Baumwolle, Hanf oder Flachs einwirken, so werden diese Substanzen gelöst. Pflanzliche Gespinnstfasern haben im reinen Zustande gewöhnlich wenig Verwandtschaft zu künstlich dargestellten Farbstoffen und werden von denselben nur schwach oder gar nicht gefärbt; die Anwendung von etwas Seife genügt, um die Färbung zu beseitigen. – Cellulose widersteht auch der Wirkung des Chlors und der Unterchlorigsäuresalze ziemlich gut, und entwickelt beim Verbrennen keinen charakteristischen Geruch. Wolle verhält sich anders als Baumwolle; sie widersteht der Einwirkung der Säuren ganz gut, selbst wenn dieselben concentrirt und heiß sind; Aetzlaugen dagegen zerstören ihren Aggregatzustand und lösen sie auf, besonders bei höherer Temperatur. Da die Wolle schwefelhaltig ist, so entsteht bei ihrem Auflösen in Aetznatron Schwefelnatrium, durch welches essigsaures Bleioxyd schwarz gefärbt wird. Durch Salpetersäure wird die Wolle intensiv gelb gefällt; ganz ähnlich verändernd wirken Chlor und Unterchlorigsäuresalze und ertheilen ihr eine gleiche gelbe Farbe. Schweitzer's Reagens bleibt bei gewöhnlicher Temperatur ohne Wirkung auf Wolle, löst aber dieselbe in der Wärme auf. – Bei ihrer Zersetzung durch Hitze entwickelt die Wolle den charakteristischen Geruch von verbranntem Horn. Sie zeigt eine große Verwandtschaft für Farbstoffe im Allgemeinen, besonders aber für künstlich dargestellte, von denen sie selbst ohne Beihülfe von Beizmitteln mit der größten Leichtigkeit gefärbt wird. Seide gibt beim Verbrennen einen ähnlichen Geruch von sich, wie Wolle. Von den oben genannten Säuren, wenn man diese in concentrirtem Zustande anwendet, wird sie, namentlich bei Anwendung höherer Temperatur, aufgelöst; von kalter Salpetersäure wird sie gelb gefärbt; mit Wasser verdünnte Säuren wirken nicht sehr kräftig auf sie. Concentrirte Alkalilaugen lösen Seide so gut wie Wolle; die Lösung enthält aber kein Schwefelalkali. Von sehr verdünnten Alkalilaugen wird sie verändert, aber nicht gelöst; Ammoniak bleibt ohne Wirkung auf sie, aber von Schweitzer's Reagens wird sie verflüssigt, gleich der Baumwolle. Gegen Farbstoffe verhält sich die Seide in Bezug auf Verwandtschaft in gleicher Weise wie Wolle. Wir wollen nun zu den verschiedenen Methoden übergehen, welche angewendet werden können erstlich zur Erkennung der verschiedenen Arten von Gespinnstfasern in gemischten Geweben und zweitens zur Trennung derselben von einander, so daß sich die eine oder die andere wieder benutzen läßt. Wir beschränken uns auf die rein chemischen Reactionen, erinnern aber daran, daß das Mikroskop ein sehr wichtiges Hülfsmittel zur Erkennung und Unterscheidung der Gespinnstfasern ist, denn dieselben zeigen, ihrer Abstammung entsprechend, gänzlich verschiedene Texturen, welche für sich allein zur Charakterisirung der verschiedenen Specien hinreichen. Erkennung der Gegenwart von Pflanzenfasern (Baumwolle, Hanf, Flachs, Jute etc.), in einem aus Wolle und Seide bestehenden Gewebe. – Hierzu ist es nur erforderlich, den Zeug in einer wässerigen Lösung von Aetznatron (aus 10 Theilen geschmolzenem Aetznatron in 100 Theilen Wasser) zu kochen. Wolle und Seide werden aufgelöst, die Pflanzenfaser aber wird nicht angegriffen