Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 221, Jahrgang 1876, Nr. , S. 482
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Miscellen. Miscellen. Die Thierwelt in ihrem Verhalten zur Dampfmaschine. Daß dem vorüberfahrenden Eisenbahnzuge ein Hund bellend und mit großer Bravour nachläuft, sich zuletzt überschlägt und eine Strecke weit mit dem Zuge fortkollert, dann aber sich aufrafft und über und über mit Staub und Schmutz bedeckt – jedoch bellend – den Rückzug antritt, – diese heitere Scene wird schon jeder Reisende erlebt haben. – Welches aber sind die Motive des Hundes? Glaubt er etwa, dem Zuge etwas anhaben oder ihn gar zum Stehen bringen zu können? Für so einfältig wird man doch keinen Hund halten dürfen. Ich glaube, es ist vielmehr der Respect vor der herrlichen Erfindung, welchen der Hund in seiner Weise an den Tag legen will, während sein Herr, der Bahnwächter, den Zug in militärischer Haltung salutirt, – oder die Freude an der Sache, wie bei jenem Fohlen, welches etwa 1/2 Meile vor Pùspòk-Ladany neulich seine Mutter verließ, um dem vorüberfahrenden Postzuge bis zur Station zu folgen. Es war ein prächtiger Anblick, wie das schlanke Thier, kein Hinderniß achtend, über Gräben und Hecken hinweg, dicht neben dem Zuge und diesen zuweilen überholend, bis unmittelbar vor der Station folgte. Im Gegensatze dazu fürchtet das dressirte oder ältere Pferd die Eisenbahn. Bei Annäherung des Zuges zittert das Thier an allen Gliedern und der Reiter hat die größte Mühe, es zu beruhigen. Ist es hartmäulig und hat der Reiter einmal den Pferdskopf aus seiner Gewalt verloren, so macht das Pferd kehrt und sprengt in Carrière rechtwinklig zur Bahn davon. Will der Reiter dem Thiere seine Dummheit zu Gemüthe führen, und erlauben Terrain und Umgebung einen tollen Ritt, so thut er gut daran, dem Thiere mit verhängten Zügeln nicht blos seinen Willen, sondern obendrein noch Sporen und Peitsche wirken zu lassen, damit die Ermüdung um so früher erfolge. Nach etlichen derartigen Lectionen ist gewöhnlich das Pferd curirt. Der Hund versteht die Eisenbahn viel besser. Von einem glaubwürdigen Freunde wurde mir erzählt, daß sich im Wiener Südbahnhofe Morgens zum Schnellzuge regelmäßig ein großer Köter einfand, sich zu Bekannten, welche Saisonkarten nach Baden besaßen, gesellte und mit diesen im Coupé 1. Classe dorthin fuhr, sich tagsüber in diesem Curorte herumtrieb, ganz fein lebte und Abends wieder mit Bekannten, natürlich nur erster Classe, die Heimfahrt antrat. Wie oft sieht man Hunde zwischen den Rädern des abfahrenden Zuges herumlaufen, ohne daß sie den geringsten Schaden nehmen, während eine Menge von Bahnhofsarbeitern alljährlich ihr Leben verlieren. Ich kannte einen Hund, welcher jahrelang im Maschinenhause ganz heimisch war und sich allen Fährlichkeiten aussetzte, ohne daß ihm je ein Haar gekrümmt worden wäre, während sein Herr, der Maschinenwärter, schon ein halbes Dutzend Finger und Zehen eingebüßt hatte. – Dahingegen macht der Ochs seinem Namen alle Ehre; er bleibt ruhig auf dem Gleise stehen, hat keine Ahnung von der ihm durch den Zug drohenden Gefahr und wird auch richtig niedergerannt. Manche Gattungen von Vögeln scheinen an der Dampfmaschine ihre ganz besondere Freude zu haben. Es ist wiederholt vorgekommen, daß Lerchen unter den Weichen oder Herzstücken stark frequentirter Bahnhöfe ihr Nest gebaut und Junge ausgebrütet haben. In den Maschinenhäusern ist die Schwalbe ein sehr häufiger Gast, z.B. in demjenigen der Szegediner Dampfmühle; es arbeitet dort eine 300pferdige gekuppelte Corlißmaschine mit schlecht verzahntem Schwungrade und zwar Tag und Nacht. In diesem Höllenlärm und unter einer Hitze von 