Titel: Ueber die Gewinnung von Chlorkalium aus dem Strassfurter Abraumsalz mittels mechanischer Aufbereitung; von Dr. H. Grüneberg.
Autor: H. Grüneberg
Fundstelle: Band 218, Jahrgang 1875, S. 411
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Ueber die Gewinnung von Chlorkalium aus dem Strassfurter Abraumsalz mittels mechanischer Aufbereitung; von Dr. H. Grüneberg. Grüneberg, Gewinnung von Chlorkalium aus dem Straßfurter Abraumsalz. Eine Anmerkung (217 393 Note 10) in Dr. Frank's verdienstvoller Abhandlung über die Staßfurter Kali-Industrie aus A. W. Hofmann's Bericht über die Wiener Weltausstellung (1875 217 338, 496. 218 62) betreffend die s. Z. vom Verfasser durchgeführte Aufbereitung des Abraumsalzes, ist Veranlassung zu gegenwärtigen Mittheilungen, welche vielleicht geeignet sind, einen Irrthum über die Anwendbarkeit jenes Verfahrens zu zerstreuen und demselben diejenige Stellung in der Kali-Industrie einzuräumen, welche bei heutigem Stande der Aufbereitungstechnik ihm gebührt, namentlich wenn an die Industriellen Staßfurts wieder einmal die Aufgabe herantreten sollte, mit dem Chlorkaliumgehalte der Abraumsalze ökonomischer zu verfahren, als dies heute der Fall ist. Die Unterschiede im specifischen Gewicht der das Abraumsalz vornehmlich bildenden Salze in Carnallit, Steinsalz und Kieserit sind zwar nicht groß, nämlich Carnallit 1,618 Steinsalz 2,200 Kieserit 2,517, dennoch groß genug, um eine Scheidung dieser Salze mittels Aufbereitung zu ermöglichen; sie regten Verfasser an, eine solche zu versuchen, um mittels derselben schon aus dem Rohstoff diejenigen Salze zu entfernen, welche Veranlassung zu den Kaliverlusten in der bisherigen Chlorkaliumfabrikation waren, wesentlich also die schwefelsaure Magnesia. Es ist bekannt, daß heute noch, selbst in gut eingerichteten Chlorkaliumfabriken, um 80k reines Chlorkalium zu gewinnen, 120k Chlorkalium im Rohsalz aufgewendet werden müssen, daß also selbst bei dem heutigen Stande der Staßfurter Kali-Industrie 50 Proc. des gewonnenen Chlorkaliums in den Rückständen verloren gehen. Diesem Uebelstande sollte durch die mechanische Aufbereitung möglichst abgeholfen werden. Das erste Stadium einer guten Aufbereitung ist eine Separation der zu scheidenden Stoffe in verschiedene unter sich möglichst gleiche Korngrößen, damit bei der darauf folgenden Siebsetzung die dem Volum nach gleichen Körner sich dem specifischen Gewichte entsprechend gut ordnen. Für den vorliegenden Fall wurden zur Separation Siebe von je 5mm, 8mm und 13mm Lochung gewählt, welche in einer Separirtrommel combinirt, unter Anwendung des von der kgl. Berg-Inspection zu Staßfurt bezogenen, grob gemahlenen Salzes lieferten: I. Korn von  5mm Größe 40 Proc. II.    „     „    8        „ 20    „ III.    „     „  13        „ 33    „ IV. Gröberes Korn, später nochmals gewalzt   7    „ Das angewendete Rohsalz zeigte durchschnittlich: Chorkalium 16   Proc. Chlornatrium 25,5   „ Schwefelsaure Magnesia 14,5   „ Die Resultate der Aufbereitung desselben durch Separation und Setzverfahren finden sich in nachstehender Tabelle vereinigt. Separation. IKorn von5mm.40 Proc. IIKorn von8mm.20 Proc. IIIKorn von13mm.33 Proc. IVKorn über13mm.7 Proc. Proc. Proc. Proc. Proc. Chlorkalium 20,2 14,8 12,6   9,6 Chlornatrium 14,8 32,6 33,1 35,0 Schwefelsaure Magnesia   1,6 18,7 24,3 29,3 Setz-Verfahren. a b c Obere Schicht. Mittl. Schicht. Untere Schicht. Korn II. 60 Proc. 27 