Titel: Ueber die Soffionen Toscana's; von Dr. H. M. Kurtz.
Autor: H. M. Kurtz
Fundstelle: Band 212, Jahrgang 1874, Nr. XCV., S. 494
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XCV. Ueber die Soffionen Toscana's; von Dr. H. M. Kurtz. Kurtz, über die Soffionen Toscana's. Die europäische Borsäure wird wie bekannt fast ausschließlich auf einem Terrain von geringer Ausdehnung des ehemaligen Großherzogthums Toscana in den Provinzen Pisa und Grosseto gewonnen. Dieses Gebiet, in welchem die borsäureführenden Dämpfe – fumarolen, soffioni – auftreten, ist ein Theil der sogenannten Montagna della Maremma, des Hügel- und Berglandes, welches den Rand der Maremmen bildet und dessen höchste Erhebung der über 1700 Meter hohe Trachytkegel „Gran Sasso della Maremma“ im sogenannten Mont-Amiata-GebirgeVon dort stammen ursprünglich die schwimmenden Ziegel und die verschiedenen unter dem Namen Terra di Siena bekannten Farben; auch finden sich dort mehrere Zinnobererz-Gruben. repräsentirt. Die Formation im Bereich der Lagoni ist vorherrschend tertiär, arm an Petrefacten; fast im Mittelpunkt der räthselhaften vulkanischen Thätigkeit erheben sich nur einige bedeutendere Liaskuppen, die weithin sichtbaren nackten Cornate und der bewaldete Poggio di Montiert, berühmt als Fundorte schöner massiger Aragonite. Vielfach sind die tertiären Schichten von einem wahrscheinlich jugendlichen serpentinartigen Gestein durchbrochen, welches hier Gabbro verde genannt wird, und welches wegen seiner eigenthümlichen Kupfererzeinschlüsse auch sonst schon von sich sprechen machte. In solcher Umgebung, die großen Theils das Prädikat „wild“ verdient, treten im Flußbereich der Cecina und Cornia, zweier im Sommer trockenen, dagegen im Frühjahr durch ihre Ueberschwemmungen berüchtigten Flüsse, die Soffioni zu Tag; nur die Soffioni von Travale liegen im Thale des Sajo – eines Baches, welcher durch die Feccia und Merse in den Ombrone geht. Die Soffioni sind eine Eigenthümlichkeit der Maremmen, welche in Europa nichts wirklich Aehnliches haben. Am meisten gleichen ihnen noch die Geiser auf Island und Neu-Seeland. An einigen Punkten Mittel- und Unter-Italiens treten schwache Andeutungen ähnlicher Vorgänge auf, z.B. die Salse zu Sassuolo bei Modena, die Schlammvulkane zu San Sisto di Montalto in Calabria Citra und zu Macaluba bei Girgenti; auch den Solfataren und den Gas-Exhalationen zu Pietramala und Acquabuja möchte vielleicht eine ähnliche unterirdische Thätigkeit zu Grunde liegen; doch fehlt diesen allen der charakteristische Borsäure-Gehalt. Nur noch auf der Insel Vulcano, auf ausgesprochen vulkanischem Boden, tritt Borsäure mit Ammonsalzen in einiger Menge auf. Was die Eigenthumsverhältnisse der Soffioni in der Maremme betrifft, so sind dieselben, wie bekannt, größtentheils im Besitz der ehemals französischen Familie Larderel, jetzt Conti de Larderel. Es sind dies die Etablissements zu 1) Larderello, früher Lagoni di Monte-Cerboli; 2) Castelnuovo, genannt Castelnuovo di Val di Cecina, obgleich es am Pavone liegt; 3) Serrazzano, früher Lagoni zolforei oder Bulicami di Leccia; 4) Lustignano, früher Lagoni rossi wegen des dort gegrabenen Eisenockers genannt; 5) Sasso nebst den kleinen Lagoni von Acquaviva; 6) Monterotondo, früher Lagoni delle Pianacce; 7) Il Lago, aus den Fabriken San Federigo, San Eduardo und la Collachia bestehend. Im Besitz des Franzosen Durval ist die große Fabrik Lago am Lago zolforeo di Vecchienna. Unweit derselben liegt die dem Pariser Fabrikanten Clouet gehörige Fabrik Fonte Mortina. Die Lagoni di Travale, auch Lagoni delle Galleraje genannt, gehören der Società anonima Borica Travalese, deren Sitz in Florenz ist. Außerdem existiren noch viele einzelne verzettelte Soffioni und Lagoni, deren Benützungsrecht theilweise die Larderel'sche Familie sich reservirt hat. Dieselben sind aber alle sehr arm an Borsäure und deshalb unbenützt. An einigen solchen Punkten, wie le Gordenne, Carboli, le Sassicaje u.a. haben wiederholt Versuche zur Gewinnung von Borsäure stattgefunden, aber bis jetzt immer ohne nennenswerthen Erfolg. Das Erdreich in der Umgebung solcher borsäurelosen Fumarolen, (wenn unbedeutender und kalt gewöhnlich Putizze genannt) ist gewöhnlich stark mit Schwefel