Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 213, Jahrgang 1874, Nr. , S. 357
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Miscellen. Miscellen. Automatische elektrische Pfeife für Locomotiven. General Morin überreichte im Namen von Lartigue und Forest der Pariser Academie in der Sitzung vom 30. März 1874 eine Note über eine (1873 auch in Wien ausgestellte, von Dig. in Paris angefertigte) automatischelektrische Pfeife für Locomotiven, welche dazu bestimmt ist, einem sichtbaren Signal, mittels dessen man dem Locomotivführer das Anhalten an einer bestimmten Stelle vorschreibt, ein hörbares Signal hinzuzufügen, weil das sichtbare bisweilen nicht ausreichend ist. Die automatische elektrische Pfeife ist eine Dampfpfeife, deren Ventil durch einen unter der Einwirkung einer Feder stehenden Hebel bewegt wird. Für gewöhnlich wird der Hebel durch einen Elektromagnet nach dem System von Hughes gehoben erhalten, und dabei ist das Ventil geschlossen. Durchläuft ein elektrischer Strom von vorgeschriebener Richtung die Elektromagnetspulen, so wird der von dem permanenten Hufeisenmagnete inducirte Magnetismus der Elektromagnetkerne neutralisirt, der Elektromagnet läßt seinen Anker abfallen, der Hebel wird frei, und die Pfeife ertönt. Der auf der Locomotive selbst befindliche Apparat ist durch einen isolirten Draht mit einer hinter dem Feuerraume angebrachten metallenen Bürste leitend verbunden, und die Borsten stehen einige Centimeter über die tiefsten Theile der Maschine vor. In einem bestimmten Abstande vor dem sichtbaren Signale wird auf der Bahn ein mit einer Metallplatte ausgerüsteter Holzstempel aufgestellt; die Metallplatte aber steht, sobald das Signal auf „Halt“ gestellt ist, mit einer Elektricitätsquelle in Verbindung. Wenn dann die Bürste über die Platte hinweggeht, so durchläuft der elektrische Strom den Elektromagnet der Pfeife, und diese ertönt sofort. Der Locomotivführer aber bringt die Pfeife zum Schweigen mittels eines Handgriffes, welcher den Hebel wieder auf die Pole des Elektromagnetes legt. Diese automatische elektrische Pfeife wurde im Mai 1872 auf der französischen Nordbahn einer Probe unterzogen. Die Versuche dauerten 8 Monate hintereinander fort und erstreckten sich auf Geschwindigkeiten, welche oft 110 Kilometer in der Stunde überstiegen; aber nicht ein einziges Mal versagte der Apparat. Die Gesellschaft hat daher zu Anfang 1873 zunächst alle Schnellzugslocomotiven – 45 an der Zahl –, welche zwischen Paris, Amiens und Tergnier Dienst thun, mit solchen Pfeifen ausrüsten lassen. Alle als sichtbare Signale dienende Scheiben – 60 an der Zahl –, welche sich auf den Bahnstrecken zwischen diesen drei Stationen befinden, wurden mit jenem festliegenden Contactstempel versehen und zwar in einer Entfernung von etwa 100 Meter vor den Signalen. Die automatische elektrische Pfeife wurde in gleicher Weise in Werkstätten, in Bergwerken u.s.w. in Gebrauch genommen, und kann überhaupt überall da angewendet werden, wo man über einen Dampfkessel verfügen kann und ein durchdringendes Signal zu geben hat, sei es nun automatisch oder sei es nach dem Willen einer Person, mit welchem man z.B. anzeigen will, daß die Spannung eines Gases zu groß geworden ist, daß ein Behälter voll oder leer, eine Temperatur zu tief oder zu hoch gestiegen ist u.s.w. (Nach den Comptes rendus, 1874 t. LXXVIII p. 896.) E–e. Festigkeit von Hanfseilen; nach D. Kirkaldy. In dem wegen seiner Verläßlichkeit berühmten „Institute zur Untersuchung der Festigkeit der Constructions-Materialien“ – von David Kirkaldy in London – fanden kürzlich Versuche mit Hanfseilen besten Londoner Fabrikats statt, deren Resultate wir – nach metrischem Maß- und Gewichtssystem umgerechnet – in den Durchschnittswerten nachstehend folgen lassen. Eine genauere Charakteristik der Seile ist in unserer Quelle (Engineer, Juli 1874, S. 80) leider nicht beigefügt worden. Textabbildung Bd. 213, S. 357 Seilgattung; Preis pro Centner; Gewicht pro 1 Met. Länge; Durchmesser; Bruchbelastung; Total; pro 1 Kilo des laufenden Seilgewichtes; pro 1 Quadrat.