Proc. 13 Proc. Proc. Proc. Proc. Chlorkalium 19,6   8,4   2,9 Chlornatrium 24,0 38,0 55,0 Schwefelsaure Magnesia     2,17 22,0 29,2 Korn III. 29 Proc. 31 Proc. 40 Proc. Chlorkalium 19,5 12,6   7,2 Chlornatrium 23,0 33,2 40,0 Schwefelsaure Magnesia 2,75 16,2 30,5 Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, daß durch 5mm Lochung abgesiebt werden konnten 40 Proc. des Rohsalzes, mit einem Gehalt von 20,2 Proc. Chlorkalium, welche wegen dieses hohen Chlorkaliumgehaltes und des äußerst geringen Gehaltes an schwefelsaurer Magnesia (1,6 Proc.) geeignet waren, direct zur Raffination verwendet zu werden. Die anderen Korngrößen II und III mußten dem Setzverfahren unterworfen werden; und hierzu mußte ein Medium gefunden werden, welches auf die zu scheidenden Salze einen lösenden Einfluß nicht ausüben konnte. Es wurde die gegen jene Salze indifferente Chlormagnesium-Mutterlauge der Chlorkaliumfabrikation gewählt. In der That ging mit derselben, namentlich wegen ihres hohen specifischen Gewichtes, die Setzoperation vortrefflich von Statten; die einzelnen Salze schwammen in dieser Lauge mit Leichtigkeit, und dies begünstigte die beabsichtigte Ordnung derselben nach ihrem specifischen Gewichte, welche stets schon nach wenigen Minuten Setzung eingetroffen war. Die gesetzten Salze wurden bei allen Separationsproducten in drei Schichten abgehoben, deren obere, wie die Analysen zeigen, ziemlich reinen Carnallit mit Steinsalz, deren mittlere Carnallit mit Steinsalz und mehr Kieserit, und deren letzte unterste mehr Steinsalz und Kieserit mit wenig Carnallit enthielt. Wie obige Tabelle nachweist, wurden durch das Setzverfahren aus dem Korn II Schicht a noch 60 Proc. = 12 Proc. des angewendeten Rohsalzes und aus dem Korn III Schicht a noch 29 Proc. = 9,5 Proc. des angewendeten Rohsalzes von einem Product gewonnen, welches, analoger Zusammensetzung wie das durch 5mm Lochung erzielte feine Korn, direct zur Raffination verwendet werden konnte. Es wurden von diesem, im Durchschnitt also etwa 20 Proc. Chlorkalium haltenden Salz, gewonnen 40 + 12 + 9 1/2 = 61 1/2 Proc., welche mit geringem Aufwand von Dampf und wenig Wasser starke Anschüsse von sehr reinem Chlorkalium lieferten. Das Product IIIb mit 12,6 Proc. Chlorkalium, dem Gewicht nach 10 Proc. des angewendeten Rohsalzes, wurde wie gewöhnliches Rohsalz extrahirt. Die Producte IIb und IIIc mit 7 bis 8 Proc. Chlorkalium gingen in die Fabrikation der Kalidünger,Nach einem eigenthümlichen Verfahren wurde aus den Setzproducten IIb und IIIc ein sogenannter concentrirter Kalidünger mit 25 Proc. Kali und ziemlich hohem Magnesiagehalt dargestellt. Diese Producte wurden nämlich auf flache, etwa 1qm große Siebe mit 2mm Maschenweite, welche in entsprechenden, mit Chlorkalium-Waschlauge gefüllten Gefäßen aufgehängt waren, ausgebreitet. Die Siebe tauchten etwa 5cm in die Lauge, welche letztere, mit Chlornatrium fast gesättigt, das in den Setzproducten enthaltene Steinsalz wenig angriff, den Carnallit desselben aber zerlegte, indem sie das Chlormagnesium des letzteren aufnahm, das hierdurch frei werdende Chlorkalium aber sowie den theilweise zerfallenden Kieserit durch die Maschen des Siebes fallen ließ. So blieb fast alles Steinsalz – kalifrei – auf den Sieben zurück und konnte entfernt werden. Die Lauge sättigte sich mit Chlormagnesium und ließ hierdurch den größten Theil des anfangs gelösten Chlorkaliums und Chlornatriums in den „Kalischlamm“ fallen, welcher, von der Lauge getrennt und calcinirt, nach damaligen Analysen enthielt:Chlorkalium39,79Schwefelsaures Magnesium21,15Chlormagnesium5,38Chlornatrium21,16Schwefelsaures Calcium2,48Unlösliches6,00Wasser4,04––––––100,00Heute glaubt Verfasser sich zu der Annahme berechtigt, daß in diesem Salz ein Theil des Chlorkaliums in Form des Doppelsalzes aus schwefelsaurem Kalium, schwefelsaurem Magnesium und dem entsprechend mehr Chlormagnesium vorhanden war.Die Lauge selbst wurde behufs Gewinnung des darin gelösten Carnallits eingedampft und sodann auskrystallisirt.So ging von dem Chlorkaliumgehalt des Abraumsalzes ein Minimum verloren, und dies war die Absicht bei Einführung der Aufbereitung. das Product IIc mit etwa 3 Proc. Chlorkalium in die Kieseritwäsche über. Separationsproduct IV wurde einer nochmaligen Mahlung unterworfen. So gelang es unter Aufwand von wenig Material (650k Rohsalz Pro 100k 80proc. Chlorkalium) mit wenig Laugen, also dem entsprechend geringen Verdampfungskosten Ersparnisse zu erzielen, welche allein gegen das alte Verfahren 100k Rohsalz (650 gegen 750k) betrugen und bei dem damaligen Preise von 1,70 M. pro 100k eben diesen Betrag ausmachen. – Von demselben mußten in Abzug gebracht werden die Kosten der Aufbereitung, welche Alles in Allem 10 Pf. pro 100k, also für 650k 65 Pf. ausmachten; hierdurch reducirte sich der wirkliche Gewinn auf 1,05 M. pr. 100k 80proc. Chlorkalium; er reichte hin, um die für das Verfahren gemachten Auslagen reichlich zu lohnen. Die fernere Ersparniß an Kohlen und Arbeitslohn compensirte sich mit den fiscalischen Mahlkosten. Leider verlor das oben beschriebene Verfahren an Interesse, als die Regierung mit dem Preise für die Rohsalze nach und nach herunterging, um schließlich auf 90 Pf. pro 100k Rohsalz anzukommen; denn nun waren die 100k des ersparten Rohsalzes nur halb so viel werth, als zur Zeit der Einführung des Verfahrens, und der durch dasselbe erzielte Gewinn reducirte sich auf 25 Pf. pro 100k 80proc. Chlorkalium. Da sich Gelegenheit bot, die maschinellen Einrichtungen des Verfahrens für gewinnbringendere Zwecke zu verwenden, wurde dasselbe aufgegeben. Aus oben Gesagtem geht hervor, was der Grund war, die sonst ganz vortreffliche und lange gewinnbringend arbeitende Aufbereitung der Abraumsalze zu verlassen, und daß die Separation nicht wegen ungenügender Differenzen der Volumgewichte unausführbar“ gewesen. Dieser Vorwurf ist nicht zutreffend. Uebrigens war das Aufbereitungsverfahren Anlaß zu einer Reindarstellung des Kieserits nach dem vom Verfasser a. a. O. beschriebenen Verfahren, welches nicht, wie Dr. Frank gelegentlich (217 496) anführt, von Dr. G. Clemm zuerst beschrieben ist. Gustav Clemm hat nie den Kieserit aus Abraumsalz rein dargestellt, sondern spricht in dem angezogenen französischen Patent vom 6. October 1863 nur von dem natürlich vorkommenden Kieserit, welcher bekanntlich für irgend welche größere technische Verwendung nicht in genügenden Quantitäten vorhanden ist, und dessen Gehalt nur in Stufen 30 Proc. übersteigtDie Zusammensetzung des im J. 1864 von der Berginspection zu Staßfurt an die Industrie gelieferten sogen. Kieserits war im Durchschnitt folgende:Chlorkalium     8,0 Proc.Chlornatrium35,8    „Schwefelsaure Magnesia24,0    „. Verfasser glaubte dies anführen zu müssen, um seine früheren Angaben über Kieseritdarstellung zu motiviren. Kalk bei Cöln, October 1875.