durchsetzt, der an manchen Punkten in früheren Zeiten ausgebeutet wurde. Die Art der Schwefelausbringung war dabei den Umständen gemäß eine möglichst urwüchsige. Die an eben diesen Orten im Sommer auftretenden weißen federigen Krystallkrusten kam mancher schon in Versuchung für Borsäure zu halten; dieselben bestehen aber aus Sulfaten der Thonerde, des Eisenoxyduls und Ammons in wechselnden Mengen. – Der oben erwähnte Lago zolforeo war viele Jahre ein Streitobject zwischen Larderel und Durval, welch' letzterer schließlich den Prozeß gewann. Jetzt dürfen die Larderel nur noch zur Speisung des Lagone der Collachia Wasser aus dem See entnehmen. Nach Beendigung dieses Prozesses begann sofort ein anderer, welcher eben so lang zu dauern verspricht wie der erste; Larderel will nämlich die von Durval geltend gemachten Entschädigungsansprüche nicht anerkennen. Die Fabrikanten haben angenehme Arbeiterverhältnisse und billige Arbeitskräfte. Die Arbeit bei den Soffionen erfordert einige Intelligenz und Muth und ist trotz des sehr bemerkbaren Schwefelwasserstoffes nicht gesundheitsschädlich. Die Geschichte der Entstehung der Borsäureindustrie Toscana's ist bekannt. Von neueren Schriften ist darüber namentlich zu erwähnen: Meneghini: Sulla produzione dell Acido Borico dei Conti de Larderel; dann Becchi in den Att. dei Georgofili N. S. T. X. und der Excurs über die toscanische Borsäure im Manuale di Chimica di P. Tassinari. Der Hauptfortschritt in der Borsäureproduction liegt in der allgemeinen Einführung der Bohrlöcher (fori), welche die sogenannten Lagoni coperti immer mehr verdrängen. Diese künstlichen Soffionen machen den Betrieb von der Gestaltung des Terrains weniger abhängig, während die Benützung natürlicher Soffioni oft bedeutende Bauten und Erdarbeiten benöthigen, welche auf einem so wenig stabilen Terrain vielen Fährlichkeiten ausgesetzt sind. Gegenwärtig ist der Bohrer auf allen Etablissements so zu sagen unausgesetzt in Thätigkeit. Gebohrt wird mit Menschenkraft, die ersten 10 Meter gewöhnlich mittels des Haspels (argano), später, wenn das Gewicht des Gestänges hinreichend groß ist, mittels des Schwengels; das Tretrad hat sich nicht eingebürgert. Das Gestänge (le aste) ist aus Eisen und es wird mit der ganzen Masse gestoßen. Fabian'sche und Kind'sche Bohrer und Bohrverbesserungen sind hier noch nicht bekannt, vielleicht sind sie in dem heißen Boden auch nicht anwendbar. Seilbohrer, selbst in Form von Drahtseilen, habe ich nicht in Anwendung gesehen. Bei der Formation des Untergrundes und dieser Bohrmethode wird natürlich viel Blech zum Verrohren gebraucht; oft sind bis zur Vollendung eines Bohrloches 4 bis 5 Durchmesser nöthig. Der erste Röhrendurchmesser ist gewöhnlich 27 Centimeter. Das Bohren in dem Soffionenterrain ist übrigens nicht so harmlos wie in einem andern (kalten) Boden, denn die Hitze unter Tag steigt rasch mit zunehmender Tiefe; es kann deshalb nicht wie anderswo zuerst mit Schaufel und Hacke ein Schacht abgetrieben werden, da wegen der Temperatur und des Schwefelwasserstoffes über 5 Meter Teufe kein Arbeiter mehr hinunterzubringen ist; später wird das Bohrgestänge sehr warm, so daß es kaum mehr direct angefaßt werden kann; erreicht man nun eine selbst unbedeutende Dampfschicht, so hat der Arbeiter am Gestänge keinen beneidenswerthen Posten. Dazu wächst, sowie etwas Dampf im Bohrloch aufzusteigen beginnt, die Gefahr des Nachstürzens von Erde und Gestein sehr stark, die üblichen Bohr- und Bohrerverlegenheiten, Klemmungen u.s.w. sind deshalb nicht gerade selten. Die Tiefe der Bohrlöcher ist sehr verschieden, oft wird 15 bis 20 Meter unter Tag schon ein mächtiger Strahl erbohrt; doch die meisten und ergiebigsten Bohrlöcher sind 50 bis 100 Meter tief. Das tiefste Bohrloch ist meines Wissens der Foro Pietro auf den Lagoni di Travale mit 168 Meter Teufe. Dieses Bohrloch passirte drei mächtige Dampfschichten, deren unterste 145° C. Temperatur hat, liefert aber Borsäure nur in Spuren. Die durchsetzten Schichten bieten nichts auffallendes; es sind eben eocäne Mergel, Kalk- und Kieselbänke, Sande und Thone. Die Einwirkungen des Dampfes, der Kohlensäure, des Schwefelwasserstoffes u.s.w. machen sich natürlich bemerklich; denn das Gestein ist vielfach mit