-Millim.; Ausdehnung pro 1 Kilo laufendes Seilgewicht für Belastungen in Lilo von; Shill.; Kilo; Mm.; Kilogramm; Procent; 1. Russ. Seil 48 Fäden; 2. Maschinen-Seil 50 Fäd.; Hand-Seil 51 Fäden Die in Procent gegebenen Ausdehnungen bei 915, 1830.... Kilogrm. Seilbelastung pro 1 Kilo laufendes Seilgewicht (d.h. Gewicht von 1 Meter Seil) entsprechen folgenden Belastungen pro 1 Quadr.-Millimeter: Seilgattung. 915 1830 2745 3660 4575 5490 Belastung pro 1 Quadr. Millim. Seil 1 0,98 1,96 2,94 Seil 2 0,95 1,90 2,85 3,80 Seil 3 0,94 1,88 2,82 3,76 4,70 5,64 Vergleicht man diese Daten (welche allerdings bei Berechnung des tragenden Querschnittes nach dem größten Durchmesser etwas ungünstigere Resultate geben, als wirklich stattfinden) mit dem Redtenbacher'schen Werthe von 5,1 Kilogramm pro 1 Quadr.-Millim. für die absolute Festigkeit der Hanfseile, so sieht man, daß nur das handgedrehte Seil mit 5,71 diese Grenze erreicht, während die anderen Sorten – obwohl theurer – weit dahinter zurückbleiben. Noch mehr differiren die Werthe von der in der „Hütte“ gegebenen Zerreißfestigkeit von 12,3 Kilogrm. pro 1 Quadr.-Millimeter, welcher wohl nur für ganz exceptionelle Fälle giltig sein kann. Fr. Molecularveränderung von Schmiedeisen. Es ist allgemein bekannt, daß die Textur des Schmiedeisens durch Erschütterungen eine Aenderung erleidet und aus dem sehnigen in den krystallinischen Zustand übergeht. Minder bekannt dürfte es sein, daß eine ähnliche Veränderung wenigstens oberflächlich vor sich geht, wenn sehniges Schmiedeisen erhitzt oder geglüht und plötzlich abgekühlt wird. Professor Kick hat – nach einer Mittheilung in den „Technischen Blättern“ 1874 S. 127 – bestes steyrisches Kesselblech in einem Muffelofen erhitzt, und zwar nicht aber nahe bis zur Glühhitze, und dann abgeschreckt. Beim Bruche zeigte sich eine fast 1 Millimeter dicke krystallinische Schichte, welche außen lag, während die weiter innen liegenden Partien den schönsten hackigen Bruch darboten, wie vor dem Erhitzen die ganze Bruchfläche. Bei einem zweiten Versuche wurde ein anderes Probestück desselben Materiales zur hellen Rothglühhitze gebracht, in Wasser abgelöscht und gebrochen. Auch hier zeigte sich die krystallinische Schichte an der Oberfläche und zwar noch deutlicher. Die Probestücke hatten eine Dicke von 10 Millim. Macht man diese Versuche mit dünnem Blech, so ist die Texturänderung eine die ganze Bruchfläche umfassende, wie dies leicht begreiflich ist. Nachdem der Uebergang aus der sehnigen zur körnigen Structur mit einer Verminderung der Festigkeit verknüpft ist, so dürfte obige Thatsache auch bei dem Betriebe von Dampfkesseln Beachtung verdienen. Befinden sich leere Kessel längere Zeit (nach dem Ausblasen) zwischen dem heißen Mauerwerk und werden sie dann mit kaltem Wasser gespeist, so muß sich nebst den schädlichen Contractionen auch eine Molecularveränderung an der Innenfläche des Kessels einstellen. Grüne Bronzirung auf Eisen; von Paul Weiskopf. Löst man 1 Theil sylvinsaures Silberoxyd in 20 Theilen Lavendelöl, so erhält