Titel: Die Zündhölzchen auf der Wiener Weltausstellung 1873; von Prof. Dr. W. F. Gintl.
Fundstelle: Band 218, Jahrgang 1875, S. 169
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Die Zündhölzchen auf der Wiener Weltausstellung 1873; von Prof. Dr. W. F. Gintl.Mit gef. Genehmigung entnommen aus dem officiellen Ausstellungsbericht von Prof. Dr. Gintl: Die Zündwaaren und Explosivstoffe. Heft 34. Preis 40 kr. Druck und Verlag der k. k. Hof- und Staatsdruckerei in Wien. Gintl, über die Zündhölzchen auf der Wiener Weltausstellung 1873. Seit den ersten Versuchen, Phosphormasse für Zündhölzchen zu verwenden, welche im J. 1816 Derosne in Paris angestellt hatte, und den praktischen Belegen für die Tauglichkeit des Phosphors zu solchem Zwecke, welche Cagniard de la Tour durch die von ihm gebrauchten Phosphorfeuerzeuge geliefert hatte, waren mehr als 15 Jahre verflossen, ehe sich die Praxis an die Winke kehrte, die ihr von der Wissenschaft geworden waren. Nachdem man sich seit 1815, in welchem Jahre zuerst die von Chancel in Paris (1805) erfundenen Tunkfeuerzeuge von Berlin aus eingeführt wurden, mit dem Gebrauche dieser etwas complicirten Feuerzeuge gequält hatte, traten im J. 1832, kurz darauf, als Trevany in Wien seine mit einer Zündmasse aus chlorsaurem Kalium, Schwefelantimon und einem Bindemittel versehenen Reibzündhölzchen erfunden hatte, die ersten Phosphorzündhölzchen auf. (Vergleiche 1828 29 233.) Wem das Verdienst zukommt, die Derosne'sche Idee, den leicht entzündlichen Phosphor als Zündmittel zu verwenden, in die Praxis eingeführt zu haben, darüber ist nichts Bestimmtes bekannt und nur so viel ist gewiß, daß Reibzündhölzchen mit Phosphorzündmasse nahezu gleichzeitig in verschiedenen Ländern auftauchten. Die ersten derartigen Reibzündhölzchen, welche in den Handel kamen, dürften wenigstens auf dem Continente jene gewesen sein, welche (1832) J. L. Kammerer in Ludwigslust fabricirte, während man in England fast zur gleichen Zeit den Besitz eines ähnlichen Productes John Walker verdanken zu müssen glaubte. Im J. 1833 stellte auch Dr. Moldenhauer in Darmstadt dergleichen Zündhölzchen her, und ein Jahr später befaßten sich in Wien bereits drei Zündhölzchen-Fabrikanten (St. Römer, L. Presche! und Sigel) mit der Erzeugung von Phosphorzündhölzchen, während sich in Paris Madame Merkel (1839 74 157) um die Einführung der neuen Errungenschaft bemühte. Diese Erstlings-Phosphorhölzchen hatten indeß noch wesentliche Mängel. Der hohe Phosphorgehalt ihrer Zündmasse im Vereine mit der zur Unterstützung des Verbrennungsprocesses gegebenen Zuthat an chlorsaurem Kalium bedingten neben der allerdings zum Theile beabsichtigten leichten Entzündlichkeit derselben auch einige Gefährlichkeit dieser neuen Feuerzeuge. Diese durch vorgekommene Explosionen, bei unachtsamem Gebühren in der Fabrikation der Zündmasse, sowie durch bekannt gewordene Fälle von schweren Verletzungen in Folge zufälligen Abspringens der Zündmasse beim Gebrauche solcher Zündhölzchen, mehrfach dargethane Gefährlichkeit derselben war es auch, welche der allgemeineren Verbreitung derselben wesentlich abträglich war, und es gab sogar Länder, deren Regierungen in zarter Fürsorge für das Wohl der Unterthanen die Erzeugung und den Verkauf dieser Zündhölzchen geradezu verpönten. So wäre wohl der neuen Industrie gar