Titel: Ueber ein Mittel zur Verkleinerung des Durchmessers von Tyres oder anderen Augen aus Eisen oder Bessemerstahl; von Ludwig Merlet, Hütten-Director zu Zeltweg.
Fundstelle: Band 208, Jahrgang 1873, Nr. XXIX., S. 101
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XXIX. Ueber ein Mittel zur Verkleinerung des Durchmessers von Tyres oder anderen Augen aus Eisen oder Bessemerstahl; von Ludwig Merlet, Hütten-Director zu Zeltweg. Aus dem berg- und hüttenmännischen Jahrbuch der Bergakademien zu Leoben, Pribram und Schemnitz, 1873, Bd. XXI S. 167. Mit Abbildungen. Merlet, Verfahren zur Verkleinerung des Durchmessers von Tyres. Bei dem Centriren und Walzen der Tyres ergibt es sich mitunter, daß der lichte Durchmesser derselben zu groß ausfällt, und daher die Stücke zum Warmaufziehen auf den Radstern nicht verwendbar sind. Der hiesige Ingenieur der mechanischen Werkstätte, Hr. Julius Fiedler hat seit langer Zeit diesem manchmal vorkommenden Uebelstande in nachstehender Weise abgeholfen. Der im Durchmesser zu große Tyre wird in einem gewöhnlichen Glühofen rothwarm gemacht, aus dem Ofen gebracht und in diesem Zustande nach untenstehender Figur 1 rasch in ein mit kaltem Wasser gefülltes Reservoir zur Hälfte eingehalten, bis der Tyre erkaltet. Fig. 1., Bd. 208, S. 101 Hierauf wird derselbe herausgenommen, abermals im Glühofen zur Rothglühhitze erwärmt und nun mit der anderen Hälfte in's kalte Wasser eingelegt. Bei der ersten raschen Abkühlung muß der rothwarme nicht eingetauchte Theil des Ringes der Zusammenziehung des unteren Theiles folgen, daher eine gleichmäßige Stauchung des Materiales im ersteren stattfindet, gleichbedeutend mit bleibender Verringerung des Durchmessers. Ganz dasselbe geschieht bei dem zweiten Einhalten in das kalte Wasser, nur daß die Stauchung dabei wieder in der anderen Hälfte des Tyre erfolgt, und zwar in jener, die jetzt aus dem Wasser herausragt. Auf diese Weise ist man im Stande, einen Tyre mit 34 Zoll lichtem Durchmesser durch das nur zweimalige rasche Abkühlen (einmal in jeder Hälfte) um 3 Linien zu verkleinern. Ist der Durchmesser um 6 Linien zu groß, so genügt bei obigem Durchmesser ein viermaliges Erwärmen und Abkühlen. Fig. 2., Bd. 208, S. 102 Ein interessanter Fall ergab sich ganz unlängst. Es wurde unter dem Hornhammer ein gelochter Bessemerring geweitet, der als Flantschenring zu einem Accumulator verwendet werden sollte. Es war beabsichtigt, einen Ring von ungefähr den in Fig. 2 angegebenen Dimensionen herzustellen, der dann auf der Drehbank zu einem Flantschenring nach punktirter Linie abgedreht werden sollte. Fig. 3., Bd. 208, S. 102 Wegen Ungeübtheit der Arbeiter erhielt der Ring unter dem Horn-Hammer die in Fig. 3 skizzirte Form. Um den Ring nicht als Ausschuß auf die Seite legen zu müssen, wollte die obige Methode auf denselben anzuwenden versuchen, und da der Glühofen gerade im Betriebe war, so wurde der Ring in diesen gelegt und in rothglühendem Zustande zur Hälfte in's Wasser eingehalten. Dieß geschah 15 Mal nacheinander, und zwar zuerst 13 Mal stets mit dem kleineren Durchmesser, so daß der Ring gezwungen war, seinen größeren Durchmesser durch Stauchung bleibend zu verjüngen. Die Verkleinerung des Durchmessers an der Seite welche außer dem Wasser war, betrug durchschnittlich jedesmal 3–1 Linien. Der Theil welcher im Wasser eingetaucht wurde, blieb im Durchmesser unverändert. Bei der vierzehnten und fünfzehnten Abkühlung, nachdem man an der gestauchten Seite den Durchmesser auf 22 Zoll 2 Linien gebracht hatte, wurde der Ring verkehrt in's Wasser gehalten, wodurch auch eine Verminderung des kleineren Durchmessers von 22 Zoll 9 Linien auf 22 Zoll 2 Linien eintrat. Es wurde daher durch die 13 ersten Abkühlungen eine Verminderung des Durchmessers auf der einen Seite erreicht von 25'' 8''' minus 22'' 2''' = 3'' 6'''. Fig. 4., Bd. 208, S. 103 Die Form des Ringes war schließlich die aus Fig. 4 ersichtliche, aus welcher dann der Flantschenring nach den punktirten Linien ausgedreht wurde. Der beschriebene Vorgang kann daher für ähnliche Zwecke bestens empfohlen werden.