Titel: Ueber die Verwendung der Hohofenschlacken zur Fabrication von hydraulischem Cement; von Dr. Adolph Ott in New-York.
Fundstelle: Band 208, Jahrgang 1873, Nr. XXI., S. 58
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XXI. Ueber die Verwendung der Hohofenschlacken zur Fabrication von hydraulischem Cement; von Dr. Adolph Ott in New-York. Vorgetragen im Polytechnic Club of the American Institute. – Aus der Chronique de l'Industrie, Januar 1873, S. 405. Ott, über Verwendung der Hohofenschlacken zur Cementfabrication. Die Menge der von einem gewöhnlichen Hohofen gelieferten Schlacken beträgt sehr nahe dem Gewichte nach das Doppelte, dem Volumen nach das Sechsfache von dem während desselben Zeitraumes erblasenen Eisenquantum. Nur sehr wenige Industriezweige liefern so große Mengen von Rückständen und darin liegt der Grund, weßhalb bereits zahlreiche Verfahren zu ihrer Verwerthung in Vorschlag gebracht worden sind. Unter den mannichfaltigen Zwecken, zu denen man die Hohofenschlacken zu verwenden versucht hat, ist die Umwandlung derselben zu hydraulischem Cement vielleicht diejenige, welche die vortheilhaftesten Resultate gewährt hat. Es scheint wirklich, daß in manchen Theilen Deutschlands ein dem besten Portlandcement an Güte gleichkommender künstlicher Cement zu sehr niedrigem Preise verkauft wird, während der Gestehungspreis dieses Productes dem Fabrikanten immer noch einen guten Gewinn abwirft. Seit mehreren Jahren abgeführte Versuche haben sogar eines der größten deutschen Eisenwerke veranlaßt, eine große Cementfabrik zu errichten.Man sehe: Egleston, über die verschiedenen Verwendungen der Hohofenschlacken, im polytechn. Journal, 1872, Bd. CCVI S. 457. Diese Verwerthung der Hohofenschlacken ist jedoch keineswegs eine neue Erfindung; vielmehr liegt aller Grund zu der Annahme vor, daß das Verfahren bereits vor dem Jahre 1820 üblich war. Raucourt de Charleville (in seinem i. J. 1822 in St. Petersburg erschienenen Buche: Les mortiers ) und Treussart kannten dasselbe vollkommen. Wir müssen allerdings zugestehen, daß zu jener Zeit die Sache nur geringen Erfolg hatte, was leicht zu begreifen ist, wenn man bedenkt daß die Zusammensetzung der Schlacken sehr wandelbar und häufig dem angestrebten Zwecke sogar hinderlich ist. Zu dieser Art von Schlacken gehören z. A. die Singulosilicate, d.h. diejenigen Schlacken, in denen der Sauerstoff der Kieselsäure demjenigen der Basen gleich ist. Diese Schlacken bilden sich bei einer Temperatur, welche höher ist als die, bei der die Entstehung der Subsilicate stattfindet, und zeigen einen halbmetallischen Glanz; sie sind sehr leichtflüssig und erstarren rasch. Basische Schlacken, wie z.B. diejenigen welche beim Puddeln, namentlich gegen Ende des Processes fallen, sind zur Cementfabrication durchaus nicht geeignet. Derartige Schlacken sind, wenn sie, wie es zuweilen vorkommt, dem Cement beigemengt werden, nicht viel vortheilhafter als bloßer Sand; wegen der schwierigen Nachweisung dieses Betruges muß man denselben als eine der am meisten zu fürchtenden Fälschungen betrachten. Da die Schlacken, nachdem sie gepulvert worden, stets mit gelöschtem Kalk gemengt verarbeitet werden müssen, so sind sie zur Kategorie der Puzzolanen zu rechnen, einer Art von Cement, welche dieselbe Behandlung erfordert. Da die italienischen Puzzolanen als der Prototyp dieser Classe von Substanzen betrachtet werden, so werden auch diejenigen Schlacken den besten Cement geben, welche 50 bis 60 Procent Kieselsäure und 15 bis 20 Procent Thonerde enthalten. Wir besitzen von dem bekannten Berliner Chemiker Dr. Elsner Analysen zweier