Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 209, Jahrgang 1873, Nr. , S. 234
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Miscellen. Miscellen. Dampfpumpe zur Wasserhaltung. In dem Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen machte Geh. Regierungsrath Reuleaux nachstehende Mittheilung über die neueste Entwickelung des Baues und der Anwendung der Dampfpumpen. Nachdem die Dampfpumpe vorzugsweise in geringen Abmessungen für die Zwecke der Kesselspeisung sich ungemein verbreitet hatte, wurden seit 1867 gewisse ältere Bestrebungen wieder lebhafter aufgenommen, wornach die Herstellung einer praktischen Dampfpumpe ohne Kurbelachse und Schwungrad als zu erreichendes Ziel hingestellt ward. Man gelangte bei der bedeutenden Energie, mit welcher die Aufgabe dieses Mal erfaßt wurde, bald zu befriedigenden Ergebnissen. Von Cameron, Baumann,Baumann's Dampfpumpe ist nach beigegebener Zeichnung im polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVII S. 303 beschrieben. Tangye und anderen wurde eine Dampfpumpe erzielt, welche namentlich vermöge einer sehr gut ersonnenen Betriebsweise des Dampfschiebers mittelst directen Dampfdruckes auf eine sehr einfache und praktische Form gebracht werden konnte. In Deutschland haben sich namentlich die Gebrüder Decker in Cannstatt die Einführung und Verbreitung der Baumann'schen Pumpe angelegen seyn lassen und in einzelnen Punkten dieselbe auch noch verbessert. Nachdem die technischen Schwierigkeiten der Maschine selbst einmal überwunden waren, machte ihre Anwendung bald bedeutende Fortschritte. Namentlich steigerte man ihre Dimensionen, d.h. ihr absolutes Leistungsvermögen, und ging dann auch dazu über, sie in den Bergwerken zur Wasserhebung zu benutzen. Nach einigen weniger gut gelungenen Versuchen kam man zu guten Resultaten. Es wurde Dampf durch (bis zu 1300 Met. lange) Rohrleitungen der unten im Schacht stehenden Pumpenanlage zugeführt und das Grubenwasser durch diese in einem einzigen Satze nach oben getrieben. Der abgehende Dampf wurde in einen Wetterschacht geleitet. Die Gebrüder Decker führten mit gutem Erfolge die viel bessere Methode ein, den Dampf mittelst des aufzupumpenden Wassers selbst zu condensiren, was unter Anderem auf der Benigna-Grube bei Schadowitz erprobt und bewährt befunden wurde. In England und theilweise auch schon in Deutschland macht nunmehr die Einführung der direct wirkenden Dampfpumpe als Grubenpumpe schnelle Fortschritte, die dadurch vor Allem begünstigt wurden, daß die Anlagekosten bei der neuen Einrichtung weit unter denen der älteren Wasserhaltungsmaschine stehen, zu denen sie sich stellenweise wie 1: 4 bis 6 oder 8 verhalten. Reuleaux glaubt als sicher ansehen zu dürfen, daß bei neuen Anlagen die neue Methode die alte verdrängen werde, weil die Kleinheit der Anlagekosten in den meisten Fällen den immerhin noch zu constatirenden Mehrverbrauch an Brennmaterial außer Betracht setzen werde. – Bei einer der neuesten Anlagen in England (Adelaiden-Grube, Bishop Auckland) von 1040' engl. Hubhöhe beträgt z.B. der Cylinderdurchmesser 26'' engl., der Pumpenkolben, welcher doppeltwirkend ist, hat 6 1/2'' Durchmesser bei 6' Hub. Ein Windkessel von 30' Höhe und 2 1/2' Weite ist angewendet, um die Wasserstöße zu beseitigen. Bei einer anderen Anlage hat der Dampfcylinder 32'', der Pumpenkolben 10 1/2'' Durchmesser etc. Den Dampfkessel stellt man, um die lange Dampfleitung zu vermeiden, in die Grube, wobei man die Verbrennungsgase durch einen Wetterschacht ableitet. Eine rheinische