Titel: Die Prunier'sche Pumpe.
Fundstelle: Band 218, Jahrgang 1875, S. 95
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Die Prunier'sche Pumpe. Mit einer Abbildung. Prunier'sche Pumpe. Als die neuesten und wichtigsten Pumpen, welche auf der Wiener Weltausstellung 1873Nach dem officiellen Bericht von Ingenieur P. Zwiauer: Spritzen und Pumpen. Heft 80. Pr. 1 fl. 30 kr. Druck und Verlag der k. k. Hof- und Staatsdruckerei. Wien 1874. (im französischen Kesselhaus) ausgestellt waren, sind wohl die beiden Pumpen für Niederdruckleitungen zu nennen, welche E. Prunier in Lyon construirt und eingesendet hatte. Auf einem thurmartigen, oben sich verjüngenden Gerüste, welches sich auf ein Steinfundament stützte, lagerte die Kurbelwelle mit zwei Schwungrädern. Der Brunnenschacht war aus einem gußeisernen Rohre gebildet und mit dem Maschinengerüste fest verbunden. Der Dampfcylinder, sowie ein Querhaupt befinden sich in der unteren Hälfte der Säule; ein anderes Querhaupt über dem Cylinder führt die Triebstange. Textabbildung Bd. 218, S. 95 In demselben steckte ein zweites, unten offenes Rohr, der Pumpencylinder. Die Ursache nun, warum der Brunnenschacht durch dieses Rohr ersetzt ist und der Pumpencylinder also ganz im Wasser steht, ist folgende. Prunier betrachtet nämlich das Sauggebiet der Pumpe als einen Kegel, dessen Spitze eben das untere Ende des Brunnenschachtes, dessen Basis durch einen Kreis auf der Oberfläche der wasserführenden Schichte gebildet wird. Mehr wird sich die Wirkungssphäre der Pumpe einer Kugel nähern, deren Centrum das offene Ende Brunnenschachtes ist. Selbstverständlich legt der Ingenieur diese Kegelspitze möglichst tief in die wasserführende Schichte und gewinnt hierdurch stets Wasser von gleicher Temperatur, welches weiters keine schädlichen oder unschädlichen Substanzen enthält als diejenigen, welche das Grundwasser jener Schichte eben führt. Dadurch nun, daß die Pumpe in jenem Schachte arbeitet, der mit seinem unteren Ende in die Wasserschichte taucht, wird in demselben ein luftverdünnter Raum erzeugt, welcher gleichsam eine Drainage der Schichte bewirken soll; alle Wassertheilchen werden aus dem Boden angesogen und müssen dem Wasserschachte zueilen. Dies ist das Princip der Wasserzuführung bei der vorliegenden Pumpe. Freilichbleibt das Wasser auch aus, wenn das Grundwasser ausbleibt, gerade so gut wie bei jeder anderen Pumpe; doch ist es wichtig, daß der gußeiserne Brunnenschacht billiger sein dürfte, als ein gleich weiter gemauerter. Das Constructionsprincip der Pumpe selbst besteht im Wesentlichen darin, daß zwei Kolben, welche von einer Welle aus bewegt werden, in einem Cylinder fortwährend in entgegengesetzten Richtungen arbeiten. Hierdurch entsteht einmal, wenn sich die beiden Kolben von einander entfernen, ein luftverdünnter Raum zwischen ihnen, und das andere Mal entsteht ein Ueberdruck, welcher das zwischen den Kolben befindliche Wasserquantum über den oberen Kolben bringt, welcher es dann wegschafft. Da aber der Pumpencylinder unten offen ist und in dem Brunnenschachte steht, so wird durch den unteren Kolben wieder Wasser zum Cylinder gepumpt. Das ganze System läßt sich als zwei getrennte Pumpen betrachten, von denen die eine das Wasser vom Schachte zum Cylinder, während die andere das Wasser durch den Cylinder oben wegschafft. Die entgegengesetzte Bewegung der beiden Kolben geschieht nun dadurch, daß der untere Kolben an einer massiven Kolbenstange befestigt ist, welche in ihrer Fortsetzung den Dampfkolben trägt. Von demselben geht die hin- und hergehende Bewegung des unteren Kolbens direct aus. Nach oben zu trägt die Kolbenstange ein Gleitstück, an welchem die Triebstange befestigt ist, und diese greift an der gekröpften Schwungradachse an, welche in zwei Lagern läuft und außen zwei Schwungräder trägt. In denselben befinden sich Kurbelzapfen, deren Radien genau der Richtung des