Gyps, Mondmilch, Schwefel und Schwefelkies durchdrungen und enthält viele Höhlungen, wie ja das Erdreich unter den Tritten hohl klingt. Das Hängende einer Dampfschicht ist immer eine dünne Lage Gyps. Beim Bohren und Graben auf den Lagoni, namentlich denen von Castelnuovo und Sasso, stößt man häufig auf oft centnerschwere Geoden von Borsäure-Mineralien besonders Larderellit (borsaures Ammon) oder Gemenge desselben mit den Doppelsulfaten des Ammons mit Magnesia, Eisenoxydul, Thonerde, Glaubersalz, mehr oder minder gut krystallisirt (Popp's Cerbolite, Becchi's Boussingaultite etc.). Schöne Exemplare sieht man davon in dem von Bergrath Th. Haupt zu Massa marittima gegründeten Cabinet (museo). Angenehmes Terrain für seine Bohrungen hat Durval am Lago, Sande und Thone, während an anderen Orten, z.B. Travale, Fonte Mortina harte kieselige Massen vorherrschen. Auffallend und nicht erklärt ist es, daß, wo diese kieseligen Massen vorherrschen, auch noch die Soffioni besonders arm an Borsäure sind. Der Serpentin tritt an einzelnen Localitäten in unmittelbarer Nähe der Soffionen z.B. bei Serrazzano und Travale zu Tag, aber vor Bohrort wurde noch nie weder Serpentin noch sonst ein charakteristischeres geognostisches Gestein gefunden. Nester von Braunkohle sind keine Seltenheit im Bereich der Soffioni, und gerade aus ihnen mag wohl der Gehalt der Soffioni an Kohlenwasserstoffen stammen. Die Bohrlöcher, welche kein Wasser und nur trockenen Dampf führen, der alsdann gewöhnlich arm an Borsäure ist, läßt man entweder in künstlich hergestellten Lagonen gurgeln oder benützt sie nach Lage und Bedürfniß zum Heizen der Pfannen. Es kann dann das dabei resultirende Condensationswasser zum Speisen von Lagonen dienen. Soll ein erbohrter Soffione, welcher neben Dampf auch Wasser fördert, unter die Pfannen geleitet werden, so läßt man die Trennung des Dampfes und des gewöhnlich zerstäubten Wassers in einem allseitig geschlossenen Raum vor sich gehen, der unten durch ein Knierohr das Wasser, oben den Dampf entläßt. Die Bohrloch-Wässer sind gewöhnlich reich an Borsäure, so daß sie häufig nicht zuerst in einen Lagone sondern direct auf die Pfannen zum Verdampfen kommen, u.a. in Durval's Fabrik. Ich glaube, daß mit der Zeit der ganze Betrieb so weit möglich auf Bohrlöcher basirt werden dürfte, weil ihre Benützung in jeder Beziehung viel glätter von statten geht als die der natürlichen Soffionen. Auch darum schon dürfte der Erdbohrer auf den Lagonen eine immer bedeutendere Rolle spielen, weil er außer Wärme und Wasser auch die Möglichkeit der Erhöhung der Production schafft, wenn es auch wohl nie möglich sein wird, der Nachfrage nach Borsäure zu genügen. Trotzdessen, daß die Soffionen mit Ueberdruck aus der Erde strömen, hat man sie noch zu keiner mechanischen Arbeitsleistung verwendet, was seinen Grund darin hat, daß die Dämpfe in einem solchen Fall sich nach kurzem einen andern Austrittsort öffnen würden. Nur Bini benützt auf den Lagoni di Travale Soffionendampf zum Wasserheben, was auf Serrazzano nachgeahmt wurde; auf den anderen Etablissements dienen zu diesem Zweck Pferdegöpel mit Schöpfrädern (danaïdes, bindoli), und Durval hat zu gleichem Zweck eine Dampfmaschine aufgestellt. Wie schon erwähnt, führen viele Soffionen Wasser mit zu Tage. Dieses Wasser pflegt verhältnißmäßig reich an Borsäure zu sein, reicher als Lagonenwasser, in welchem trockenere Soffionen gurgeln. Man sieht es deshalb, und weil während des Sommers auf den Lagoni meist Wassermangel herrscht, gern, wenn die Bohrlöcher Wasser fördern. Doch steht der Gehalt an Borsäure und anderen fixen Bestandtheile nicht im Verhältniß zur Quantität des Bohrlochwassers. Solche, die wenig Wasser fördern, sind oft am reichsten an Borsäure, andere mit viel Wasser sehr arm daran; kurz die Menge des Wassers und der Borsäure scheinen in keiner Relation zu einander zu stehen. Auch bleibt der Gehalt der Bohrloch Wässer und -Dämpfe an Substanzen nie für längere Zeit constant. So gab mir Wasser einiger Bohrlöcher, die nicht große Mengen zu Tag fördern, folgende Zahlen pro Liter nach dem Abdampfen: Gesammtrückstandbei 50° C. H₃BO₃(BO₃, 3 HO) (NH₄)₂SO₄(NH₄₃) 1)      2,880 Grm.   1,526 Grm.    0,078 Grm. Ein Bohrlochwasser von Lago Durval's 