Titel: Stassfurter Kali-Industrie; von Dr. A. Frank in Stassfurt.
Fundstelle: Band 217, Jahrgang 1875, S. 496
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Stassfurter Kali-Industrie; von Dr. A. Frank in Stassfurt. (Fortsetzung von S. 400 dieses Bandes.) Frank, über die Staßfurter Kali-Industrie. B. Schwefelsaures Magnesium (Kieserit, Bittersalz). KieseritDas angegebene Verfahren der Kieseritgewinnung ist zuerst von Clemm beschrieben: Brevet d'invention, 6. October 1863. (Vergl. 1875 216 434.) und Steinsalz werden jetzt in der Weise getrennt, daß die auf einem Gefäß mit (falschem) durchlöchertem Boden liegenden Löserückstände mit einem Strom kalten Wassers behandelt werden, welcher den Kieserit mehlförmig fortschlämmt, während das Steinsalz theils gelöst wird, theils in großen Stücken zurückbleibt und, nachdem es abgespült und getrocknet ist, für Herstellung von Gewerbesalz oder Viehsalz denaturirt und gemahlen werden kann. Das Wasser resp. die Kochsalzlösung mit dem aufgeschlämmten Kieserit und den darin theilweise mit suspendirten anderen unlöslichen Stoffen, Anhydrit, Mergel etc., wird durch eine Rinne auf ein feinmaschiges Siehe geleitet, wie solche bei der Stärkefabrikation Anwendung finden. Auf dem Siebe bleiben die gröberen Anhydritkrystalle, Steinsalzstückchen etc. liegen, während Kieserit und die anderen feinen aufgeschlämmten Stoffe mit dem Wasser durch das Sied in ein darunter befindliches flaches Gefäß gehen, in welchem sich der Kieserit bei verlangsamter Geschwindigkeit des Wasserstromes in Folge seines höheren Volumgewichtes rasch absetzt, die anderen mitgeschlämmten Stoffe gehen mit dem abfließenden Wasser fort. Sobald sich das Kieseritmehl in dem Absatzkasten etwas angesammelt hat, wird die breiige Masse mit Schaufeln herausgestochen und in Formen geschlagen, in denen sie durch Bindung des noch beigemischten Wassers nach Art von gebrannten Gyps bald zu festen Blöcken erstarrt, welche je nach der angewendeten Blechform cylindrisch oder parallelopipedisch sind, meist 25 bis 30k wiegen und in dieser Form zur weiteren Verwendung bezieh. zum Versand kommen. Der Kieserit enthält durchschnittlich: 55 bis 60 Proc. Magnesiumsulfat,   8 10 Calciumsulfat (freie Anhydritkrystalle),   2   4 Natriumchlorid,   0     0,5 Magnesiumchlorid,   0     0,5 unlösliche Stoffe (Mergel, Boracit etc.), Rest Wasser, läßt sich also als ein unreines Bittersalz mit 3 bis 3 1/2 Mol. Krystallwasser betrachten. Eine theilweise Entfernung dieses Wassergehaltes durch Glühen findet für gewisse Verwendungszwecke statt, und wird auf diese Weise eine calcinirte Waare mit einem durchschnittlichen Gehalt von 75 Proc. wasserfreiem schwefelsaurem Magnesium (72 bis 80 Proc.) hergestellt. – Der Preis des rohen Kieserits ist zur Zeit zwischen 0,3 bis 0,8 M. pr. 100k ab Staßfurt, und da er bei einem Gehalt von 60 Proc. wasserfreiem schwefelsaurem Magnesium 40 Proc. wasserfreier Schwefelsäure enthält, so bietet sich darin der Technik wohl das billigste lösliche schwefelsaure Salz für zahlreiche Fällungs- und Umsetzungsprocesse; auch ist selbstredend das jetzt in gewissen Industriebranchen massenhaft gebrauchte Bittersalz aus keinem Rohstoff billiger herzustellen als aus dem Kieserit, welcher bei einfachem Behandeln mit kaltem oder besser heißem Wasser nach Aufnahme der ihm noch fehlenden Mengen Krystallwasser in das leicht lösliche krystallisirte schwefelsaure Magnesium (MgSO₄ + 7 aq) übergeht. Die Fabrikation des Bittersalzes als Nebenartikel wird in Staßfurt selbst von