Titel: Theorie und Praxis der Schnellessigfabrication; von Paul Pfund, Chemiker.
Autor: Paul Pfund
Fundstelle: Band 211, Jahrgang 1874, Nr. LVI., S. 280
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LVI. Theorie und Praxis der Schnellessigfabrication; von Paul Pfund, Chemiker. Pfund, über Theorie und Praxis der Schnellessigfabrication. Es gibt schwerlich ein anderes technisches Gewerbe, bei welchem die wissenschaftliche Forschung bis jetzt so wenig von Erfolg für die praktische Ausführung gekrönt wurde, wie das allgemein übliche Verfahren der Essigbereitung aus Alkohol, die sogenannte Schnellessigfabrication. Diesem Umstande ist es auch zuzuschreiben, daß man als Leiter von Essigfabriken, selbst wenn dieselben in größerem Maaßstabe angelegt wurden, nur höchst selten einen wissenschaftlich gebildeten Fachmann, sondern gewöhnlich Praktiker der niedrigsten Sorte, nämlich simple Arbeiter vorfindet, deren oft sehr fraglichen Intelligenz der so heikle Betrieb dieser Fabrication ausschließlich anheim gestellt wird. Der ganze, allerdings nicht zu verachtende Reichthum dieser Leute besteht in einer Sammlung von Erfahrungsmitteln, deren Besitz sie in erster Linie dem blinden Zufall verdanken, welcher sie einst in eine Essigfabrik warf, in zweiter Linie gewöhnlich ihrem Vorgänger, einem Arbeiter gleicher Bildungsstufe, dessen Erbschaft sie mit größerem oder geringerem Geschicke antraten, im günstigen Falle durch neue empirische Beobachtungen mit größerer oder geringerer Intelligenz nutzbringend erweiterten. Wie wenig derartige Leute geeignet sind, den Betrieb den Weg des Fortschrittes zu führen, wie sie geradezu jeder Neuerung das hartnäckigste Mißtrauen entgegen bringen, – davon weiß jeder Fabrikant –, wie ihre Mittel sie bei unvorhergesehenen Fällen plötzlich verlassen und sie dann durch Verkehrtheiten den ganzen Betrieb gefährden, – davon weiß insbesondere der Essigfabrikant zu erzählen. Und doch war leider ein solcher Mann bis jetzt oft genug besser im Stande von einer Essigfabrik günstige Resultate zu erzielen, als ein weiser Herr Chemiker, der die Essigbilder ausschließlich mit den künstlich zusammengesetzten feinen Gerichten seiner Hypothesen füttert und dabei die hausbackene Kost die der Essigarbeiter denselben bietet und einzig bieten kann, hochmüthig gänzlich verachtet. Weiß doch der Verfasser selbst einen Fall anzugeben, wo ein Essigfabrikant, weil er bessere Resultate für seinen umfangreichen Betrieb erhoffte, einen geschickten, thätigen und wissenschaftlich wohl gebildeten Mann als Chemiker anstellte. Dieser jedoch verfiel leider in den Fehler, die empirischen Manipulationen und Kunstgriffe eines alten Arbeiters ohne Weiteres zu verlachen, weil sie nicht mit seinen überkommenen Theorien übereinstimmten, ohne zu überlegen, daß gerade seine Theorien von Beiden das Falsche seyn könnten. Er war ein geschworener Anhänger Pasteur's und dessen Essigbildungstheorie, und chicanirte die Essigbottiche so lange mit Malzextract, Bier und anderen Fermentstoffen, mit phosphorsauren Salzen und anderen Nährsalzen, bis sie ihm zwar eine reichliche Menge von mycoderma, nebenbei indessen viel Aale, Würmer, Fliegen und Dunst, aber keinen Essig lieferten, wenigstens nicht Essig, dessen Geschmack zum Gebrauch empfehlend und dessen Stärke den verwendeten Spiritusgraden auch nur annähernd entsprechend gewesen wäre. Die ganze Fabrication war bereits an dem Rand des Abgrundes angelangt, als der Arbeiter wieder zu Ehren kam. Leider zu spät. Auch mit dessen Weisheit war es nun zu Ende, die Bilder mußten ausgeräumt, ausgekocht, mit frischer Füllung versehen und von Neuem angesäuert werden, was im Ganzen einen Aufwand von circa 2000 Thaler verursachte. Theorie und Praxis sind bei der Essigfabrication eben noch durchaus nicht in das glückliche Verhältniß getreten, das die Bedingung bildet zu einer erfolgreichen Anwendung der Ersteren, zu einem fortschrittlichen Gedeihen der Letzteren. Das fast feindselige Gegenüberstehen beider Begriffe läßt nicht so leicht eine fortschrittliche Bewegung aufkommen und wird dauernd genährt durch die lächerliche Geheimnißkrämerei und den ängstlichen Conservatismus vieler Essigfabrikanten, welche es vorziehen ihre Essigbilder und ihre eigene Existenz mit fortwährendem Zittern und Zagen in den Händen eines crassen Empirikers zu wissen, anstatt sich selbst mit Beihülfe eines Theoretikers über die stattfindenden Processe Aufklärung zu verschaffen. Anderntheils hat wohl auch Schuld daran die irrthümliche Ansicht vieler Chemiker, welche das „Essigmachen“ für viel zu einfach halten um ihre Kräfte daran zu verschwenden. Diese würden sich wohl wundern, wenn sie, den täglichen Betrieb verfolgend, die fortwährende Aufmerksamkeit und Abwartung ersähen die, wenn er immer gleich günstige Resultate liefern soll, jeder einzelne Essigbilder in Anspruch nimmt. Liegt doch auch hier das Heil einzig in einem glücklichen Ineinandergreifen, einem gegenseitigen Ergänzen, gegenseitigem Auseinanderhervorgehen beider Begriffe. Erst wenn dieß erreicht ist, wird der Essigfabrication ein ehrbarer Standpunkt unter den übrigen Fabriken gebühren, dann erst wird sie aus der trüben Dunstkammer des Arbeiters in den lichtvollen Saal verwandelt seyn, in dem auch die Intelligenz des Höchstgebildeten segensreiche praktische Arbeit vorfindet. – Wenn es dem Verfasser gelänge, zur Erreichung dieses Zieles einen kleinen Theil beizutragen, wenn insbesondere andere Fabrikanten desselben Körpers sich herbeiließen, von ihren Erfahrungen ebenfalls einen Theil der Oeffentlichkeit zu opfern, dann hätten diese und die folgenden Zeilen Früchte getragen, die der Verfasser bis jetzt nur zu erwünschen, nicht zu hoffen wagt. Es wird nun eine Reihe kurzer Aufsätze folgen, in welchen der Verfasser auf Grund fünfjähriger Erfahrungen haltbare theoretische Folgerungen aufzubauen versuchen wird, um dann von diesem gesicherten Standpunkte aus, weitere praktisch verwerthbare Schlüsse ziehen zu können. Stichhaltigkeit des Begriffes „Essiggährung“ . Schon in dem Ausdrucke „Essiggährung“, dessen man sich jetzt oft bedient, liegt der Beweis, daß man die Tendenz verfolgt, in der Essigsäuerung nicht nur einen einfachen chemischen Oxydationsproceß des Alkohols, sondern einen complicirteren, von der Existenz vegetabilischer Organismen abhängigen Vorgang zu verstehen. In der That wird ja der Essigbildungsproceß häufig von dem Auftreten einfacher Pflanzenzellen begleitet, deren massenhafte Anhäufungen in schleimigen Flocken man in der Praxis allgemein als: „Essigpilz, Essigmutter,“ bezeichnet, deren einzelne Individuen man jedoch nur unter starker