2)      6,600   „   5,005   „    0,284   „   „             „               „ S. Federigo 3)      7,250   „   4,930   „    0,885   „   „             „               „ S. Eduardo 4)      0,936   „   0,230   „    0,020   „   „             „               „ Travale (Foro Carlo). Wie man sieht, differiren dieselben bedeutend unter einander. Wenige Schritte von dem letztgenannten Foro Carlo entfernt, liegt ein Foro Filippo, dessen kochend ausgeworfenes Wasser auch nur 0,04 Procent Borsäure hält, der aber mindestens 600.000 Liter Wasser in haushohem Strahl in 24 Stunden auswirft. – Frisch erbohrte Soffioni pflegen in den ersten Tagen ihrer Thätigkeit oft auffallend reich an Borsäure zu sein, so daß ihr Wasser schon in den Leitungsröhren krystallisirt, wie z.B. zu S. Federigo und Castelnuovo. Doch ist ein solcher Reichthum nicht nachhaltig und nach einigen Tagen nimmt das Wasser einen geringeren aber constanteren Gehalt an. Die wechselnden Mengen der übrigen fixen Bestandtheile der Soffionen- und Lagonenwässer sind aus den Untersuchungen Schmidt's, Popp's, u.a. bekannt. Die gasförmigen Exhalationen bestehen nach den Analysen von Fouqué und Gorceix, Deville und Leblanc, Becchi u.a. vorwiegend aus Kohlensäure dunklen Ursprungs, geringen Mengen Stickstoff und noch geringeren Mengen von Schwefelwasserstoff. Die Exhalationen reagiren natürlich sauer. In geringster Menge (wenigstens zu Travale nach den von L. Meyer und mir gemachten Analysen) tritt Ammoniak auf. Es würde dort nach meinen Bestimmungen der Schwefelwasserstoff mindestens 12mal hinreichen, um mit dem Ammon Schwefelammonium zu bilden. Nach den Untersuchungen Meyer's auf den Lagoni di Travale ist nämlich das Ammoniak wahrscheinlichst als Schwefelammonium in den Dämpfen enthalten, da die dortigen Dämpfe, wenn man sie durch Schwefelsäure streichen läßt, dieselbe neutralisiren, wodurch die Erklärung Becchi's Becchi: I soffioni boraciferi di Travale. von der Entstehung des Ammoniaks wohl unhaltbar geworden ist. Auch mit der in derselben Abhandlung von Becchi aufgestellten Behauptung, daß nicht allein Borsäure sondern auch Bittersalz, Glaubersalz und Eisenvitriol – namentlich bei Gegenwart von Ammonsulfat – mit Wasserdämpfen flüchtig sei, dürfte dieser zu viel bewiesen haben, da eben diese Dämpfe kein Ammonsulfat enthalten. Wenn man solche Stoffe im Condensationswasser findet, so liegt es näher an die mechanische Kraft der Soffionen zu denken, welche durch die Bohrlöcher fegen und das Wasser gewöhnlich in feinster Zerstäubung zu Tag fördern. Nicht alle Soffionen enthalten Ammoniak; die unteren Soffionen von Travale z.B. führen nur Spuren davon, während die hundert Schritte oberhalb dieser gelegenen Soffionen dessen soviel fördern, daß sie auf Düngsalz ausgebeutet werden. Aber auch nicht alle Soffionen enthalten Borsäure. Schon die oberen Lagonen von Travale enthalten sehr wenig davon, die einzelnen zwischen 0,001 und 0,02 Procent. Namentlich die vereinzelten Soffionen, die fern von einem der Eruptionscentren zu Tage treten, sind gewöhnlich frei von Borsäure. So gaben mir zwei Lagonenwässer in der Nähe des Bagno del Morbo zwischen Castelnuovo und Larderello pro Liter abgedampft Rückstand (NH₄)₂SO₄ H₃BO₃ 1) 6,015 Grm.   1,250 Grm. 2) 6,938   „   1,337   „ Ein Putizze-Wasser von unterhalb des Fleckens Sasso gab mir pro Liter 1,668 Grm. Abdampfungsrückstand ohne eine Spur von Ammoniak oder Borsäure. Alle diese Wässer reagirten von freier Schwefelsäure stark sauer. Unter solchen Umständen ist die Borstickstoff- und Schwefelbor-Theorie nicht wohl haltbar; die heutigen toscanischen Autoritäten Meneghini, Tassinari, Becchi u.a. führen auch ausdrücklich an, daß es nicht gerade nöthig sei, daß die Quelle des Dampfes und der Borsäure identisch sein müsse. Es könnten sehr wohl früher in der Tiefe durch vulkanische Thätigkeit – ähnlich wie auf der Insel Vulcano – Schichten von Borsäure- und Ammonsalzen abgesetzt worden sein – eine Thätigkeit, die vielleicht heute als solche noch fortdauert, vielleicht aber jetzt nur noch Dampf und Schwefelwasserstoff producirt, welche nunmehr die Borsäure und das Ammoniak zu Tag führen. Welche chemische Reactionen dabei in der Tiefe statthaben, werden wir Wohl nie ergründen. Ist letztere