mehreren FirmenWüstenhagen und Comp. Vereinigte chemische Fabriken zu Leopoldshall. betrieben; da indeß krystallisirtes Bittersalz bei einem Wassergehalt von 52 Proc. nur 48 Proc. schwefelsaures Magnesium enthält, gegen 55 bis 60 Proc. im Kieserit, und außerdem kostspielige Emballage erfordert, um ungünstigen Einflüssen während des Transportes widerstehen zu können, so wird von England, den Vereinigten Staaten etc. nur roher Kieserit in Blöcken bezogen und dessen geklärte Lösung entweder direct verbraucht, oder daraus an der Gebrauchsstelle selbst krystallisirtes Bittersalz dargestellt, welches dann gar nicht getrocknet, sondern durch bloßes Centrifugiren von anhängender Lauge befreit und in Säcken versendet wird. Hauptsächlichste Verwendung findet das so gereinigte Salz zum Appretiren von Baumwollstoffen, um dieselben, wie der Kunstausdruck beschönigend lautet, „griffig“ zu machen, d.h. ihnen scheinbar Qualität und Gewicht dichter stoffreicher Zeuge zu geben. Zu diesem Zwecke werden die Stoffe durch concentrirte Bittersalzlösungen passirt und dann langsam getrocknet; die nadelförmigen, weichen und seideglänzenden Bittersalzkrystalle vereinigen sich dabei sehr fest mit der Gespinstfaser und ertheilen derselben einen erhöhten Lustre, welcher den Laien, d.h. in diesem Falle das große Publicum täuscht. Selbstverständlich wird das scheinbar so dichte, kräftige Zeug alsbald zu einem losen unscheinbaren Lappen, wenn der Käufer die erste Wäsche damit vornimmtEs sind mir mit Bittersalz appretirte Stoffe zu Händen gekommen, welche durch bloßes Auswaschen mit destillirtem Wasser 53 Proc. ihres Gewichtes verloren und nur ca. 40 Proc. wirkliche Baumwolle enthielten; bei solcher Zusammensetzung kann es nicht Wunder nehmen, wenn das Kilogramm fertiger gewebter und appretirter Baumwollwaaren zur Zeit billiger im Markte ist, als das gleiche Gewicht roher unversponnener Baumwolle! In Deutschland ist diese Verwendung des Bittersalzes noch nicht so verbreitet als in England, wo aber auch von den bedeutendsten Journalen (Times, 1869 p. 70, 71) gegen den Mißbrauch der Appreturzusätze eindringlichst gewarnt worden ist.. Enthält das zur Appretur verwendete Bittersalz Chlor, namentlich als Chlormagnesium, so werden die Stoffe nicht nur feucht, sondern auch beim Passiren über die Trockenwalzen des Kalanders brüchig und mürbe in Folge der Bildung von Salzsäure (MgCl₂ + H₂O = 2HCl + MgO). Verwendung des Kieserits als Fällungsmittel. Es wurde schon vorher darauf hingewiesen, daß der Kieserit als zur Zeit billigstes, in Wasser lösliches schwefelsaures Salz die Schwefelsäure ersetzen könne; als hauptsächlichste zum Theil schon praktisch durchgeführte Anwendungen desselben mögen hier erwähnt werden: a. Darstellung von Blanc fixe (gefälltes schwefelsaures Barium) durch Fällung der Chlorbariumlösung mit Kieserit anstatt mit Schwefelsäure. Bei diesem Proceß bleibt Chlormagnesium in der Lösung, welches eventuell concentrirt und zur Gewinnung neuer Quantitäten von Chlorbarium aus Schwerspath nach der von Godin und Hasenclever angegebenen Methode benützt werden kann. Ebenso kann das bei Darstellung des in der Technik als Annaline (Perlweiß, Pearlhardening) bezeichneten gefällten schwefelsauren Kalkes mittels Bittersalzes übrig bleibende Chlormagnesium durch Zerlegung mit Aetzkalk zu Darstellung von neuem Chlorcalcium benützt und damit wiederholt verwendet werden. Als Ersatz und Verbesserung der Annaline, namentlich für Papierfabrikation, ist endlich unter dem Namen Magnesiaweiß