40 bis 45° haben sich zwei Schwalbenpaare in den gegenüber stehenden Ecken der Maschinenhausdecke seit Jahren ihr Nest gebaut und brüten dort regelmäßig Junge. Ist es etwa ein „gruseliges“ Gefühl, welches diesen Thierchen so angenehm ist? – Auf der Westbahn (Wien-Linz) bemerkte ich an gewissen Stellen häufig Bachstelzen und Finken ruhig auf dem Telegraphendrahte sitzend und Front gegen die Bahn, den vorübersausenden Schnellzug betrachtend, und andere Vögel, z.B. Tauben, finden wiederum großes Vergnügen daran, mit dem Zuge um die Wette zu fliegen, während der König der Vogelwelt, der Adler, geruhet, sich etliche Stationen weit vom Zug fahrensehen zu lassen, wie vor etlichen Jahren jener bei MonorMonostor (Strecke Pest-Czegled), der längere Zeit hindurch den von Pest abgehenden Früh-Postzug zu seinen Reisen benützte. Spatzen, Finken und anderes Gelichter treiben gern Muthwillen im Maschinenhause, fliegen aus und ein, um das Schwungrad herum und vollführen dabei in der kecksten Weise ihr Gezwitscher, ohne sich vor irgend Einem zu fürchten. Jedenfalls ist die Schwalbe die treueste Begleiterin der Dampfmaschine und steht zu dieser fast in dem Verhältnisse wie der Hund zum Menschen. Das Unglaublichste in ihrem Vertrauen zur Maschine leistete aber wohl jenes Schwalbenpaar, welches in diesem Frühjahre sich im Radkasten des Dampfers „Regensburg“ anbaute und mit diesem Schiffe die ausgedehnten Fahrten auf der Theiß und Donau von Pest bis Semlin treu mitmachte, während die ausgebrüteten Jungen längst davon geflogen waren und sich nach allen Winden zerstreut hatten. Dahingegen habe ich noch niemals irgend ein Thier im Kesselhause heimisch gefunden. Selbst der Hund geht den Kesseln aus dem Wege. Es ist beinahe, als ob die Thiere wüßten, welche Unsumme von Unverstand und Leichtsinn dem Kesselbau zu Grunde liegt! Pest, August 1876. Otto H. Müller. Tartrifuge. Unter obigem Namen liefert die Firma Trouète und Ducoux in Paris ein Mittel zur Verhütung des Kesselsteins, welches folgende Zusammensetzung hat: 10 Th. Talkpulver, 10 Th. Weizenmehl, 10 Th. Bohnenmehl, 20 Th. thierisches Fett, 10 Th. Blauholzextract, 10 Th. Soda und 10 Th. schwefelsaures Natron. Die Anwendung dieser Stoffe ist weder neu (vgl. 1876 220 179), noch empfehlenswerth. Sicherheitsvorrichtung für Geldschränke. Um ein unbefugtes Anbohren und Oeffnen von Geldschränken zu verhüten, hat die Telegraphenfabrik Louis Rentzsch in Meißen eine Geldschrank-Schutzvorrichtung construirt, welche einige Beachtung verdient. Dieselbe besteht aus einem in einen Rahmen gespannten Netz von Telegraphendrähten, welches über den Schrank gestellt oder daran befestigt wird. Sobald nun ein Unberufener den Schrank zu öffnen oder anzubohren versucht, so muß er unbedingt erst einen dieser Drähte an irgend welcher Stelle zerstören, worauf sofort eine auf beliebigem Platze befindliche, aber mit den Drähten in Verbindung stehende Lärmglocke ertönt. Selbst das Abreißen des Rahmens vom Schranke, oder das Zerschneiden der Zuleitungsdrähte verursacht sofort ein kräftiges Läuten der Glocke. Auch zum Schutz gegen Einbruch in Thüren und Fenstern ist dieser Apparat anwendbar. Unterirdische Telegraphenleitungen. Der Versuch Deutschlands, die oberirdischen Telegaphenleitungen durch unterirdische zu ersetzen (vgl. 1876 220 93), scheint auch andere Telegraphenverwaltungen zu gleichen Unternehmungen zu locken. Nach der deutschen Post (1876 Nr. 24 S. 191) soll sich die belgische Verwaltung an die deutsche gewendet haben, damit letztere im nächsten Frühjahre ein Kabel von Berlin zur belgischen Grenze lege, bis wohin erstere ebenfalls ein Kabel zu legen gedenke. Auch in Großbritannien und Amerika