und bleibt mit ihren wesentlichen charakteristischen Eigenschaften als Rückstand. Ist die Pflanzenfaser gefärbt, so bringt man das Ganze zur besseren Unterscheidung derselben auf ein kleines Kattunfilter und wäscht es mit heißem Wasser aus; dann bringt man die ausgewaschene Faser in lauwarmes Wasser, welches mit ungefähr 5 Procent Salzsäure angesäuert ist; 10 Minuten später fügt man ein wenig Chlorwasser oder einige Tropfen Chlorkalklösung hinzu, wodurch die Pflanzenfaser gebleicht wird. Das Filtrat der Aetznatronlösung, welches die Wolle, beziehungsweise die Seide enthält, kann unmittelbar auf die Gegenwart von Wolle geprüft werden. Ist dieselbe vorhanden, so hat sich Schwefelnatrium gebildet, welches in Lösung geblieben ist; dasselbe läßt sich sofort durch Zusatz von einigen Tropfen einer Lösung von essigsaurem Bleioxyd nachweisen. Entsteht ein weißer Niederschlag, welcher sich beim Umschütteln wieder vollständig löst, so ist nur Seide zugegen gewesen; wenn sich dagegen ein bleibender schwarzer Niederschlag von Schwefelblei bildet, so enthält das geprüfte Gewebe Wolle. Anstatt des essigsauren Bleioxydes kann man auch einige Tropfen einer Lösung von Nitroprussidnatrium anwenden, welches der Flüssigkeit bei Gegenwart von Schwefelnatrium eine schöne violette Färbung ertheilt. Ist das Gewebe stark mit Farbstoff beladen, so ist nachstehendes Verfahren zu empfehlen. Man bereitet ein Gemisch aus 2 Volumen concentrirter Schwefelsäure von 66° Baumé und 1 Volum gleich starker rauchender Salpetersäure. Nach dem Erkalten dieses Gemisches taucht man das in kleine Stückchen zerschnittene Gewebe in dasselbe und läßt es fünfzehn bis zwanzig Minuten in demselben unter zeitweiligem Umrühren verweilen. Durch diese Behandlung werden Wolle, Seide und Farbstoff oxydirt und zerstört, die Pflanzenfaser dagegen wird in Schießbaumwolle oder unlösliches Pyroxylin umgewandelt, und behält ihre charakteristische faserige Textur. Das Ganze wird darauf in eine verhältnißmäßig große Menge Wasser gebracht, in welchem die Schießbaumwolle sich absetzt; die Flüssigkeit wird abgegossen und der Rückstand wird auf einem Filter gesammelt, vollständig ausgewaschen, und getrocknet. Der trockene Rückstand zeigt nun die explosiven Eigenschaften der Schießbaumwolle. Bei der Prüfung von weißen oder nicht zu dunkel gefärbten gemischten Geweben benutzt man auch die Verwandtschaft der thierischen Fasern zu den künstlich dargestellten Farbstoffen. Ein ziemlich dunkel gefärbtes Gewebe muß durch vorherige Behandlung mit schwachem Chlorwasser und darauf folgendes gründliches Auswaschen mit kochendem Wasser, entfärbt werden. Es sind hier aber gewisse Vorsichtsmaßregeln zu beobachten, da auch Baumwolle in Bädern von Anilinfarben gefärbt werden kann, besonders wenn sie mit stärkmehlhaltigen Substanzen und anderen zum Appretiren dienenden Stoffen imprägnirt ist. Diese müssen zunächst entfernt werden; zu diesem Behufe wird das Gewebe zehn Minuten lang in Wasser gekocht, welches in 100 Theilen 2 Theile kohlensaures Natron und ein wenig Seife enthält; dann wird der Zeug in heißem Wasser gespült, hierauf fünf bis zehn Minuten lang in Wasser von 50 bis 60° C. gelegt, welches 2 Procent Salzsäure oder