vom Verfasser ein Präparat erzeugt worden, welches durch directe Fällung von schwefelsaurem Magnesium mit Aetzkalk oder Aetzbarit gewonnen, ein Gemisch von Magnesiumhydrat und Blanc fixe resp. Perlweiß darstellt und als Füllstoff für Papier etc. um so mehr Beachtung finden dürfte, als die Fällung in der Papiermasse resp. auf der Zeugfaser selbst erfolgen kann, sich also sehr leicht mit derselben vereinigt. b. Auch die für die bei der Darstellung des Alaunes seit lange bekannte Ausnützung der in den Rohalaunlaugen enthaltenen schwefelsauren Salze des Magnesiums und Eisens behufs Zerlegung des Chlorkaliums bezieh. auch des Chloraluminiums ist Kieserit mit Erfolg verwendet worden, indem man Gemische von 1 resp. 4 Mol. schwefelsaurem Magnesium im Kieserit mit 2 Mol. Chlorkalium der Lösung von schwefelsaurer Thonerde bezieh. von Chloraluminium zusetzte; die ausgefällten Laugen, welche namentlich bei Verarbeitung von salzsaurer Thonerde bedeutende Mengen (4 Mol. für 1 Mol. Alaun) Chlormagnesium enthalten, geben beim Glühen den größten Theil ihrer Salzsäure ab, die zur Herstellung von neuen Chloraluminiumlösungen dienen kann. Für die Verwerthung der neuerdings mehrfach in den Handel gebrachten natürlichen Thonerdephosphate (Rodondophosphat etc.) sowie der nach Jacobi's interessanten Extractionsverfahren mittels schwefliger Säure gewonnenen phosphorsauren Thonerde aus den Rasenerzen dürfte die obige vom Verfasser in Deutschland, von Townsend in England angeregte Methode Bedeutung gewinnen. Eine andere technische Verwendung des Kieserits ist die von Dr. Grüneberg 1872 206 465. Wagner's Jahresbericht, 1873 S. 519. in Anlehnung an die Scott'sche Cementbereitung vorgeschlagene Herstellung künstlicher Steinmassen durch Zusatz von Kieserit zu Aetzkalk bezieh. Kalkmörtel, über welche indeß bisher noch keine Erfahrungen aus der Praxis vorliegen. Ebenso haben die namentlich in den letzten Jahren vielfach wiederholten und erneuten Vorschläge, das Ammoniak aus den Gaswässern und Cloakenwässern durch Gemische von saurem phosphorsaurem Calcium und schwefelsaurem Magnesium zu präcipitiren, zu einem technisch brauchbaren Resultate noch nicht geführt. Versuche, welche vom Verfasser bereits 1865 bis 1867 in dieser Beziehung angestellt wurden,Die betreffenden Präparate waren schon in Paris 1867 ausgestellt. zeigten, daß die Fällung des Ammoniaks aus den Gaswässern als phosphorsaures Ammonium-Magnesium nur eine sehr unvollständige war, und scheinen auch alle späteren Vorschläge und zahlreich genommenen Patente diese Schwierigkeit nicht gelöst zu haben, da das als Düngmittel namentlich für Cerealien sehr brauchbare phosphorsaure Ammonium-Magnesium nirgends in den Handel gelangt ist. C. Schwefelsaures Kaliummagnesium und schwefelsaures Kalium. Schon bei Beschreibung der Staßfurter Mineralien resp. Rohsalze wurde des Kainits Erwähnung gethan, welcher in seiner reinsten Form ein eigenthümliches Doppelsalz von schwefelsaurem Kaliummagnesium und Chlormagnesium (K₂SO₄ . MgSO₄ . MgCl₂ + 5 H₂O oder nach Rammelsberg MgSO₄ . KCl + 6 H₂O) ist und durch längeres Lagern in feuchter Luft unter Verlust von 1 Mol. Chlormagnesium, welches als Lauge abfließt, schwefelsaures Kaliummagnesium zurückläßt.Es ist dies die von Reichardt unter dem Namen Schönit als besonderes Mineral bestimmte, an feuchten Stößen des Anhaltischen Salzwerkes gefundene secundäre Bildung. Der Kainit kommt indeß in den Salzlagern nie in größeren Mengen rein vor, ist vielmehr stets mit Carnallit, Kochsalz und anderen