Titel: Malligand's Ebullioskop; von Dr. V. Griessmayer.
Autor: V. Griessmayer
Fundstelle: Band 218, Jahrgang 1875, S. 262
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Malligand's Ebullioskop; von Dr. V. Griessmayer. Grießmayer, über Malligand's Ebullioskop. Der in diesem Journal (1874 213 87) schon näher beschriebene Apparat führt den ausführlichen Titel: „Ebullioscope principe Vidal perfectionné par E. Malligand, Fils et Eth. Bd. Vidal Bréts. S. G. D. G.“ Die wesentliche Verbesserung gegenüber der letzten Form dieses Apparates besteht in der fein kalibrirten Procentscale desselben, sowie in der eigenthümlichen Erhitzungsmethode Malligand's. Es wird nämlich die zu untersuchende Flüssigkeit nicht direct über die Spirituslampe gebracht, sondern das Siedgefäß communicirt in der Nähe seines tiefsten Punktes mit einer durch dasselbe gelegten ringförmigen Röhre, deren beide Enden in ungleicher Höhe in den Sieder münden. Diese Röhre nun ist es, die erhitzt wird. Durch diese Anordnung wird bezweckt, daß der an der Erhitzungsstelle entwickelte Alkoholdampf von der in dem Sieder befindlichen Flüssigkeitssäule fortwährend und zwar so lange condensirt wird, bis die ganze Masse gleichförmig ins Sieden gekommen ist. Das Instrument ist so construirt, daß es die Volum procentgehalte alkoholischer Flüssigkeiten von 0° bis 25° angibt; es hat sich jedoch herausgestellt, daß die Genauigkeit der Resultate bei höherem Procentgehalte abnimmt, und daß es räthlich erscheint, Flüssigkeiten von höherem Alkoholgehalt vor der Probe nach bestimmten Verhältnissen (auf die Hälfte, auf ein Drittel oder Viertel) zu verdünnen. Der Apparat wurde von Malligand zunächst für Weinuntersuchungen bestimmt und leistet in dieser Beziehung wirklich Alles, was man nur immer verlangen kann. Eine Commission der französischen Akademie unter der Leitung Thenard's hat das Ebullioskop einer eingehenden Untersuchung unterzogen und die Resultate derselben in der Sitzung vom 3. Mai (Comptes rendus, 1875 t. LXXX p. 1114) bekannt gegeben. Es ergab sich hieraus, daß man auch die schweren Weine mit dem Apparate leicht bestimmen könne, und daß die Fehler höchstens 1/8° betragen. Das Hauptaugenmerk der Commission war darauf gerichtet, welchen Einfluß der Extractgehalt der Weine auf deren Siedepunkt ausübe. Es zeigte sich nun, daß der Weinstein und ähnliche Salze den Titer herabdrücken, Invertzucker aber und starke Farbe ihn erhöhen. Die größten Differenzen mußten sich daher bei den Liqueuren ergeben; doch konnten dieselben durch vorheriges Verschneiden des Liqueurs mit 1–2–3 Volumen Wasser vollständig ausgeglichen werden. ReinerWein. 1 Vol. Wein,1 Vol. Wasser. 1 Vol. Wein,2 Vol. Wasser. 1 Vol. Wein,3 Vol. Wasser. GrößteDifferenz. Marossan (Herault) 14,2   12,66 12,3   12,24 1,96 Moscatel de Sethubal       (Portugal) 19,6 18,0   17,55 17,6 2,05 Malaga   20,45 18,7   18,36 18,2 2,25 Teneriffa 20,5 20,0 20,1 19,96Der Teneriffa, der sehr trocken ist, gibt die geringsten Differenzen, der Malaga aber, obwohl weniger zuckerreich als die Muscate, die größten. Also gibt es noch andere Substanzen, wie Zucker und Farbe, welche den Titer erhöhen. 