Titel: Grafenstadener Festigkeitsprobirmaschine.
Fundstelle: Band 215, Jahrgang 1875, S. 306
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Grafenstadener Festigkeitsprobirmaschine. Mit Abbildungen auf Taf. IX [b/3]. Grafenstadener Festigkeitsprobirmaschine. Bei der hohen Wichtigkeit und dem weittragenden Interesse, welches Maschinen zur Prüfung der Festigkeit von im Bau- und Ingenieurfache sowie im Maschinenbaue verwendeten Materalien für die öffentliche Sicherheit, für die Industrien und für die Wissenschaft besitzen, mag es gestattet sein, auf eine Festigkeitsprobirmaschine hier näher einzugehen, welche von der Elsäßer Maschinenbau-Gesellschaft (vormals André Köchlin und Comp. in Mülhausen und Anonyme Gesellschaft von Grafenstaden) zur Prüfung von Schienen und anderen Eisen- und Stahlsorten construirt und ausgeführt wurde. Die Beanspruchung des Probestückes (bis zu 100.000 Kilogrm.) und die Messung derselben erfolgt bei der vorliegenden Maschine durch eine hydraulische Presse bezieh. durch eine Schnellwaage, wie dies aus der Seitenansicht in Figur 8 [b/3] und den Detailskizzen in Figur 9 und 10 [b/4] ziemlich leicht zu entnehmen ist. In der durch diese Zeichnungen (Fig. 8 bis 10) repräsentirten Gestalt dient die Maschine zu Versuchen auf Biegungsfestigkeit. Durch Hinzufügung einiger wenigen, in Fig. 12 bis 14 resp. 15 bis 17 ersichtlich gemachten Organen,Dieselben sind in Fig. 8 ganz weggelassen, in Fig. 9 und 10 theilweise vorhanden, aber in eine solche Lage gerückt, daß sie die Biegungsversuche in keiner Weise behindern. welche je nach Wunsch und ohne weitere Aenderungen zufolge der zweckmäßigen Gestellconstruction angebracht werden können, läßt sich aber dieselbe Maschine auch zu Prüfungen auf Zugfestigkeit (als Zerreißmaschine) bezieh. auf Druckfestigkeit (als Zerdrückmaschine) benützen, wodurch sie eine erweiterte Verwendbarkeit und demzufolge allgemeine Beachtungswürdigkeit gewinnt. Sämmtliche die Presse bildenden Bestandtheile sind an einem starken gußeisernen Ständer A angebracht, welcher vorn in der Mitte den verticalen Preßcylinder B trägt; dieser communicirt durch das Rohr D mit den Druckpumpen U und c (Figur 8), welche sofort mit einigen Worten erledigt werden mögen. Die Druckpumpen U – drei an der Zahl – werden von der mit drei Excentern versehenen Welle V betrieben, welche ihre Drehung von der Riemenscheibenwelle W (60 Touren pro Minute) entweder durch das Rädersystem Y oder Z erhält, je nachdem die Pumpen mit größerer, beziehungsweise kleinerer Geschwindigkeit (mit 60 resp. mit 8 Hüben in der Minute) in Gang gesetzt werden sollen. Die Abstellung dieser Pumpen erfolgt entweder durch Verschiebung des Antriebriemens auf die Leerscheibe oder durch Verrückung des Stellhebels für die Rädersätze Y und Z in die Mittellage oder endlich durch Lüften der Saugventile der Pumpen. Außer den drei Kraftpumpen U ist noch eine Handpumpe c (Fig. 8) vorhanden, durch welche bei Untersuchungen von großer Genauigkeit der letzte Grad von Druck gegeben werden kann. Betrachten wir nun die Einrichtung der Maschine beim Probiren auf Biegung, relative Festigkeit, so steckt im Preßkolben C eine Gabel E (Fig. 8 bis 10), welche bei Ingangsetzung des Apparates die aufgelegte