Vergrößerung beobachten kann. Das unbedingte Auftreten dieser Körper bei der Essigsäuerung jedoch nachzuweisen, ist noch keineswegs, am allerwenigsten dem aufmerksamen Essigfabrikanten selbst gegenüber gelungen. Dieser weiß nämlich, daß er den Essigpilz durchaus nicht mit denselben Augen betrachten kann, wie der Spiritusfabrikant seine Hefe, aus deren Menge und Aussehen, aus deren Art des Auftretens er einen Schluß auf den mehr oder weniger günstigen Verlauf der Gährung zu ziehen und einen Blick auf die zu erwartende Ausbeute zu thun vermag. Nie findet bei einem gut geleiteten Betrieb der Essigsäuerung ein Auftreten des Essigpilzes an dem eigentlichen Herd der Essigbildung, an dem Füllungsmaterial selbst statt. Der Verfasser ist so glücklich sich hierbei auf die Autorität Liebig's berufen zu können, der auf den langbenutzten Spänen einer Münchener Essigfabrik auch durchaus kein mycoderma aceti nachzuweisen vermochte. Verfasser hat aber auch diese Erfahrung selbst mit der unwiderruflichsten Gewißheit gemacht. Das Auftreten der Essigmutter scheint für gewöhnlich auf Stellen der Essigstuben beschränkt zu seyn, mit welchen sich auch zwei Landplagen der Essigfabriken: die Essigfliegen und deren Maden bei ihrem leidigen Erscheinen gewöhnlich begnügen. Es sind dieß Orte, wo Essig oder Essiggut in sehr dünner Schicht dem unbeschränkten Zutritt der Luft ausgesetzt sind, wobei die Gegenwart von Holz, sowie die Einwirkung des directen Sonnenlichtes außerordentlich begünstigend zu wirken scheint. Man findet die Essigmutter daher an Stellen wo öfters Essig vergossen und verpantscht wird, wo ein Bilder undicht ist und leckt, wo Essig durch hölzerne Leitungsrinnen langsam sickert u.s.w. Man kann sich unter Beobachtung dieser Umstände mit größter Leichtigkeit ein bedeutendes Quantum des Pilzes erzeugen, wenn man z.B. in einem warmen Raume Essig mit etwas Weingeist versetzt langsam auf ein schrägstehendes Bretstück von etwa 1 Quadratfuß Fläche tropfen läßt; in wenigen Tagen erscheint das Bret mit einer oft über zollstarken Schicht eines compacten, ganz weißen Schleimes bedeckt, der sich, in Wasser vertheilt, zu mikroskopischen und anderen Beobachtungen vorzüglich eignet. Besonders beweiskräftig in dieser Beziehung erscheint dem Verfasser ein Vorfall, der ihm diese Verhältnisse sehr wider seinen Willen auf das Beste demonstrirte: Ein Essigbilder war durch ein unverzeihliches Versehen mehrere Tage lang in offenem Zustande gewesen, ohne dabei außer Betrieb gesetzt zu werden. Derselbe war mit gerollten Buchenspänen gefüllt, enthielt unmittelbar über diesen eine bewegliche Vorrichtung aus Holz, welche in bestimmten Zeitabschnitten das Essiggut in vielen feinen Strahlen selbstthätig aufspritzte und sich dabei nach dem Princip des Segner'schen Wasserrades automatisch in schnelle Umdrehungen versetzte. Ueber diesem „Spritzrad“ befindet sich ausschließlich ein gut passender Deckel, der natürlich mit genügenden Oeffnungen versehen ist, um die unten einströmende Luft mit mäßiger Geschwindigkeit entsauerstofft oben wieder zu entlassen. Für gewöhnlich befindet sich nun weder an der Vertheilungsvorrichtung, noch an den Spänen eine Spur organischer Ablagerungen. Anders hier: An jeder der Ausströmungsspitzen bemerkte man ein kleines Anhängsel von Essigmutter; auch die oberen Späne ließen, leichter mit der Loupe, schleimige Ablagerungen erkennen, welche abgenommen und in Wasser vertheilt unter dem Mikroskop zahllose Körperchen des mycoderma erkennen ließen. Doch schon wenige Zoll tiefer nahm diese Erscheinung ab und verschwand wenige Schichten unter der Oberfläche bis auf die letzte Spur. Konnte die Luft hier etwa nur als Zuträger der Sporen des Essigpilzes wirken? – Gewiß nicht, denn dann könnte der Bilder sich nur in einem plus von Pilzen relativ von dem verdeckten unterscheiden, der ja auch ununterbrochen Luft in sich aufnimmt! Der Verfasser glaubt aus Obigem folgende Schlüsse ziehen zu dürfen: 1) Die Essigsäuerung ist nicht an das Auftreten des Essigpilzes gebunden, im Gegentheil, der letztere gedeiht nur auf dem Boden der Essigoxydation und tritt nur dann bei derselben auf, wenn dem Weingeist bei Anwesenheit gewisser organischer Substanzen ein großer Ueberschuß an Sauerstoff geboten wird, nie aber im normalen Essigbilder, wo nur ein sehr beschränktes, zur Oxydation des vorhandenen Alkohols gerade ausreichendes Quantum Luft agiren kann. 2) Der Zeitpunkt der Entwickelung des Essigpilzes scheint also nach dem Zeitpunkt der vollendeten Oxydation, nicht vor oder während derselben stattzufinden. Derselbe kann daher auch nicht den Anstoß zur Säuerung im Essigbilder geben. 3) Der Essigpilz producirt keinen Essig, sondern consumirt solchen, wie jede Pflanze dem Boden, dem sie entwächst, Stoffe entzieht. Es liegt demnach im Interesse des Fabrikanten, durch peinlichste Reinlichkeit, sorgfältige Regulirung des Luftzutrittes, das Auftreten des Essigpilzes sorgsam zu vermeiden, nicht aber durch Zusätze irgend welcher fremden Stoffe geradezu auf Entstehung desselben hinzuarbeiten. (Damit soll indeß nicht behauptet werden, daß in seltenen Ausnahmefällen, die näher zu betrachten der Verfasser nicht unterlassen wird, ein solcher Zusatz nicht bisweilen von Nutzen seyn könnte.) Der Verfasser erinnert zum Schluß noch an jene Essigsäurebildung aus Weingeist, die notorisch ohne jede Anwesenheit von Pflanzenzellen stattfindet, die bekannte Oxydation des Spiritus zu Aldehyd und Essigsäure unter Mitwirkung von fein vertheiltem Platin. Kann man nicht annehmen, daß das Füllungsmaterial entsprechend nur durch seine große Oberfläche wirkt, wie man dieß von dem Platin so unfraglich anzunehmen sich berechtigt fühlt? Ueber die Rolle des Ansäuerungsessigs. Ehe ein Essigbilder reif ist den ersten Aufguß zu empfangen, muß derselbe bekanntlich angesäuert seyn, d.h. das Füllmaterial muß mit fertigem Essig von mindestens derselben Stärke, als man darauf zu erzielen gedenkt, vollständig getränkt seyn. Hat man oben so lange Essig auflaufen lassen, bis er unten in der nämlichen Stärke abtropft, so tritt nach einiger Zeit Gleichgewichtszustand zwischen der Adhäsion des Essigs und seiner Schwere ein; den nun noch in dem Füllmaterial befindlichen Essig wollen wir als Ansäuerungsessig bezeichnen; seine Menge beträgt natürlich um so mehr, je größer die Bilder und je poröser das verwandte Füllmaterial ist. So verschluckt ein Bilder mittlerer Größe (nehmen wir an: 1 Meter Weite und 2 Meter Füllungshöhe) bei Anwendung nachbenannter Füllungsmaterialien folgende Mengen Ansäuerungsessig: gewöhnliche Buchenspäne etwa 300–350 Liter gerollte 350–400 gerollte und