bald der Lebensfaden abgeschnitten worden, wenn nicht im J. 1837 der Wiener Zündhölzchen-Fabrikant L. Preschel, in Verfolgung des bereits zwei Jahre vorher durch Trevany angebahnten Fortschrittes, im Ersatze des chlorsauren Kaliums der Zündmasse durch Bleisuperoxyd und später (1840) durch ein weniger kostspieliges Gemenge dieses mit salpetersaurem Blei, das Mittel gefunden hätte, die Zündmasse weniger leicht entzündlich und explosiv, mithin aber auch minder gefährlich zu machen. Damit war der von nun an rasch emporblühenden Zündhölzchen-Industrie der Weg geebnet, und die nunmehr noch von Böttger, Wagner u.a. gebrachten Vorschläge, das chlorsaure Kalium durch billigere Oxydationsmittel, wie Salpeter, Braunstein oder Kaliumbichromat, Baritnitrat u.s.w. zu ersetzen, konnten, soweit sie überhaupt brauchbar waren, nur den Werth haben, daß sie gleich dem von Dr. Moldenhauer (1839) zuerst versuchten Ersatze des kostspieligen arabischen Gummis, als Bindemittel für die Bestandtheile der Zündmasse, durch Leim, welchem Preschel (1843) mit Erfolg das Dextringummi substituirte, auch ein billigeres Product zu liefern und den Preis desselben, der sich um die Mitte der Dreißiger Jahre noch auf 4 bis 5 Kreuzer Conventionsmünze per Schachtel (50 bis 60 Stück) belief, um etwa 25 Proc. zu reduciren gestatteten. Aber es gab noch manche Schwierigkeit zu überwinden. Bei der Höhe des Phosphorgehaltes der Zündmassen die 30 bis 50 Proc. betrug, war der leicht oxydirbare Phosphor vor einer, wenn auch nur allmälig fortschreitenden Oxydation nicht genügend geschützt. In Folge derselben stellten sich zwei wesentliche Uebelstände ein. Die Zündhölzchen verbreiteten während der Aufbewahrung unangenehm riechende und überdies nicht unschädliche Dämpfe und, was der Transportfähigkeit derselben wesentlich abträglich war, sie neigten durch allmälige Bildung von hygroskopischen Oxydationsproducten des Phosphors zum Feuchtwerden und wurden unbrauchbar. Diesen letzteren Uebelstand behob Dr. Moldenhauer, indem er, dem schon 1809 von Derepas gegebenen Beispiele folgend, zunächst einen Zusatz von gebrannter Magnesia (die er später durch die billigere Kreide ersetzte) zur Zündmasse machte, während Preschel zum gleichen Zwecke, sowie zur Milderung des üblen Geruches schon im J. 1840 die Köpfchen seiner Zündhölzer mit einem Harzfirnisse überzog – eine Praxis, die später durch Pollak in Wien (1846) verbessert, sich bis heute erhalten hat. (Vergl. 1853 127 78.) Hatte man so erst Sicherheit in der Erzeugung haltbarer und verläßlicher Phosphor-Zündwaaren gewonnen, so fing man bald auch an, dem Luxus Rechnung zu tragen. Zuerst ersetzte man den als Ueberträger der Zündung von der rasch abbrennenden Zündmasse auf das Holz ursprünglich allein angewendeten Schwefel durch geruchlos verbrennende Körper, wie Fichtenharz, Wachs, Stearin oder, wie R. M. Lechtford im J. 1862 empfahl, durch Paraffin. Später folgten allerhand Künste, um das Auge zu befriedigen. So lehrte 1854 St. Krakowitzer in Pottenstein (Oesterreich) das Metallisiren der Zündholzköpfchen durch Herstellung eines Ueberzuges von Schwefelblei auf der Oberfläche der Köpfchen und gab hierfür eine Vorschrift, welche heute noch ziemlich allgemein zur Erzeugung der „Zündhölzchen mit Metallköpfchen“ in VerwendungVerwendnng steht und die durch eine 1867 von