scheint man die Anlage unterirdischer Leitungen ernster ins Auge zu fassen. In England besteht schon eine, erst nach Uebernahme der Telegraphen durch den Staat gelegte, unterirdische Leitung zwischen Liverpool und Manchester; dieselbe enthält 14 Leiter und hat eine Länge von etwa 58km; zwei Drittel davon liegen in Steinzeugröhren von 915mm Länge und 76mm Durchmesser, ein Drittel in 2m,75 langen gußeisernen Röhren von 76mm Durchmesser mit Sockeln für die Verbindungsstellen; letztere liegen 305, erstere 710mm tief; beide werden vor dem Legen im Innern sorgfältig gereinigt und von Unebenheiten befreit. (Journal of the Telegraph, Bd. 8 S. 194.) – Das Kabel Halle-Berlin besitzt übrigens 7 Guttapercha-AdernKautschukadern mit je einer siebendrähtigen Kupferlitze als Leiter und mit einer Schutzhülle aus Eisendrähten. Für die Verbindungsstellen der einzelnen Kabellängen dagegen werden als Schutz eiserne Muffen verwendet. Zwischen Potsdam und Berlin sind 2, in Berlin selbst 3 Kabel in den nämlichen Graben eingelegt worden. Terrainrecognoscirungen für die Weiterführung des Kabels von Halle nach Frankfurt a. M. sollen bereits stattgefunden haben. Nach den von C. Fleetwood am 9. December 1875 in der Society of Telegraph Engineers (Telegraphic Journal, Januar 1876 S. 26) über das unterirdische Telegraphennetz Londons gemachten Angaben beträgt die Länge der unterirdischen Röhren jetzt 177km und besteht aus 5 Strängen, welche von der Centralstation St. Martin's-le-Grand nach Hounslow, Clapham-Common, New-Croß, Maryland-Point, Stratford, Bayley's-Lane, Stamford-Hill, East-End, Finchley, Nordende des Primrose Hill Tunnels und Harrow-Road laufen. Im Ganzen sind 700 Drähte in das Centralstationsgebäude eingeführt und an dem Untersuchungsrahmen mit einer Nummer versehen. Dieser Rahmen vermag im Ganzen 1000 Drähte aufzunehmen; eine 100mm weite Röhre enthält 100, eine 75mm weite 72. Die Röhren sind 2m,74 lang und werden vor dem Verlegen innerlich gut gereinigt. Die Verbindungen werden wie bei Gas- oder Wasserleitungen hergestellt. Alle 45m, bisweilen alle 90m sind 770mm lange, 280mm weite und 305mm tiefe Kästen eingelegt. Wenn die Röhren gelegt sind, wird ein Eisendraht hindurchgezogen, mittels dessen die Kabel, welche in Längen von je 360m verwendet sind, eingezogen werden; beim Einziehen wird in den Kasten ein eiserner Rahmen mit zwei Holzrollen eingesetzt, zwischen denen das Kabel hindurch geht und gut geführt in die Röhre eintritt, ohne sich an deren Rändern zu reiben. Innerhalb der letzten 5 Jahre wurden fast alle unterirdischen Drähte Londons frisch gelegt. E–e. Hartgußwalzen von F. Brissot. Im J. 1868 hat Guenuier-Lauriac in Creusot für Hartgußwalzen ein Verfahren angegeben, nach welchem er zuerst in der Form eine dünne Cylinderschicht von weißem Eisen gießt, dann nach entsprechender Veränderung der Gußform dieselbe mit möglichst heißem grauem Eisen ausgießt, mit welchem die äußere dünne weiße Schicht sich völlig verbindet (Kerpely's Bericht, 1868 S. 156). Analog aber in umgekehrter Aufeinanderfolge stellt F. Brissot (Moniteur industriel belge, Juni 1876 S. 280) seine Hartgußwalzen her. Zapfen und der entsprechende Walzenmitteltheil werden mit grauem Eisen in einer dünnen Coquille gegossen (um Härtung zu vermeiden), dieses Gußstück noch rothwarm als Kern in eine zweite stärkere, aber mit einer dünnen Schicht Masse ausgekleidete Coquille eingesteckt und dieselbe mit weißem Eisen ausgegossen. Solche Walzen sollen genügende Festigkeit innen und Härte außen zeigen und dabei auch frei von allen Unebenheiten (Luftblasen und körnige Stellen) an der Oberfläche bleiben. (Vgl. Wheeldon, *1866 183 269.) Fabrikation des künstlichen