Titel: Anwendung des Petroleums als Leuchtmaterial für Leuchtthürme.
Fundstelle: Band 209, Jahrgang 1873, Nr. LXI., S. 368
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LXI. Anwendung des Petroleums als Leuchtmaterial für Leuchtthürme. Aus der Revue industrielle, Juli 1873, S. 401. Ueber Anwendung des Petroleums als Leuchtmaterial für Leuchtthürme. Der französische Minister der öffentlichen Arbeiten hat auf die Wiener Welt-Ausstellung eine Küstenkarte von Frankreich geschickt, und derselben einen Bericht beigelegt, worin Herr Léonce Reynaud, Betriebsdirector der Leuchtthürme, über den Zustand unserer Leuchtfeuer und Küstensignale nähere Auskunft ertheilt, und unter anderen in dieser Richtung durchgeführten Reformen auch der Anwendung der Mineralöle als Lichtquelle für Leuchtthürme, statt des Repsöles, erwähnt. Wir entnehmen dieser interessanten Arbeit folgende Notizen. Am 1. Januar 1872 belief sich die Anzahl der längs der französischen Küste vertheilten Leuchtthürme und sonstigen Feuerwarten, die von Algerien nicht mit gerechnet, auf 330, nämlich: Leuchtthürme erster Classe 55 zweiter   „ 6 dritter     „ 44 vierter    „ oder Fanale 225 wozu noch 10 schwimmende Feuer kommen. Das Bakensystem umfaßte: Baken in Holz und Eisen 1165 gemauerte Thürmchen 201 gewöhnliche Bojen 659 Glockenbojen 32 Landzeichen 924 Im Laufe des Jahres 1872 würden 6 neue Feuerwarten eröffnet, wodurch die Zahl der Leuchtthürme am 1. Januar 1873 auf 336 sich erhebt. Das Repsöl ist bis jetzt noch das bei Leuchtthürmen am häufigsten angewendete Leuchtmaterial. Nur bei 3 derselben dient das elektrische Licht als Lichtquelle; 116 Feuer werden mit Petroleum gespeist. Zufolge eines neuen Decretes des Ministers der öffentlichen Arbeiten soll auf allen Leuchtthürmen, mit Ausnahme der schwimmenden Feuer, das Repsöl durch Petroleum ersetzt werden. Zugleich ist die Bestimmung getroffen worden, die Zahl der concentrischen Dochte bei den Leuchtthürmen der drei ersten Classen um 1 zu vermehren. Die Versuche, Mineralöl als Leuchtmaterial bei Leuchtthürmen einzuführen, datiren sich seit 1856. Man fürchtete anfangs die Explosionsgefahr wegen der geringen Temperatur, bei welcher gewisse Oele brennbare Dämpfe entwickeln; inzwischen hat man die Wahrnehmung gemacht, daß die von der paraffin light and mineral oil Company gelieferten schottischen Bogheadöle in dieser Hinsicht genügende Garantie bieten, und man hat sich daher für ihre ausschließliche Einführung entschieden. Die Schwierigkeit, eine Lampe zu finden, deren Licht eine große Intensität besitzt, hat die Anwendung des Mineralöles lange aufgehalten. Im Jahre 1856 bediente man sich der Maris-Lampe mit cylindrischem Dochte und Centralscheibe, welche den inneren Luftstrom gegen die Flamme leitete. Diese Lampe mit tiefliegendem Behälter, bei welcher das Oel unter dem Einflusse der Capillarattraction in die Höhe steigt, wurde ein sehr verbreiteter Handelsartikel. Am Ende des Jahres 1864 waren 21 Hafenleuchtthürme mit Maris'schen Lampen versehen, und im folgenden Jahre wurde diese Beleuchtungsmethode bei allen mit einer eindochtigen Lampe ausgestatteten Stationen in Anwendung gebracht. Im Jahre 1864 präsentirte Capitän Doty einen Brenner mit 4 Dochten, welcher die nämliche Intensität und Regelmäßigkeit der Flamme darbot, wie die mit Repsöl gespeisten Lampen gleicher Ordnung. Diese neuen Brenner lassen sich leicht den bestehenden Lampen anpassen; die zur Umwandlung der Repsöllampen in Bogheadlampen nothwendige Ausgabe ist zu 50,000 Fr. veranschlagt, und wird durch die erzielte Ersparniß reichlich gedeckt werden. Ein von Henry Lepaute unter der Bezeichnung „modificirter Fresnel-Brenner“ fabricirter Brenner besitzt die nämlichen Vortheile wie Doty's Brenner. Alle mechanischen Lampen der Leuchtthürme sollen beibehalten werden und nach wie vor ihren Dienst versehen; ihre Brenner sind so angeordnet, daß man nur die das Niveau des Petroleums regulirende Röhre zu schließen braucht, um nöthigen Falles sogleich wieder auf die Anwendung des Repsöles zurückkommen zu können. Die jährliche Totalausgabe, welche für Repsöl 335,938 Fr. beträgt, wird sich mit Bogheadöl auf nicht mehr als 239,262 Fr. belaufen und somit eine Ersparniß von 106,676 Fr. oder ungefähr von 33 Procent sich herausstellen. Auf der anderen Seite wird die Intensität der gegen den Horizont ausstrahlenden Lichtbündel um ungefähr 45 Proc. erhöht werden, den Vortheil ungerechnet, wornach die Boghead-Lampen eine während der ganzen Beleuchtungsdauer constante Helligkeit bewahren, wogegen die Intensität der Repsöllampen merkbar abnimmt. Wir haben Grund zu hoffen, daß die französischen Mineralölfabrikanten in nächster Zukunft der Administration der Leuchtthürme und der Industrie im Allgemeinen Producte anzubieten im Stande seyn werden, welche mit den schottischen Oelen concurriren können.