Schindler zum gleichen Zwecke vorgeschlagene Methode nur eine zweifelhafte Verbesserung erfuhr. (Vergl. auch 1860 156 399.) Die Farben der Zündholzköpfchen gestalteten sich immer bunter und durch Application farbiger Lacke auf metallisirte Köpfchen brachte endlich Pojatzi (Landsberg in Steiermark) seine in allen Farbnüancen mit metallischem Reflexe schimmernden „Phantasie-Pracht-Salonhölzchen“ (Zündhölzer mit Brillantköpfchen) zu Stande, welche der raffinirte Geschmack zum Ueberflusse noch mit wohlriechenden Zuthaten auszustatten gewußt hat. Endlich begann man auch damit, die Hölzer durch dünne Kerzchen zu ersetzen, die man derart herstellte, daß man Strähnchen aus Baumwollfaden mit einem geschmolzenen Gemenge von Stearin und Wachs, welches später auch dem billigeren Paraffin weichen mußte, imprägnirte und nach der Abkühlung behufs des Formens und Glättens durch ein warmes Zieheisen hindurchzog. (Vergl. 1851 121 153.) Allein trotz aller Verbesserungen, welche die Phosphor-Zündhölzchen im Laufe der Zeit erfuhren, hatten sie sich von einem Vorwurfe nicht frei gemacht, der, wenn auch nicht von dem gesammten, so doch von dem bedächtigeren Theile des Publicums und zwar nicht mit Unrecht erhoben wurde. Es ist dies der Vorwurf der Giftigkeit des Phosphors, die sowohl in Hinsicht auf die Nachtheile, welche sie für die in den Zündhölzchenfabriken beschäftigten Arbeiter mit sich bringt, als auch im Hinblicke auf die Möglichkeit einer zufälligen oder absichtlichen Vergiftung in Betracht kommen mußte. (Vergl. 1846 100 69 und 419. 102 313 und 374. 1851 121 396. 1854 132 398.) Derlei humanitäre Rücksichten, unterstützt von dem nicht unbegründeten Bedenken gegen die mit der immerhin noch leichten Entzündlichkeit verbundene Feuersgefahr, welche solche Feuerzeuge in der Hand Unberufener bilden konnten, halten schon frühzeitig den Impuls zu Bestrebungen gegeben, die sich das Ziel steckten, den Phosphorgehalt der Zündmassen durch nicht giftige, oder doch weniger schädliche Substanzen zu ersetzen und ihre Feuergefährlichkeit durch Erschwerung der Entzündbarkeit zu verringern. Zunächst war es Böttger (1842 83 75 und 248. 1843 90 414), der schon im J. 1848, kurz nachdem in Schrötter's Laboratorium die nicht giftige und schwer entzündliche rothe Modification des Phosphors entdeckt worden war, mit der Erfindung der sogen. Sicherheitszündhölzchen (auch Gesundheits- oder Antiphosphorhölzchen) hervortrat, deren fabrikmäßige Erzeugung wenige Jahre später (1858) von FürthFürth mußte indeß die Fabrikation dieser Zündhölzchen bald wieder aufgeben, da das Publicum sich nicht daran gewöhnen wollte, die neue Waare zu kaufen. in Schüttenhofen (Böhmen), dann auch von Coignet in Paris, Villiers und Dalemagne in Paris, sowie später von Landström zu Jönköping aufgenommen wurde. Diese neuen Zündhölzchen, um deren Herstellung sich auch (1856) Canouil (1858 149 240. 1859 151 231), dessen Recept später durch Voudeaux und Paignon verbessert wurde, bemüht hat, charakterisirten sich dadurch, daß sie phosphorfreie Zündmassen besaßen, welche durch Friction nur an einer bestimmten, mit einer rothen Phosphor enthaltenden Masse präparirten Reibfläche zur Entzündung gebracht werden konnten und hiermit den Vortheil geringerer Feuergefährlichkeit neben jenem der Unschädlichkeit boten. (Vergl. auch 1856 141 450. 