Titel: Technologische Reiseberichte; von Joh. Zeman.
Fundstelle: Band 207, Jahrgang 1873, Nr. XCIX., S. 358
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XCIX. Technologische Reiseberichte; von Joh. Zeman. Aus den „Technischen Blättern, Vierteljahresschrift des deutschen polytechnischen Vereines in Böhmen,“ 1872, viertes Heft S. 254. Mit Abbildungen. Zeman, technologische Reiseberichte. Die folgenden Notizen hatte ich Gelegenheit in London und auf meinen Excursionen in Süd-England zu sammeln. Fig. 1., Bd. 207, S. 358 Spencer's Kautschukfedern für Eisenbahnfahrzeuge. – Kautschukfedern eignen sich naturgemäß besser als alle anderen Vorrichtungen zur Aufnahme plötzlicher Stöße und es ist deßhalb deren Anwendung für Eisenbahnfahrzeuge – als Buffer und Zughakenfedern – sehr zu empfehlen, sobald Kautschuk von guter Qualität beschafft werden kann, die eine Gewähr für die Dauerhaftigkeit bietet. Die Dauerhaftigkeit kann außerdem wesentlich durch zweckmäßige Armirung des Kautschukkörpers erhöht werden. Eine durch mehrjährige Erfahrung erprobte Methode ist in Fig. 1 angegeben. Hier umschließt ein Ring a aus getempertem Gußeisen den Kautschukring b, wodurch beim Zusammenpressen dessen Ausbauchung in der Mitte verhindert und dessen Festigkeit und Sicherheit gegen Bersten bedeutend erhöht wird. Während früher einfache Kautschukfedern (gleicher Qualität des Materiales) häufig rissig wurden, bleiben die in der angedeuteten einfachen und billigen Weise verstärkten Kautschukfedern viele Jahre in unveränderter Dienstfähigkeit. Von mehreren Versuchen mit diesen armirten Kautschukfedern, welche Hr. G. Spencer in London so freundlich war in meiner Gegenwart auszuführen, seyen nur folgende Daten erwähnt. Ein Kautschukring von 8 engl. Zoll äußerem Durchmesser wurde durch einen Druck von 100 Centner auf die halbe Breite, nämlich von 6 auf 3 Zoll zusammengepreßt. Dieselbe Kautschukfeder aber mit einem Eisenring umschlossen, konnte unter demselben Druck von 100 Ctr. auf nur 4 Zoll Breite comprimirt werden, und um die Zusammenpressung wie vorher auf 3 Zoll zu bringen, war ein Druck von nicht weniger als 2400 Centner erforderlich. Nach Beendigung dieser Probe nahm der Kautschukring die ursprüngliche Breite wieder an, und zeigte keine Spur irgend einer Verletzung bei dieser außergewöhnlichen Inanspruchnahme. Die Spencer'schen Federn sind in Tausenden von Exemplaren bei Locomotiven und Waggons auf englischen Eisenbahnen in Anwendung. Fig. 2., Bd. 207, S. 359 Die in Fig. 2 skizzirte Grothe'sche Hebevorrichtung für Eisenbahn-Oberbau läßt sich in der angedeuteten Weise unter die zu hebende Schiene bringen, worauf man dieselbe durch Drehen der Schraube a mittelst eines Schlüssels lüften und die betreffenden Schwellen unterstopfen (verliefen) kann. Beim Herannahen eines Zuges bleibt das Hebezeug unter der Schiene; man hat nur darauf zu achten, daß der Schraubenschlüssel das Passiren des Trains nicht hindert und deßhalb den Schlüssel nach Gebrauch sofort bei Seite zu legen. Aus der Brückenbauanstalt von C. de Bergue in Cardiff habe ich folgende kleine und vielleicht nicht uninteressante Mittheilungen zu machen. Fig. 3., Bd. 207, S. 359 Das Eintheilen und Vorkörnen der Nietlöcher erfolgt hier, wenn dieß öfterer Wiederholung wegen vortheilhaft ist, statt mittelst hölzerner Lehren, mit Hülfe einer dünnen Blechehre b (Fig. 3), welche auf die zu markirende Blechtafel c aufgelegt wird. Der Körner e steckt behufs Centrirung in einer Eisenbüchse d, welche gut in die der Niettheilung entsprechend angebrachten Löcher a der Lehre b einpaßt. Setzt man daher in diese Löcher Büchse und Körner ein, und schlägt auf letzteren mit einem Hammer, so verzeichnet man rasch und genau die Mittelpunkte der Nietlöcher in die Blechtafel c. Wenn man wiederholt eine große Anzahl von Blechen für gleiche Nietdistanzen zu lochen hat, dann lohnt es sich, mit einer gewöhnlichen Lochmaschine einen Tisch mit Fortrückmechanismus zu verbinden, auf welchem die Blechtafeln ohne Vorkörnen aufgespannt und successive unter den Schneidstempel weitergerückt werden. Fig. 4., Bd. 207, S. 360 Ich will eine dießbezügliche Anordnung (welche ich auch schon in einer der bedeutendsten Brückenbauanstalten in Westphalen gesehen habe), mit Hülfe der Skizze Fig. 4 näher besprechen. Der Tisch T, auf welchem die zu lochende Blechtafel festgespannt ist, liegt mit Vförmigen Führungen auf einem Gestelle, auf welchem derselbe vom Arbeiter aus durch die Handkurbel g und Zahnstangengetriebe x, h verschoben werden kann. Um diese Verschiebung für bestimmte Nietdistanzen genau zu verrichten, liegen unter dem Tische, am Gestelle festgeschraubt, verschiedene mit den zumeist vorkommenden Niettheilungen correspondirende Zahnstangen z, für welche Sperrklinken am