Annahme richtig, so hat die toscanische Borsäureproduction einmal ein Ende. Um die Borsäure der Soffionen so weit als möglich zu gewinnen, läßt man die Dämpfe in sogenannten Lagonen gurgeln, deren Beschreibung in Schwarzenberg's Der Kasselaner und ehemalige M. P. Dr. Schwarzenberg ist ein in Italien sehr bekannter und beliebter Techniker und zwar unter dem Namen Signore Filippo oder II Professore xαι' ἐξoχήν. Technologie mit viel Geschick gegeben ist. Da verschiedene Bücher in ihren Angaben über den schließlichen Maximalgehalt der Lagonen an Borsäure nicht übereinstimmen, so suchte ich mir selbst ein Urtheil zu verschaffen und analysirte einige Wässer aus Lagoni di conserva. Ich fand in denselben pro Liter abgedampft: Gesammtrückstand, wovon H₃BO₃ und (H₄N)₂SO₄ Castelnuovo        8,565 Grm.         4,154 Grm.    1,695 Grm. Larderello        6,720   „         4,032   „    0,760   „ Logoni di Monterotondo:        a) der höchst gelegene Lagone        2,005   „         1,100   „    0,253   „        b) der tiefst          „          „      22,575   „       19,300   „    0,587   „ Das sind Zahlen, die bedeutende Differenzen betreffs des Reichthums an Borsäure unter den verschiedenen Etablissements vermuthen lassen. Castelnuovo producirt auch trotzdem, daß es mehr als die doppelte Zahl Lagonen (beiläufig 35) wie Monterotondo (ca. 16) und mehr Abdampfpfannen hat, nicht so viel wie dieses (etwa 111. 000 gegen 115. 000 Kilogr.); außerdem ist das Product von Monterotondo sehr rein, das von Castelnuovo aber glänzt durch das Gegentheil. Die Ursache der Erscheinung, daß das Lagonenwässer in ein und demselben Lagone sich nach einiger Zeit nicht mehr weiter anreichert, pflegt man gewöhnlich in der Temperatur des Wassers, welche dasselbe in dem Lagone annimmt, zu suchen. Man glaubt und bis zu einem gewissen Grad jedenfalls nicht mit Unrecht, daß, wenn das Wasser sich seinem Siedepunkt nähere, d.h. die Temperatur von etwa 70° C. überschritten habe, mit dem uncondensirten Dampf auch die Borsäure uncondensirt durchgehe, daß das Wasser so zu sagen zu wenig Berührungspunkte mit dem Borsäuredampf habe, um die Borsäure desselben zu absorbiren. Man erzählt sogar, daß, wenn ein Lagone überlaufe, das überlaufende Wasser reicher an Borsäure sei als das im Lagone zurückbleibende, ja daß dieses fast borsäurefrei sei, wie wenn es eben erst in den Lagone gekommen wäre; man erklärt dies damit, daß die oberste Schichte des Lagonenwassers der darüber stehenden, mit Borsäuredampf geschwängerte Dampf- und Luftschicht eine große Absorptionsfläche biete und sich daher stärker mit Borsäure sättige. Persönlich hatte ich jedoch keine Gelegenheit darüber Erfahrungen zu sammeln und glaube es auch nicht. Die Beobachtung, daß je niederer die Temperatur, desto mehr Borsäure absorbirt wird, daß ca. 65° C. die günstigste Temperatur ist sowohl für die Absorption der Borsäure als die der Ammonsalze, soweit sie sich aus Schwefelammonium bilden, konnte ich zu Travale allerdings wiederholt machen. Dabei ist aber zu bedenken, daß eine zu niedere Temperatur zuviel Wasserdampf condensirt, welcher seinerseits die Borsäurelösung verdünnt. Führt man sich aber zu Gemüthe, daß die Abkühlung eines Lagonenwassers auf dem kurzen Weg von einem Lagone zum anderen unmöglich besonders wirkungsvoll sein kann, so kommt man zur Ueberzeugung, daß außer der Temperatur noch ein Agens vorhanden sein muß, welches die Absorption der Borsäure bedingt resp. ausschließt. So führten auch Versuche auf den Lagonen von Travale, eine größere Absorption von Borsäure dadurch zu erzielen, daß man den Soffione durch ein größeres, wagrecht im Lagone liegendes Rohr, in welches viele kleine Löcher gebohrt waren, ausströmen oder daß man den Soffionendampf durch einen Coaksthurm passiren ließ, zu keinem nennenswerthen Resultat. Um die Borsäure der Lagonenwässer zu gewinnen, muß dasselbe abgedampft und auf den Sättigungspunkt (8 Proc.) gebracht werden, damit sie beim Erkalten herauskrystallisire. Dies geschieht in langen Pfannen aus gewalztem Bleiblech (le caldaje), welche in langer Front (nach dem † Chemiker Adriano Larderel genannt: le caldaje Adriane) und mehrere Glieder tief (gruppirt zu Fornelli) durch darunter circulirenden Soffionendampf