Schwefelsäure enthält, und endlich tüchtig gewaschen. Inzwischen wird das Färbebad in nachstehender Weise zubereitet, wobei wir als Beispiel Anilinroth oder Fuchsin wählen: Man löst einige Decigramme Fuchsin in 25 bis 30 Kubikcentimeter Wasser, erhitzt die Lösung zum Sieden und versetzt sie während des Kochens tropfenweise mit Aetznatronlösung, bis sie nur noch eine hellrosenrothe Färbung zeigt. Hierauf wird sie vom Feuer genommen und das Gewebe in die Flüssigkeit gebracht, nach Verlauf einiger Minuten herausgenommen, mit reinem Wasser gut ausgewaschen und dann getrocknet. Die Seiden- und Wollenfäden haben sich nun lebhaft roth gefärbt, während die Fäden pflanzlichen Ursprunges (Baumwolle, Flachs etc.) ganz ungefärbt blieben. Erkennung der Gegenwart von Wolle in Seide, und von Seide in Wolle. – Sind die Gewebe weiß oder hellfarbig, so kann man zu dieser Untersuchung die Gegenwart von Schwefel in der Wolle benutzen. Zunächst wird eine Lösung von Bleioxyd in Aetznatron bereitet, indem man Bleiglätte in letzterem kocht, dann absetzen läßt und hierauf die klare Flüssigkeit abgießt. In diese wird das Gewebe gebracht. Die Wollenfäden werden in Folge ihres Schwefelgehaltes natürlich sofort schwarz, indem sich schwarzes Schwefelblei bildet, während die Fäden der Seide, welche keinen Schwefel enthalten, ihre Färbung nicht verändern. Prof. Stefanelli in Florenz hat die Anwendung des Schweitzer'schen Reagens (das Kupferoxyd-Ammoniak) empfohlen und verfährt in nachstehender Weise: Ein Stück von zwei Quadratcentimeter des Gewebes wird in 10 bis 12 Kubikcentimeter der blauen Kupferflüssigkeit gelegt, nach Verlauf von fünf bis sechs Minuten ist die Seide aufgelöst, während die Wolle sich nicht im mindesten angegriffen zeigt. Wenn die Seide schwarz gefärbt ist, so muß man das zweifache Volum der Schweitzer'schen Flüssigkeit nehmen und die Gewebeprobe 10 bis 12 Minuten in derselben lassen. Nach Herausnahme des aus Wolle bestehenden Rückstandes aus der blauen Kupferlösung gibt die letztere, wenn sie rasch mit Salpetersäure übersättigt wird, keinen merklichen Niederschlag; ist aber eine pflanzliche Faser vorhanden, welche durch das Reagens in der Regel aufgelöst wird, wenn auch langsam, so entsteht in der Flüssigkeit durch Sättigung mit Salpetersäure ein Niederschlag von Cellulose in Form weißer oder schwach gefärbter Flocken. Ein einfaches Verfahren besteht in der Anwendung concentrirter Säuren. Von gewöhnlicher Salpetersäure wird Seide in der Kälte gelöst, ohne daß die Wolle merklich angegriffen wird. Ebenso verhält sich Seide gegen kalte Schwefelsäure, wenn dieselbe hinlänglich concentrirt ist. Gleichzeitig befreit die letztgenannte Säure die Wolle von Pflanzenfasern, indem diese in Gummi oder Zucker umgewandelt werden. Es stellt sich jedoch als besser heraus, kalte concentrirte Salzsäure anzuwenden, in welche die Gewebeprobe eingetaucht wird; in kurzer Zeit ist die Seide vollständig aufgelöst, während die Wollen- und Pflanzenfasern unverändert zurückbleiben. Man fügt Wasser hinzu, sammelt die nicht angegriffenen Wollen- und Pflanzenfasern auf einem Filter und wäscht sie vollständig aus. Gewöhnlich müssen sie dann entfärbt werden. Um sie von einander zu