0,54 Frontignan Muscat 14,0 12,8   12,69   12,72 1,51 Vermouth Noilly 18,2 17,6 17,6 17,6 0,6 Um sich zu überzeugen, daß die Instrumente Malligand's auch unter sich gleich sind, wurden dieselben Sorten Wein einerseits von der Syndikatskammer, andererseits von der Akademiecommission mit verschiedenen Instrumenten untersucht. Das Resultat war ein äußerst günstiges. Wein. Syndicatskammer. Akademie-Commission. Differenz. Cher 1874   11,00   10,95  – 0,05 Montagne (Midi) 1874   10,30   10,30 0 Roussillon 1873   13,00   12,94   – 0,06 Vermouth   17,65 17,6   – 0,05 Frontignan Muscat   12,75   12,69   – 0,06 Narbonnais 1874   12,75   12,65   – 0,10 Weißer D'Entre-deux-mers 1872   11,10   11,13   + 0,03 Medoc 1874   11,05   11,05 0 Bergerac 1874   11,30   11,30 0 Tournus 1874     9,65     9,65 0 Chinon   11,05   11,05 0 Narbonne superieur 1874 13,4 13,3 – 0,1 Roussillon 1874   14,50   14,40 – 0,1 Roussillon ordinaire   13,95 13,9  – 0,05 Als Resultat ihrer Untersuchung stellt die Akademie folgende Sätze auf. Das Ebullioskop von Malligand hat gezeigt: 1) daß die Mehrheit der fixen und löslichen Substanzen den Siedepunkt einer alkoholischen Flüssigkeit verzögern und manche sogar empfindlich herabdrücken; 2) daß diese Substanzen sich immer im Weine vereint finden, aber in verschiedenen Verhältnissen; 3) daß diese Substanzen bei Tischweinen, deren Gährung vollendet ist, sich genügend compensiren; 4) daß bei Liqueuren und unvollständig vergohrenen Weinen der Siedepunkt voraus ist, daß man aber diese Anomalie durch Verschneiden mit Wasser beseitigen kann; 5) daß man unter den schlimmsten Bedingungen keinen Fehler begeht, der 1/6° übersteigt, und daß man in gewöhnlichen Fällen bis auf 1/20° sicher ist; 6) daß diese Operation leicht und schnell geht; 7) daß die Instrumente in Folge ihrer sorgfältigen Graduirung unter sich vergleichbar sind, und daß daher 8) das Ebullioskop von Malligand das beste bisher bekannte Verfahren zur Alkoholbestimmung liefert. Die Versuche, welche ich selbst mit dem ApparateEr ist zu beziehen um den Preis von 150 Franken loco Paris von: Ed. Malligand, Negociant en vins, rue de la Côte d'or Nr. 31. Paris. anstellte, bestätigen zunächst, was im Akademieberichte gesagt ist. Ich verglich das Ebullioskop, dessen Volumprocente nach der Tabelle von Brix auf Gewichtsprocente umgerechnet wurden, theils mit den Angaben der Destillationsmethode (mit der hierfür üblichen Tabelle von Fownes), theils mit der saccharometrischen Probe von Balling. Sodann suchte ich die Anwendung des Apparates für die Bieranalyse zu prüfen und den Einfluß des Bierextractgehaltes auf die Procentanzeige zu ermitteln. Zu diesem Behufe stellte ich folgende Versuche an. I. Tischwein aus dem Officierscasino des 2. Infanterie-Regimentes. Malligand = 9,3   Vol.-Proc. Brix = 7,48 Gew.-Proc. Gleiche Volume von diesem Wein und von Wasser gaben: Malligand = 4,6 entsprechend    9,2   Vol.-Proc. Brix = 7,42 Gew.-Proc. Durch Destillation bestimmt 3,72 = 7,44        „ II. Nordhäuser Kornbranntwein. Die directe Probe zeigte etwa 35 Proc., also war er zu stark, um mit dem Ebullioskop direct bestimmt werden zu können. Mit gleichem Volum Wasser verschnitten:                    Malligand = 20,4 entsprechend   40,8 Vol.