nebeneinander aufgesetzte Späne 500–600 Lindenholzkohlen   800–1200 Strohbündel, schichtenweise aufeinandergestellt 40–60 Natürlich verändern sich diese Zahlen mit der Stärke der Späne und der Korngröße der Kohlen noch bedeutend. In größeren Fabriken spielt die Beschaffung des Ansäuerungsessigs eine bedeutende Rolle; er beträgt z.B. in der Fabrik des Verfassers, deren Product zur Gewinnung von Bleizucker und anderen essigsauren Salzen dient, weit über 25000 Liter. Diesen Fond von Essig im Füllmaterial sich immer in gleicher Stärke zu erhalten, ist die ganze Kunst, das ganze Geheimniß einer rationellen Schnellessigfabrication. Wer es schon mit dem Ansäuern versieht, erstickt das Kind im ersten Bade. Folgende Betrachtungen mögen die wichtige Rolle erläutern, die dem Ansäuerungsessig auch im ferneren Betriebe zukommt. Als sogenanntes Essiggut, als Material zur Oxydation dient, wie bekannt, entweder eine Mischung von Alkohol und Wasser in verschiedenen Verhältnissen (7–12 Proc. abs. Alkohol), oder eine solche im Verein mit sehr wechselnden Mengen fertigen Essigs. Dieses Essiggut wird allgemein in kleineren Portionen in gewissen Zeitintervallen dem Essigbilder übergeben, in welchem es, dem Gesetze der eigenen Schwere folgend, langsam nach unten sich bewegt. Jeder Essigfabrikant hat nun seine eigene, zumeist geheim gehaltene Methode in der Art diese Aufgüsse sich folgen zu lassen, in der Manier hierbei die Bilder miteinander zu verbinden oder von einander zu separiren. Entweder nämlich läßt er jeden Bilder für sich arbeiten – und dann besteht der ganze Betrieb aus einer eben so großen Anzahl einzelner Essigfabriken als Bottiche vorhanden sind –, oder er bildet Systeme von je 2, 3 und 4 Bildern, die Hand in Hand arbeiten und in den verschiedenen Etablissements auf die verschiedenste Weise mit einander vereinigt werden. Dabei glaubt jeder in seiner Methode den Stein der Weisen für die Essigfabrication zu besitzen und würde nur mit dem größten Widerwillen, ja der größten Angst sich entschließen zu einer andern Art der Arbeit überzugehen. 1. Jeder Bilder arbeitet für sich. Bei dieser Manier wird der Bilder immer nur theils mit Essiggut, theils mit dem Ablauf von sich selbst, oder, wenn die Essigbilder in ein gemeinsames Reservoir münden, mit Essiggut und dem Gesammtablauf derselben Bilder gespeist. Der erste Aufguß von Essiggut bringt folgende Veränderungen in dem Inneren der Bilder hervor: Das Gleichgewicht im Füllungsmaterial wird sofort gestört, der ganze Ansäuerungsessig in Bewegung gesetzt. Das Essiggut verdrängt zum Theil den letzteren, zum Theil mischt es sich demselben bei, das Verdrängte sickert weiter nach unten und wirkt nun seinerseits wieder verdrängend auf eine zweite Portion Ansäuerungsessigs, während natürlich am Siebboden so lange ein entsprechendes Quantum Essig abtropfen muß, bis der Gleichgewichtspunkt wieder hergestellt wurde. Nach beendetem ersten Aufguß hat man demnach in der oberen Schicht ein Gemisch von Essig und Essiggut, in welchem letzteres umsomehr vorherrscht, welches um so weniger weit nach unten vordringt, je langsamer und gleichförmiger die Speisung erfolgte. In der zweiten und dritten Schicht die wir hier einmal annehmen wollen, befindet sich noch unvermischter Ansäuerungsessig. Der zweite Aufguß besteht aus dem soeben erhaltenen Ablauf, der entweder für sich, oder unter Zusatz von etwas Alkohol (warum? davon später) oben aufgefüllt wird. Der Erfolg hiervon ist leicht ersichtlich: der vorhin durch das Essiggut aus der obersten Schicht verdrängte Essig, wird durch den jetzt aufgegossenen wiederum ersetzt, das Essiggut, durch die fortwährend circulirende Luft theilweise schon oxydirt, wird mit noch mehr Essig gemengt, in die zweite Schicht gedrängt, während unten abermals Ansäuerungsessig abfließt. Dieser dient nun gewöhnlich zu einem dritten Aufguß. Die begonnene Bewegung setzt sich fort: In der oberen und zweiten Zone ist der Ansäuerungsessig vollständig wieder ersetzt. Das nun ganz oxydirte, in Essig verwandelte Essiggut tropft als fertiges Fabricat unten ab und wird als solches auf das Reservoir abgezogen. Der ganze Bilder ist wieder in den früheren Zustand der Ansäuerung zurück versetzt und fähig eine neue Portion Essiggut zu verarbeiten. So ganz exact wie hier theoretisch angenommen ist, verläuft natürlich der Vorgang in der Wirklichkeit nicht; dafür ist aber auch die Annahme von nur drei Schichten eine rein zufällige. Bei dem gewöhnlichen Verhältniß der Größe des wirksamen Bilderraumes zum Quantum des jemaligen Aufgusses, und damit zusammenhängend, der gesammten Masse des vorhandenen Ansäuerungsessigs zur Menge des Essiggutes, muß man sich eine bedeutend größere Reihe einzelner Zonen vorstellen. Der Vorgang bleibt genau derselbe. Immer muß der Bilder unten fertigen Essig abtropfen lassen, nie darf sich eine starke Beeinflussung der Stärke dieses Essigs durch den Charakter des gleichzeitig Aufgegossenen bemerklich machen. Ist dieß bei einem Bildet der Fall, so liefert es den Beweis, daß derselbe schlecht arbeitet, entweder das Gut oben einseitig aufläuft, oder die Füllung eine schlechte ist. Aus Obigem ist ersichtlich, daß man für den sogenannten „Rückguß“ durchaus nicht einzig an das, aus dem Bilder Abfließende gebunden ist. Man kann vielmehr an Stelle dieser Flüssigkeit, die allerdings gewöhnlich am bequemsten zur Hand ist, jeden anderen reinen, genügend starken Essig verwenden und wird dieß sogar in allen den Fällen, wo eine bedeutende Abnahme in der Grädigkeit des Ablaufes eintritt, mit großem Vortheil thun. Bemerkt man ein solches Dünnerwerden des Essigs, verbunden mit einem bedeutenderen Gehalt an Alkohol, so ist dieß meist ein Zeichen, daß man dem Bilder zu viel Arbeit zugemuthet hat. Man muß dann schleunigst entweder die Anzahl der Rückgüsse, oder der oben theoretisch entwickelten Zonen vermehren, – was Letzteres durch Verringerung des Quantums der einzelnen Aufgüsse geschieht, – wenn man nicht ein immer schwächer werdendes Gemisch von Essig und Essiggut erhalten, und einen immensen Alkoholverlust erleiden will. Die Verstärkung wird aber schneller eintreten, wenn man nicht den nur successiv stärker werdenden Ablauf desselben Bilders, sondern sofort kräftigen Essig von anderwärts als Ersatz des angegriffenen Ansäuerungsessigs, statt des Rückgusses anzuwenden sich entschließt. 