unterscheiden, behandelt man sie entweder mit kochender Aetznatronlauge, welche nur die Wolle auflöst, oder man wendet künstlich dargestellte Farbstoffe an, wie Fuchsin, Anilinviolett oder Pikrinsäure, welche Baumwolle nicht färben, wenn man mit den geeigneten Vorsichtsmaßregeln zu Werke geht. Bei allen diesen Proben ist es gut, die Gewebe vor ihrer chemischen Untersuchung von ihren Appretursubstanzen und Farbstoffen zu befreien; von ersteren durch successive Behandlung mit kochendem reinem oder schwach angesäuertem, oder durch Zusatz von etwas kohlensaurem Natron alkalisch gemachtem Wasser; von letzteren durch Chlorwasser etc., indem man zuletzt stets mit reinem warmem Wasser sorgfältig auswäscht und nun das Gewebe trocknet. Trennung der thierischen und der pflanzlichen Fasern für industrielle Zwecke. – Mit der Verwerthung der Lumpen beschäftigen sich bekanntlich einige wichtige Industriezweige. Baumwollene, leinene und hanfene Lumpen, alte Taue, Stricke und Seile etc. sind die Grundlagen der Papierfabrication. Rein wollene Lumpen dienen zur Darstellung von sogenannter Kunstwolle (Shoddy und Mungo), welche, zusammen mit neuer Wolle versponnen, zur Fabrication einer Anzahl von Wollenzeugen dient. Wir werden uns hier nur mit Lumpen von gemischten Geweben aus Wolle und Baumwolle beschäftigen, und theilen dieselben in zwei Classen, nämlich: 1) Lumpen in denen die Pflanzenfaser in überwiegender Menge enthalten ist und welche für die Papierfabrication geeignet sind; 2) Lumpen welche so viel Wolle enthalten, daß es vortheilhaft ist die Pflanzenfasern zu zerstören, um die Wolle von ihnen zu befreien und für den Gebrauch geeignet zu machen. I. In gut eingerichteten Papierfabriken wird die Wolle aus Lumpen welche von derselben nur wenig enthalten, durch mechanische Mittel so genau als möglich abgesondert. Wenn in den Lumpen aus Pflanzenfasern noch ein wenig Wolle zurückbleibt, so verschwindet dieselbe beim Reinigen und Bleichen gewöhnlich vollständig, besonders während des Kochens in geschlossenen Kufen mit gebranntem Kalk oder Aetznatron, welcher Operation die Hanf-, Leinen- und Baumwolllumpen unterworfen werden, bevor sie in das Chlorbad kommen oder in der Zupfmaschine behandelt werden. Es kommt häufig vor, daß nach dem Zupfen gemischter Lumpen ein Abgang zurückbleibt, welcher noch genug Wolle enthält; dieselbe ist jedoch von so schlechter Beschaffenheit, daß sie als Gespinnstfaser nicht benutzt werden kann. Wollte man derartige Lumpen, um die Wolle aufzulösen und die Pflanzenfaser, das zur Papierfabrication geeignete Endproduct, zu isoliren, mit Aetznatronlauge behandeln, so würde dieß wegen der mit einem solchen Verfahren verknüpften Kosten nicht der Mühe lohnen. In diesen Fällen ist die von Ward angegebene Methode anzuwenden, wornach solche Lumpen unter einem Drucke von 3 bis 5 Atmosphären der Einwirkung von Wasserdampf unterzogen werden. Bei dieser Temperatur, unter dem Einfluß überhitzten Dampfes wird die Wolle in eine schwärzliche, zerreibliche Substanz umgewandelt, welche sich mechanisch leicht im Zustande eines trockenen Pulvers abscheiden läßt, während die Pflanzenfaser unversehrt und zur Darstellung von Papierzeug ganz geeignet zurückbleibt. Das