man eine Flüssigkeit, mittels welcher sich die schönsten und haltbarsten grünbronzenen Ueberzüge auf Guß- und Schmiedeisen, Blech und Draht herstellen lassen. Man erfährt folgendermaßen: Die zu bronzirenden Flächen werden gut geputzt und getrocknet (poliren ist nicht nöthig). Mittels eines Haarpinsels überstreicht man sie schwach und erwärmt rasch bis zu 150° C. Man erkennt den richtigen Hitzegrad leicht daran, daß sich die intensiv glänzende grüne Farbe an allen Stellen des Stückes gleichmäßig zeigt. Will man bronzirte Zeichnungen herstellen, so substituirt man einen Theil des Lavendelöles durch venetianischen Terpentin oder durch eine Kolophoniumlösung in Lavendelöl. Es ist dann am besten, wenn man das trockene sylvinsaure Silberoxyd in der Reibschale oder auf einer Farbreibtafel mit dem Harze verreibt und mit Lavendelöl soweit verdünnt, bis es sich wie jede Malerfarbe leicht mit dem Pinsel auftragen läßt. Derart bronzirte Eisengegenstände können nachträglich galvanisch verkupfert werden, wobei sich das Kupfer auf die Bronzirung nicht anlegt. Kupfer, Messing, Tombak etc., mit der genannten Silberlösung überstrichen und auf ungefähr 250° C. erhitzt, überziehen sich mit einer grauen, matten, in's Röthliche schimmernden Silberhaut, welche jedoch nicht haltbar ist und erst mit einem schwachen Lackanstriche überzogen werden muß, worauf die Gegenstände das Aussehen des sogenannten Métal oxydé erhalten. Ueber einige chinesische und japanesische Bronzen mit dunkler Patina; von H. Morin. Im Jahre 1869 waren im Industrie-Palaste verschiedene Producte China's und Japan's ausgestellt, unter welchen sich Bronzen von außerordentlicher Schönheit befanden, welche nicht nur durch die Feinheit ihrer Filigranarbeit, sondern auch durch die angenehme matte schwarze Farbe ihrer Patina die Aufmerksamkeit fesselten. Durch Vermittelung des Hrn. Barbedienne erhielt Verf. sieben Muster solcher schwarz patinirter Gegenstände zur näheren chemischen Untersuchung. Es waren theils runde, theils vier- und sechsseitige Vasen; die daran angebrachten Verzierungen bestanden meist in Blättern, Blumen und Schildkröten, in zwei Fällen aus Vögeln und menschlichen Figuren – sämmtlich von reinem Silber, mit einem glänzenden Firniß überzogen, und dadurch von der dunkeln Patina der Vasen effectvoll abstechend. Die Patina erhielt, wie auch schon ihr mattes Ansehen errathen ließ, keine Firnißdecke; ferner bildete sie mit der Bronze eine Masse, und verdankte ihre Farbe nicht etwa einer Schwefelung, wie das wohl bei den Chinesen mitunter zu geschehen pflegt. Man hatte also Grund zu vermuthen, daß die Composition der angewendeten Legirung mit den erhaltenen Resultaten in einem gewissen Zusammenhange stände, und wurde diese Annahme durch die Analyse vollständig bestätigt. Verf. erhielt nämlich vom Textabbildung Bd. 213, S. 359 Zinn; Kupfer; Blei; Gold; Eisen; Nickel; Zink; Arsen; Schwefel Nur von Nr. 1 wurde das specifische Gewicht ermittelt und mit 8,8455 gefunden. Die erste und zugleich wichtigste Wahrnehmung, welche die Zusammensetzung der Legirungen der ersten Gruppe darbietet, ist, daß sie sämmtlich weit mehr Blei enthalten, als die gewöhnlichen künstlichen Bronzen; die Erfahrung hat übrigens gelehrt, daß der Bleigehalt mit der Intensität der Patina steigt. Man gelangt daher zu dem Schlusse (welchen die Synthese bestätigt), daß die dunkle Patina jener chinesischen und japanesischen Bronzen auf ihrer eigenthümlichen Composition beruht. Die Legirungen der zweiten Gruppe unterscheiden sich durch einen größeren Gehalt an Zinn