2. Die Bilder arbeiten in Systemen. Nachdem der Verfasser die erste, und wohl jetzt auch am meisten verbreitete Manier, die Bilder zu beschicken, so ausführlich behandelte, genügt es nun sich auf wenige kurze Bemerkungen zu beschränken. In der That ist nämlich das Princip genau dasselbe, nur die äußere Form ist insofern eine andere, als man hier die angenommenen einzelnen Zonen, die vorhin in einem Bilder vereinigt erschienen, durch je einen Bilder, oder deren zwei durch einen und die dritte durch einen zweiten Bilder, repräsentirt findet. Man ersieht daraus leicht, daß sich die erste Methode für größere, die zweite für kleinere Bilder besser eignet. Man kann beispielsweise durchaus nicht für die Dauer drei Essigbilder so mit einander verbinden, daß man auf dem ersten fortwährend Essiggut aufspritzt, den zweiten mit Ablauf des ersten, den dritten mit Ablauf des zweiten speist, und das Product des dritten als fertigen Essig betrachtet. Thut man dieß wirklich, – und es geschieht von Unerfahrenen oft genug –, so hat man aus dem I. gar bald den größten Theil des Ansäuerungsessigs ausgelaugt, und statt einer Säuerung nur einen Apparat zum Verdampfen des Alkohols angestellt. Die ganze Füllungsmasse geräth in eine enorme Wärme, – Verfasser sah den Thermometer in einem solchen Bilder bis auf 48º C. steigen – und unten erhält man schließlich eine widerlich schmeckende, wenig saure Flüssigkeit, die von kleinen aalartigen Thierchen wimmelt, so daß sie oft ganz undurchsichtig erscheint. Diese Eigenschaften übertragen sich bald auf die anderen, zum Systeme gehörigen Bilder, und dann erfüllt sich der ganze Raum mit einer stechenden, erstickenden Luft, an der Decke setzen sich die Tropfen einer aus Essig und Spiritus bestehenden Flüssigkeit an, während sich die Fliegen und Maden des besten Wohlbefindens erfreuen. Ueberhaupt treten alle Erscheinungen ein, welche anzudeuten pflegen, daß eine Essigfabrik in den letzten Zügen liegt. Wie oben kommt auch hier Alles darauf an, den ganzen stehenden Inhalt jedes einzelnen Bilders in kräftigem Zustande zu erhalten, den ausgelaugten Ansäuerungsessig fortwährend sogleich wieder zu ersetzen. Geschieht dieß immer, gießt man den Ablauf des Bilders, der fertigen Essig liefert, systematisch auf die übrigen zurück, so kann man auch nach dieser Methode günstige Resultate erzielen. Einen Nachtheil hat dieselbe übrigens in dem complicirteren Betrieb und dem damit zusammenhängenden Erforderniß größerer Aufmerksamkeit seitens der Arbeiter. Die einzelnen Abarten dieser Methode einzeln zu betrachten, ist nach Obigen wohl kaum nöthig, würde den Verfasser auch zu weit führen. Indeß ist der Letztere, lediglich aus Interesse an der Sache selbst, gern erbötig, privaten Anfragen nach bestem Können Auskunft zu ertheilen. Verfasser hat seinerseits nicht ermangelt, die umständlichsten und schwierigsten Versuche vorzunehmen, um sich der Berechtigung obiger Annahmen zu versichern. Durch Tausende von Säurebestimmungen, Hunderte von Alkohol- und Aldehydanalysen, vielerlei mechanische Vorrichtungen, als seitich in verschiedenen Höhen einzelner Bilder eingelassene Porzellanschalen und Thermometer u.s.w. ist es ihm gelungen, sich das nöthige Material in großer Vollkommenheit zu beschaffen. Die Oberflächlichkeit, ja Unzulässigkeit der allgemein verbreiteten Ansicht, daß man zunächst einen schwachen Essig erhalte, den man durch mehrfache Rückgüsse verstärken müsse, ist durch Obiges absolut bewiesen, und dem Essigfabrikanten eine Erfahrung mehr an die Hand gegeben, die ihm bei der Behandlung seiner Bilder von dem weitgehendsten Nutzen seyn kann. Er lernt dadurch die oft scheinbar unerklärlichen Erscheinungen an seinen Bildern verstehen und würdigen, und wird so in die Lage gesetzt, bei Unfällen im Betriebe die richtigen Mittel zu deren Hebung abzuwenden. Erwähnt sey hier noch, daß die oben angeführten Benennungen „Ansäuerungsessig“ und „Rückgüsse“ der Kürze halber auch ferner beibehalten werden sollen; so zwar, daß der Verfasser mit „Ansäuerungsessig“ nicht nur den zum ersten Tränken der trockenen Füllung verwendeten Essig meint, sondern darunter hauptsächlich jene sich während des Betriebes fortwährend erneuernde, von der Füllung aufgesaugte Essigmenge verstanden haben will. Ferner sollen alle jene Aufgüsse, welche kein Essiggut enthalten, als „Rückgüsse“ bezeichnet werden. Ueber die Leistungsfähigkeit eines Essigbilders. Die Leistungsfähigkeit eines Essigbilders ist seine Fähigkeit, während eines bestimmten Zeitraumes ein größeres oder geringeres Quantum von Alkohol in Essigsäure zu verwandeln. Kommt es darauf an, einen Zahlenwerth für diesen Begriff aufzustellen, und soll diese Angabe wirklich einigen Werth besitzen, so muß man vor Allem außer den Literprocenten des verarbeiteten Alkohols, auch die Menge und Stärke des daraus gewonnenen Essigs beifügen, da die Verluste an Ersterem außerordentlich schwankend, immer aber bedeutend sind. Selbst dann aber, sind diese Angaben nur von relativer Richtigkeit, da die Leistungsfähigkeit eines Bilders, außer von der Construction des Apparates selbst, von mannichfachen wechselnden Verhältnissen, ja sogar von Zufälligkeiten verschiedener Art abhängig ist. Eine Hauptaufgabe des Essigfabrikanten besteht nun darin, diese Variabeln möglichst constant, diese Zufälligkeiten möglichst unschädlich zu machen. Darüber, daß diese Aufgabe eine sehr dankbare ist, will der Verfasser in dem zweiten Theil dieses Capitels sprechen, zunächst aber diesen, theils stehenden, theils veränderlichen Verhältnissen selbst, eine eingehende Betrachtung widmen. A. Die Factoren der Leistungsfähigkeit. Die Leistungsfähigkeit eines Essiggenerators ist abhängig von der Größe des Bilders, der Art und der Beschaffenheit des Füllmateriales, der Zusammensetzung und der mehr oder weniger gleichförmigen Vertheilung des Essiggutes, der Temperatur des Locales und des Bilders selbst, und der Luftreinheit (Ventilation) des Essiglocales. Außerdem muß man, allerdings in untergeordnetem Maaße, dem Ozongehalt der Luft, ja sogar dem Sonnenlichte einen gewissen Einfluß zuschreiben. 