Kohlengrube ist beschäftigt sechs Stück der neuen Pumpen, aus dem Hause Tangye bezogen, einzubauen. In der allerneuesten Zeit ist man noch einen Schritt weiter gegangen, indem nämlich die Gebr. Tangye eine Einrichtung getroffen haben, vermöge welcher die abgehenden Rauchgase mit Wasser niedergeschlagen werden. Hier ist wieder auf das Princip des Hochdruckes zurückgegangen. Ein Blasrohr bewirkt mittelst der abgehenden Dämpfe den Zug für die Dampfkesselfeuerung, führt aber das Gemisch von Rauch und Dampf in den Niederschlag- oder Fällungsapparat, wo ein kräftiger Regen von Wasser (welches aus dem Steigrohr der Pumpe entnommen wird) das Gemisch fällt. Das Wasser fließt ein wenig trübe gefärbt ab, ohne Zweifel einen Theil der Verbrennungsgase theils chemisch, theils mechanisch beigemengt mit sich führend. Der Wetterzug beseitigt den Rest. Nach Angabe von Augenzeugen geht die Einrichtung sehr gut. – Somit hat sich auf dem Gebiete der Pumpen in den letzten Jahren eine förmliche Umwälzung theils bereits vollzogen, theils angebahnt, welche von ganz bedeutenden Folgen zu seyn verspricht. Sie kann nicht anders als auf dem praktischen Felde des Kohlenbergbaues die vortheilhafteste Wirkung ausüben, indem sie ermöglicht, leichter als bisher in größere Teufen zu gehen. Auch auf dem Gebiete der Landdampfmaschinen kann die Fällung der Verbrennungsgase, namentlich für Anlagen in großen Städten, von Wichtigkeit werden, indem sie unter Umständen die Anlage eines Schornsteines entbehrlich machen kann. Ueber Benutzung der Condensationswässer zur Kesselspeisung. Dabei muß man stets bedacht seyn, etwaige zu große Mengen von Fett entweder durch Verseifung oder durch vorherige gänzliche Entfernung unschädlich zu machen. Denn die Gefahr, unbenetzte Stellen an den Kesselwänden zu erzeugen, ist zu einleuchtend, als daß irgend eine Vorsichtsmaßregel versäumt werden sollte. Zur Verseifung der Fettstoffe wird gewöhnlich dem Condensationswasser Soda in gehörigen Mengen zugesetzt. Zur gäuzlichen Entfernung der Fettstoffe dagegen hat G. Schnackenberg (Mittheilungen des Magdeburger Vereines für Dampfkesselbetrieb) folgendes schon früher empfohlene Verfahren bei einer größeren Kesselanlage, die hauptsächlich mit Condensationswasser gespeist wird, mit Erfolg eingeführt. – Das zu reinigende Wasser wird in ein Reservoir geleitet, mit dem noch 2 kleinere in Verbindung stehen. Diese Behälter, welche mit kräftigen Rührwerken versehen sind, werden abwechselnd bis zu 3/4 vollgefüllt und dann Petroleum hinzugefügt. Die Rührvorrichtung wird ca. 5 Minuten in Bewegung gesetzt und läßt man die Mischung dann 55 Minuten absetzen. Es sammelt sich sodann alles Petroleum über dem Wasser, nachdem es die Fettstoffe desselben aufgenommen hat. Schnackenberg's Beobachtungen stimmen ziemlich überein mit denen von Cail in Paris, der das Verfahren zuerst angegeben hat, und nach denen sich durchschnittlich 2 Decigrm. Fett pro Pferdekraft und Tag bei kleineren Maschinen und höchstens 100 Grm. pro Tag für eine Maschine von 100 Pferdekräften bilden. Um zu Probiren, ob das Petroleum seine Wirksamkeit verloren hat, nimmt man 1/4 Liter Wasser aus dem Reservoir, gießt in dasselbe einige Tropfen Aetznatronlauge und läßt es kochen. Wenn sich nach Verlauf von einigen Minuten ein Schaum bildet, so zeigt dieß, daß das Petroleum nicht mehr seine ganze Wirksamkeit besitzt und erneuert werden muß. Um das verwendete Petroleum wieder zu gewinnen, destillirt man es in einer Blase mit den gewöhnlichen Vorsichtsmaßregeln. Die Fettstoffe und