und zu prüfende Schiene hebt und gegen die beiden (1 Meter weit von einander abstehenden) Druckstangen F, F (Fig. 10) anpreßt; letztere übertragen den Druck auf zwei kräftige Hebel G, G, deren Drehachsen in den Taschen HH sich befinden. Die Hebel G, G wirken mittels Zugstangen I, Hebel J und Zugstangen K (Fig. 8) auf den Schnellwaagebalken L, dessen Drehachse in Lagern bei M liegt. Das Laufgewicht N wird mittels der Schraubenspindel O auf dem Waagebalken eingestellt, dessen Eintheilung Druckdifferenzen von 1000 zu 1000 Kilogrm. entspricht. Eine zweite Eintheilung auf der Scheibe P, mit deren Griff die Schraubenspindel O zur Verschiebung des Laufgewichtes gedreht wird, erlaubt die Pressungen in Unterabtheilungen von 50 zu 50 Kilogrm. abzulesen. Jede vollständige Umdrehung von O entspricht einer Druckdifferenz von 1000 Kilogrm. vor dem Kolben C. Als Gegengewicht der Hebel und Waage sind zwei belastete Hebel Q oben am Ständer A gelagert. Um aber den von der Presse ausgeübten Druck unabhängig von der Waage L prüfen und dadurch den richtigen Gang der Maschine verfolgen zu können, um ferner die Ueberschreitung eines gewissen, aus irgend welchem Grunde festgesetzten Druckes zu verhüten, steht mit der Druckleitung D durch die Röhre g (Fig. 8) ein Controlventil R in Verbindung, welches durch ein auf dem getheilten Waagebalken L' verschiebbares Laufgewicht N' belastet ist. Die Einstellung dieses Läufers geschieht durch eine Schraubenspindel O' bei Drehung des Theilrades P' analog wie oben. Steht das Laufgewicht N' auf Null, so muß die Waage durch das stellbare Gegengewicht Q' vollkommen äquilibrirt, d.h. das Controlventil R entlastet sein. Die auf relative Festigkeit zu prüfende Schiene liegt über der Druckschneide der Gabel E auf zwei rechts und links genau unterhalb der Druckstangen F, F angebrachten Rollen p, p (Fig. 8 und 11); letztere sitzen in dem gabelförmigen oberen Ende l' der Schraubenspindeln l (vergl. Detail in Fig. 11 [a/4]), welche in den Büchsen r und mit diesen in den hohlen Säulchen k stecken. Das auf jede Tragrolle p entfallende Gewicht der aufgelegten Schiene wird durch Gegengewichte m (Fig. 8) annähernd ausbalancirt, indem die Büchse r auf dem Gegengewichtshebel frei aufruht (Fig. 11). Mittels der Handräder n (deren Nabe das Muttergewinde für die Schrauben l enthält) wird nun die auf den Tragrollen liegende Probeschiene so lange gehoben, bis letztere gegen die Druckstangen F, F so stark angepreßt ist, daß die Gegengewichte bei Q frei einspielen – unter der Voraussetzung, daß das Laufgewicht N auf Null steht. Soll nun die Prüfung einer Schiene auf einen voraus festgesetzten Druck stattfinden, so versetzt man den Läufer N auf den entsprechenden Theilstrich des Waagebalkens L; dasselbe kann mit dem Laufgewicht des Controlventiles R geschehen. Hierauf werden die Pumpen in Gang gesetzt – zunächst mit der größeren Geschwindigkeit; im weiteren Verlauf, wenn der Widerstand zu groß wird, jedenfalls aber gegen Ende des Versuches, läßt man sie mit der kleineren Geschwindigkeit arbeiten. Die gewöhnlichen Versuche lassen sich vollkommen ohne Zuhilfenahme der Handpumpe durchführen. Will man langsam vorgehen, so rückt man die Saugventile von zwei Pumpen aus und