1. Die Größe des Bilders. – Es ist wohl ganz selbstverständlich, daß unter sonst gleichen Verhältnissen die Leistungsfähigkeit eines Essigbilders im Allgemeinen um so bedeutender seyn wird, je größer er ist, d.h. je mehr Füllmaterial er faßt, je größer das Quantum des darin aufgesaugten Ansäuerungsessigs ist, eine je größere, mit oxydirbarer Flüssigkeit bedeckte Oberfläche er der Luft darzubieten vermag. Das Maximum der praktisch-vortheilhaften Größe ist indeß bald erreicht. Verfasser sah Bilder aufgestellt, welche bei 4,3 Meter Füllungshöhe reichlich 2 Meter Weite, demnach circa 135 Hektolit. Füllungsraum besaßen, sonst praktisch eingerichtet waren und unter sorgfältiger Aufsicht standen. Jeder dieser Generatoren lieferte nach Angabe des Besitzers in 12 Stunden ca. 100 Liter eines guten Essigs von 7,5 bis 8 Proc. Säurehydrat. Im ersten Augenblicke scheint dieses Resultat nicht ungünstig; vergleicht man jedoch das Füllungsvolumen eines solchen Bilders mit dem eines Apparates mittlerer Größe – nehmen wir dafür, zugleich auch für weitere Gelegenheiten, die Dimensionen von 1 Meter Weite und 2 Meter Füllungshöhe an, – so stellt sich obige Leistung als verhältnißmäßig sehr ungünstig heraus: Die Füllungsvolumina verhalten sich nämlich ungefähr wie 8,5 : 1 (135 : 15,7), die Arbeitsfähigkeiten aber höchstens wie 4 : 1, da ein mittelgroßer Bilder unter gleich günstigen Verhältnissen leicht 25 Liter Essig obiger Stärke zu liefern vermag, während verhältnißmäßig nur 12 Liter von ihm zu erwarten ständen. Ein solch' ungeheurer Bilder ist übrigens an und für sich ein schwer zu regirender Apparat, vor Allem was die Temperatur in seinem Inneren betrifft. Dieselbe steigt besonders im Hochsommer und unter Einfluß von Gewitterluft leicht zu hoch und es ist dann bei einem so voluminösen Apparat oft schwierig, ja bisweilen unmöglich, sie mit genügender Schnelligkeit, d.h. ohne sehr fühlbaren Verlust an Alkohol, auf das Maaß des Erlaubten zu reduciren. Wenn überdieß schon in kleinen Bildern eine Zunahme der Wärmegrade nach dem Inneren der Füllung zu statthat, so wird diese Beobachtung hier noch viel ausgiebiger anzustellen seyn. Da man nun annehmen muß, daß die Bewegung eines jeden Theilchens von Essiggut im Bilder vorzugsweise eine vertical abwärtsgehende ist, und man ferner weiß, daß die Oxydation bei verschiedenen Temperaturgraden mit verschiedener Schnelligkeit vor sich geht, so drohen leicht doppelte Verluste, indem sich in manchen Verticalschichten vielleicht noch unveränderter Alkohol vorfindet, während in anderen Letzterer längst vollständig verschwunden ist, ehe der Essig die Füllung verläßt. Daß dieß, und in wiefern dieß Verluste mit sich bringt, davon soll weiter unten gesprochen werden. Oefters glaubt ein Essigfabrikant durch die Anwendung sehr hoher Bilder „Rückgüsse“ ersparen zu können, indem er von der falschen Ansicht ausgeht: Letztere seyen nöthig, um das einmal Durchgelaufene zu verstärken. Mit scheinbar vollem Rechte calculirt er, hierauf fußend, weiter, daß er dieses zwei- oder dreimalige Aufschütten praktischer durch einmaliges Aufgießen unter Anwendung einer doppelt oder dreimal so hohen Schicht von Füllmaterial ersetzen könne. Die Erfahrung lehrt das Gegentheil. – Der Verfasser begnügt sich zur theoretischen Widerlegung auf das Capitel „Ueber die Rolle des Ansäuerungsessigs“ zurückzuweisen, wo diese Verhältnisse ausführlich behandelt wurden. Besonders sey nur noch auf das dort angeführte Beispiel einer falschen Verbindung von Bildern, die in Systemen arbeiten sollen, aufmerksam gemacht. Denkt man sich nämlich die damals angenommenen 3 Bottiche zu einem Bottich von dreifacher Höhe vereinigt, so erhält man genau den bewußten hohen Bilder, der immer nur mit neuer Essigmischung beschickt werden soll, – also ebenso wenig dauernd gute Resultate geben wird, wie das verunglückte System von damals. Neuerdings scheint man oft die Tendenz zu haben, die Bilder auf ein Minimum von Höhe zu reduciren, und hat Verfasser in dieser Beziehung die Erfahrung gemacht, daß ein Füllungsraum von 0,8 Met. Höhe vollständig ausreichend ist, um das Essiggut bei einmaligem Durchgang seinem ganzen Alkoholgehalte nach zu oxydiren. Natürlich ist man gezwungen, solch' niederen Bildern, um voluminösere Aufgüsse machen, ein bedeutendes Quantum von Essig gewinnen zu können, eine entsprechend größere Weite zu geben. Die früher entwickelten einzelnen Zonen werden in einem solchen Apparat natürlich sehr flach ausfallen und es ist leicht ersichtlich, daß zum vortheilhaften Betrieb als Hauptbedingungen eine sehr sorgfältige Füllung des Bilders und eine außergewöhnlich gute Vertheilung des Essiggutes auf die oberste Schicht der Letzteren aufzustellen sind. Verfasser hat sich die Ueberzeugung verschafft, daß dann diese Bilder in der That sehr gut arbeiten: die beobachteten Apparate hatten bei einer Füllungshöhe von 0,8 Meter eine Weite von 2,3 Meter und lieferten pro Stunde 3,4 Liter Essig von 7,5 Proc. Säuregehalt. Will man sich indeß von dem vortrefflichen Zustande seiner Vertheilungsvorrichtung nicht geradezu peinlich abhängig machen (wobei noch die größere Weite des Bilders erschwerend in den Weg tritt), so wählt man die Weite nicht leicht über 1–1,5 Meter, und ersetzt die mangelnde Weite durch größere Höhe, etwa 2 bis 2,5 Meter. Als Gegensatz zu dem soeben Mitgetheilten findet man bisweilen auch sehr kleine Bilder. Ward doch der Verfasser einst von einem ländlichen Kaufmann, der sich „Besitzer einer Essigfabrik“ nannte, stolz in die Küche geführt, in welcher die ganze Fabrik in einem Winkel stand. Dieselbe bestand nämlich aus weiter nichts, als einem etwa 8 Zoll weiten und 3 Meter hohen Thonrohr, welches am unteren Theile mehrere eingebohrte Löcher enthielt, während das äußerste Ende in einem flachen Faß mit Essig stand und so hydraulischen Verschluß hatte. Das Innere war mit Spänen erfüllt, auf welchen als Vertheilungsvorrichtung ein großer Lappen lag, der alle Stunden von der Hausfrau mit verdünntem Spiritus getränkt wurde. Der gelieferte Essig zeigte 5 1/2 bis 6 Proc. Essigsäurehydrat, und sollte seiner Menge nach pro Tag 15 Liter betragen. Wenn die Richtigkeit letzterer Angaben auch stark zu bezweifeln ist, so ist doch sicher, daß kleine Apparate im Verhältniß der Masse ihres Füllmateriales eine sehr bedeutende Leistungsfähigkeit besitzen. Ihre Anwendung zur Erzeugung großer Mengen von Essig hat indeß den Nachtheil complicirter Bedienung, da ihre Anzahl natürlich eine entsprechend größere seyn muß, auch sind sie für jeden, selbst vorübergehenden Wechsel der Temperatur empfindlich, und erfordern deßhalb größere Localwärme und eine sorgfältige Regulirung derselben. 