ein wenig Petroleum bleiben zurück und können an Seifensiedereien verkauft oder zu Maschinenschmiere benutzt werden. Die Verwerthung der durch den Rost gefallenen Cinder hat man, wie Chary im westphälischen Ingenieurverein mittheilte, auf der Dortmunder Hütte in der Weise versucht, daß man in einem Schachtofen gepreßten Wind über glühende Cinder leitete. Das so gebildete Kohlenoxydgas wird dann z.B. zur Kesselheizung verbrannt und erzeugt eine Flamme von mehreren Fuß Länge. Die größte Schwierigkeit macht die Entfernung der Schlacken. Die Versuche sind noch nicht beendet, es soll ein größerer Ventilator aufgestellt werden etc., doch hat sich schon so viel herausgestellt, daß 2 Kil. Cinder, durch Auslesen mit der Hand von den gröbsten Schlacken gereinigt, einen Heizeffect geben gleich dem von 1 Kil. Kohle. – Ingenieur Asthöwer hielt in dieser Frage eine gute Separationsvorrichtung für das Wichtigste. Die nasse Aufbereitung habe den Uebelstand, daß sie große Plätze zum Trocknen der gewaschenen Kohlenstückchen erfordere, und diese dann doch noch meist in feuchtem Zustande zur Verwendung kommen. Vielleicht ist es möglich, ähnlich wie bei Getreide-Reinigungsmaschinen, einen Windstrom zur Absonderung der Schlacken zu benutzen. – Ingenieur Mosler hat früher bei Funke und Hueck in Hagen, in Gemeinschaft mit Hrn. Schröder aus Kreuznach, Bausteine aus Cindern mit Kalkzusatz angefertigt, dieselben saugten aber derart Wasser an, daß beispielsweise in einem daraus erbauten Pferdestall die Jauche bis zur Decke stieg. Bei einem heftigen Platzregen floß dann der gesammte Vorrath an fertig gestellten Steinen auseinander, und die Versuche hatten ein Ende. Später wurde versucht, die Cinder auf einem sogen. Pultroste mit Unterwind zu verbrennen. Es bildete sich aber schon nach 10 Minuten ein festes Schlackengewölbe, welches keinen Wind mehr durchließ. Untersucht man die Cinder auf ihren Brennwerth durch Verkohlung im Kleinen, so ergibt sich als Durchschnittsresultat, daß Cinder, welche nur durch Auslesen mit der Hand von den gröbsten Schlacken befreit sind, 26,7 Gewichtsprocente oder 10,5 Volumprocente an unverbrennbaren Rückständen ergeben. Ueber die Darstellung der Anilinfarben und des künstlichen Alizarins. Für die Darstellung der Anilinfarben ist die Gewinnung von Benzol und Anilinöl Vorbedingung, indem letztere Substanz als Rohmaterial für diese Farben dient. Obschon die Begründung der Anilinfarben-Industrie (1856) und ihre ersten, wichtigsten Erfindungen auf englischem (Perkin 1856, Hofmann 1858 und 1863, Medlock 1860, Nicholson 1862, Lightfoot 1863) und französischem (Verguin 1859, Béchamp 1860, Girard und de Laire 1860) Boden stattfanden, betheiligte sich doch Deutschland gleich anfangs durch billige und gute Fabricate an derselben, um schließlich allen Mitbewerbern den Rang abzulaufen. Seine meist sehr bedeutenden Fabriken liegen hauptsächlich in Südwest- und Westdeutschland (Offenbach, Bieberich, Höchst, Mannheim, Barmen, Elberfeld, Crefeld), kleinere über das ganze Reich zerstreut, und betheiligen sich an der europäischen Gesammtfabrication, deren Werth von 2 1/2 Mill. Thlr. in 1862 auf 7 1/2 in 1867 und mindestens 10 Mill. in 1872 bei gleichzeitiger 40facher Productionsvermehrung stieg, jetzt mit ungefähr der Hälfte der Production, indem sie nach allen europäischen Staaten, dann nach Amerika und dem Orient und selbst nach den einzig concurrirenden Ländern England, Frankreich und der Schweiz in bedeutender Menge exportiren. Dagegen ist, wesentlich in Folge der