Hohofenschlacken von der Gleiwitzer Hütte in Oberschlesien, welche anerkannt einen vortrefflichen Cement liefern. Obgleich diese Schlacken in Wirklichkeit viel weniger Kieselsäure enthalten, als italienische Puzzolane, und somit nicht die beste Qualität von Cement geben, so führen wir die gedachten Analysen doch an, weil dieselben bei ähnlichen Untersuchungen als Basis dienen können. Diese Schlacken zeichneten sich durch ihre Homogenität aus, besaßen Glashärte und zeigten eine grünliche Färbung, welche sich langsam unter Entwickelung von Schwefelwasserstoff verlor. Als die Substanz in fein gepulvertem Zustande mit kochender Essigsäure behandelt wurde, fanden sich in der erhaltenen Auflösung kleine Mengen von Eisen, und der Rückstand hatte das Ansehen eines weißen Pulvers angenommen. Daraus ergibt sich, daß die grüne Färbung der Schlacken von Spuren von Schwefeleisen herrührte. Die qualitative Analyse ergab auch Spuren von Titan, was uns nicht verwundern kann, da im Gestelle der oberschlesischen Hohöfen nicht selten Agglomerate vorkommen, welche mit kupferrothen Würfeln von Cyanstickstofftitan besetzt sind. Bei Behandlung des feinen Pulvers dieser Schlacke mit etwas Salzsäure bildete sich eine dicke, durchscheinende, gallertartige Masse. Die Analyse Nr. 1 ergab folgende Bestandtheile: Analyse I. Kieselsäure 40,12 Thonerde 15,37 Kalk 36,02 Manganoxydul 5,80 Eisenoxydul 1,25 Kali 2,25 Schwefel 0,70 Bei einer anderen Analyse erhielt Elsner: Analyse II. Kieselsäure 40,44 Thonerde 15,38 Kalk 33,10 Manganoxydul 4,40 Eisenoxydul 1,63 Kali 2,07 Schwefel 0,76 „Diese Analysen“ , bemerkt Elsner, „liefern den Beweis, daß die in Rede stehenden Schlacken in Bezug auf ihre chemische Zusammensetzung dem Prehnit und den sogen. Zeolithen, also Mineralsubstanzen sehr ähnlich sind, welche wir als Doppelhydrosilicate von Kalk und Thonerde betrachten müssen. Diese Mineralien liefern bekanntlich, wenn sie mit Kalk gemengt und gebrannt werden, einen vortrefflichen hydraulischen Mörtel. Bei der Behandlung mit Salzsäure geben sie gleichfalls einen Rückstand von gallertartiger Kieselsäure. Diese Reaction erfolgt sogar schon bei gewöhnlicher Temperatur.“ „Aus diesen Thatsachen ergibt sich, daß die Prüfung der Hohofenschlacken auf ihren größeren oder geringeren Werth als Material zur Cementfabrication keine schwierige Aufgabe ist. Zu diesem Zwecke verwandelt man sie in ein feines Pulver, bringt dasselbe in ein passendes Glasgefäß und übergießt es mit Salzsäure, indem man entweder gelinde Digestionswärme anwendet oder bei gewöhnlicher Temperatur operirt. Verwandelt sich die Flüssigkeit nach Verlauf von einiger Zeit in eine durchsichtige, gallertartige Masse, so kann man sicher seyn, daß die so behandelten Schlacken einen vortrefflichen hydraulischen Cement geben.“ Indem wir nun, wie oben erwähnt, die italienische Puzzolane als Typus für die dieser Kategorie angehörenden hydraulischen Mörtel betrachten, wollen wir einige Analysen von Schlacken anführen, welche zu der in Rede stehenden Verwendung sich noch besser eignen würden, als die von Elsner besprochenen. Diese Analysen können als Leitfaden bei der Wahl der zur Cementfabrication geeigneten Materialien dienen. Analysen von Hohofenschlacken. Kieselsäure. Thonerde. Kalk. Magnesia. Eisenoxydul. Manganoxydul Nr. 1. 50,00 18,60 26,40 2,00 2,40 Nr. 2. 55,20 19,20 19,20 1,40 3,40 1,40 Nr. 3. 59,42 14,94 19,79 0,11 6,03 Spuren Nr. 4. 