2. Beschaffenheit und Art des Füllmateriales. – Dem Füllmaterial fällt die doppelte Aufgabe zu, das Essiggut der Luft in möglichst großer Oberfläche darzubieten – und dadurch die Oxydation zu beschleunigen, – zweitens den Ansäuerungsessig in sich aufzunehmen, welcher den Weg des Essiggutes genügend verlangsamt, damit aller Weingeist vollständig in Essigsäure verwandelt werde. Es kommt daher nicht nur auf die große Oberfläche, sondern auch auf die Masse und innere Porosität desselben an. Fast ausschließlich kommen als Füllmaterial zur Verwendung: Späne aus Rothbuchenholz und Holzkohle. Außerdem findet man bisweilen vor: Stroh, Weinreben (meist mit Buchenspänen gemengt), dünne Bretchen aus Rothbuche u.s.w. Die Buchenspäne sind das allermeist verwendete Füllungsmaterial. In der That steht auch bei ihnen Oberfläche und die Fähigkeit Essig in sich aufzunehmen und zu halten, im günstigsten Verhältnisse. Wie allgemein bekannt, werden sie bisweilen in langem Zustande, meist aber zu engen Spiralen zusammengerollt, angewendet, welche Rollen man gewöhnlich einfach in den Bilder einschüttet, indem man sie schichtenweise gleichförmig verbreitet. In seltenen Fällen aber setzt oder stellt man dieselben regelmäßig auf. Dieß geschieht derartig, daß man diese Rollen, die für diesen Zweck gleich hoch hergestellt werden müssen, eine dicht neben die andere, auf die hohe Kante stellt, bis zunächst der Siebboden bedeckt ist; hierauf bringt man eine zweite gleichgeartete Schicht, und so fort bis zur Füllung des ganzen Fasses. Während ein Bilder mittlerer Größe circa 4 Centner „geschüttete“ Späne faßt, nimmt derselbe von „gesetzten“ Spänen 6 bis 7 Centner in Anspruch. Eine Füllung letzter Manier erfordert natürlich einen ganz bedeutenden Aufwand von Zeit und Arbeit: Ein Mann hat für einen Bilder wenigstens 8 Tage lang, täglich 12 Stunden Span an Span zu setzen. Indeß ist dieses Verfahren in der That ein nicht zu unterschätzender Vortheil, da die Circulation der Luft eine freiere und gleichförmigere und die Oberfläche eine größere ist. Selbst die innersten Spiralen des Spanes kommen zur vollkommenen Wirkung, was bei geschütteten Spänen, die bunt durcheinander, hauptsächlich aber auf der Seite liegen, durchaus nicht der Fall ist. Verfasser hat 15 seiner Bilder derartig füllen lassen, und die tägliche Beobachtung gemacht, daß dieselben bei größerer Leistungsfähigkeit milder in der Temperatur stehen wie geschüttete Bottiche, und darum bei Beschickung mit genau dem nämlichen Essiggut, einen Essig liefern, der um 0,3 bis 0,5 Proc. mehr Säurehydrat enthält, als der Ablauf der letzteren. Natürlich ist dieses günstige Resultat einem geringeren Verdampfungsverlust an Alkohol zuzuschreiben. Die Holzkohle, am besten Lindenholzkohle, wird neuerdings vielfach als Füllungsmaterial angewendet. Sie wird in ganz trockenem Zustande, möglichst staubfrei, in nutzgroßen Stücken einfach in den Bilder eingeschüttet. Mit Kohlenfüllung versehene Essiggeneratoren erfüllen ihre Function sehr gleichmäßig und gut; dieselben bleiben stets in milder Temperatur, arbeiten daher mit geringstem Verdampfungsverlust, und sind weniger leicht Unfällen ausgesetzt, wie Spanbilder. Der einzige Fehler, welcher der Kohlenfüllung anhaftet, ist der, daß ihre Leistungsfähigkeit zu der Masse des vorhandenen Ansäuerungsessigs in einem sehr ungünstigen Verhältnisse steht, da letzterer factisch nur zum Theil in Wirksamkeit tritt. Die Kohlenfüllung eines mittleren Bilders verschluckt leicht 10 bis 12 Hektoliter Essig, und liefert nicht mehr fertiges Fabricat, als ein Spanbilder mit 3–4 Hektoliter Ansäuerungsessig. Die Holzkohle hält nämlich den letzteren so fest, daß das auffließende Essiggut ihn meist nur von der Oberfläche verdrängt, während das innen befindliche gar nicht, oder doch nur ungemein langsam in Bewegung, also auch zur Wirkung kommt. Der im Inneren der einzelnen Kohlenstücke befindliche Ansäuerungsessig ist demnach fast seiner ganzen Masse nach ein todtes Capital. Den genau entgegengesetzten Nachtheil hat das Stroh als Füllungsmaterial. Hier ist ein zu geringer Fond von Essig, zu wenig aufsaugende Masse vorhanden: Die aufgegossene Flüssigkeit durchdringt leicht die Füllung bis in die tiefsten Schichten, der Ansäuerungsessig wird von einem Halbwege starken Aufguß fast ausgelaugt, der Bilder kommt in eine zu hohe Temperatur, was neben den zunächst eintretender: bekannten Mißständen im Stroh selbst schließlich eine Art faulige Gährung eintreten läßt. Ein solcher Bilder erfordert daher ganz besondere Sorgfalt und Aufsicht und darf keine großen Aufgüsse, sondern verhältnißmäßig kleine, und diese öfters in sich aufnehmen. Da dieß natürlich eine Erschwerung des Betriebes nach sich zieht, und bei dem leider noch allgemeinen Mangel einer wahrhaft sachkundigen Leitung, scheint diese Art der Füllung, trotz ihrer geringen Beschaffungskosten, nur ungemein wenig gebräuchlich zu seyn. Verfasser besitzt selbst einige Bilder mit Strohfüllung, die durchaus gute Resultate liefern, und bis jetzt, d.h. innerhalb der 2 Jahre ihres Bestehens, von keinerlei Unfällen bedroht wurden. Zu ihrer Herstellung wurde Weizen- oder Roggenstroh in Bündel von etwa 30 bis 40 Centimeter Länge geschnitten, und diese durch Stroh oder dünnen Bindfaden in der Mitte lose befestigt. Hierauf werden dieselben schichtenweise neben- und übereinander auf den Siebboden des Bilders aufgestellt, wobei man nach Vollendung jeder Schicht die Befestigung der Bündel wieder durchschneidet. Dadurch kommen die einzelnen Strohhalme dicht vertical neben einander zu stehen, so daß sie ein System von engen Röhrchen bilden, in denen sich sowohl die Luft als auch der Essig verhältnißmäßig frei bewegen können, besonders wenn man die Vorsicht gebrauchte, die Knoten im Stroh möglichst auszuschließen. Horizontal gelegte, oder bunt hineingeworfene Strohbündel können als brauchbare Füllung für den Essigbilder durchaus nicht angesehen werden. Die übrigen Füllmaterialien haben ein so untergeordnetes Interesse, daß sie hier füglich übergangen werden können. Doch sey an dieser Stelle des Platins als Erreger der Essigsäuerung mit einigen Worten gedacht. Bekanntlich construirte ein Matador der Chemie einen Essigsäurebilder, – wenn es nicht zu gewagt ist den betreffenden Apparat so zu nennen, – welcher der Hauptsache nach aus einem Glasgehäuse besteht, in welchem Platinmohr ausgebreitet enthalten ist, während sich im unteren Theil des Apparates erwärmter Alkohol befindet. Die zur Oxydation benöthigte Luft tritt unten ein, während die ausgenutzte durch eine obere Oeffnung wieder entweicht. Ein ganz bedeutendes Quantum von Alkohol soll auf diese Weise in kurzer Zeit in eine starke Säure verwandelt werden. Trotzdem fand dieser Apparat Wohl noch nirgends praktische Verwendung, und dieß mag wohl seinen Grund darin haben, daß 1) die Menge der gewonnenen Säure durchaus in keinem günstigen Verhältniß steht zu dem Quantum des cousumirten Alkohols. Es entsteht nämlich bei dieser Oxydation, selbst wenn Luft im Ueberschusse vorhanden ist, neben der Essigsäure eine ganz bedeutende Menge von Aldehyd, welcher durchaus nicht sofort, wie man oft geschrieben findet, in Essigsäure übergeht, sondern vermöge seiner leichten Flüchtigkeit nebst Alkoholdämpfen unverändert mit der Luft entweicht. Zweitens verliert das Platin sehr bald seine Wirksamkeit und muß zur Regeneration öfters ausgeglüht