Titel: Constructionsfehler bei Siederohrkesseln.
Fundstelle: Band 218, Jahrgang 1875, S. 91
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Constructionsfehler bei Siederohrkesseln. Mit Abbildungen auf Taf. III [a/4]. Constructionsfehler bei Siederohrkesseln. C. H. Schneider, Civil-Ingenieur für Maschinenwesen in Leipzig, berichtet in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1875 S. 481 ff. über eine nicht uninteressante Kesselexplosion. Ein Dampfkessel, welcher aus einem Hauptkessel von 8m,35 Achsenlänge, 1m,325 Durchmesser und einem Siederohre von derselben Länge und 0m,8 Durchmesser bestand, war bestimmt, die aus einem Schweißofen entweichenden Verbrennungsproducte der Dampfentwickelung dienstbar zu machen und zu dem Ende in der durch Fig. 1 bis 3 dargestellten Weise so eingemauert worden, daß die durch den Fuchs O dem KesselKcssel zugeführten Heizgase infolge der senkrecht zur Kesselachse stehenden Zungen Z₁, Z₂ und Z₃ an demselben nach einer Schlangenlinie vorbeigeführt wurden. Nachdem der Kessel, der anfänglich neu und aus gutem Bleche gefertigt, während eines Jahres dem fortgesetzten Betriebe eines Schweißofens entsprechend benützt worden war, explodirte derselbe plötzlich. Das Siederohr zeigte an der Stelle A einen Riß, der fast den vierten Theil des Umfanges desselben ausmachte. Der Riß wurde herausgehauen, das Siederohr durch Aufnieten eines Stückes Blech ausgebessert, welches in der durch Fig. 2 dargestellten Weise mit Chamottesteinen belegt wurde. Nachdem der Kessel während sechs Wochen benützt worden war, explodirte derselbe wieder; das Siederohr zeigte an der Stelle B einen Riß, der sich über den vierten Theil des Rohrumfanges erstreckte. Das Siederohr wurde ausgebessert, und die Flickstellen in der durch Fig. 3 dargestellten Weise mit Chamottesteinen belegt; hierauf ist keine Störung im Betriebe des Kessels wieder eingetreten. Möglichst genaue Messungen der Blechstärken des Siederohres an der Stelle der Risse ließen im Vergleich zu den an anderen Stellen gemessenen Blechstärken keinen Verschleiß des Bleches wahrnehmen; wohl aber bemerkte man, daß das Blech in der Nähe der Risse sehr spröde war und einen körnigen Bruch besaß, während die Enden des den Riß enthaltenden, aus dem Siederohre herausgehauenen viereckigen Blechstücke in beiden Fällen bessere Structur zeigten. Diese Erscheinung erklärt sich dadurch, daß die heißen Gase, welche aus dem Ofenfuchs zu dem Kessel geleitet wurden, zufolge der Zunge Z₁ zuerst auf dem Schuß S₁ des Siederohres trafen und an der Stelle ihres Auftreffens eine lebhafte Dampfentwickelung hervorriefen, der gebildete Dampf aber nicht fortwährend durch den Stutzen S₂ nach dem Dampfraume des Kessels entweichen konnte, da der Schuß S₁ cylindrisch und der folgende S₃ in denselben eingeschoben war, sich also längs des Schusses S₁ eine Dampfblase bildete, welche der Abkühlung des Bleches hindernd entgegentrat. Die Umstände, unter welchen der Kessel sonst arbeitete, waren einem Siedeverzug sehr günstig, und konnte das in seiner Structur veränderte Blech einer möglicherweise in Folge des Siedeverzuges eintretenden Drucksteigerung nicht widerstehen, es riß. Nachdem das Siederohr bis an dem Stutzen S₁ mit Chamottesteinen bedeckt wurde, war die auf eine Stelle concentrirte intensive Einwirkung der Heizgase entfernt und die Dampfbildung an dieser Stelle verhindert. Correct wäre es gewesen, wenigstens dem vorderen Theil des Siederohres eine Neigung bis zum Stutzen zu geben, oder noch richtiger nur einen Stutzen zur Verbindung mit dem Hauptkessel anzuwenden, diesen aber an der höchsten Stelle des geneigten Sieders anzuordnen. L.

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