Patentbeschränkungen, die französische Production bis auf ungefähr 10 Ctr. Farbstoff täglich herab gegangen. Unter den Veränderungen der letzten 5 Jahre sind für Deutschland namentlich bemerkenswerth: 1) die Steigerung der einheimischen Anilinöl-Production von circa 10000 Ctr. in 1867 auf jetzt ungefähr 25,000 Ctr., zu welchen zur Deckung des deutschen Farbenfabricationsbedarfes noch 10000 Ctr. vom Ausland bezogen werden müssen; 2) die Ausdehnung der deutschen Fabriken, deren jetzt viele eine Tagesproduction von 10 Ctr. Fuchsin und darüber (neben anderen Farbstoffen) liefern; 3) die gegenwärtig in Deutschland stattfindende Einführung der bisher nur in Frankreich betriebenen Fabrication von Methylanilinviolett, welches das durch die hohen Jodpreise unmöglich gewordene Jodviolett (zugleich die Basis des Lichtgrün) zu ersetzen bestimmt ist. Diese Aenderung, in deren Folge Deutschland schon jetzt mehr als 10 Ctr. Methylanilin täglich erzeugt, ist um so beachtenswerther, als mit ihrer Einbürgerung die Menge der durch die Anilinfarben bisher erzeugten giftigen Rückstände (aus jährlich 30000 Ctr. in Deutschland verbrauchter Arsensäure) bedeutend vermindert würde, da Arsensäure alsdann nur noch zur Darstellung des unmittelbar zu verwendenden Fuchsins nöthig wäre. Bezüglich Unschädlichmachens oder Vermeidung solcher Rückstände sey erwähnt, daß seit zwei Jahren in der von Elberfelder und oberrheinischen Fabrikanten errichteten Fabrik zu Haan die arsenhaltigen Mutterlaugen für neue Verwendung in der Fabrication zu Gute gemacht werden, sowie ferner, daß die in den Laboratorien fast aller deutschen Anilinfabriken fortgesetzten Versuche zur Darstellung von Fuchsin nach Coupier's Verfahren unter Vermeidung der Arsensäure neuerdings größere Aussicht auf Erfolg gewähren. Die von zwei deutschen Chemikern, Graebe und Liebermann, im Jahre 1868 entdeckte Thatsache, daß der als Alizarin bekannte Farbstoff des Krapp sich vom Anthracen, einem der auch im Steinkohlentheer vorkommenden Kohlenwasserstoffe, ableite, führte dieselben Ende 1868 auf den umgekehrten Weg der künstlichen Erzeugung von Alizarin aus Anthracen. Seit 1870 ist die auf ihre Methoden begründete Industrie des künstlichen Alizarins von den meisten Anilinfabriken Deutschlands aufgenommen und in stetem Wachsthum begriffen. Deutschland zählt gegenwärtig 10 bis 12 meist sehr bedeutende Alizarinfabriken, England und Frankreich, der schützenden Patente wegen, nur je eine. Für 1873 beläuft sich die Gesammtproduction schon auf 22000 Ctr. 10procentige Alizarinpaste im Werthe von 4 Mill. Thlr., wovon circa 15000 Ctr. auf Deutschland, circa 6000 auf England kommen. Der deutsche Export geht über ganz Europa und nach Amerika. Das das Rohmaterial bildende Anthracen ist bei 0,5 Proc. Gehalt des Theeres an demselben in den von den Gasanstalten insgesammt producirten 5 Mill. Ctr. Theer zur Deckung des ganzen gegenwärtigen Alizarinverbrauches (entsprechend 1 Mill. Ctr. Krapp im Werth von 13 Mill. Thlrn.) und selbst für eine wahrscheinliche Consumsteigerung in genügender Menge vorhanden. 