werden, eine Arbeit, die sich nicht im Kleinen, vielweniger im technischen Betriebe ohne sehr schmerzliche Verluste an so theurem Material ausführen läßt. Verfasser hat sich selbst eingehendst mit Versuchen beschäftigt, das Platin zur Essigsäuerung zu benutzen und mit bedeutenden Kosten einen Apparat construirt, welcher den letzteren der beiden Nachtheile nicht besitzt, desto auffälliger aber mit dem ersten behaftet war. Die chemische Action ist nämlich in dem Inneren des Apparates eine so heftige, daß sich das Platin, welches hier in einer noch feiner vertheilten Form wirkt, als selbst im Platinmohr, in fortwährender Dunkelrothglühhitze erhielt, also nie seine wunderbare Kraft verlor. Ferner wurden sämmtliche entstehenden Producte aufgefangen, soweit sie sich durch eine sehr vollständig wirkende Kühlvorrichtung verflüssigten. Man erhielt mit diesem Apparat mit Hülfe von 50 Grm. unveränderlichen Platins pro Stunde etwa 10 bis 12 Liter einer Flüssigkeit, die neben Wasser circa 25 Proc. Alkohol, 10 bis 15 Proc. Aldehyd und leider nur 0,5 bis 1,5 Proc. Essigsäure enthielt! Der betreffende Apparat verdient daher recht wohl alle Beachtung zur Darstellung von Aldehyd, nicht aber als Essigerzeuger. 3. Zusammensetzung und Vertheilung des Gutes. – Das Essiggut (Essigmischung, Maische) besteht entweder aus einer bloßen Mischung von Spiritus und Wasser oder aus einer solchen unter Zusatz sehr wechselnder Mengen fertigen Essigs. Die Zusammensetzung dieser Flüssigkeit, d.h. in erster Linie ihr größerer oder geringerer Gehalt an Alkohol, hat einen ganz bedeutenden Einfluß auf die Leistungsfähigkeit des damit beschickten Bilders. Die Anzahl von Literprocenten an Essig, die ein Bilder zu liefern vermag, d.h. das Product aus der Anzahl der Liter des gewonnenen Essigs und den Gewichtsprocenten desselben an Säurehydrat, ist bei sonst gleichen Verhältnissen durchaus keine constante Zahl: sie variirt ganz bedeutend mit der Stärke des Essigs, den man zu erzeugen gedenkt, in erster Linie also mit der Zahl der Alkoholprocente, welche die Mischung enthält. Liefert beispielsweise ein Bilder pro Tag 50 Liter Essig von 6 Proc. Säure, so ist damit noch nicht gesagt, daß er 2/3 soviel Essig von 9 Proc., 1/2 soviel von 12 Proc. zu fabriciren vermag. In der Wirklichkeit gibt derselbe, wenn er bei 6procentigem Fabricat 300 Literproc. lieferte: kaum 30 Liter zu 9 Proc., demnach nur 370 Literproc. kaum 15 12 180 Die Oxydation ist nämlich, von einer gewissen unteren Grenze an, eine um so langsamere und schwierigere, je hochgrädiger an Essigsäure die zu oxydirende Flüssigkeit bereits ist; sie wird aber vollständig = 0, sobald das Product einen Gehalt an Säurehydrat von circa 12 Proc. zeigt. Durch keinerlei Einrichtung, durch keinen noch so großen Aufwand an Spiritus, unter keinerlei Verhältnissen, kann man auf einem Bilder eine stärkere Säure erzielen. Obige Beispiele beweisen – was eigentlich selbstverständlich ist, – daß diese Grenze der Säuerungsthätigkeit nicht wie ein plötzlicher senkrechter Abgrund eintritt, sondern daß vorher ein allmähliches Abfallen derselben stattfindet, also schon bei Essigstärken die sich dieser Grenze nur nähern, eine vortheilhafte Ausnutzung der Arbeitsfähigkeit eines Essigbilders nicht zu erwarten steht. Ist der Fabrikant nicht an die Erzeugung einer gewissen Essigstärke gebunden, kommt es ihm, wie z.B. bei der Erzeugung von Bleizucker, nur auf die absolute Leistungsfähigkeit an, so ist die am vortheilhaftesten zu erzeugende Essigstärke ein Gehalt an Säurehydrat von 6–7 Proc. Noch tiefer herabzugehen ist deßhalb nicht rathsam, weil bei Verwendung eines noch verdünnteren Alkohols leicht ein Unfall eintreten kann, den wir sogleich besprechen werden, und der stets dann auftritt, wenn ein Bilder bei bedeutender innerer Wärme zu wenig, oder zu leichte Arbeit zu verrichten hat. Der Zusatz von fertigem Essig zur Essigmischung ist, wenn derselbe in bedeutendem Maaße geschieht, ebenfalls von Einfluß auf die Leistungsfähigkeit eines Bilders, und hängt diese Erscheinung genau zusammen mit den soeben besprochenen Verhältnissen der erschwerten Oxydation. Setzt man nämlich so viel starken Essig zum Gut, daß – nachdem das Essiggut sich mit dem Ansäuerungsessig der obersten Schicht gemengt hat – dieses Gemisch schon stärker wie 6 Proc. Säuregehalt ist, so nimmt man die Leistungsfähigkeit des Essigbilders gerade nur unter den ungünstigsten Verhältnissen in Anspruch, und bringt Essiggrade, die anderwärts ebenso unvortheilhaft gewonnen wurden, gleich von vornher hinein, während sie der nämliche Bilder mit größter Leichtigkeit und Schnelligkeit selbst hätte erzeugen können. Folgendes Beispiel mag dieß erläutern: Gesetzt man erzeugt 9procentigen Essig aus einem Essiggute, dem man die Hälfte fertigen Fabricates zugesetzt hat. Dasselbe zeigt dann einen Säuregehalt von 4,5 Proc., welcher aber sofort auf ca. 7 Proc. steigen wird, wenn sich die Mischung nach dem Aufguß mit dem natürlich ebenfalls 9procentigen Ansäuerungsessig der obersten Füllungsschichten gemengt hat; die nun erst beginnende Oxydation wird demnach ihrem ganzen Verlaufe nach sehr langsam vor sich gehen. Setzt man in dem nämlichen Falle keinen fertigen Essig zum Gut, so wird man in der obersten Schicht der Füllung ein Gemisch von etwa 4 1/2 Proc. Säure bekommen, welches sich außerordentlich schnell und leicht auf 6 bis 7 Proc. oxydirt, worauf jetzt erst die Verlangsamung des Processes eintritt. Diese Oxydation um 1 1/2 bis 2 1/2 Proc. ist fast reiner Gewinn an Leistungsfähigkeit, dem ersten Fall gegenüber, da sie fast ohne Inanspruchnahme der Füllung vor sich geht. Man darf daher einen Bilder, der pro Tag 50 Liter Essiggut einer bestimmten Stärke ohne Essigzusatz verarbeiten kann, durchaus nicht mit 100 Litern einer Mischung gleicher Theile des nämlichen Essiggutes und fertigen Essigs beschicken, – obgleich dieß nur die nämliche Leistungsfähigkeit beanspruchen würde –, wenn man nicht ein nur unvollkommen oxydirtes Product erhalten will. Der Zusatz von fertigem Essig zum Essiggut hat übrigens in einer Hinsicht Vortheil vor der Verwendung eines bloßen verdünnten Alkohols; der Verdampfungsverlust an letzterem ist nämlich ein nicht unbedeutend geringerer, weil erstens, die Bilder wegen der langsamer verlaufenden chemischen Action milder in der Temperatur stehen, und weil man zweitens, schon an dem eigentlichen Herd des Alkoholverlustes – nämlich in der oberen Schicht des Füllmateriales – eine Flüssigkeit besitzt, die vermöge ihres geringeren procentalen Alkoholgehaltes einen höheren Siedepunkt, und damit eine geringere Dampfspannung zeigt, die flüchtigen Bestandtheile demnach weniger leicht an die nunmehr aus dem Bilder entweichende warme Luft abgibt. Eine unerläßliche Bedingung zur vollständigen Ausnutzung des Füllmateriales, ist eine möglichst gleichförmige Vertheilung der aufgegossenen Flüssigkeit auf die Oberfläche des ersteren. Ist dieß nicht der Fall, dann sind starke Verluste in zweierlei Hinsicht unausbleiblich. An den Stellen nämlich, wo die Mischung in zu großer Menge auf das Füllmaterial läuft, wird eine unvollständige Oxydation stattfinden, ganz abgesehen davon, daß geradezu ein Durchlaufen der Flüssigkeit bis zum Siebboden zu befürchten steht, selbst wenn die Füllung eine sorgfältige ist; andererseits findet an den Stellen, die gar keine oder zu geringe Antheile des Aufgusses empfangen, leicht eine Consumtion von Essigsäure statt, die sich endlich auch auf den Ansäuerungsessig erstreckt. Auf diese Verhältnisse kommt der Verfasser in dem zweiten Theile dieses Capitels zurück. 