Triebkurbelradius entgegengesetzt stehen, aber denselben Kurbelradius haben. An diese beiden Zapfen in den Schwungrädern greifen zwei Triebstangen, welche an ihrem unteren Ende unter dem Dampfcylinder ein gerade geführtes Querstück bewegen; an demselben ist die hohle Kolbenstange des oberen Pumpenkolbens befestigt, welche die massive Stange des unteren Kolbens umschließt und sich an dieser führt. Durch diese Construction wird stets die entgegengesetzte Bewegung der beiden Pumpenkolben bewerkstelligt. Diese sind aus Ringen derart zusammengesetzt, daß die Ringe nach oben zu immer kleiner werden, der Kolben im Ganzen also eine conische Form hat. Ueber die Ringe, welche mit Oeffnungen versehen sind, deren Gesammtquerschnitt gleich ist dem des Pumpencylinders, sind als Ventile Kautschukringe fest aufgezogen, welche einmal beim Saugen sich ausdehnen, dann beim Drücken auf die Sitze aufgepreßt werden. Diese Construction ist Ursache, warum diese Pumpen nur für niedrigen Druck gebraucht werden können (etwa bis zu 1at Ueberdruck). Die beiden conischen Kolben bewegen sich also stets in entgegengesetztem Sinne, und die massive und die hohle Kolbenstange führen sich gegenseitig in Stopfbüchsen. Eine derselben befindet sich an dem oberen Ende der hohlen Kolbenstange, und sie trennt den Raum zwischen den beiden Kolben von der atmosphärischen Luft. Da die hohle Kolbenstange im oberen Cylinderdeckel gleichfalls in einer Stopfbüchse läuft, so hat man also eine Stopfbüchse mehr zu besorgen. Ein Vortheil, welchen diese Pumpe hat, besteht darin, daß man in der Tourenzahl nicht beschränkt ist, weil die bewegten Massen bei sorgfältiger Construction ziemlich leicht zu balanciren sind, und die Kautschukringe an den Pumpenkolben ein sehr geringes Spiel haben und zugleich sich durch ihre Elasticität immer zu schließen trachten. Jedenfalls ist aber die Anlage solcher Pumpen ziemlich theuer. Ist es nun der Fall, daß das Grundwasser tiefer unter der Oberfläche liegt, so muß der Schacht, somit auch der Pumpencylinder nachrücken; es erfordert dann die Pumpe das theuere Gestänge, nur mit dem Unterschiede, daß man dann doppeltes Gestänge braucht. Der Ausgleich der hin- und hergehenden Massen ist größtentheils im Mechanismus selbst bewirkt, wenn die beiden Kolbenstangen nämlich gleiches Gewicht haben; Dampfkolben- und Triebstangen müssen sich dann mit den außen liegenden Stangen balanciren. Der Dampfcylinder, welcher also in der Mitte liegt, ist wie ein gewöhnlicher Cylinder construirt, nur ist die Steuerung für die obere und für die untere Kolbenseite getrennt. Es sind zwei Schieberkasten vorhanden, und es besorgt ein Schieber immer nur die Dampfein- und Ausströmung für eine Kolbenseite. Die Schieberbewegung erfolgt durch unrunde Scheiben, welche in Rahmen laufen und das Aufziehen und Schließen der Schieber nicht in schleichender, sondern in mehr ruckweiser Bewegung bewirken. Die ausgestellten Pumpen waren mit Condensation versehen, und es strömte das Wasser aus dem Abflußrohre direct in den Condensator, welcher unter dem Cylinder lag. Das Condensationswasser wurde durch zwei Luftpumpen, deren Kolbenstangen an das untere Querstück befestigt waren, weggeschafft. Diese Pumpen, im Ganzen recht hübsch in ihrer Aufstellung, arbeiteten auch mit gutem Erfolge. Namentlich erzeugten sie ein sehr gutes Vacuum. Wie schon gesagt, sind sie am besten anzuwenden, wenn das Grundwasser nicht mehr als etwa 8m unter dem Bodenniveau zu finden ist, weil sonst theueres Gestänge angebracht werden muß. In der Höhe der oberen Führung war eine Gallerte um das thurmartige Gerüste angebracht und zwischen den beiden neben einander aufgestellten Pumpen ein Verbindungsgang. Die Druckröhren vereinigten sich in der Mitte und führten dann das Wasser in das Niederdruckreservoir. (Vergl. auch die mit Abbildungen versehene Beschreibung im Engineering, Januar 1875 S. 68. D. R.)