Salzen derartig durchwaschen und zusammengelagert, daß sein durchschnittlicher Gehalt an schwefelsaurem Kalium 22 bis 23 Proc. kaum übersteigt. Ist aber schon bei dem seltenst vorkommenden reinen Kainit die Zersetzung in feuchter Luft eine sehr langsame und nur an der Oberfläche vorkommende, so liegt es auf der Hand, daß der rohe Kainit auf solche quasi spontane Weise noch weniger zerlegt werden kann, da als Product ein Gemisch von schwefelsaurem Kaliummagnesium mit den anderen Bestandtheilen des Rohkainits verbleiben würde. Obgleich man daher nach der Auffindung des Kainits im J. 1864 wohl erkannte, daß hierin ein Material für Darstellung von reinem schwefelsaurem Kaliummagnesium gegeben sei, mußte man für dessen Gewinnung doch sofort complicirte Lösungs- und Krystallisationsprocesse anwenden. Die absolute Unzuverlässigkeit und Ungleichheit des Materiales, noch mehr die in den letzten Jahren erfolgte bedeutende Preiserhöhung des auch für Darstellung von Düngerpräparaten und Düngermischungen benützten Kainits haben indeß seine ausgedehnte und lohnende Verarbeitung zu reinem schwefelsaurem Kaliummagnesium (Picromerit) ganz unmöglich gemacht, und stellt man dasselbe deshalb auch durch Zersetzung von Kieserit mit dem aus dem Carnallit gewonnenen Chlorkalium dar (2KCl + 2MgSO₄ + 5H₂O = K₂SO₄ . MgSO₄ + 5H₂O = K₂SO₄ . MgSO₄ + 5H₂O + MgCl₂). Da sich nun die Angaben französischer Chemiker, nach welchen sich aus dem schwefelsauren Kaliummagnesium durch Zuschlag von Kalk und Kohle direct im Leblanc'schen Proceß kohlensaures Kalium mit Vortheil gewinnen lassen sollte, bei angestellten Versuchen als unrichtig ergaben, die anderen Verwendungsarten des schwefelsauren Kaliums für Glas, chromsaures Kalium etc. aber ein möglichst magnesiumfreies Material erfordern, so ging man einen Schritt weiter, indem man aus dem Kaliummagnesiumdoppelsalz reines schwefelsaures Kalium darstellte. Als Grundlage hierfür diente: a. Die Zerlegung des Doppelsalzes durch einfaches Umkrystallisiren, wobei sich das schwer lösliche schwefelsaure Kalium etwa zur Hälfte ausscheidet, während ein neues Doppelsalz von der ungefähren Zusammensetzung K₂SO₄ . 2MgSO₄ in der Lösung bleibt. b. Die Zerlegung des Doppelsalzes durch Hinzufügung von 4 Mol. resp. von 6 Mol. möglichst reinen Chlorkaliums, wobei sich aus K₂SO₄ . 2MgSO₄ + 4KCl = 3K₂SO₄ + 2MgCl₂ oder vielmehr aus K₂SO₄ . 2MgSO₄ + 6KCl = 3K₂SO₄ + 2MgCl₂ + 2KCl bilden. Das schwefelsaure Kalium scheidet sich auch hierbei als feinkörnige Masse ab, während der gleichzeitig gebildete Carnallit in Lösung bleibt, aus welcher durch Verdampfung und Krystallisation das Chlorkalium wieder gewonnen werden muß. Das für die Doppelzersetzung anzuwendende Chlorkalium muß möglichst rein, namentlich frei von Natriumsalzen sein, da diese sonst ebenfalls, mit in den Proceß eintretend, das erhaltene Product verunreinigen. Eine andere ebenfalls versuchte Methode zur Darstellung von schwefelsaurem Kalium beruht auf der Zersetzbarkeit von schwefelsaurem Natrium mit Chlorkalium; da aber diese Zersetzung keine vollständige ist, vielmehr stets ein nur für Glashütten brauchbares Doppelsalz von 3 K₂SO₄ + Na₂SO₄ hierbei entsteht, so hat man dieses Verfahren vollständig aufgegeben.Für die neuerlichen Angaben von Sonstadt (American Chemist, 1873 p. 218), daß man das Kaliumnatriumdoppelsalz durch erneuten Zusatz von Chlorkalium zerlegen könne, geben die hier gesammelten Erfahrungen keinen rechten Anhaltepunkt. Die Darstellung des schwefelsauren Kaliums hat die Zeit und Kraft