142 396. 1857 145 387. 146 399.) Nachdem diese gut gemeinte Neuerung beim Publicum, welches in der Beschränkung auf eine bestimmte Reibfläche eine Unbequemlichkeit erblickte, keinen Anklang zu finden vermochte und auch die 1857 von Lutz und Höchstetter (1858 148 79) eingeführten, des Phosphors gänzlich entbehrenden Zündhölzchen, welche keiner besonders präparirten Reibfläche zur Zündung bedurften, als etwas schwer entzündlich, sich die Gunst des Publicums nicht zu erwerben vermochten, versuchte sich noch Camaille, dann in sehr eingehender Weise Wiederhold (1861 161 221 und 268. 163 203 und 296. 1863 169 158), C. Liebig (1866 182 175) u.a. sowohl in der Einführung des rothen Phosphors an Stelle des gewöhnlichen, wie auch in der Herstellung völlig phosphorfreier Zündmassen, ohne daß es indeß auch ihrem Bemühen gelungen wäre, die gewöhnlichen Phosphorhölzchen zu verdrängen, oder ihnen überhaupt nur eine wirksame Concurrenz zu machen. Erst zu Ende der sechziger Jahre schwang sich die Erzeugung von Sicherheitszündhölzchen, in Frankreich namentlich durch Coignet (und Comp.) (1861 161 148), welcher seine Bemühungen, phosphorfreie Zündmassen einzuführen, eifrig fortgesetzt hatte, gepflegt und die energische Propaganda, die in der französischen Armee hierfür gemacht wurdeEs wurden nach Anordnung des Kriegsministeriums den Mannschaften solche phosphorfreie Zündhölzchen gegen einen sehr mäßigen Soldabzug von der Militär-Oekonomie-Behörde geliefert. unterstützt, zu einer eigentlichen Industrie empor, in welche auch Poncelet in Havre, dann die Firma Forster und Wawra in Wien, welche Zündmassen mit amorphem Phosphor nach eigenem Patente fabricirte, weiters L. Achleitner in Salzburg und endlich unter anderen schwedischen Fabrikanten F. Körner in Gothenburg, welcher das John Bagge'sche Patent zu verwerthen sich bemühte, mit mehr oder weniger Glück eingetreten waren. Hatte die Chemie so redlich das Ihrige gethan zur Festigung und zum Aufblühen der Zündhölzchen-Industrie, so war auch die Mechanik nicht zurückgeblieben. Während man sich anfänglich damit begnügen konnte, die Herstellung der Hölzchen durch Spalten von mit Sägen zugeschnittenen Holzscheiben lediglich aus freier Hand besorgen zu lassen und mit der plumpen, unregelmäßigen Form dieser unter dem Namen „Bauernhölzer“ noch heute bekannten Erzeugnisse der Hausindustrie vorlieb nahm, führte der wachsende Bedarf, welchem die primitive Handarbeit mit Säge und Messer nicht mehr zu genügen vermochte, bald zur Benützung mechanischer Hilfsmittel, deren erstes im J. 1822 von dem Wiener Cabinetsdiener H. Weilhöfer in Gestalt eines für die Herstellung runden Holzdrahtes bestimmten Röhrchenhobels erfunden worden war. Diesem in der Fabrikation von Holzdraht noch heute eine Rolle spielenden Handhobel, der namentlich von Stephan Römer, wiewohl in etwas veränderter Form, in die Praxis eingeführt war, folgte bald eine von Anton in Darmstadt erfundene Hölzchen-Spaltmaschine, welche viereckige Hölzchen lieferte, und 1838 von demselben Erfinder auch ein dem Römer'schen sehr ähnlicher Handhobel zur Erzeugung runder Hölzchen. Nachdem auch verschiedene Systeme von Hobel- und Spaltmaschinen [Pelletier, Cochot (1830) (1832 45 209), Jennat (1840) Neukranz (1845)] aufgetaucht waren, construirte abermals Anton eine sehr sinnreiche Schneidmaschine, die