Pulver von veränderter Wolle bildet einen ausgezeichneten Dünger, denn es enthält 73 Procent organischer Substanz und 10 bis 12 Proc. Stickstoff, entsprechend 12 bis 14 Proc. Ammoniak. II. An Wolle reiche, gemischte Lumpen von noch ziemlich guter Qualität werden geeigneten Processen zur Zerstörung der Pflanzenfaser unterworfen. Das gebräuchlichste Verfahren besteht darin, solche Hadern gut mit Wasser zu imprägniren, welches 5 bis 10 Proc. Schwefelsäure oder Salzsäure enthält. Man läßt sie dann abtropfen, preßt sie schwach und bringt sie auf die Sohle eines Trockenraumes, dessen Temperatur allmählich auf 90 bis 100° C. erhöht wird. Hier bleiben sie mehrere Stunden liegen, je nachdem sie dicker oder dünner sind. In Folge der Verdampfung des Wassers concentrirt sich die Säure in den Lumpen und wirkt mit Hülfe der erhöhten Temperatur auf die Pflanzenfaser, indem sie die Cellulose in gummiartige Substanzen und Zucker umwandelt. Hiernach ist die Pflanzenfaser sehr zerreiblich und läßt sich daher auf mechanischem Wege von der Wolle trennen, welche ihre faserige Textur beibehalten hat. Die Ausführung dieses Processes erfordert jedoch große Vorsicht, widrigenfalls die Wolle durch die Einwirkung der Säuren und einer hohen Temperatur verändert werden und ihre Milde, sowie ihre Eigenschaft, leicht zu filzen, einbüßen würde. – Aus diesem Grunde arbeiten manche Fabrikanten in nachstehender Weise. Anstatt die getrockneten Lumpen einer höheren Temperatur auszusetzen, trocknen sie dieselben bei einer mäßigen Wärme, bei 40 bis 50° C., dämpfen sie alsdann mittelst eines mehr trockenen als feuchten Dampfstromes, und trocknen sie darauf nochmals. Auf diese Weise wird die Pflanzenfaser leicht zu Pulver zerreiblich gemacht. – Bei gemischten Hadern von sehr guter Qualität werden zuweilen, anstatt der Schwefelsäure oder Salzsäure, Oxalsäure oder Chloraluminium angewendet; diese Substanzen zerstören die Pflanzenfaser, ohne die Wolle merklich anzugreifen. Anstatt mittelst des trockenen Verfahrens können die gemischten Lumpen auch auf dem nassen Wege behandelt werden. Dieß geschieht nach dem Verfahren von Seloup. Man bereitet in einem Holzkübel ein Bad aus Salzsäure, welche mit dem drei- bis vierfachen Volum Wasser verdünnt worden ist, erhitzt dasselbe mittelst eines Dampfstromes auf ungefähr 90° C. und bringt gleichzeitig die Hadern hinein. Der Dampf wird abgesperrt, sobald die Temperatur des Bades den Siedepunkt erreicht hat. Nach Verlauf von 30 bis 50 Minuten ist die Pflanzenfaser aufgelöst. Man nimmt dann die Lumpen aus dem Bade, läßt sie abtropfen, und zwar so, daß die ablaufende Flüssigkeit in das Bad zurückfließt, da dasselbe mehrere Male benutzt werden kann, und preßt sie schließlich aus. Hierauf werden die Hadern bis zur Entfernung aller Säure mit Wasser ausgewaschen; es ist aber besser dieselben, während sie noch eine geringe Menge Säure enthalten, in eine Lösung von kohlensaurem Natron zu bringen und kräftig umzurühren. Die Soda sättigt die Säure, unter Entwickelung von Kohlensäuregas, welches bei seinem Entweichen durch die Wollfasern dieselben emporhebt, aufschwellt und dadurch von einander trennt. Die Menge der Soda muß zur Neutralisirung der Säure