4. Temperatur und Luftreinheit. Die Temperatur im Inneren des Bilders ist nicht nur einer der wichtigsten Factoren für die Leistungsfähigkeit desselben, sondern dient zugleich als ein sehr zuverlässiger Verkünder etwa eintretender Unregelmäßigkeiten des im Inneren des Generators vorgehenden Processes. Deßhalb ist die Anbringung von mindestens einem Thermometer in die Füllung jedes Bilders, den man in die mittelsten Schichten durch die Wandung des Fasses einführt, bei rationellem Betrieb ganz unerläßlich; seine tägliche Beobachtung ist für den Fabrikanten eine ebenso dankbare als interessante Ausgabe. Die Leistungsfähigkeit eines Essigbilders ist bis zu einer gewissen Maximalgrenze (circa 38° N.) um so größer, je höher die Temperatur im Füllungsraum desselben steigt. Bei etwa + 4° R. scheint die Leistung eines Bilders noch = 0 zu seyn; bei + 12° R. ist die Oxydation noch so schwach, daß ein Bilder, dessen Dimensionen noch über die Mittelgröße hinausgingen, nur ca. 12 Liter Essig von kaum 6 Proc. Säuregehalt pro Tag zu liefern vermochte, wobei das fertige (?) Fabricat noch 1 1/2 bis 2 Proc. unveränderten Alkohol enthielt. Mit der größeren Leistungsfähigkeit bei höherer Temperatur steigt zugleich rapid der Verlust an verdampfendem Alkohol, und schon mit 25–26° R. ist die Grenze erreicht, die man nicht überschreiten darf, wenn nicht der Vortheil der vermehrten Essigproduction durch den Nachtheil des größeren Alkoholverlustes mehr wie aufgewogen werden soll. Die Temperatur im Inneren des Bilders ist in erster Linie abhängig von der Lufttemperatur des Essiglocales. Dieß gilt ganz besonders für kleinere Apparate, deren Leistungsfähigkeit vor Allem von einer genauen Regulirung der äußeren Luftwärme abhängig ist. Ihre innere Temperatur zeigt gewöhnlich ein gewisses gleichbleibendes plus über die Localtemperatur, so daß sie beispielsweise bei 15° Luftwärme etwa 15 + 7 = 22° innere Wärme 18 + 7 = 25° u.s.f. zeigen. Wird diese Differenz (hier = 7°) auffällig kleiner, so ist dieß ein Zeichen zu langsamer Oxydation, ein Merkmal, welches zumeist eher eintritt, als die schließlich resultirende ungünstige Zusammensetzung des Ablaufes. Große Apparate sollen eine annähernd constante Temperatur besitzen, nicht minutiös abhängig seyn von der Wärme der äußeren Luft. Natürlich ist auch dieß nur innerhalb gewisser Grenzen der Fall, jedenfalls aber sind sie von einer genauen Regulirung der Localwärme minder abhängig wie kleinere Bilder. Für große Bilder fällt die gefährlichste Zeit des Jahres, d.h. die Zeit wo am leichtesten Verluste und Unfälle eintreten können, in den Hochsommer – da sie sich im Inneren leicht zu stark erhitzen –, für kleine Apparate in den kältesten Theil des Winters, – da sie leicht im Inneren auskühlen und dann schwach oder gar nicht arbeiten und ihr Ansäuerungsessig spirituös wird. Die zu heißen Bilder hingegen laboriren nicht nur mit ungeheurem Verdampfungsverlust, sondern verzehren leicht einen Theil des erst selbstgeschaffenen Productes, schließlich sogar den Ansäuerungsessig. (Siehe „Inanspruchnahme der Leistungsfähigkeit“ ). Die Luft in dem Essiglocal muß stets in möglichst reinem Zustande erhalten werden, d.h. es muß eine Ventilation stattfinden, welche genügend ist, die durch die Bilder streichende Luft durch frische zu ersetzen, und die gebrauchte zu entfernen, ohne dabei jedoch die Lufttemperatur wesentlich zu beeinflussen. Diese Ventilation geschieht derart, daß die frische Luft constant und in regulirbaren Mengen am Boden einströmt, während die verdorbene durch angebrachte Schlotte, oder nach einem hohen Fabrikschornstein entweder direct in das Freie, oder zunächst durch eine Vorrichtung geführt wird, die zur Aufsaugung der fortgerissenen Säure- und Alkoholdämpfe dient. In der Essigfabrik des Verfassers wird die am Boden durch viele Oeffnungen einziehende Luft gezwungen, vor ihrem Eintritt in den Raum einen Calorifère zu umströmen, welcher geheizt wird, sobald die Localwärme + 10° R. nicht mehr erreicht, was beiläufig nur in strengen Wintern vorzukommen pflegt. Diese Vorrichtung dient also gleichzeitig als Ofen und als Ventilator, und erfüllt beide Zwecke auf das Vorzüglichste. Weder im vorigen milden Winter, noch bis dat o im jetzigen, brauchte der Verfasser erstere Function dieser Vorrichtung in Anspruch zu nehmen. Ueber den Einfluß des Ozongehaltes der Luft auf die Leistungsfähigkeit eines Essigbilders, läßt sich bis jetzt nur wenig sagen, doch ist ein solcher nicht zu läugnen. Vor Beginn und während starker Gewitter oder dauerndem Vorüberziehen von schweren Gewitterwolken ist oft ein auffälliges Steigen der Wärme im Inneren der Bilder zu bemerken. Sehr lange anhaltende schwüle Gewitterluft im Hochsommer ist für den Essigbilder ein äußerst gefährlicher Feind. Eine eingehendere theoretische Erklärung dieser Erscheinung wäre für den Laien unverständlich, für den Chemiker überflüssig. Viele Essigfabrikanten schließen das Sonnenlicht sorgfältig aus ihren Localitäten aus, indem sie eine nachtheilige Wirkung desselben auf den Essigbildungsproceß annehmen. Der Verf. thut dieß nicht, und glaubt damit keine Unterlassungssünde zu begehen. Dennoch ist nicht zu läugnen, daß das Auftreten schleimiger Absonderungen, das Erscheinen von Maden und Fliegen vorzugsweise an Orten zu bemerken ist, die dem Lichte mehr ausgesetzt sind. Aufmerksamkeit, strenge Reinlichkeit und genügender Luftwechsel dienen indeß jedenfalls durchgreifender zur Fernhaltung genannter Uebelstände, als die vielen Essigfabrikanten angeborene Leidenschaft, in dieser wie in anderer Beziehung fortwährend „im Finstern zu wandeln.“ (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)