Leders aus Lederabfällen. Ueber die Verwerthung der Lederabfälle zur Herstellung von künstlichem Leder (vgl. 1874 213 81) liegen jetzt ausführlichere Mittheilungen vor. Nach dem bayerischen Patent von Sören Sörensen in Kopenhagen (Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt, 1876 S. 140) werden die Abfälle gereinigt und dann mittels einer Maschine zu einem gleichartigen, gefaserten Material verarbeitet. Dieses wird mit Ammoniakflüssigkeit vermengt; die dadurch entstehende gallertartige Masse bildet, in Formen gepreßt oder in Platten ausgewalzt und getrocknet, ein sehr hartes und festes Product, welches jedoch unelastisch und in Wasser löslich ist. Um das Fabrikat elastisch und gegen Wasser widerstandsfähig zu machen, wird dasselbe mit Kautschuk vermischt. Der Kautschuk wird gequetscht und in einer Waschmaschine ausgewaschen, die aus zwei cannelirten Stahlwalzen besteht, auf welche ein Wasserstrahl geleitet wird. Der Gummi wird dann getrocknet, in Stückchen geschnitten und mittels Terpentinöl, Benzin, Schwefelkohlenstoff oder anderer passender Flüssigkeiten aufgelöst. Die Menge des auflösenden Stoffes richtet sich nach der Güte des Gummis. Paragummi läßt sich lösen, oder besser hinlänglich aufschwellen durch 4 Th. der Flüssigkeit, centralamerikanische „Scraps“ durch 3 1/2 Th., Guayaquilgummi durch 3 Th. und afrikanischer Gummi durch 2 1/2 Th. Der so präparirte Gummi wird dann mit Ammoniakwasser gemischt und in einer dicht schließenden Knetmaschine mit der Ledermasse verrührt. Das Mischungsverhältniß richtet sich nach der Qualität des Fabrikates. Man nimmt z.B. für Sohlen: 25 Th. festen Gummi, 67 Th. Ammoniakflüssigkeit und 67 Th. Leder; – für Absätze: 25 Th. Gummi, 80 Th. Ammoniak und 80 Th. Leder; – für Einlagesohlen 25 Th. Gummi, 75 Th. Ammoniak und 90 Th. Leder. Nach dem Kneten, welches fortgesetzt wird, bis die Masse völlig homogen ist, wird letztere entweder in Formen gepreßt oder in Längen ausgewalzt, danach getrocknet und während des Trocknens verschiedenen progressiven Pressungen unterworfen, deren Stärke sich nach der für die verschiedenen Fabrikate bestimmten Anwendung richtet. Für Sohlen z.B. wendet man den größten Druck von 550at an. Fertig gepreßt, wird das Fabrikat entweder gefärbt oder lackirt, oder auf andere Weise aufgeputzt, um dem natürlichen Leder so ähnlich wie möglich zu sehen. Herstellung von Holzimitationen. Um Holzimitationen durch Anstrich herzustellen, bestreicht man nach einem neueren, im „Arbeitgeber“ mitgetheilten Verfahren die eben gehobelte Fläche eines Bretes der zu imitirenden Holzart mit Farbe und streicht diese alsdann mit der Kante eines eisernen oder hölzernen Lineales wieder ganz glatt ab; die Farbe wird zwischen den Holzfasern sitzen bleiben, auf den Fasern selbst aber fast ganz verschwinden. Führt man hierauf eine elastische Walze über die gefärbte Holzfläche, so setzt sich die Farbe an diese an und kann nunmehr von der Walze auf jede beliebige andere Fläche übertragen werden; das aufgetragene Dessin wird genau die Faserung der ursprünglichen Holzfläche annehmen. Diese Operation läßt sich natürlich mit demselben Holzbrete ziemlich oft wiederholen. Schleifen der Messer von Papierschneidmaschinen. Das Pariser Fachblatt L'Imprimerie empfiehlt nach dem Archiv für Buchdruckerkunst nachstehendes einfache und zweckmäßige Verfahren, um einen regelrechten Messerschliff zu erhalten. Auf eine genau abgerichtete Marmorplatte wird eine verdünnte Mischung von Schmirgel und Oel gegossen. Auf dieser wird das Messer hin und her geschliffen; zu beobachten ist, daß die stets gleiche Richtung des Winkels, welchen die Schneide haben soll, genau innegehalten wird. Glaubt