und namentlich an Zink; ihre Verzierung erscheint viel sorgfältiger ausgeführt und deutet auf einen Fortschritt in der Kunst hin; aber schon das Zink, welches sich reichlicher darin findet, scheint die Gegenwart des Bleies das Gleichgewicht zu halten. Es blieb nun noch übrig diese Bronzen nachzumachen und zu ermitteln, ob die so erzielten Legirungen sich ebenso wie die fremden verhalten würden. Zu diesem Zwecke stellte man zwei Compositionen in nachstehenden Verhältnissen dar. ZinnKupferBleiEisenZink 5,5.72,520,01,50,5 Erste Composition 583102 Zweite Composition. –––– –––– 100,0 100 Die erste Composition, welche nur selten vorkommt, bietet wenig Interesse dar; sie ist schwierig in ihrer Behandlung, gibt keine bessere Patina, und die daraus gegossenen Gegenstände sind äußerst zerbrechlich, indem sie selbst geringen Stößen nicht widerstehen. Die zweite Composition dagegen liefert sehr befriedigende Resultate; Bruch und Korn der daraus gefertigten Gegenstände stimmen ganz mit denen der orientalischen Bronze überein, und sie nehmen beim Erhitzen in der Muffel schon nach kurzer Zeit dieselbe schöne matte schwarze Patina an. Auch läßt sie sich ebenso leicht auf der Drehbank und mit dem Meißel behandeln. Zu beachten ist jedoch, daß man, ebenso wie es die Chinesen thun, nur kleine Gegenstände daraus herstellt, und daß der Gießer dabei die richtige Temperatur des Metalles sorgfältig einhält. Gießt man nämlich zu heiß aus, so zeigen sich dieselben Uebelstände, wie wenn man sehr dicke Gegenstände anfertigt; und jene bestehen darin, daß während des Erkaltens eine Art Verflüssigung in dem Model entsteht und das Gußstück in Folge der Bildung zahlreicher kleiner weißer Erhöhungen ein rauhes Ansehen bekommt. Es ist aber gerade diese Verflüssigung, welche erst beim Wiedererwärmen in der Muffel eintreten soll, und die, mit Sorgfalt geleitet und zugleich mit einer Oxydation verbunden, zur Entstehung einer dunkeln fest anhaftenden Patina Anlaß gibt. Die geringe Festigkeit der Legirungen von Kupfer und Blei gestattet nur schwierig eine Benützung der Gußabfälle; ihre Zerbrechlichkeit beschränkt auch den praktischen Gebrauch in den Künsten sehr wesentlich, sie verdienen mithin nur in den Fällen, wo es sich um Bildung einer schönen Patina handelt, Beachtung. (Comptes rendus, 1874 t. LXXVIII p. 811.) W. Ueber die Schwefelverbindungen des Goldes. Dr. A. v. Schrötter hat in Gemeinschaft mit Dr. E. Priwoznik eine Untersuchung, betreffend die Schwefelverbindungen des Goldes vorgenommen, welche einen Theil einer größeren Arbeit über dieses Metall bildet. Es geht aus den Versuchen hervor, daß es mit den bisher angewendeten Mitteln und Verfahren nicht möglich ist, durch Fällen von Goldlösungen mit Schwefelwasserstoff – dieselben mögen sauer oder neutral, kalt oder heiß, verdünnt oder concentrirt sein – nach Belieben bestimmte Verbindungen zu erhalten. Es entstehen Niederschläge, die fast immer Gemenge von Gold oder Schwefel mit Schwefelgold sind. Auch durch Auflösen des gefällten Schwefelgoldes in einem Schwefelalkalimetall gelingt es nicht eine bestimmte Verbindung beider Körper zu erhalten, weil sich bei der Zersetzung der so bereiteten Lösung durch eine Säure dem Niederschlage Schwefel beimengt, der sich ohne Zersetzung des Schwefelgoldes nicht entfernen läßt. Hieraus erklären sich die Widersprüche in den Angaben von Berzelius, Oberkampf, Levol u.a. über diesen Gegenstand. (Anzeigen der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien, 1874 S. 165.) E. Ein Vergiftungsfall durch Blei; von G. Bergeson und