geheizt werden. Die Pfannen sind eingedeckt. Der Dampf tritt gewöhnlich an einem der beiden Enden der Pfanne, seltener in der Mitte derselben, durch einen gemauerten Canal oder ein Rohr ein und am entgegengesetzten Ende wieder aus. Die Pfannensysteme haben eine schwache Neigung von 2 bis 3°; sie sind 80 bis 120 Meter lang, bei Larderel 1,64 M., bei Durval 3 M. breit und 0,05 M. tief. Der Rand ist 0,15 M. hoch aufgebogen. Von 60 zu 60 Centim. sind auf der ganzen Länge der Pfannen querüber Erhöhungen von etwa 5 Centim. Höhe angebracht, welche entweder über die ganze Breite der Pfanne laufen oder abwechselnd links und rechts den gegenüberliegenden Rand nicht berühren, so daß eine kleine Lücke bis zur Wand bleibt. Diese Erhöhungen werden durch unter dem Bleiblech durchgeschobene Stäbe aus Kastanienholz (castanea vesca), in der Clouet'schen Fabrik durch aufgelöthete Bleiblechstreifen, hervorgebracht. In den ersteren macht das Wasser den geraden Weg und läuft über die Erhöhungen herab; bei der anderen Art ist das Wasser genöthigt, eine Serpentine zu beschreiben, also einen größeren Weg zu machen. Die Larderel'schen Bleipfannen ruhen direct auf Latten aus Kastanienholz, diese auf Querschwellen. Unter diesen Traversen und den Unterlagslatten circulirt der Dampf und das condensirte Wasser läuft am Boden in einem kleinen Canal ab. Die Durval'schen Bleipfannen (4 Millim. dick) ruhen auf Eisenblechtafeln (Nr. 18), diese auf eisernen Querstäben (3 Centim. breit und 9 Millim. hoch), welche rechts und links in das Mauerwerk eingelassen sind und ihrerseits durch kleine Pfeiler aus quadratischen Backsteinen gestützt werden. Ob Holz oder Eisen und Backsteine das richtige Material ist, darüber ist man an Ort und Stelle nicht einig, da der Dampf ein wie das andere Material nach einiger Zeit angreift. Die Pfannen sind in den Erdboden eingelassen, nachdem dieser zuvor gehörig mittels Cement wasserdicht gemacht oder auch gepflastert wurde. Am unteren Ende der Pfannen befindet sich ein kleines Sammelbassin, in welchem sich die concentrirte Lösung (l'acqua cotta, gelbgefärbt) sammelt und worin dieselbe auf circa 15° B. gebracht wird, um sodann in die Krystallisationsgebäude geleitet oder gepumpt zu werden. Auf den Larderel'schen Werken sind Aräometer nicht gebräuchlich; wohl sieht man sie aber auf den anderen Werken in den Händen der Arbeiter. Die Bleiplatten werden mit Zinn gelöthet, nur auf den Lagonen von Travale wird mit Blei vermittels des Debassin'schen Löthrohres gelöthet, was natürlich viel dauerhafter und billiger ist. Auf dem langen Weg, bei der großen Oberfläche, der geringen Höhe des Wassers auf der Pfanne, bei einer Temperatur von 60 bis 90° C. concentrirt sich die so sehr verdünnte Borsäurelösung, welche das Lagonenwasser darstellt, sehr rasch. Auf einem Pfannensystem von etwa 100 Meter Länge verdampfen ca. 100. 000 Liter in 24 Stunden. Auf seinem Weg setzt das Wasser den größten Theil seines nicht unbedeutenden Gehaltes an Gyps ab, welcher sich stellenweise sehr fest an das Blei anlegt und, da er ein schlechter Wärmeleiter ist, von Zeit zu Zeit abgeklopft werden muß, welche Operation für die Conservirung des Bleibleches gerade nicht von Vortheil ist. Aus einer Lauge, die viel Magnesia enthält, kann auf den Pfannen schon ein Theil der Hauptverunreinigung der rohen Borsäure – die MgSO₄ + (NH₄)₂SO₄ + 6aq, ein ziemlich schwer lösliches Salz – ausfallen. Diese Absätze aus dem Lagonenwasser, der Hauptmasse nach Gyps, werden in allerjüngster Zeit theilweise zu landwirthschaftlichen Zwecken abgeführt; früher wurden sie leider nie benützt ebenso wie heutigen Tags noch (außer auf den Lagonen von Travale) der Ammoniakgehalt der Mutterlaugen nicht verwerthet wird. Die krystallisationsreife Lauge wird in Bottiche (1 Meter hoch und 0,75 M. breit), die innen nicht mit Blei bekleidet sind, vertheilt, worin sie 3–5 Tage verweilt. Hierauf stößt man den Zapfen im Boden des Bottiches durch, läßt die Mutterlauge ablaufen, nimmt mit hölzernen Schaufeln die Borsäure aus den Bottichen, bringt sie in Körbe, läßt sie 24 Stunden abtropfen (an manchen Orten z.B. in Travale wird die Mutterlauge abgepreßt) und bringt sie schließlich in die Trockenhäuser, deren Boden auch mit Sossionendampf