man, die erforderliche Schärfe erlangt zu haben, so bedarf es nur noch des nachträglichen Abziehens auf dem Oelstein. Will man noch ein Uebriges thun, so zieht man die Klinge schließlich noch auf dem Streichriemen (ähnlich zubereitet wie die Streichriemen für Rasirmesser) ab. Zu diesem Ende wird ein geeignet langer und breiter Lederstreifen, vielleicht ein Stück alten Transmissionsriemens, mit einer, wie nachstehend beschrieben, zusammengesetzten Paste überstrichen. In einem Hafen wird 1k Talg geschmolzen und dann 0l,25 Oliven- oder Rüböl hinzugegossen; bei beständigem Umrühren mit einem Spatel werden nach und nach 150g zu feinstem Pulver gemahlener Schmirgel sowie 100g Roggenstrohasche nachgeschüttet; das Rühren wird so lange fortgesetzt, daß beim allmäligen Erkalten die Masse eine gewisse Consistenz annimmt. Der Lederstreifen wird, mit der glatten Seite nach unten, auf ein eichenes Bret genagelt und letzteres mit einem Bret von Pappelholz unterlegt; durch die Verbindung dieser beiden Holzarten wird das Werfen verhindert, und der Apparat hält stets ebene Fläche. Beim Einreiben der rauhen Fläche des Leders darf nie zu viel Masse auf einmal genommen werden, indem kleine Quantitäten nach und nach tiefer in die faserige Structur eindringen. Ueber die Bestimmung des Mangans in Eisen und Stahl. Die folgende Methode ist im Principe nicht neu, doch zu obigem Zwecke angewendet vielleicht von Interesse. Man löst nach S. Peters (Chemical News, 1876 S. 35) 0g,1 Schmiedeisen oder Stahl in 3 bis 4cc Salpetersäure von 1,2 spec. Gew. auf und kocht gelinde in einem Probirröhrchen 5 bis 10 Minuten bis zur vollkommenen Lösung. Dann fügt man einen Ueberschuß von Bleisuperoxyd (0,2 bis 0g,3) hinzu und kocht wieder 2 bis 3 Minuten. Das Röhrchen wird nun gekühlt, und sein Inhalt durch Asbest filtrirt, der Rückstand mit destillirtem Wasser so lange ausgewaschen, bis der Abfluß vollkommen farblos ist. Das Filtrat fängt man in einer graduirten Röhre von 50 bis 60cc Inhalt auf, welche in 0cc,2 getheilt ist, und vergleicht die Färbung mit einer titrirten Lösung von Kaliumpermanganat (1cc gleich 0mg,01 Mn). Der Vergleich wird nach der Eggertz'schen Kohlenstoffbestimmung ausgeführt. Die Lösung wird soweit mit Wasser verdünnt, bis sie denselben Farbenton hat als die bekannte Chamäleonlösung. Ist dies erreicht, so liest man die Anzahl von Cubikcentimetern ab, von denen ein jedes 0,01 Proc. Mangan anzeigt, wenn 0g,1 zur Analyse angewendet sind. Enthalten die Eisensorten 0,1 bis 0,35 Proc. Mangan, so ist 0g,1 die geeignete Menge zur Analyse; erreicht der Procentsatz 0,8 bis 1,0, so ist es besser, die Lösung von 0g,1 vor dem Zusatz des Bleisuperoxydes in vier gleiche Theile zu theilen und in zweien davon das Mangan zu bestimmen. Versäumt man dies, so erhält man zu niedrige Resultate, weil ein Theil des Mangans der Oxydation entgeht. Kennt man in der zu analysirenden Probe den Mangangehalt nicht, so wendet man vorläufig 0g,1 oder die Hälfte davon zur Bestimmung des Mangans an. Hat man in dieser Weise den Gehalt an Mangan ziemlich genau erfahren, so richtet man danach die Menge des anzuwendenden Eisens ein. Werden 25 bis 35cc Lösung erhalten von gleicher Farbenstärke als die zum Vergleich dienende, so kann man sicher sein, daß alles Mangan oxydirt ist. Es ist zweckmäßig, daß das in der Flüssigkeit enthaltene Mangan nicht mehr als 0mg,4 betrage. Verfasser erhielt aus einer Spiegeleisenprobe von 0g,1, welche 12 Proc. Mangan enthielt, nach Verdünnen auf 50cc und Herausnahme von 2cc zur Bestimmung des Mangans sehr nahe denselben Procentgehalt. Nach der Meinung des Verfassers hat selbst ein beträchtlicher Gehalt von chemisch gebundenem Kohlenstoff