L. L'Hôte. Vor einigen Monaten wurden auf einem Besitzthum im Departement Seine-et-Marne 26 Personen bedenklich krank, wovon zwei starben. Die behandelnden Aerzte kamen zu der Ueberzeugung, daß hier Blei-Vergiftungen stattgefunden haben mußten. Es ergab sich, daß das Blei, welches die Vergiftung veranlaßt hatte, in dem Salzwasser enthalten war, welches zur Aufbewahrung der Butter diente. Dieses Salzwasser enthielt, außer Kochsalz noch Zucker, Salpeter, essigsaures Natron und Chlorblei, letzteres offenbar durch Wechselwirkung von Bleizucker und Kochsalz entstanden. Auf Bleizucker berechnet, fand man in sechs Proben von Salzwasser per Liter 2,3 bis 7,5 Grm. dieses Salzes. Die gut ausgedrückte Butter enthielt noch eine merkliche Menge Blei. Zum Küchengebrauch wurde übrigens diese Butter ohne vorherige Pressung verwendet. Das Blei ließ sich in den Organen der beiden an der Vergiftung Gestorbenen nachweisen – und zwar in dem Darmcanale, der Leber und im Gehirne. (Comptes rendus, Juni 1874, t. LXXVIII p. 1705.) W. Kautschuk-Graphit-Anstrich. Die Masse zu diesem Anstriche, der für Metalldächer und alle Arten von Holzconstructionen, welche den Einflüssen des Wassers ausgesetzt sind, empfohlen wird, ist von M. S. Mathwes in Harrisbury in Pennsylvanien erfunden und demselben patentirt worden. Sie besteht in einer Lösung von Kautschuk in Leinöl, welche mit Graphit zu einer dicklichen, leicht streichbaren Mischung zusammengerieben worden ist. Ueber Carbolsäure (Phensäure, Phenol) zur Präparation der Hölzer; von M. Boucherie. Man nimmt an, daß wenn der Theer das der Luft und Feuchtigkeit ausgesetzte Holz conservirt, diese Eigenschaft seinem Gehalte an Carbolsäure und Kreosot zuzuschreiben ist. Es war mithin zu vermuthen, daß man durch Ersetzen des Saftes der Bäume mit schwach carbolsaurem Wasser dieselben vor dem Verderben schützen könne. Ich wünschte zu erfahren, bis zu welchem Grade eine solche Vermuthung richtig sei, und tränkte im August des Jahres 1868 Holz mit einer 1/2, 1 und 2 Proc. enthaltenden Auflösung von Carbolsäure in Wasser. Diese Hölzer wurden in feuchtes Erdreich eingescharrt und im Mai 1874 wieder ausgegraben, machten aber keinen befriedigenden Eindruck. Das Espenholz war so vermodert, daß ich Mühe hatte, die Bruchstücke zu sammeln. Das Fichtenholz hatte seine Gestalt besser bewahrt, war aber nicht weniger stark verändert, und wäre wohl noch schlechter geworden, wenn es nicht eine beträchtliche Menge Harz enthalten hätte. Neben einem Bret von Fichtenholz hatte ich einen Block Platanenholz gelegt, dessen eine Hälfte mit 1 1/2procentiger KupfervitriollösungVergl. dies Journal, zweites Märzheft 1874 S. 480. getränkt worden war. Dieser Theil hatte sich vollkommen gut conservirt. Ich habe die Carbolsäure, wegen ihrer Schwerlöslichkeit in Wasser, nicht in mehr als 2procentiger Solution angewendet. Es wäre möglich, daß man mit einer 8 bis 10procentigen Lösung ein befriedigendes Resultat erhielte; allein wie soll man dieselbe machen? Die Lösungsmittel der Carbolsäure sind sämmtlich zu theuer, um sie in solchem Falle benützen zu können. Uebrigens übt diese Säure auf das Gewebe des Holzes keinen bemerkenswerthen Einfluß aus; sie wirkt nur auf die in den Gefäßen enthaltenen albuminösen Materien, während das schwefelsaure Kupferoxyd sich so fest mit der Cellulose verbindet, daß es mit Wasser nicht wieder weggewaschen werden kann. Die Carbolsäure dagegen läßt sich mit Wasser wieder aus dem Holze entfernen, ihre antiseptische Kraft ist darin folglich nicht von Dauer. Ich halte daher einen Zusatz