erwärmt ist. Nach 24 Stunden ist die Borsäure lufttrocken und zum Versandt nach den Magazinen geeignet. Die MutterlaugeDiese Mutterlaugen werden in dortiger Gegend als Mittel gegen die sehr häufige Krätze bei Menschen und Thieren mit ausgezeichnetem Erfolg allgemein angewendet. Der Geruch dieser Mutterlaugen erinnert an die Laugen in Alaunfabriken, welche mit Alaunschiefer oder Erde arbeiten. wird wieder auf die Pfannen zurückgegeben oder, wenn sie sehr viel fremde Salze enthält, in das Klärbassin oder in die Lagonen gegossen. An Orten wie Sasso und Castelnuovo, wo in den Bottichen statt Borsäure hie und da die schönsten Krystallisationen von dem oben erwähnten Doppelsulfat auftreten, macht man häufig kurzen Prozeß und läßt die Mutterlauge in den Pavone oder sonst wohin laufen. Ein schwacher Punkt der heutigen Borsäure-Industrie sind namentlich diese Mutterlaugensalze, welche entweder vollständig in die rohe Borsäure wandern oder weggeworfen werden, statt daß man eine reinere Borsäure und nebenher allenfalls ein Düngsalz zu erzielen sucht. Daß dies möglich ist, haben Versuche zu Travale gelehrt. Allein es liegt den Producenten wenig daran, reinere Borsäure zu liefern, da die Nachfrage ohnedies viel größer ist als das Angebot. Schließlich einiges über die verschiedenen Etablissements. Die Larderel'schen Fabriken oder wie der officielle Titel lautet: Gli Stabilimenti dell' Acido Borico in Toscana di proprietà dei Conti de Larderel sind in der oben erwähnten (im Besitz von Larderel befindlichen) Monographie Meneghini's eingehend, aber etwas schöngefärbt beschrieben. Ebendaselbst finden sich Angaben über die Höhe der Production Larderel's, die auch für heute noch im Allgemeinen giltig sind. Die Production Durval's basirt nur auf dem Lago zolforeo und auf vielen Bohrlöchern an demselben. Der Lago zolforeo enthielt ursprünglich im Maximum nur 0,05 Procent Borsäure in seinem Wasser, weshalb Larderel es wohl einst nicht für der Mühe werth gehalten hatte, sich seinen Besitz zu sichern. Der See hatte verschiedene kleine Bäche als Zuflüsse und eine Temperatur von circa 30° C. Sein Wasser roch stark nach Schwefelwasserstoff und diente nur zur Speisung der in der Nähe befindlichen Larderel'schen Lagonen, die unter dem Namen „Lago“ zusammengefaßt werden. Durval nahm die Idee Gazzeri's, daß durch Bohrungen künstliche Soffionen zu erzielen sein müßten, mit Glück auf, nachdem auch er anfangs mit schlechtem Erfolg die Borsäure des Lago unter Anwendung von Holzfeuerung zu gewinnen gesucht hatte. Zuerst leitete er die Zuflüsse des Sees ab, resp. brachte die Speisung des Sees in seine Gewalt, wodurch das Niveau des Sees bedeutend tiefer gelegt wurde und er inmitten von Larderel'schen Grund und Boden das nöthige Terrain zum Bauen und Bohren gewann. Er hatte darauf das Glück, verschiedene mächtige Soffionen zu erbohren, die ihm zur Heizung dienen konnten, theilweise auch borsäurereiches Wasser auswarfen. Das Wasser des Sees enthielt zwar ziemlich viel Eisen gelöst, welches ihm aber durch Kalkmilch auszufällen gelang. Seine Production hob sich nun rasch (im Jahr 1857 schon 100000 Kilogr. jährlich). In den letzten Jahren führte er eine weitere bedeutende Arbeit durch. Er trennte den kleineren Theil des Sees, in welchem die Mündungen der Soffionen sich befinden, durch einen Damm von dem größeren Theil, der nun als Reservoir dient. Dies hatte eine bedeutende Anreicherung an Borsäure für den ersteren Theil, den sogenannten catino oder cratere zur Folge. Derselbe enthält nun 0,2 bis 0,3 Proc. kryst. Borsäure je nach der Jahreszeit; die Temperatur ist 67° C., die Tiefe ca. 25 Meter. Sein Wasser ergab mir im April 1873 pro Liter 3,650 Grm. Gesammtrückstand, wovon 1,916 Grm. kryst. Borsäure; Ende Sommer 1872 hatte sein Wasser 2,790 Grm. pro Liter enthalten. Der eigentliche See hat nur 26° C.; sein Wasser ergab mir im April 1873 pro Liter 2,655 Grm. Rückstand, wovon 0,783 Grm. kryst. Borsäure und 0,078 Grm. Ammonsulfat. Ein Bohrlochwasser vom Lago ergab mir Juni 1873 pro Liter einen Gesammtrückstand von 2,880 Grm., wovon 1,526 kryst. Borsäure und 0,078 Ammonsulfat. Das Wasser des Lago enthält viel Eisen, welches aber in dem Wasser des cratere nur in Spuren zu finden ist, also in