der Techniker vielfach in Anspruch genommen, es sind namentlich von den Firmen Vorster und Grüneberg sowie Andrae und Grüneberg schon vor Jahren ausgedehnte und kostspieligste Versuche darüber angestellt worden, welche zwar sehr schöne Producte geliefert, aber zu keiner lohnenden und gleichmäßig sicheren Fabrikation geführt haben. Neuerdings hatte die Firma Wünsche und Göring in Leopoldshall diese Fabrikation aufs Neue, aber auch ohne günstigen Erfolg in Angriff genommen. – Nach der Ansicht des Verfassers ist die Darstellung des schwefelsauren Kaliums unter Benützung des schwefelsauren Magnesiums zwar chemisch ausführbar, wird aber, von dem für den Techniker allein maßgebenden commerciellen Standpunkte betrachtet, in Staßfurt nie praktisch werden können. Der Proceß erfordert zunächst ein sehr reines Chlorkalium, welches man in einer Operation durch einfaches Uebergießen mit Schwefelsäure in dem gewöhnlichen Sulfatofen ohne große Mühe und Substanzverlust in schwefelsaures Kalium convertiren und dabei noch ein mehr oder minder werthvolles, aber doch stets brauchbares Nebenproduct, die Salzsäure, erzielen kann. Auch das für Darstellung des schwefelsauren Kaliums durch Doppelzersetzung erforderliche schwefelsaure Magnesium muß erst durch complicirte Schlämmprocesse von den anderen Rückständen getrennt werden. Das Bestreben, mit Zuhilfenahme der sehr billigen Schwefelsäure der Kieserite ein werthvolleres Kalisalz, als es das Chlorkalium ist, möglichst in einer Fabrikation darzustellen, ist gewiß sehr erklärbar; wenn man indeß berücksichtigt, daß die Schwefelsäure der Kieserite durch einen sehr einfachen, wenig Apparate erfordernden Löse- und Ausfrierproceß für Darstellung von schwefelsaurem Natrium nutzbar gemacht werden kann, während die durch diese Art der Glaubersalzfabrikation im Gesammtgebiete der Technik übrig gebliebene bezieh. frei gewordene Schwefelsäure in den gleichfalls zur Benützung frei gewordenen Sulfatöfen mit demselben reinen Chlorkalium, welches zur Darstellung von schwefelsaurem Kalium dient, in einfachster sicherster Weise zu Kaliumsulfat vereinigt werden kann und hierbei nicht allein ein noch immerhin werthvolles Nebenproduct, die Salzsäure, liefert, sondern auch die mit Umkrystallisiren, Verdampfen etc. nothwendig verbundenen Substanzverluste erspart werden, so liegt es auf der Hand, daß die Darstellung von schwefelsaurem Kalium auf dem Wege der Doppelzersetzung mindestens so lange kaufmännisch undurchführbar sein wird, bis der Kainit zu einem Preise von den Gruben abgegeben wird, welcher dem des Carnallits gleich ist. Dagegen wird in Kalusz, wo das Kainitvorkommen ein sehr mächtiges und reiches, und die Verwendung des Materiales für landwirthschaftliche Zwecke eine unbedeutende ist, die Darstellung von schwefelsaurem Kalium mit Erfolg durchführbar sein. Der Verbrauch des schwefelsauren Kaliums in der Technik wird aber in demselben Maße steigen wie seine Fabrikation, und wäre schon jetzt ein höherer, wenn nicht die günstigen Sodaconjuncturen der letzten Jahre die Sodafabriken abgehalten hätten, sich neuen Fabrikationszweigen zuzuwenden. Bei der Ausdehnung und Vermehrung, welche die deutsche Soda-Industrie indeß neuerdings gefunden, wird sie sich dem ihr ja am nächsten liegenden Rohstoffe für schwefelsaures Kalium und Potasche in um so ausgiebigerem Maße zuwenden, als ihr durch erfolgte Reduction und erstrebte Aufhebung der Sodazölle auf dem Gebiete der Natriumsalze eine steigende Concurrenz von auswärts erwachsen muß. Die aus