sich bald in vielen Fabriken Eingang verschaffte, und ihr reihten sich in rascher Folge die Maschinen von Krutz (1848), und Andrée (1851) an, denen sich endlich die auf immer größere Massenproduction berechneten Hobelmaschinen von Wrana in Wen (1862 176 187), Möllinger und Wagner in Aschbach, Hirsch in Prag (1866), dann die Schneidmaschine von Long (1867) anschlossen. (Vergl. auch 1869 192 94.) Aber man begnügte sich nicht allein damit, bei der Erzeugung der Hölzchen die Handarbeit durch die Einführung von Maschinen zu ersetzen, sondern war auch bemüht, den übrigen Arbeiten der Zündölzchenfabrikation durch Maschinen zu Hilfe zu kommen. So hatte schon im J. 1840 Anton durch Einführung der noch heute gebräuchlichen Tunkrahmen das zeitraubende und ein unschönes Product liefernde Tunken (Massiren) in Bündeln beseitigt. Der Gebrauch dieser Tunkrahmen, welche ein Einlegen der zu massirenden Hölzchen und das Ausnehmen des fertigen Productes erheischten, führte, um auch hier die Handarbeit entbehrlich zu machen, zur Construction der Steck- und Legemaschinen, unter denen jene von Gödel und Sebold den meisten Anklang gefunden haben, und ihnen folgten Maschinen zum Gleichmachen der einzulegenden, und Maschinen zum Auslegen der fertigen Hölzchen, denen sich endlich eine von Higgins ersonnene, selbstthätige Vorrichtung zum Tunken der Zündhölzchen anschloß, die nicht so sehr einen technischen, als vielmehr einen hygienischen Vortheil darbietet, indem ihre Anwendung es dem Arbeiter möglich macht, sich den schädlichen Einflüssen der Phosphordämpfe, denen er namentlich beim Tunken ausgesetzt ist, zu entziehen. Hand in Hand mit den Fortschritten und dem Aufschwunge der Zündhölzchenfabrikation ging auch die Verbesserung in der Art der Emballirung und Packetirung der fertigen Waare. Hatte man sie ursprünglich in Schachteln zu Markte gebracht, so wichen diese in Folge des immer mehr zunehmenden Consums bald den billigeren und leichter herstellbaren, geleimten Papierkapseln mit Deckel, die zuerst in Oesterreich auftauchten und heute noch für ordinäre Zündhölzchensorten im Gebrauche sind. Für Luxushölzchen hatte man die Schachtel als Emballage beibehalten, ersetzte aber bald die ältere Schieberschachtel durch die cylindrische, mit zwei Reibflächen und Etiquette versehene Cartonbüchse, welche unter dem Namen der „Wiener Salonbüchse“ noch heute eine beliebte Packirungsform ist. Neben Papier- und Pappe-Emballagen bürgerten sich allmälig auch solche aus Holzspan, mit und ohne Papierverkleidung ein, und wurden Schieberschachteln aus Holzspan, namentlich von schwedischen Fabrikanten für die Emballage ihrer Sicherheitshölzchen gewählt. Der Massenverbrauch hat selbstverständlich auch hier die Idee der Heranziehung mechanischer Hilfsmittel für die Herstellung der Cartonagen und Spanschachteln, nahegelegt, und die Spanhobelmaschinen, Biege- und Stanzmaschinen, die man in größeren Zündhölzchenfabriken arbeiten sieht, geben Zeugniß von der erfolgreichen Realisirung dieser Idee. Nach solchem rasch verlaufenen Entwickelungsgange war dies der Zustand, in welchem uns im J. 1867 die Zündhölzchen-Industrie aufanf der Ausstellung zu Paris entgegentrat. Sie war damals in fast allen civilisirten Ländern, wo irgend die Bedingungen für ihr Gedeihen sich fanden, eingebürgert; besonders aber