gerade hinreichend seyn. Nachher wird die Wolle in fließendem Wasser tüchtig ausgewaschen. Um sie mild zu machen, passirt man sie dann durch ein lauwarmes Seifenbad, wäscht sie hernach nochmals und trocknet sie schließlich bei gelinder Wärme. Das englische, von Stuart herrührende Verfahren beruht auf der Thatsache, daß Wolle, welche mit einem Thonerdesalz imprägnirt ist, ihrer Eigenschaften durch die Einwirkung von Salzsäure und höherer Temperatur nicht beraubt wird. 50 Kilogrm. käuflicher schwefelsaurer Thonerde (Al²O³ + 3 SO³ + 18 aq.) und 25 Kilogrm. Kochsalz werden in 450 Liter Wasser gelöst. Mit dieser Lösung tränkt man die Hadern, läßt sie abtropfen, preßt sie schwach aus, und läßt sie trocknen. Dann werden sie mehrere Stunden lang einer Temperatur von 90° C. ausgesetzt, wodurch in Folge doppelter Zersetzung schwefelsaures Natron und Chloraluminium entstehen. Letzteres zersetzt sich wiederum durch die Einwirkung der Hitze, es entstehen Salzsäure und Thonerde (unter gleichzeitiger Bildung einer gewissen Menge zweifach-schwefelsauren Natrons). Die Salzsäure greift die Pflanzenfasern an, welche sehr zerreiblich werden und sich dann durch mechanische Mittel in Staubform abscheiden lassen. Für starke und dicke Lumpen wendet man eine concentrirtere Lösung an, welche in 450 Litern Wasser 75 Kilogrm. schwefelsaure Thonerde und 40 Kilogrm. Kochsalz enthält. Anstatt die mit dieser Flüssigkeit getränkten Hadern auszudrücken und nachher bis zur Trockenheit zu erhitzen, kann man sie in derselben kochen (oder mittelst eines Stromes von feuchtem Dampfe dämpfen), so daß die Pflanzenfasern zerreiblich oder sogar in Wasser löslich werden. Ein anderer Engländer, Rowley, behandelt die gemischten Lumpen mit schwacher Schwefelsäure, läßt sie abtropfen, preßt die überschüssige saure Flüssigkeit ab, und trocknet sie mittelst eines Stromes warmer Luft in einem durch maschinelle Vorrichtungen beständig in Bewegung erhaltenen Siebe aus Drahtgaze. Dann werden sie mit beigemischtem heißem Sande so lange manipulirt, bis durch Reibung gegen dessen Körner alle Baumwolle pulverisirt und von der Wollfaser getrennt ist. Schließlich wird die Abscheidung des Sandes von der Wollfaser mittelst mechanischer Vorrichtungen sehr leicht bewerkstelligt. Dieses Verfahren gibt gute Resultate und ist ökonomisch. Unserer Ansicht nach besteht die rationellste und billigste Methode zur Erreichung des in Rede stehenden Zweckes in der Anwendung eines Bades aus Schwefelsäure oder Salzsäure, welches auf 100 Theile Säure 300 bis 500 Theile Wasser enthält. Die mit der Flüssigkeit getränkten Lumpen läßt man abtropfen, preßt sie schwach aus und trocknet sie langsam, indem die Temperatur des Trockenraumes oder des warmen Luftstromes allmählich auf 70°, in gewissen Fällen selbst auf 90° C. gesteigert wird. Diese Temperatur muß mehrere Stunden lang unterhalten werden, um so länger, je dichter oder härter die zu zerstörende Pflanzenfaser ist. Will man die Wolle wahrhaft schützen, so ist die Anwendung einer Thonerdebeize zu empfehlen, welche man einfach durch Versetzen von 100 Th. eines Säurebades mit 1 oder 2 Theilen käuflicher schwefelsaurer Thonerde oder selbst gewöhnlichen Alaunes bereiten kann.