Titel: Vivien's Verfahren zur Bestimmung der Alkalinität von Säften der Zuckerfabriken.
Fundstelle: Band 207, Jahrgang 1873, Nr. XLIV., S. 148
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XLIV. Vivien's Verfahren zur Bestimmung der Alkalinität von Säften der Zuckerfabriken. Mit einer Abbildung. Vivien's Verfahren zur Bestimmung der Alkalinität von Säften. Vivien benutzt zu diesem Zwecke eine Normalschwefelsäure-Lösung welche so stark verdünnt ist, daß ein Volum derselben gerade ein Volum eines Saftes neutralisirt welcher 0,05 Proc. (0,5 Gramm in 1 Liter) Kalt enthält. Zur Bereitung dieser Maaßflüssigkeit werden vorerst 8,75 Gramme reines Schwefelsäurehydrat auf einen Liter und je 1 Volum der so erhaltenen Flüssigkeit nochmals auf das Zehnfache (also mit 9 Volumen Wasser) verdünnt. Die so zubereitete Lösung wendet Vivien als Normalflüssigkeit an, und färbt sie zum weiteren Gebrauch mit Lackmustinctur roth. Zur Ausführung des Versuches dient eine in gleiche Volumina getheilte, einerseits geschlossene Röhre (R) mit 7–8 Theilstrichen und eine Glasstasche mit der Normalsäure (P). Textabbildung Bd. 207, S. 149 Um das Princip der Bestimmung zu veranschaulichen, soll dieselbe vorerst am Kalkwasser gezeigt werden. Man füllt vollkommen gesättigtes, klares Kalkwasser, welches 0,14 Proc. Kalk enthält, in die Versuchsröhre R bis zum ersten Theil 1 und läßt nun aus der Flasche die Normalsäure so lange zufließen, bis die anfangs blau werdende Flüssigkeit gleichförmig roth wird, wobei man durch zeitweiliges Mischen unter Absperrung der oberen Oeffnung mit dem Daumen für eine gleichmäßige Mischung sorgt. Nach dem Eintreten der rothen Farbe wird man zur Sättigung des einen Volumes A Kalkwassers, die beiden Volume B und C und 4/5 von D an Normalsäure angewendet haben müssen (da das Kalkwasser 0,14 Proc. CaO enthält, 1 Volum der Normallösung jedoch sein gleiches Volum einer Flüssigkeit neutralisirt, in welchem 0,05 Proc. CaO enthalten sind). Bei der Scheidung soll gewöhnlich die Saturation so weit geführt werden, daß der Kalkgehalt nicht unter 0,05 fällt. Soll nun der Arbeiter den Versuch machen, ob die Saturation beendigt sey, so schließt er die Kohlensäureleitung, entnimmt mittelst des an einem Draht befestigten Glasgefäßes V eine Probe, läßt dieselbe klären und füllt mit der klaren Flüssigkeit den Rauminhalt von A an; alsdann tröpfelt er die Normalsäure zu, bis die rothe Färbung eintritt. Ist diese Farbenveränderung eingetreten, noch ehe der Raum von B mit der Normalsäure gefüllt ist, so ward übersaturirt; wurde dagegen mehr als ein Volum Säure verbraucht, so war die Saturation noch nicht beendigt und muß noch weiter Kohlensäure zugeleitet werden. Wurde endlich zur Neutralisation des Kalkes in 1 Volum Saft gerade dasselbe Volum Säure benutzt, so war der richtige Saturationsgrad erreicht. – Der Arbeiter gewinnt in kurzer Zeit in der Handhabung des Apparates die nöthige Geläufigkeit, und führt er den Versuch noch vor beendeter Saturation aus, so bringt er es bald dahin, aus der verbrauchten Säuremenge annähernd die zur vollständigen Saturation noch benöthigte Zeitdauer festzustellen. Während der Filtration soll der Saft 0,01–0,02 Proc. Kalk verlieren; wird demselben mehr Kalk durch die Kohle entzogen, so muß weniger aussaturirt werden, und umgekehrt. Aus diesem Grunde muß auch die Alkalität der filtrirten Säfte bestimmt werden. Zu diesem Zwecke füllt man 2 Raumtheile (A und B) der Röhre mit dem Safte aus; tritt die Rothfärbung beim Anfüllen mit Normalsäure bis Theilstrich 3 ein, so enthält der Saft 0,025 Proc. Kalk, bis Theilstrich 4 aber 0,05 Proc. CaO u.s.w. Indem man die Alkalinität der Säfte vor und nach der Filtration bestimmt, kann man die Absorptionsfähigkeit der Kohle für Kalk ermitteln und daraus zurück auf die Wiederbelebung des Spodiums schließen. Auf diese Weise kann man für jeden speciellen Fall und diverse Zuckerlösungen (Dicksäfte, Klärsei, Syrupe etc.) die Alkalinität schnell und in einer für den Betriebsbeamten und Arbeiter überaus brauchbaren Form bestimmen und ausdrücken. (La sucrerie indigèn, t. VII, No. 3–6; Zeitschrift für Zuckerindustrie in Böhmen, November 1872, S. 361.)