stand sie in Oesterreich, wo sie von ihrem ersten Aufkeimen an sorgfältig gepflegt und gehegt worden war, in ihrer vollsten Blüthe. Seither wurde mancher Fortschritt gethan oder doch zu thun versucht. Zunächst war es die Frage der phosphorfreien Zündhölzchen, auf deren Gebiete sich, angeregt durch die Erfolge, welche die immer massenhafter exportirten schwedischen Sicherheitszündhölzchen auf dem Weltmarkte errangen, eine rege Thätigkeit entfaltete. Vor Allem suchte man, wie begreiflich, das schwedische Product zu imitiren, zu welchem Zwecke ein von H. Wagner in Pfungstadt (1867 186 62) gegebenes Recept mit Vortheil dienen konnte; dann folgten die Bemühungen, durch die Erzeugung phosphorfreier Zündhölzchen, welche auf jeder Reibfläche sich entzünden ließen, die schwedische Concurrenz zu überbieten. Hierher gehören die auch vom Humanitären Standpunkte wohl zu würdigenden Bemühungen von Forster und Wawra in Wien, die ihre giftfreien Zündhölzchen schon in Paris zur Ausstellung gebracht hatten; dann jene von G. Kalliwoda in Ortenberg (Baden), der im J. 1869 das Wiederhold'sche Princip der Herstellung einer giftfreien Zündmasse mittels unterschwefligsaurem Blei und chlorsaurem Kalium zur fabriksmäßigen Erzeugung von Zündhölzchen ohne Phosphor verwendete und ein Product lieferte, das in Hinsicht auf Brauchbarkeit wie auf Billigkeit dem gewöhnlichen Phosphorzündhölzchen kaum nachstand. Ein ähnliches Erzeugniß versuchten auch Kleeberg und Rockstroh in Jöhstadt (Sachsen) in Verkehr zu bringen. In höchst origineller, wiewohl leider nicht gleich brauchbarer Weise suchte H. Fleck in Dresden (1868) das Problem der Herstellung eines giftfreien und ungefährlichen, dabei aber doch verläßlichen und bequemen Zündmittels zu lösen, indem er die Eigenschaft des Natriums, beim Zusammentreffen mit Wasser (Feuchtigkeit) zu zünden, zu diesem Zwecke zu benützen suchte. Seine auf diesem Wege construirten Feuerzeuge, welche man etwa blos zu öffnen brauchte, um Feuer zu bekommen, seine „Amorces“, die mit einer feuchten Nadel angestochen zündeten, und seine durch Zerren zur Entflammung zu bringenden Zündstreifen blieben indeß nur schöne Gedanken ohne praktischen Werth. Eine größere praktische Bedeutung haben die Bestrebungen gewonnen, die älteren phosphorreichen Zündmassen durch phosphorärmere zu ersetzen und so nicht nur ein billigeres, sondern namentlich ein weniger gesundheitsschädliches Product zu erzielen, ohne jedoch die Brauchbarkeit desselben zu schädigen. Während bis vor Kurzem Zündmassen mit einem Phosphorgehalte von 10, 15 bis 17 Proc. ganz allgemein waren, mehrfach sogar solche mit 30 bis 40 Proc. Phosphor fabricirt wurden, hat man sich allmälig an die Herstellung von Zündmassen mit 5 bis 7 Proc. Phosphor gewöhnt, und es ist zu erwarten, daß dergleichen Zündmassen, welchen in neuerer Zeit namentlich von W. Jettel (1869 191 369) 1870 195 369. 