1872 kamen schon 15000 Ctr. 40procentiges Anthracen im Werthe von über 1 Mill. Thaler hauptsächlich aus England, weniger aus Holland (600 Ctr. 70proc. im Werth von 100000 Thlrn.), Deutschland und Frankreich in den Handel. Künstliches Alizarin ersetzt sämmtliche Krapppräparate. Während Deutschland bisher die feineren Sorten der letzteren aus Frankreich bezog, wird es wahrscheinlich binnen zwei Jahren der Lieferant der ganzen Welt an Alizarin, wie heute an Anilinfarben, seyn; auch läßt, trotz augenblicklich noch stattfindender Concurrenz des künstlichen und natürlichen Farbstoffes, der Krappbau bereits nach, und werden Krappproducenten zu Fabrikanten künstlichen Alizarins. Beim Sinken der Preise des Alizarins dürfte dessen Verwendung noch weit über die heutige hinaus gehen, und der Import von Farbhölzern aus dem Orient bedeutend nachlassen. (Aus der Einleitung zu Gruppe III des deutschen Kataloges für die Wiener Ausstellung durch deutsche Industriezeitung.) Darstellung von künstlichem Alizarin, nach Meister, Lucius und Brüning. Nach einem neuerdings von den Genannten genommenen Patent auf ein Verfahren zur Darstellung von künstlichem Alizarin wird Anthracen mit einem Gemisch von doppelt-chromsaurem Kali und Salpetersäure oxydirt, das entstandene Anthrachinon durch Kochen mit Salpetersäure in Nitranthrachinon übergeführt, dieses mit einem Alkali erhitzt, und schließlich das gebildete Alizarin durch eine Säure ausgefällt. Das Präparat von Meister, Lucius und Brüning zeichnet sich vor anderen, besonders dem Gessert'schen, dadurch vortheilhaft aus, daß es neben Alizarin auch Purpurin enthält. Bekanntlich können die Krappfarben nur durch Zusammenwirken der beiden im Krapp vorkommenden Farbstoffe schön und ächt erzielt werden. Aus diesem Grunde bietet nur das purpurinhaltige Präparat von M., L. und B. genügende Garantie für seine Brauchbarkeit und führt sich auch immer mehr ein. Uebrigens soll das Gessert'sche Verfahren ein Abkömmling des ersten in der Höchster Fabrik angewendeten Verfahrens seyn. (Reimann's Färberzeitung, 1873, Nr. 20.) Untersuchung von mit Anilinroth (Fuchsin) gefärbter Wurst; von Prof. Dr. E. Reichardt in Jena. Die Färbung der Fleischwaaren mit Fuchsin hat leider in einer solchen Weise zugenommen, wie es nur in einer der Verbreitung derartiger Geheimmittel so geneigten Zeit geschehen kann, jedoch ist die Nachweisung ebenso leicht zu führen. Die natürliche Fleischfarbe rührt von den Blutkörperchen oder dem darin enthaltenen Blutfarbstoffe her, der, wenn auch sonst sehr beständig, äußerst leicht bei angehender Zersetzung der dazu so leicht geneigten Fleischsubstanzen sich entfärbt. Bei sorgfältiger Handhabung, schneller Räucherung, genügendem Zusatz von Salpeter und Kochsalz gelingt es aber dem sorgfältigen Fabrikanten, die Fleischsubstanz in natürlicher Farbe zu erhalten und wird daher mit Recht die erhaltene Fleischfarbe als ein gutes Zeichen der Fabrication angenommen. Hiermit soll, wie leicht zu ersehen, nicht gesagt seyn, daß etwas mißfarbige Fleischwaare, wie namentlich Cervelatwurst, verdorben sey; die meisten in kleinen Schlachtereien oder im Hausbedarf dargestellten Würste behalten die frische Fleischfarbe nur sehr kurze Zeit und sind deßhalb doch völlig gut; hier wird natürlich der äußeren Beschaffenheit nicht so viel Aufmerksamkeit zugewendet, wie bei aufmerksamster Behandlung in der großen Fabrication. Der Blutfarbstoff ist unlöslich in Alkohol und Aether, das Fuchsin oder Anilinroth leicht löslich und behält letzteres diese Löslichkeit auch bei, wenn es zur Färbung der Wurst gebraucht wurde. Bei der mir zur Beobachtung gekommenen anilinrothgefärbten Wurst konnte man mit dem Auge, noch besser mit dem Vergrößerungsglase, einzelne besonders stark gefärbte und verdächtig aussehende Stellen und Punkte bemerken, was sich nach der Mischung der Wurst aus Fett und Fleisch auch leicht erklären läßt. Uebergießt man solche zerkleinerte Wurst mit 90procentigem Alkohol, so färbt sich dieser nach kurzer