von Carbolsäure zum Kupfervitriol als Schutz der in das Meer eingerammten Pfähle gegen die Angriffe des Bohrwurmes für ganz nutzlos. (Comptes rendus, t. LXXVIII. Juni 1874 p. 1757.) W. Ueber eine praktische Verwendung der in Kupferoxyd-Ammoniak gelösten Cellulose. Man verwendet eine circa 650 Millim. lange und 25 bis 50 Mm. weite, oben offene, mit ganz dünn ausgewalztem Kupferband locker gefüllte Glasröhre, die am unteren Ende etwas spitz zulaufend mit einem kurzen Kautschukrohr und Quetschhahn versehen ist, richtet sie in einem Halter senkrecht auf, füllt sie dann mit starker Aetzammoniakflüssigkeit, läßt diese nach Verlauf einiger Minuten in ein untergestelltes Glas ablaufen, schüttet dieselbe von neuem auf die Kupferspäne und fährt so abwechselnd einige Stunden lang fort. Man erhält auf diese Weise in einer verhältnißmäßig kurzen Zeit eine tief dunkelblau gefärbte, mit Kupferoxyd völlig gesättigte Flüssigkeit (Schweizer's Lösungsmittel), welche Baumwolle in kürzester Zeit bei gewöhnlicher mittlerer Temperatur mit Leichtigkeit löst. Bestreicht man mittels eines breiten Pinsels die eine Seite eines Blattes ungeleimten Papieres mit einer solchen Lösung, legt auf die bestrichene Seite ein zweites Blatt Papier, unterwirft beides hierauf einer Pressung oder läßt zwischen zwei Walzen passiren und dann trocknen, so haften beide Papierblätter vollständig aneinander und bilden nun einen Körper, der zugleich für Wasser vollkommen undurchdringlich sich erweist, ja selbst bei der Siedetemperatur des Wassers seinen Zusammenhang nicht verliert. Vielleicht, daß das bis jetzt von einigen Fabrikanten noch geheim gehaltene Binde- oder Klebmittel bei Anfertigung von künstlichen Wurstdärmen, welche im letzten Kriege bekanntlich zur Herstellung von sogenannter Erbswurst eine recht nützliche Verwendung fanden, nichts anderes ist, als die hier in Rede stehende Auflösung der Cellulose in Kupferoxyd-Ammoniak. Bestreicht man nämlich die zwei Längsseiten eines schmalen ungeleimten Papierstreifens von etwas starkem schwedischen Filtrirpapier damit, klebt die bestrichenen Bänder zusammen, läßt vollkommen austrocknen und zieht dann das Ganze schnell durch Schwefelsäure von geeigneter Concentration (einem Gemisch von 2 Raumtheilen rauchender Schwefelsäure und 1 Raumtheil Wasser), so erhält man in der That, nach gehöriger Manipulation (Entsäuern, Auswaschen u.s.w.), eine Hülle vegetabilischen Pergamentes, welche auf das frappanteste einem Wurstdarme gleicht und siedendem Wasser vollständig widersteht. (Jahresbericht des physikalischen Vereines zu Frankfurt 1872/73 S. 13.) Erkennung von Baumwolle in leinenen Geweben; nach Böttger. Zur Erkennung von Baumwolle in leinenen Geweben empfiehlt Prof. R. Böttger in dem Jahresbericht des physikalischen Vereins zu Frankfurt 1872/3 S. 70 ein Verfahren, welches sich darauf gründet, daß die Leinenfaser, wenn man sie in eine alkoholische Lösung von Corallin, hierauf in eine concentrirte wässerige Lösung von kohlensaurem Natron taucht und schließlich mit der Sodalösung mehrmals auswäscht, sich schön rosaroth färbt, während die Baumwollenfaser ungefärbt bleibt. Zur Ausführung des Versuches genügt ein einige Centimeter breiter, zuvor durch Waschen von seiner Appretur befreiter, hierauf wieder getrockneter und an drei Seiten bis auf einige Millimeter ausgezupfter Streifen des zu untersuchenden Gewebes. Zur Darstellung des Corallins empfiehlt sich nach Böttger's Versuchen folgende Vorschrift am meisten. 