Titel: Ueber das Eosin; von J. Dépierre.
Autor: J. Dépierre
Fundstelle: Band 217, Jahrgang 1875, S. 506
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Ueber das Eosin; von J. Dépierre. Dépierre, über das Eosin. Das Eosin hatte in der ersten Zeit nach seiner Entdeckung (1871) wegen seines enorm hohen Preises, 800 M. pro 1k, wenig Aussicht auf Einführung in die Färberei und Druckerei; nachdem derselbe nunmehr auf 176 M. heruntergegangen, scheint es eine Bedeutung als Farbmaterial zu gewinnen. Dieser Farbstoff ist, wie A. W. Hofmann gezeigt hat (1875 215 449), die Kaliumverbindung des vierfachgebromten Fluoresceïns, einer Verbindung, welche Baeyer zuerst dargestellt hat, und zwar durch Erhitzen von Phtalsäureanhydrid C₈H₄O₃ mit dem von Asa foetida abstammenden Resorcin C₆H₆O₂. Die Einwirkung der beiden Körper auf einander läßt sich versinnlichen durch die Formel: 2C₆H₆O₂ + C₈H₄O₃ = C₂₀H₁₂O₅ + 2H₂O. Das Fluoresceïn C₂₀H₁₂O₅ bildet sich also unter gleichzeitigem Austritt von zwei Molecülen Wasser; es ist das Phtaleïn des Resorcins, wie in analoger Weise das Galleïn das der Pyrogallussäure, und gehört als solches einer ganz neuen Gruppe von Verbindungen an, welche Baeyer in die Chemie eingeführt hat. Ammoniak und Zinkstaub führen das Fluoresceïn in Fluorescin C₂₀H₁₆O₅ über, welches durch Chromsäure wieder in Fluoresceïn übergeht. Das Fluoresceïn löst sich in Eisessig; versetzt man diese Lösung mit ein Paar Tropfen Brom, und fügt dann Wasser hinzu, so fällt nach A. W. Hofmann eine röthliche Substanz nieder, das vierfachgebromte Fluoresceïn C₂₀H₈Br₄O₅, welches sich in verdünnter Kalilauge mit granatrother Farbe auflöst und damit eine Lösung des Eosins C₂₀H₆Br₄K₂O₅ liefert. In trockenem Zustand stellt das Eosin ein rothbraunes Pulver mit metallischem Reflex vor, löslich in Alkalien, kohlensauren Alkalien, Glycerin und in Seifenlösungen, unlöslich in Oel, Benzol, Anilinöl, Aether und Phenylsäure. Sehr bedeutend ist seine Löslichkeit in Wasser. Es braucht nur 2,6 Th. kaltes oder 2,2 Th. kochendes Wasser zu seiner Lösung, während 1 Th. Fuchsin 52 Th. kaltes oder 6 Th. kochendes Wasser erfordert. Dagegen löst sich Fuchsin in 3,5 Th. kaltem Weingeist, während das Eosin sich erst in 11 Th. kochendem Weingeist vollständig auflöst. Die wässerige Lösung zeichnet sich durch ihre Fluorescenzerscheinungen aus; im auffallenden Licht hat sie eine grünliche, im durchfallenden eine rosarothe Färbung; in der Siedhitze entwickelt sie reichliche Dämpfe von Bromwasserstoffsäure. Durch die meisten Säuren, mit Ausnahme der Essigsäure, wird sie zersetzt, indem ein ziegelrother Niederschlag entsteht, ebenso wird sie durch die Mehrzahl der löslichen Metallsalze ausgefällt, durch Thonerde-, Zinn-, Bleisalze mit rother, durch Zinksalze mit gelber, durch Silber- und Quecksilbersalze mit violetter, durch Kupfersalze mit braunrother Farbe. Dieser neue Farbstoff färbt Wolle und Seide sehr leicht und sehr ergiebig. Eine Lösung mit 1g pro 1l liefert noch ein sehr lebhaftes Rosa, und so ist es möglich, daß das Eosin trotz seines immer noch bedeutend hohen Preises sich dennoch in die Färberei und Druckerei der Seide und Wolle Eingang verschaffen wird. Außerdem daß das Färben mit der kalten wässerigen Lösung sehr einfach und gleichmäßig sich ausführt, wie auch das Bedrucken mit einer solchen in Gummi verdickten Lösung, zeichnet sich das resultirende Rosa überdies durch Lebhaftigkeit, Reinheit und besonders auf Seide durch eine sehr charakteristische gelbe Nüancirung aus, namentlich in den hellen Tönen. Dagegen haben die Versuche von Dépierre (Bulletin de Rouen, 1875 S. 159), das Eosin nach einer der bisher für die Anilinfarbstoffe üblichen Methode auf Baumwolle zu färben oder zu drucken, wenig befriedigende Resultate geliefert, welche um so weniger eine ausgedehntere Verwendbarkeit des neuen Farbstoffes für Baumwolle erwarten lassen, als die damit auf dieser Pflanzenfaser erzielten Nüancen sich gegen Wasser und besonders gegen das Licht als sehr unecht erwiesen. Kl.