Zeit mehr und mehr roth; ungefärbte Wurst gibt gar keinen Farbstoff an Alkohol ab. Ebenso färbt sich sehr bald Aether. Die Farbe des Alkohols war unverkennbar diejenige des Anilinrothes; fügt man etwas Säure zu, so verschwindet die Farbe, Blutfarbstoff würde unter diesen Umständen erst sichtbar werden; ebenso verändert Natron oder Kali das Roth in Gelb, fast zur Farblosigkeit. Letzteres Verhalten gibt sogar Anhalt zur eventuellen quantitativen Bestimmung. In hiesiger Gegend wurde einmal ein Fall genau constatirt, daß durch den Genuß anilinrothgefärbter Wurst starkes Unwohlseyn einer ganzen Familie eintrat; leider kam mir die fragliche Wurst nicht in die Hand. Gegen Färbung der Nahrungsmittel, und besonders so leicht veränderlicher, ist sich schon von vorn herein zu erklären, da dadurch nur eine Täuschung des Publicums beabsichtigt seyn kann. Bei der Fleischwaare kann man durch diese Färbung sogar schlechte und sonst nicht gut verkäufliche Waare als gut erhaltene anbringen, wodurch nicht allein Betrügerei geübt wird, sondern auch sehr nachtheilige Folgen für die Gesundheit entstehen können, da bekanntlich im Zersetzen begriffene Fleischsubstanzen höchst gefährliche Wirkungen zu äußern im Stande sind. Es ist aber auch ebenso leicht möglich, daß die Anilinfarben an und für sich schädlich wirken; zuletzt muß aber auch die Möglichkeit hervorgehoben werden, arsenhaltiges Fuchsin zu erhalten und zu verwenden. Das meiste Anilinroth wird bis jetzt noch mit Arsensäure bereitet und ist das Handelsproduct wiederholt arsenhaltig erwiesen worden. Die Wurstfabrikanten sind aber keineswegs fähig, diese ernsten Fragen sofort durch Prüfung beantworten zu können und so bleibt nichts übrig, als die Färbung der Fleischwaaren völlig zu verwerfen und als straffällig zu bezeichnen. In dem hier zur Untersuchung gelangten Falle ergaben verschiedene Prüfungen auf Arsen kein positives Resultat; nach der geringen Quantität Anilinfarbstoff, welche die Bestimmung erwies, könnten auch nur verschwindend kleine Mengen Arsen vorhanden gewesen seyn. (Archiv der Pharmacie, Bd. CCII S. 514.) Druckfarben aus Naphtylamin, nach F. Lamy Sohn in Deville-le-Rouen. Ein Naphtylaminsalz, Nitrat, Acetat oder Hydrochlorat, wird mit einem oxydirenden Körper, wie chlorsaures Kali, oder einem Kupfersalz oder auch mit Hydrofluorkieselsäure versetzt, und die so bereitete Mischung zum Zeugdruck verwendet. Das bedruckte Zeug wird dann für einige Zeit der Luft ausgesetzt, hierauf durch ein Bad von dichromsaurem Kali, dem etwas Schwefel- oder Salpetersäure zugesetzt worden ist, gezogen, und schließlich, damit ein schönes Braun oder Braunviolett entwickelt wurde, in eine Lösung eines alkalischen Chlorides getaucht. Die so erzeugte Farbe ist sehr dauerhaft, besitzt die Eigenschaften von Anilinschwarz und mag als Ausgangspunkt für andere Farben benutzt werden. (Englisches Patent vom 12. April 1872.) (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1873 S. 685.) Beizen der Haasenhaare mit Carbolsäure. Die Haasenhaare werden bekanntlich für die Fabrication von Hüten mit einer Lösung von salpetersaurem Quecksilberoxyd gebeizt. Agnellet und Meyer ersetzen dieses unangenehme Agens durch Carbolsäure. (Reimann's Färberzeitung, 1873, Nr. 11.) Preisaufgabe, die Desinfection des Abgangwassers aus Rübenzuckerfabriken betreffend. In dem Maaße, wie die Rübenzuckerfabrication an Ausbreitung gewonnen hat, sind Uebelstande, veranlaßt durch die Beschaffenheit des aus den Fabriken abfließenden Wassers, fühlbarer und Klagen darüber