1 G. Th. krystallisirter Oxalsäure, 1 1/2 G. Th. Phenol und 2 G. Th. englischer Schwefelsäure werden 5–6 Stunden lang auf 140–150° C. erhitzt. Die resultirende zähflüssige Masse wird in heißes Wasser gegossen und damit abgekocht. Man erhält dann ein in der Kälte sprödes harzartiges Product mit cantharidenartig grünem Flächenschimmer, welches zerrieben ein orangerothes Pulver gibt. In diesem Zustand wird es nun zur Anstellung des vorgenannten Versuches in gewöhnlichem 80procentigem Alkohol aufgelöst. Verwerthung der Abflußwässer von Wollwäschereien. Die Abflußwässer von Wollwäschereien werden nach einem englischen Patent von Daudenart und Verbert in Brüssel in der Weise verarbeitet, daß man dieselben mit Aetzbaritlösung versetzt, so lange noch ein Niederschlag entsteht, nach dem Absetzen die klare Lösung abdampft und den Rückstand calcinirt, wobei ein Gemisch von Pottasche mit etwas Chlorkalium erhalten wird. Aus dem die Fettsäuren enthaltenen Niederschlag werden diese Säuren durch Salzsäure abgeschieden, gewaschen und ausgepreßt. Die Chlorbariumlösung wird mit Magnesiahydrat versetzt und in die Mischung Kohlensäure bis zur vollständigen Fällung des Barits eingeleitet; der kohlensaure Barit wird schließlich durch Calciniren mit Kohle in Aetzbarit umgewandelt. (Vergl. Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1874 S. 250; hannoversches Wochenblatt für Handel und Gewerbe, 1873 S. 155.) Natur der Färbung des Chilisalpeters. Die gelbe Färbung gewisser natürlicher Natriumnitrate (Chilisalpeter) wird durch Kaliumchromat und die violette Färbung gewisser Stücke desselben Minerals durch salpetersaures Mangan verursacht. Die Gesteine, welche den Chilisalpeter begleiten, besitzen häufig gelbe Ueberzüge von Calcium- und Magnesiumchromat. Das Jod existirt in den gewöhnlichen Chilisalpetern in der Form von Kalium- und Natriumjodat; wenn aber die Salpeter vollständig kalifrei sind, so ist das Jod in der Form von überjodsaurem Natrium vorhanden. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1874 S. 1040). Weinanalysen von Ch. Mène. Ch. Mène, dessen Bier- und Malzanalysen wir im ersten Augustheft 1874 mittheilten, hat auch Weinproben untersucht und seine Resultate der französischen Academie vorgelegt. (Comptes rendus, Juli 1874 t. LXXIX p. 136.) Textabbildung Bd. 213, S. 363 Proben von; Alkohol Proc.; Syrupförmiger Rückstand per Liter; Salz in Proc.; Specif. Gewicht; Weine des Südens; Roussillon (1873); Narbonne; Montagne; Banyuls; Perpignan; Espagne; Montagne; Aramon; Schwarzer Wein; Burgunder Weine; Chassagne; Auxey; Meurscault; Mont-Rachet; Richebourg; Chambertin; Nuits; Mâcon (1871); Fremde Weine, Constance (Kap); Alter Madeira; Alter Malaga; Alter Alicante; Weine von Bercy; Probe Nr. Stickstoffbestimmung im Liter.Durch Verbrennung des syrupförmigen Liter-Rückstandes mit Natronkalk. Roussillon 0,1479 Grm. Saint Julien 0,0892 Grm. Narbonne 0,1650 Cher (Landwein) 0,1255 Montagne 0,0876 Rother Bercy (Landwein) 0,0858 Madeira 0,1670 Weißer Bercy 0,0780 Bugey 0,0998 Argenteuil 0,0715 Villefranche (Rhône) 0,0786 Bercy-Hefe 1,2390 B. G. Das amerikanische Patentwesen. Unter allen bestehenden Patentgesetzen kann das amerikanische unstreitig als das liberalste empfohlen werden, aber nicht als das vollkommenste. Das System der Vorprüfung mag wohl ein richtiges sein; so aber, wie es in dem Patentamt zu Washington praktisch ausgeübt wird, ist es ein Gemeinschaden. Irgend Jemand, der fremde Journale liest oder sich mit gewissen Agenten, die im Auslande leben, in Verbindung setzt, kann die im Auslande gemachte Erfindung hier als die seinige ausgeben und erhält darauf ein