demselben ausgefällt zu werden scheint. Durval hat jetzt eine tägliche Production von circa 1200 Kilogrm.; sein Product ist sehr rein (95–98 Procent). Durval's Borsäure geht contractlich an die Firma MacBean nach Livorno, wie die Larderel's ebendahin an die Firma Lloyd. Unweit des Lago zolforeo liegt die Fabrik Clouet's, Fonte Mortina, welche nur mit künstlichen Soffionen arbeitet. Sie ist die eleganteste aller Borsäurefabriken, steht aber leider gegenwärtig still, da im Winter 1872/3 ihre Bohrlöcher fast plötzlich aufhörten Wasser, und Dampf zu fördern. Da gleichzeitig Durval am Lago mehrere sehr mächtige Soffionen erbohrte, so könnte man fast vermuthen, daß Durval seinem Landsmann Clouet den Dampf so zu sagen abgebohrt habe. Die Soffionenwässer Clouet's hatten trotz der unmittelbaren Nähe der Soffionen von S. Federigo nur einen Gehalt von 0,03 bis 0,04 Proc. kryst. Borsäure. Seine Production betrug täglich 100 bis 150 Kilogrm. Weit ab von den anderen Lagoni hart an der senesischen Provincialgrenze liegen die Lagoni di Travale, unweit des Bagno delle Galleraje, an der Straße von Massa marittima nach Poggibonsi. Ihre Ausbeutung begann im Jahr 1860. An ihnen soll der berühmte senesische Professor Mascagni seine Studien gemacht haben, was nicht unwahrscheinlich ist, da der Stammsitz der Familie in dem nahe gelegenen Casteletto liegt und deren Besitzthum an diese Lagonen grenzt. Vielleicht waren dieselben zu Mascagni's Zeiten reicher an Borsäure als gegenwärtig; denn zur Zeit haben ihre Wässer nur einen Gehalt von höchstens 0,4 Proc. kryst. Borsäure und 0,15 Proc. Ammonsulfat. Es sind hier mehrere sehr starke und heiße Soffionen erbohrt, deren Wasser und Dampf aber auch nicht viel reicher ist als derjenige der dortigen natürlichen Soffionen. Hier fand 1871 L. Meyer Vergl. die Berichte von Rath in dem Journal der deutschen geognostischen Gesellschaft., daß der Dampf der Soffionen, wenn man denselben durch eine Säure passiren läßt, diese neutralisire, also in dem Dampf wahrscheinlich als Einfach-Schwefelammonium enthalten sei – eine Beobachtung, die meines Wissens neu ist. Die oberen Soffionen von Travale werden auf Ammonsulfat, d.h. auf Düngsalz ausgebeutet. Dasselbe enthält 40–55 Proc. Ammonsulfat neben 6–14 Proc. Borsäure. Eine Analyse Meyer's möge die ungefähre Zusammensetzung des Productes zeigen. Er fand: MgSO₄ + (NH₄)₂SO₄ + 6aq. 54,0 (NH₄)₂SO₄ 22,4 Kryst. Borsäure 13,6 Lösliche fremde Salze 5,0 Sand 2,7 Hygroskopisches Wasser 2,3 ––––– 100,0 Die unteren am Sajo liegenden Soffionen Travale's enthalten nur Spuren von Ammoniak (0,010–0,020 Grm. pro Liter Ammonsulfat), in ihrer Mutterlauge tritt die schwefelsaure Magnesia in Hintergrund; statt ihrer treten bedeutendere Mengen Glaubersalz auf. Diese unteren Soffionen werden auf Borsäure benützt. Der Gehalt des Dampfes der hier abgetriebenen Bohrlöcher betrug ursprünglich nur 0,02 Procent kryst. Borsäure, ist aber in letzter Zeit auf circa 0,04 Procent gestiegen. Unweit derselben steht ein massives rundes Gebäude, das in seinem Innern verschiedene eiserne Retorten und darüber mehrere Kammern birgt. Hier suchte Becchi die rohe Borsäure durch Sublimation zu reinigen. Er zerstörte zuerst das Ammonsulfat durch Rösten und sublimirte sodann aus obigen Retorten die Borsäure bei Rothgluth. In den Kammern wurden Tücher ausgespannt, an denen sich die Borsäure wieder absetzen konnte. Der Versuch gelang vollkommen. Es wurden einige Centner chemisch reine Borsäure dargestellt, aber die Kosten kamen so hoch und die Sublimation erforderte soviel Zeit, daß von dieser Borsäure-Raffinationsmethode wieder abgesehen werden mußte. Der Versuch die Borsäure der Soffionenwässer mittels Kalkhydrat auszufällen gelang ebenfalls nicht, da der borsaure Kalk sich als zu löslich erwies. Dagegen hat Dr. Schwarzenberg hier eine entschiedene Verbesserung eingeführt; er ließ nämlich die erste Hälfte der Abdampfung des Wassers nicht auf den Bleipfannen vor sich gehen sondern in großen Bassins, die durch eiserne Röhren, in denen der Dampf circulirt, geheizt werden. Sämmtliche Lagonen sind leicht zugänglich und es wäre zu wünschen, daß sie von Deutschen ebenso viel besucht würden, wie von Engländern und Franzosen. Stuttgart im Februar 1874.