Titel: Ueber sogenanntes Antimonblau; von Carl Kraus.
Fundstelle: Band 209, Jahrgang 1873, Nr. IX., S. 28
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IX. Ueber sogenanntes Antimonblau; von Carl Kraus. Kraus, über das sogenanntes Antimonblau. Seit Kurzem wird eine sehr schöne blaue Farbe dieses Namens verwendet, welche nach der Meinung Sachverständiger vom Ultramarin kaum zu unterscheiden ist und den Blumenfabrikanten ein Kornblau liefert, wie es bisher noch nicht da war; diese Farbe gibt auch, mit Chromgelb oder Zinkgelb (chromsaurem Zinkoxyd) gemischt, eine dem Schweinfurter Grün kaum nachstehende grüne Farbe. Ueberdieß läßt sich diese blaue Farbe mit Oelfirniß, Gummi, Leim, Lack und Stärke sehr gut behandeln. Als Vorschrift zur DarstellungPolytechn. Journal, 1872, Bd. CCIV S. 160. wird angegeben: Man löse eine beliebige Menge von Antimonmetall in Königswasser, filtrire die Lösung durch granulirtes Glas und setze eine verdünnte Blutlaugensalzlösung zu, so lange als ein Niederschlag erfolgt. Den Chemiker mußte dieser Niederschlag deßhalb besonders interessiren, weil bis jetzt nicht bekannt ist, daß Antimonlösungen für sich mit Blutlaugensalz eine derartige Verbindung bilden, was um so wichtiger wäre, weil die Verunreinigung von Antimon durch Eisen eben durch einen blauen Niederschlag (Berlinerblau) nachgewiesen wird. (Auf Hrn. Prof. Vogel's Veranlassung habe ich in dessen Laboratorium diese blaue Farbe in Untersuchung genommen.) Die oben angeführte Bereitungsweise aus metallischem Antimon ist sehr lästig und unbequem, weßhalb ich versuchte dieselbe Farbe direct mit Antimonlösungen zu bereiten. Brechweinstein, in Wasser gelöst, wurde mit concentrirter Salzsäure versetzt, wobei bekanntlich ein weißer Niederschlag entsteht, hierauf mit (gelbem) Blutlaugensalz gekocht; es ist nöthig, Salzsäure zuzusetzen, bis jeder weißliche Stich des Niederschlages verschwunden ist. So erhält man dieselbe blaue Farbe wie nach der ersterwähnten Methode. Antimon bildet übrigens gar keinen Bestandtheil des Niederschlags, ist also zur Bereitung der blauen Farbe ganz überflüssig, indem dieselbe schon beim Kochen von Blutlaugensalz mit Salzsäure allein entsteht. Die überschüssige Säure der Antimonlösung bewirkt die Bildung des blauen Niederschlages. Allerdings ist die Gegenwart von Antimon von Einfluß auf die raschere Entstehung des blauen Niederschlages (schon in der Kälte), aber dieser Vorzug in der Darstellungsmethode verschwindet denn doch gegenüber der Kostspieligkeit des Materiales. Der Grund dieser Einwirkung des Antimons ist hier nicht zu erörtern, es möge genügen zu erwähnen, daß Quecksilberlösung dieselbe Rolle übernehmen kann. Beide blauen Farben, die mit wie ohne Antimon bereitete, verhalten sich ganz gleich. In Salzsäure lösen sie sich auf, werden beim Kochen damit grün, zuletzt gelb, d.h. sie werden vollständig zersetzt und nehmen die Färbung des Eisenchlorides an. Setzt man Wasser zu, so wird die gelbe Lösung erst grün, dann wieder blau. Ueberhaupt ist der Niederschlag in Berührung mit Salzsäure je nach der Menge der bei der Bereitung verwendeten Salzsäure sehr veränderlich; aber man braucht keine Sorge wegen Materialverlustes zu haben, da man beim Stehen schließlich immer die schöne blaue Farbe erhält, mag auch der Niederschlag anfangs ganz grün seyn. Es wäre daher irrelevant, wollte ich bestimmte Gewichtsverhältnisse der zu verwendenden Mengen von Salzsäure und gelbem Blutlaugensalz angeben. In Wasser kann sich die blaue Farbe so fein vertheilen, daß sie wie gelöst aussieht, aber beim Stehen scheidet sie sich wieder ab. Von Aetzkalilauge wird sie augenblicklich zerstört (daher ist sie auch auf Kalk nicht anwendbar), was sich derjenige merken möge, der seine Hände von dieser festhaftenden Farbe befreien möchte. Die grüne Farbe ist technisch nicht verwerthbar wegen ihrer raschen Umwandlung in Blau. Bei der Bereitung ist Vorsicht nöthig wegen der starken Entwickelung von Blausäure. Diese blaue Farbe, welche oft einen Kupferglanz hat wie die feinsten Sorten von Berlinerblau (Pariserblau) gehört demnach in das Gebiet der aus Cyan und Eisen bestehenden blauen Farben und entsteht aus Blutlaugensalz durch Austritt von Kalium; sie ist ein Eisenblau und verdient den Namen „Antimonblau“ nicht im mindesten. (Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt, 1872 S. 172.)