49,00 21,80 24,00 Spuren 2,10 0,60 Die Analysen von Nr. 1 und Nr. 2 rühren von Berthier her. Die Schlacke Nr. 1 stammte aus dem französischen Dordogne-Departement und war beim Verblasen eines thonigen Eisensteines gefallen; sie war von glasartiger Beschaffenheit, durchscheinend, von glänzend olivengrüner Farbe und sehr leichtflüssig. Die Schlacke Nr. 2 stammte von dem Hüttenwerke la Charbonnière bei Nevers in Frankreich; sie war grau gefärbt und von steinartigem Ansehen. Nr. 3 ist von Bodemann analysirt; die Schlacke war auf der Steinrenner Hütte am Oberharz gefallen, und von schwarzer Farbe. Nr. 4, von Drouat analysirt, war zu Bley im oberen Saône-Departement erblasen; sie war glasartig, grün und dunkelviolett durchscheinend, an ihrer Oberfläche mit Graphitblättchen bedeckt; sie zeigte sich sehr strengflüssig und rührte von der Erzeugung von grauem Roheisen her. Kohkshohofenschlacken. Kieselsäure. Thonerde. Kalk. Magnesia. Eisenoxydul. Maganoxydul. Nr. 1. 50,7 13,0 20,5 6,8 4,0 3,1 Nr. 2. 50,0 23,0 27,0 Nr. 3. 50,1 16,2 25,2 8,5 Nr. 1, von Mayrhofer analysirt, stammte von Witkowitz in Mähren; Nr. 3, gleichfalls von Mayrhofer untersucht, ist ein Durchschnittsgemenge von Schlacken welche in belgischen und englischen, mit heißer Luft betriebenen Kohkshohöfen fielen. Nr. 3, von demselben Chemiker analysirt, rührt von der Blanskoer Hütte in Mähren her. Wir haben diese Analysen dem trefflichen „Handbuch der metallurgischen Hüttenkunde“ von B. Kerl entnommen. Nach einer Mittheilung des Scientific American fabriciren die HHrn. Bodmer und Comp. in Hammersmith, London, aus Schlacken Ziegelsteine, welche nicht nur billiger sind, als die gewöhnlichen, sondern auch äußeren Einwirkungen besser widerstehen und den Druck besser ertragen. Die gedachte Zeitschrift spricht sich über dieses Product in nachstehender Weise aus: „Die Analyse der Schlacken eines Hohofens weist eine große Aehnlichkeit derselben mit der Puzzolane nach; diese Thatsache führte auf den Gedanken, durch Mengen dieser Schlacken mit einer gewissen Quantität Aetzkalk einen hydraulischen Cement herzustellen. Der erste Versuch gelang, wenigstens was die Qualität des Productes anbetrifft. Der erzeugte Cement band etwas langsamer ab, als Portlandcement, erhärtete aber ebenso stark, hauptsächlich unter Wasser. Die Schlacken sind jedoch so hart, daß man bald einsah, daß von ihrer Verwendung zu Cement kein großer Nutzen zu ziehen sey, wenn man nicht ein vortheilhaftes Verfahren finden würde, sie in ein feines Pulver zu verwandeln.“ „Der Erfinder versuchte daher, den über den Wallstein eines Hohofens herausfließenden Schlackenstrom in noch flüssigem Zustande in kleine Stücke zu verwandeln; dieß gelang ihm in nachstehender Weise.“ „Vor dem unteren Theile des Hohofens wurden an Stelle der großen Röhre, welche gewöhnlich zur Aufnahme der Schlacken dient, zwei massive Walzen angebracht, welche sich mit verschiedener Geschwindigkeit umdrehen und die halbflüssigen Schlacken so zu sagen auswalzen, so daß dieselben dünne Blätter bilden, die sich so leicht zermalmen lassen wie Zucker. Diese Schlackenblätter brauchen bloß mit einer geeigneten Quantität gebrannten Kalkes gepulvert zu werden; sie geben so einen Cement welcher fast Nichts kostet.“ „Zwei Theile dieses Cementes, mit sechs Theilen Sand gemengt, geben die besten Ziegelsteine. (Auf vielen Eisenhüten benutzt man anstatt des Sandes Schlacken; man pulvert dieselben gröblich und mengt sie dem Cement bei; die auf diese Weise fabricirten Ziegel sind hart wie Feuerstein, und zeigen eine sehr angenehme Farbe, welche der des gewöhnlichen Sandsteines ähnlich ist.) Derartige Ziegelsteine widerstehen weit besser als die gewöhnlichen den atmosphärischen Einflüssen und zerbröckeln nicht, wie die aus Thon oder Lehm angefertigten Bernsteine.“