-Proc. Auf ein Drittel mit Wasser verschnitten, oder 2 Vol. Wasser und 1 Vol. Wein:                    Malligand = 13,6 entsprechend   40,8 Vol.-Proc.                    Brix                                           = 34,1 Gew.-Proc. Auf ein Viertel verschnitten:                    Malligand = 10,23 entsprechend  40,92 Vol.-Proc. IIIa. Augustinerbier. Malligand = 4,45 Vol.-Proc. Brix = 3,5 Gew.-Proc. FownesSo will ich kurz die Destillationsmethode bezeichnen. = 3,56     „ IIIb. Augustinerbier von demselben Wirthe, 14 Tage später. Malligand = 4,25 Vol.-Proc. Brix = 3,4   Gew.-Proc. Fownes = 3,72         „ Balling = 3,00         „ IVa. Leistbräubier aus dem Wittelsbacher Garten. Malligand = 4,3   Vol.-Proc. Brix = 3,28 Gew.-Proc. Fownes = 3,7          „ Balling = 3,56        „ IVb. Dasselbe 8 Tage später. Malligand = 4,5  Vol.-Proc. Brix = 3,6  Gew.-Proc. Fownes = 3,59       „ IVc. Dasselbe 14 Tage später. Malligand = 4,5  Vol.-Proc. Brix = 3,6  Gew.-Proc. Fownes = 3,62       „ Va. Pschorrbräubier aus der Wirthschaft von Denk. Malligand = 4,45 Vol.-Proc. Brix = 3,51 Gew.-Proc. Fownes = 3,71       „ Balling = 3,12       „ Vb. Dasselbe 1 Tag später, offen an der Luft gestanden. Malligand = 4,15 Vol.-Proc. Brix = 3,27 Gew.-Proc. VIa. Um nun den Einfluß der Bierextractbestandtheile zu eruiren, vermischte ich 100cc Bier vom Versuch III mit einem Eßlöffel voll Gerbsäure: Malligand = 4,4 statt 4,25 Vol.-Proc. VIb. 100cc desselben Bieres mit 3g Dextrin vermischt: Malligand = 4,35 statt 4,25 Proc. VIIa. 485cc Wasser und 15cc käuflichen absoluten Alkohols gaben: Malligand = 2,7 Vol. Proc. Zu 100cc dieser Mischung brachte ich 0g,25 Dextrin: Malligand = 2,7 Vol.-Proc. VIIb. 50cc obiger Mischung und 10cc 10proc. Würze: Malligand = 2,25 statt 2,35 Vol.-Proc. VIII. 470cc Wasser und 30cc Alkohol gaben: Malligand = 5,85 Vol.-Proc. Brix = 4,61 Gew.-Proc. Fownes = 4,38        „ a) 50c dieser Mischung und 50cc Würzeextract gaben:     Malligand = 2,75 . 2,75 × 2 = 5,5 statt 5,85 Vol.-Proc. b) 50cc derselben Mischung und 50cc einer 5proc. Bierextractlösung gaben     Malligand = 2,85 . 2,85 × 2 = 5,7 statt 5,85 Vol.-Proc. IX. 50cc Wasser und 50cc absoluter Alkohol: Malligand = 9,9 Vol.-Proc. 100cc dieser Mischung und 10g Bierextract: Malligand = 9,65 statt 9,9 Vol.-Proc. Es ergibt sich aus diesen Versuchen Folgendes: 1) Das Ebullioskop von Malligand leistet in Bezug auf Wein und Liqueure Vorzügliches. Der erste Versuch dauert ungefähr eine halbe Stunde,Weil das erste Mal der Siedepunkt des Wassers für den gegenwärtigen Luftdruck an der Scale fixirt werden muß. alle späteren eine viertel Stunde. 2) Das Ebullioskop ist in gleicher Weise auch für die Bieranalyse geeignet und besonders zu empfehlen. Der Gehalt an Dextrin und Proteinen, wie er im Bierextracte vorkommt, ist ohne wesentlichen Einfluß auf den Siedepunkt und das Verfahren viel einfacher und schneller als die Destillationsmethode und viel exacter als die saccharometrische Bestimmung.