1872 203 75) mit Recht das Wort geredet wird, sich auch über die Grenzen Oesterreichs hinaus, wo man zuerst den Vortheil derselben erkannt und ausgenützt hat, allgemeineren Eingang verschaffen und die immer noch vorkommenden phosphorreichen Zündmassen (Deutschland, Frankreich, England) endlich gänzlich verdrängen werden. Hoffentlich werden der Verallgemeinerung dieses Fortschrittes die Umtriebe gewisser Receptmakler nicht hinderlich sein, die, wie in neuester Zeit (1871) der Franzose Escach (1873 207 341), unter dem Prätexte der Unexplodirbarkeit und Anrühmung sonstiger Vorzüge, immer wieder phosphorreiche Zündmassen empfehlen. Aber auch in anderer Hinsicht hat man Verbesserungen einzuführen gesucht. So hat H. Howse in London (1869 193 93) den Vorschlag gemacht, der Feuergefährlichkeit, welche der Gebrauch der Zündhölzchen insoferne mit sich bringt, als abgebrannte Zündhölzchen, welche weggeworfen werden, in Folge des Fortglimmens der Holzreste Veranlassung zum Ausbruche von Bränden geben können, dadurch zu begegnen, daß man die Hölzchen mit Substanzen (Alaun, Bittersalz u. dgl.) imprägnirt, welche das Fortglimmen des Holzes nach dem Erlöschen der Flamme hindern – ein Vorschlag, der in gewisser Beziehung sehr beachtenswerth und auch bereits in die Praxis übergegangen ist. Endlich haben die letzten Jahre auch Verbesserungen der zur Holzbearbeitung dienenden [W. Jettel (1869 193 278 und 368 194 26 und 250)], dann der Ein- und Auslege-Maschinen gebracht, und als ein im Interesse des Wohles der Arbeiter gelegener Fortschritt ist es zu begrüßen, daß Higgins' automatische Tunkmaschine, mit deren Einführung die bekannte Zündhölzchenfabrik von Bell und Black in Stratford ein nachahmungswerthes Beispiel gegeben hatte, nunmehr auch in anderen Zündhölzchenfabriken Eingang gefunden hat. Neben solchen Verbesserungen, welche das Product und dessen Erzeugungsweise betrafen, entwickelte die Zündhölzchen-Industrie, dem Geiste der Zeit entsprechend, auch einen gewissen Luxus in der Ausstattung der Cartonagen und Taschenetuis, namentlich jener, in welchen die immer mehr in Aufnahme kommenden Zündkerzchen (Vestas, fälschlich auch Wachszündhölzchen) zum Verkaufe gebracht weiden. Solcher moderner Ausstattungsweise, der namentlich die so sehr vervollkommnete Chromotypie besonders zu Statten kommt, liegt, wenngleich sie unbestritten Neues und Praktisches liefert, theilweise die Tendenz zu Grunde, die gelieferte Zündwaare in der besseren Schale auch besser zu verwerthen, als dies in einer weniger ansprechenden, ordinären Emballage möglich wäre, wobei das Raffinement soweit geht, den Käufer durch ein drastisches Bildchen oder ein interessantes Portrait, welches auf dem Etuis prangt, zu der höheren Auslage zu verlocken oder momentan für diese zu entschädigen. So fanden wir denn auch in der Physiognomie, mit welcher uns die Zündhölzchen-Industrie auf der Ausstellung 1873 entgegentrat, nur einzelne veränderte Züge. Die wesentlichsten Merkmale, welche den heutigen Stand der Zündhölzchen-Industrie gegenüber jenem im J. 1867 charakterisiren, sind einerseits vermehrte und verallgemeinerte Production von Sicherheitszündhölzchen, andererseits Entwickelung einer luxuriöseren Ausstattungsweise, sowohl des Productes selbst als auch der Emballage. Im Uebrigen ist auch eine entschieden vermehrte Production von Zündkerzchen bemerkbar, welche sich einer immer mehr zunehmenden Beliebtheit erfreuen und den feineren Sorten von Zündhölzchen entschiedene Concurrenz machen, wiewohl die Zündmassen derselben (zumal des französischen und italienischen Fabrikates) behufs der sicheren Uebertragung der Zündung auf das Kerzchen gewöhnlich etwas phosphorreich sind und dem Gehalte an chlorsaurem Kalium die Untugend der Explodibilität verdanken.