Patent, welches nur durch den Ausspruch eines Richters wieder abgesprochen werden kann. Dies ist aber meist ein sehr kostspieliger und auch unsicherer Weg. So ist erst neulich der Fall vorgekommen, daß der Erfinder einer Hutblockmaschine gegen diejenigen unterlag, die ihm seine Erfindung gestohlen hatten. Leider gibt es auch Deutsche, welche sich dazu hergeben, den genannten Agenten Opfer zuzutreiben; einer der berüchtigten Zutreiber heißt Eickemayer, ein Maschinenbauer, welcher in der Nähe von New-York eine Werkstätte besitzt. – Am Meisten aber werden Erfindungen des Auslandes gestohlen – besonders solche, die irgendwie in's chemische Fach einschlagen. Eine solche Erfindung ist das Nickelplattiren von Professor Dr. Böttger (1844, Bd. XC S. 365; 1872. Bd. CCIV S. 252 und 336). Ein gewisser Jacob Adams jun. (1870, Bd. CXCV S. 345; Bd. CXCVII S. 434) von Boston gab sich als den Erfinder des Nickelsverplattirens aus und erlangte vier Patente, indem er solche ausgedehnte Patentclaims setzte, daß ihm kein Anderer mehr beizukommen im Stande war. Adams verkaufte nun seine Erfindung an eine Compagnie; und diese erlaubt nur Solchen das Nickelplattiren geschäftlich zu betreiben, welche ihr für Anweisung gewisser Districte eine bestimmte Summe jährlich bezahlen. Gleichwohl wurde in den Vereinigten Staaten schon vor den Patenten des Adams des Nickelplattiren als Geschäft betrieben und in letzter Zeit warfen sich insbesondere viele Deutsche auf diesen Industriezweig, natürlich ohne von jener Nickel-Compagnie eine Licenz zu verlangen. Gegen diese Nickelplattirer geht nun die besagte Compagnie vor und zerstört ihnen das Geschäft. Auch hier bei der Verfolgung der Nickelplattirer durch die Compagnie, welche auf Grund einer gestohlenen Erfindung diese Processe in Gang setzt, hat ein Deutscher, Namens Anthes, der in Boston das Nickelplattirgeschäft betreibt, sich zum willfährigen Werkzeuge gebrauchen lassen. Es wurde eine Proceßcomödie eingeleitet, in welcher Anthes verabredetermaßen und für einen Judaslohn die Rolle des Beklagten spielte. Der Ausspruch des Richters gieng dahin, daß die Adams'schen Patente aufrecht erhalten werden müssen, und gegen alle Verletzer derselben um Entschädigung eingeschritten werden könne, weil durch Nichts erwiesen sei, daß irgendwo vor 1866 das Nickelplattiren in ähnlicher Weise praktisch als ein geschäftlicher Industriezweig betrieben wurde. Es ergeht deshalb an Alle, die Kenntniß davon haben, die Anfrage: Ist dies nicht schon vor 1866 wirklich der Fall in Deutschland gewesen? Wo bestanden solche Etablissements (in Suhl? Berlin?)Vergl. dies Journal, 1870 Bd. CXCVI S. 481. und würden die Begründer oder deren Nachfolger ihren Landsleuten hier gegen den Erfindungsdieb und dessen Hehler beistehen, indem sie durch den „Arbeitgeber“ denselben ein gerichtliches Zeugniß, das von einem amerikanischen Consul bestätigt sein muß, unverweilt zukommen lassen? Es sind 3 Punkte, welche zu beweisen sind: 1) daß nicht Dr. Isaac Adams von Boston, sondern Professor Dr. Böttger in Frankfurt a. M. der erste und Originalerfinder des Verfahrens mit Nickel zu plattiren gewesen sei; 2) daß vor Adams' Patenten dieses Verfahren in Fachzeitschriften publicirt worden ist, und 3) daß vor Adams das Nickelplattiren als geschäftlicher Industriezweig praktisch betrieben worden ist. Diese Waffen in der Hand, vermögen die deutschen Nickelplattirer in den Vereinigten Staaten ihrer Haut sich zu wehren und die gestohlenen oder vielmehr erschlichenen Patente hinfällig zu machen. (Nach dem Arbeitgeber, 1874 S. 11416.)