Staßfurter Chlorkalium bisher dargestellten „deutschen Potaschen“ der chemischen Fabriken zu Altdamm (Andrae und Grüneberg), Pommerensdorf, Köpenick, Berlin (Kunheim und Comp.); Staßfurt, Schalke, Cöln und Barmen erfreuen sich auf inländischen wie auswärtigen Märkten einer großen Beliebtheit und werden schon wegen ihrer größeren Reinheit den russischen und amerikanischen Potaschen bei Weitem vorgezogen. Als weiterer vortheilhafter Umstand für die vermehrte Production künstlicher Potaschen muß aber noch hervorgehoben werden, daß mit dem Steigen der Holzpreise die Potaschefabrikation aus Asche sich vermindert, wie denn z.B. galizische, siebenbürgische und schwedische Potaschen schon jetzt kaum noch auf den Markt kommenEs mag hier auch die Bemerkung am Orte sein, daß die Gewinnung von Kalisalzen aus den Melasseschlempen nach zwei Richtungen sich vermindert; zunächst hat man die Erfahrung gemacht, daß der Procentsatz an Kalisalzen in den Rückständen der Melassen (der Schlempekohle) sich bei fortgesetztem Rübenbau vermindert, während der Gehalt an Natronsalzen zunimmt, und sodann hat man im Interesse einer rationellen Düngung in den letzten Jahren an vielen Orten es auch kaufmännisch vortheilhafter gefunden, die Melassenschlempe in unveränderter, oder durch Eindampfen concentrirter Form den Feldern wieder zuzuführen und auf diese Weise auch deren Gehalt an Stickstoff und Phosphorsäure, welcher bei der Schlempekohlenbereitung ganz verloren geht, wieder zu nutzen. S. Frank: Zeitschrift des Vereins für Rübenzuckerindustrie des deutschen Reiches, 1874 Bd. 24 S. 189.. Auf der anderen Seite wird aber der Verbrauch der Potasche in der Technik, welcher bisher mit Rücksicht auf die beschränkte Production möglichst eingeengt war, in Folge Erschließung einer unlimitirten Fabrikation wesentlich steigen, und in vielen Zweigen der Technik wird die Potasche wieder den Platz einnehmen, aus welchem sie früher von der Soda als dem billigeren und stets in gleichmäßiger Qualität zu erhaltenden Alkali verdrängt war; in anderen technischen Branchen, wie z.B. in der Glasfabrikation, wird man die bedeutenden Vortheile, welche bei Zuhilfenahme des Kalis als Sulfat oder Carbonat durch schnelleres Blankschmelzen, zumal an Farbe der Masse etc. erwachsen, ebenfalls bald erkennen. Wie schon bemerkt, existirt in Staßfurt bisher nur eine Potaschefabrik (Staßfurter Chemische Fabrik, vormals Vorster und Grüneberg, Actiengesellschaft), welche Potasche aus im Sulfatofen mittels Schwefelsäure dargestellten Kaliumsulfat herstellt; die meisten anderen Potaschefabriken sind mit älteren Sodafabriken combinirt, welche für Bezug von Steinkohle, Schwefelkies etc. eine günstigere Lage haben, als die auch wegen ihrer hohen Feldcultur für die unvermeidlichen Salzsäureemanationen besonders ungeeignete Umgebung von Staßfurt-Leopoldshall. Das Quantum Potasche, welches aus Staßfurter Chlorkalium nach dem Leblanc'schen Verfahren dargestellt wird, dürfte 150000 bis 200000 Ctr. betragen, läßt sich also noch wesentlich erhöhen. Die für Sodagewinnung vorgeschlagenen neuen Methoden von Schlösing-Solvay, und von Grousilliers sind, soweit dem Verfasser bekannt, für Potaschedarstellung noch nicht angewendet, bezieh. wegen der leichteren Löslichkeit des Kaliumbicarbonats nicht anwendbar.In dieser Abhandlung ist zu lesen:S. 390 Z. 4 v. u. „1873 „ 9047000 „ „ 32 „verarbeitet.“ S. 394 Z. 13 v. o. „ca. 0,12 M.“ statt „ca. 1,12 M.“ S. 399 Z. 22 v. o. „95 bis 98 Proc.“ statt „95 bis 96 Proc.“ D. Red. (Schluß folgt.)