Titel: Mittheilung aus dem chemisch-technischen Laboratorium des Polytechnicums in Carlsruhe.
Autor: H. Birnbaum , A. Bomasch
Fundstelle: Band 218, Jahrgang 1875, S. 148
Download: XML
Mittheilung aus dem chemisch-technischen Laboratorium des Polytechnicums in Carlsruhe. Ueber das Verhalten der Ammoniumsalze gegen Knochenkohle; von H. Birnbaum und A. Bomasch. Birnbaum und Bomasch, über das Verhalten der Ammoniumsalze gegen Knochenkohle. Durch die Arbeit, welche einer von uns in Gemeinschaft mit J. Koken (1875 216 52) über die Säuren durchführte, die im Condensationswasser des Vacuumapparates einer Rübenrohzuckerfabrik beobachtet waren, wurde die Aufmerksamkeit auf die Frage gelenkt, ob Ammoniumsalze von Knochenkohle mit oder ohne Zersetzung absorbirt, oder ob diese Salze dem Safte durch das Kohlenfilter nicht entzogen würden. Diese Frage zu beantworten, schien uns von um so größerem Interesse, als die uns bekannten, bisher über die Wirkung der Knochenkohlen auf die im Rübensaft vorkommenden Salze durchgeführten UntersuchungenWeiler, Zeitschrift des Vereines für Rübenzucker-Industrie im deutschen Reiche, Bd. 9 S. 113; L. Walkhoff, daselbst Bd. 11 S. 301; Cunze u. Reichardt, daselbst Bd. 19 S. 772; H. Bodenbender, daselbst Bd. 20 S. 22; Walberg daselbst Bd. 24 S. 855; Anthon, Dingler's polytechnisches Journal, 1874 213 159. die Ammoniumsalze unbeachtet ließen, unsere Arbeit also dazu beitragen konnte, eine Lücke in der Kenntniß über die Wirkung der Knochenkohle auszufüllen. Es ist bekannt, daß Knochenkohle im Stande ist, große Mengen von gasförmigem Ammoniak zu absorbiren, nicht studirt aber war unseres Wissens bisher die absorbirende Wirkung der Knochenkohle auf eine wässerige Lösung von Ammoniak. Wir stellten uns daher zugleich die Aufgabe, zu ermitteln, in welchem Grade Knochenkohle im Stande sei, der wässerigen Lösung von Ammoniak (dem Ammoniumhydrat) Ammoniak zu entziehen. Die von uns benützte Knochenkohle war neu, ungebraucht. Hr. Director Dr. Cunze in Waghäusel hatte die große Freundlichkeit, uns dieselbe zur Verfügung zu stellen. Aus der Analyse ergab sich folgende Zusammensetzung: Wasser 2,46  Kohle 8,32  Calciumcarbonat 4,76  Calciumsulfat 0,27  Calciumphosphat 80,02  Sand 4,36  –––––– 100,19. Wir verwendeten also eine normale neue Kohle. Dieselbe wurde zerkleinert und von den Körnern diejenigen isolirt, welche 1 bis 2mm Durchmesser besaßen. Diese wurden zuerst mit schwach mit Salzsäure angesäuertem Wasser, nachher mit reinem Wasser gewaschen bis zum Aufhören der sauren Reaction, dann getrocknet, bei Luftabschluß schwach geglüht und nach dem Erkalten zu folgenden Versuchen benützt. Die Einwirkung der Kohle auf die Ammoniumsalze wurde so vorgenommen, daß in 50cc der verdünnten Lösungen 50g Kohle eingetragen, dann die Gemische in gut verschlossenen Kolben 24 Stunden bei gewöhnlicher Temperatur (20 bis 25°) unter öfterem Umschütteln stehen gelassen, schließlich die Flüssigkeit von der Kohle durch ein trockenes Filter getrennt wurde. Bei einer Versuchsreihe wurde etwas erhöhte Temperatur angewendet. Dabei war der Kolben 24 Stunden in einem Luftbade von constanter Temperatur. Der Gehalt der Lösungen an Ammoniak und an Säuren wurde vor dem Eintragen der Kohle und nach dem Abfiltriren von der Kohle ermittelt. Wo es möglich war, wurde die Bestimmung von Ammoniak und Säure in der Weise ausgeführt, daß ein bestimmtes Volum (10 bis 20cc) der Lösung, mit einem bestimmten Volum Normalnatronlauge versetzt, der Destillation unterworfen wurde. Die übergehenden Dämpfe wurden in Normalschwefelsäure aufgefangen. Durch Zurücktitriren des im Kolben nicht neutralisirten Aetznatrons einerseits, der in der Vorlage nicht neutralisirten Säure andererseits, hatten wir die Daten zur Berechnung des Gehaltes der Lösungen an Ammoniak und an Säuren. Nur bei dem Studium des Ammonium-Natrium-Phosphats war eine directe Bestimmung der Phosphorsäure durch Fällung nothwendig. Mit Hilfe dieser Zahlen konnte die Größe der Absorption in Procenten der ursprünglich vorhandenen Mengen, sowie die Zusammensetzung der Salze vor und nach der Absorption ermittelt, mithin auch festgestellt werden, ob das betreffende Salz ohne oder mit Zersetzung absorbirt wurde. In der folgenden Tabelle sind die wesentlichsten Untersuchungsresultate zusammengestellt. Die in derselben mitgetheilten Zahlen sind Mittelwerthe von immer wenigstens zwei, meistens aber drei gut mit einander übereinstimmenden Beobachtungen. Textabbildung Bd. 218, S. 150 Salze; 1cc der Lösung enthielt:; vor der Absorption; nach der Absorption; Differenz; Aequivalentaverhältniß; der absorbiten Substanzen; Ammoniumhydrat; Ammonium-Acetat; Ammonium-Sulfat; Kalium-Ammonium-Sulfat; Natrium-Ammonium-Phosph; Kalium-Ammonium-Tartrat Aus diesen Beobachtungen ergeben sich folgende Schlüsse. 1. Einer wässerigen verdünnten Lösung von Ammoniak wird durch Knochenkohle nur wenig Ammoniak entzogen. 2. Auch Ammoniumsalze werden von Knochenkohle in nur geringem Grade absorbirt. 3. Bei der Einwirkung von Knochenkohle auf Ammoniumsalze findet in der Regel eine geringe Zersetzung der letzteren statt. Diese Zersetzung ist bei den Ammoniumsalzen von mehrbasischen Säuren größer als bei denen der einbasischen Säuren. Während z.B. das Ammoniumacetat nahezu unzersetzt absorbirt wird, wird dem Ammoniumsulfat Ammoniak entzogen, ein saures Salz wird gebildet. Sind die sauren Salze leicht löslich, so gehen sie unter nur geringer Absorption durch die Kohlen hindurch. Sind die entstehenden sauren Salze aber schwer löslich (Kalium-Ammonium-Tartrat), oder sind sie im Stande, mit Bestandtheilen der Kohlen unlösliche Verbindungen zu bilden (Ammonium-Natrium-Phosphat), so erscheinen die Säuren in höherem Grade absorbirt als das Ammoniak. 4. Temperatursteigerung scheint die Absorption der Ammoniumsalze durch die Kohle zu befördern. Carlsruhe, im September 1875.