häufiger geworden. Dieses Wasser enthält Bestandtheile, welche theils an sich, theils in Folge fortlaufender Zersetzungs-Processe belästigend wirken und mehr oder minder erhebliche Nachtheile, selbst in sanitätischer Beziehung hervorrufen können. Auch wo das Auftreten derartiger Stoffe und Zersetzungsproducte sich nicht als direct schädlich bezeichnen läßt, kann unter Umständen das Wasser dadurch zu weiterer Benutzung untauglich werden; in einer Reihe von Fällen hat aber die Beschaffenheit desselben auch bereits zu polizeilichen Bedenken in verschiedener Richtung und zu Anordnungen geführt, durch welche die Betriebs- und Ertragsfähigkeit der Fabriken in nicht geringem Grade beeinträchtigt werden kann. Man hat sich allerdings mehrfach mit der Auffindung geeigneter Mittel beschäftigt, um die das Wasser verunreinigenden Stoffe entweder zu beseitigen oder unschädlich zu machen; keines dieser Mittel hat aber bis jetzt allen Anforderungen entsprochen oder sich nachhaltig von Erfolg gezeigt. In Anerkennung des noch ungemindert fortbestehenden Bedürfnisses, den angegebenen Uebelständen Abhülfe zu schaffen, hat deßhalb der Verein für die Rübenzucker-Industrie des Deutschen Reiches in seiner Generalversammlung zu Cassel am 21. Mai d. J. beschlossen, die zweckmäßigste Art der Herbeiführung einer genügenden Desinfection des aus den Fabriken abfließenden Wassers zum Gegenstand einer Preisaufgabe zu machen. In Gemäßheit dieses Beschlusses und im Auftrage des Vereinsausschusses setzen wir hiermit einen Preis von Eintausend Thalern für die Lösung der folgenden Aufgabe aus: Welches Verfahren ist anzuwenden, um zu verhüten daß das aus den Rübenzuckerfabriken abfließende Wasser unmittelbar oder in Folge späterer Zersetzung schädlich oder belästigend wirken kann.“ Das zu prämiirende Verfahren muß ohne Beschränkung auf einen bestimmten räumlichen Umfang der Zuckerfabriken ausführbar seyn und darf nicht Kosten in solcher Höhe verursachen, daß der zu erwartende Nutzen durch den Betrag der aufzuwendenden Geldmittel illusorisch werden würde. Für den Fall, daß eine vollständige Lösung dieser Aufgabe nicht erfolgen sollte, bleibt vorbehalten, diejenigen Arbeiten, welche am meisten geeignet erscheinen, die Aufgabe ihrer Lösung näher zu bringen, in angemessener Weise zu honoriren. Der ausschließende Zeitpunkt für die Einsendung von Bewerbungsarbeiten, welche in Deutscher Sprache abgefaßt seyn müssen, ist der 1. August 1874. Die Bewerbungsschriften sind an das Directorium des Vereines, zu Händen des unterzeichneten Geheimen Ober-Finanzrathes a. D. Wollny in Berlin zu adressiren; eine jede derselben muß mit einem Motto versehen und dieses auf dem Aeußeren eines beigefügten versiegelten Couvertes, welches den Namen des Verfassers enthält, wiederholt seyn. Die Entscheidung über die Zuerkennung des ausgesetzten Preises, eventuell eines Honorars für Arbeiten, durch welche die Lösung nicht erreicht, jedoch wesentlich gefördert werden sollte, erfolgt durch eine Kommission von Sachverständigen und wird in der Generalversammlung des Vereines im Jahre 1875 bekannt gemacht werden. Das Eigenthum der eingelieferten Arbeiten verbleibt deren Urhebern, vorbehaltlich der Berechtigung des Vereines, die prämiirte Schrift, eventuell die honorirten Abhandlungen, durch die Vereinszeitschrift, ohne Gewährung eines besonderen Honorars, zu veröffentlichen. Berlin, im Juni 1873. Das Directorium des Vereines für die Rübenzucker-Industrie des Deutschen Reiches. Wollny.               Sombart.            Treutler.