beweglichen Tische angebracht sind. (In meiner Skizze habe ich nur eine solche Sperrstange z angedeutet, durch welche die übrigen zum Theil verdeckt sind.) Ist nun eine Blechplatte auf dem Tische T gehörig befestigt, so bringt der Arbeiter die der verlangten Nietung entsprechende Zahnstange mit ihrer Sperrklinke in Eingriff und verschiebt nach jedem Niedergange des Lochstempels (während der Dauer seines Leerganges) den Tisch mit Hülfe der Handkurbel g um einen Zahn, eventuell mehrere weiter. Damit hierbei die Löcher in der Blechtafel genau an der richtigen Stelle durchgestoßen werden, muß der Arbeiter nach dem Einfallen der Sperrklinke in den neuen Zahn den Tisch T mit der Kurbel g wieder etwas zurückbewegen, bis die Sperrklinke fest gegen den vorhergehenden Zahn anliegt. Ich kann hier noch bemerken, daß zu gleichem Zwecke auch Lochmaschinen mit selbstthätiger Tischbewegung construirt wurden, bei denen der Tisch mit der eingespannten Blechplatte durch Schaltmechanismus, Wechselräder und Schraube regelmäßig die erforderliche Fortrückung empfängt. Zum Lochen von Winkeleisen, ohne dasselbe vorher anzukörnen, hat man in Cardiff nachstehendes Verfahren benutzt. Fig. 5., Bd. 207, S. 360 Nachdem zunächst ein Loch an einem Ende des Winkeleisens gestoßen worden ist, wird in dasselbe der Bügel C (Fig. 5) festgeschraubt, welcher eine kleine Rolle trägt. Mit dieser Rolle läuft das Winkeleisen A auf der mit Einschnitten versehenen Führungsschiene B, während das andere Ende des Winkeleisens von einem Arbeiter erfaßt und unter dem Lochstempel vorwärts geschoben wird. Indem hierbei die Rolle im Bügel C in die regelmäßig auf einander folgenden Einschnitte der Führungsschiene B einfällt (ein zweiter Arbeiter ist gewöhnlich auf dieser Seite), wird die Größe der Verschiebung für den Arbeiter genau bestimmt. Um das Winkeleisen bei der Zuführung gegen Schwankungen zu sichern, wird der verticale Schenkel desselben zwischen einer Führungsrolle und einem Futterstück, welche am Maschinengestell vor dem Lochringe angebracht sind, hindurch geführt. Ich gelange nun zur Erwähnung zweier zwar nicht mehr neuen, aber meines Wissens nicht sehr bekannt gewordenen Walzwerksysteme, welche in dem ausgedehnten Hüttenwerk zu Dowlais in Südwales, aber auch in anderen Eisendistricten Englands im Gebrauche sind. Fig. 6., Bd. 207, S. 361 Fig. 6 stellt im Durchschnitt die principielle Anordnung eines Walzwerkes dar, in welchem aus Rücksichten der Platz- und Arbeitsersparniß zwei Walzenpaare A und B, in verschiedener Höhe nebeneinander in einem Ständer angebracht sind. Der Vorgang beim Walzen ist angedeuteten Pfeilen sehr leicht zu errathen. Das Packet beginnt seinen Durchgang in einem Kaliber des unteren Walzenpaares A, wird beim Ausgang auf der Rückseite gehoben und durch das folgende Kaliber, welches nun in den Walzen B eingeschnitten ist, hindurchgeführt, dann an der Vorderseite herabgelassen, geht wieder durch A u.s.w. Es stehen in Dowlais zwei solche Walzwerke für Stahlschienen im Betriebe, das eine als Vor-, das andere als Fertigwalzwerk.Das für W. Brown patentirte und in England mehrfach ausgeführte Walzwerksystem geht noch um einen Schritt weiter in der Arbeitsersparniß, indem beide Walzenpaare in gleicher Höhe nebeneinander angeordnet sind, wodurch auch noch das Auf- und Abbewegen des Walzgutes gänzlich entfällt. Dasselbe passirt hierbei bei jedem Vor- und Rückgange stets beide Walzenpaare, wird aber nur in dem einen thatsächlich gestreckt, indem für jedes Arbeitskaliber des einen Walzenpaares ihm gegenüber im zweiten Walzenpaare eine Durchgangsöffnung eingedreht seyn muß, durch welche das Walzgut frei passiren kann. Fig. 7., Bd. 207, S. 361 Größeres Interesse gewährte mir das für C. White patentirte Schweißwalzwerk, welches schon in verschiedenen Eisenwerken mit Erfolg eingeführt wurde und in Fig. 7 im Längenschnitt veranschaulicht ist. Dasselbe besteht aus drei Walzenpaaren hintereinander angeordnet, doch so, daß das erste und dritte horizontal, das zweite Walzenpaar aber vertical gelagert ist. Das Schweißpacket passirt in der Richtung der Pfeile die successive verengten Kaliber der drei Walzenpaare, wodurch die bei gewöhnlichen Walzenanlagen erforderliche Zeit und Arbeit wesentlich reducirt wird. Fig. 8., Bd. 207, S. 362 Soviel ich mich erinnere, wurde in Dowlais das Schweißpacket nach passiren dieses Walzwerkes neuerdings im Ofen erhitzt und sodann durch ein nach demselben Principe ausgeführtes Vorwalzwerk gebracht, neben welchem das Fertigwalzwerk gewöhnlicher Einrichtung aufgestellt ist. Das Packet gelangt aus dem ersteren in der Richtung des Pfeiles V (Fig. 8) in eine Rinne R, welche um 180 Grad gedreht, das Walzgut sofort in der Pfeilrichtung F in das erste Kaliber des Fertigwalzwerkes abgibt.