arbeitet blos mit einem Kolben. Der Hub des Preßkolbens beträgt 150 Millim.; größere Durchbiegungen als 150 Millim. lassen sich daher in einer Operation nicht erzielen. Man wiederholt dann die Operation, nachdem man auf die Gabel E ein Zwischenstück aufgesetzt hat. Nun wird solange weiter gepumpt, bis der Waagebalken L sich hebt und die beiden Zeigerspitzen der Waage zusammenfallen. Ist aber die Bruchfestigkeit zu bestimmen, so läßt man das Laufgewicht N ursprünglich auf Null stehen, arbeitet mit den Pumpen bis zum eintretenden Bruch der ProbeschieneHierbei werden die Bruchstücke zwischen den Tragrollen p, p und den Druckstangen F, F festgeklemmt (in Folge der Gewichte m, Fig. 8 und 11), und bleiben dadurch die an der Untersuchung theilnehmenden Personen vor sonst leicht eintretenden Verletzungen (durch Abspringen der Bruchstücke) bewahrt. und mißt nun die Pressung durch Verschiebung des Laufgewichtes N bis zum Einspielen der Waage. Nach Beendigung jedes Versuches lüftet man das Sicherheitsventil, und der Preßkolben drückt das Wasser in den Pumpenkasten U zurück. Zur Messung der Durchbiegung ruht auf der Probeschiene ein Stängelchen e (Fig. 9 u. 10), durch dessen Hebung ein Zeiger vor dem in Zehntel-Millimeter eingetheilten Zifferblatt z gedreht wird. Durch Stellschrauben findet vor Beginn jeder Prüfung die Einstellung des Zeigers auf Null sehr leicht statt. Nach diesen Auseinandersetzungen lassen sich die Modificationen der Prüfungsmaschine für Versuche auf Zug oder Druck sehr kurz erledigen. Bei der Zerreißmaschine (Fig. 12 bis 14 [a/4]) kommt eine Kopfplatte T in Thätigkeit, deren vier Druckstangen S in am Ständer A angegossenen Büchsen b Führung finden. Mittels der Schrauben s, s wird die Kopfplatte T so weit herabgelassen, bis die Druckstangen S auf der Stirnfläche des Preßkolbens C aufsitzen. Das zu prüfende Material – vorher schon in die Form des aus Fig. 12 und 13 zu entnehmenden Probestückes X gebracht – wird unten in die mit den Druckstangen F, F verschraubte Traverse t eingekeilt und am oberen Ende mit der Kopfplatte T durch Zapfen und Ringe verbunden. Bei Ingangsetzung des Apparates hebt der Preßkolben die Kopfplatte, wodurch ein Zug auf das Versuchsstück X ausgeübt und durch Vermittelung der Druckstangen F, F u.s.w. auf die Waage übertragen und da gemessen wird. Die Längenausdehnung wird durch einen am Versuchsstück angeschraubten Maßstab a und Noniusschieber a' bestimmt. In der Zerdrückmaschine (Fig. 15 und 16 [a/4] sowie Fig. 17 [b.c/4]) ist die Kopfplatte T wie oben bei den Versuchen auf Biegungsfestigkeit überflüssig; sie wird also vor Allem mittels der Schrauben s, s gelüftet. In den Preßkolben C wird dagegen eine Druckplatte D eingesteckt, eine zweite Druckplatte D' oberhalb D in der Traverse t befestigt und das auf Druckfestigkeit zu untersuchende Stück zwischen beide Druckplatten D und D' eingelegt. Die Größe der Zusammendrückung wird am Zifferblatt z abgelesen, dessen Zeiger die Bewegung durch Zuhilfenahme der Stängelchen d erhält, welche auf dem Preßkolben aufruhen und somit dessen durch die Compression hervorgerufene Annäherung an den oberen Druckkopf D' auf den Zeiger übertragen. J. Z.

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