auf die Genauigkeit der Methode keinen Einfluß; denn ein Stahl, welcher 2 Proc. chemisch gebundenen Kohlenstoff und nur 0,8 Proc. Mangan enthielt, gab sehr gute Resultate. Verfasser hält eine Lösung von freier Uebermangansäure für haltbarer als eine solche von Kaliumpermanganat; man kann sie leicht durch Vermischen der letztern mit Salpetersäure erhalten. Maßanalytische Bestimmung des Phenols; von Koppeschaar. Der Gehalt des Steinkohlen-Kreosotöles wird bekanntlich fast immer dadurch bestimmt, daß man dasselbe in einer calibrirten Röhre mit Kalilauge schüttelt und nach dem Absetzen die unlöslichen Kohlenwasserstoffe abliest. Verfasser schlägt (in der Zeitschrift für analytische Chemie, 1876 S. 233) vor, dasselbe mit Bromwasser oder einer Lösung von Bromnatrium und bromsaurem Natrium zu titriren; hierbei bildet sich, wie bereits Landolt (1871 202 277) beobachtete, Tribromphenol. Zur Bestimmung mittels Bromwasser sind erforderlich: 1) Eine Natriumhyposulfit-Lösung von derselben Stärke wie eine Jodlösung, die in 1l 5g Jod enthält. 2) Stärkelösung. 3) Bromwasser von solcher Concentration, daß 50cc nach der Zersetzung mit Jodkalium 18 bis 20cc Hyposulfitlösung erfordern. 4) Eine Lösung von Jodkalium, 125g im Liter. Man löst zur Ausführung der Analyse 4g des zu untersuchenden Phenols mit Wasser zu 1000cc, pipettirt davon 25cc in einen Halbliterkolben mit Glasstopfen, füllt die Flasche schnell mit Bromwasser bis zum Marke, verstopft und schüttelt einige Zeit. Bevor man das Bromwasser zufügt, pipettirt man 50cc desselben in ein 5cc der erwähnten Jodkaliumlösung enthaltendes Becherglas. Nach Verlauf einer Viertelstunde entleert man den Inhalt der Flasche in ein geräumiges, 10cc der Jodkaliumlösung enthaltendes Becherglas und spült die Flasche zweimal mit Wasser in das Becherglas nach. Schließlich bestimmt man das ausgeschiedene Jod in dem Inhalte des großen wie des kleinen Becherglases mit Hilfe der erwähnten Lösung von Natriumhyposulfit, wobei man erst am Ende der Operation Stärkelösung zufügt und abliest, sobald die Blaufärbung nach Verlauf einiger Minuten nicht mehr wiederkehrt. Hat man zur Bestimmung 25cc der Phenollösung angewendet, worin 0g,1 der Probe, 475cc Bromwasser hinzugefügt, zur Titrirung des Bromwassers 50cc gebraucht und die ausgeschiedenen Jodmengen mit einer Natriumhyposulfit-Lösung von oben angegebener Stärke bestimmt, so wird die Berechnung sehr erleichtert durch den Gebrauch der Formel (9,5 ab) 0,61753, worin a die Anzahl Cubikcentimeter der Natriumsulfit-Lösung angibt, welche verbraucht wurden zur Bestimmung des Bromwassertiters und b die Anzahl Cubikcentimeter, welche dem Ueberschuß an Brom bei der Probe entsprachen. Die gefundene Zahl gibt die Anzahl der Procente Phenol in der untersuchten Probe an. In entsprechender Weise wird die Bestimmung mit einer Lösung von 5 NaBr + NaBrO₃ und Salzsäure ausgeführt. Dieses Salzgemisch wird durch Zersetzen einer reinen Natronlauge mit einem Ueberschuß von Brom und Abdampfen zur Trockne hergestellt. Analyse von Gaskalk. Guyard hat den Gaskalk aus einer Londoner Gasanstalt untersucht. Die Analyse wurde unmittelbar nach der Probenahme angestellt, während die zum Vergleich beigesetzten Zahlen von Graham wohl nur einem durch längeres Liegen an der Luft bereits veränderten Gaskalk entsprechen können. Guyard. Graham. Kalkhydrat   15,10   17,72 Kohlensaures Calcium   34,20   14,48 Schwefelsaures    „     0,25     2,80 Schwefligsaures   „     1,50   14,57 Schwefelcalcium     6,90 Calciumoxysulfid     3,20 Unterschwefligsaures Calcium   11,80   12,30 Cyancalcium     0,25 Schwefeleisen     0,55 Freier Schwefel     4,30     5,14 Kieselsäure (Sand)     1,80     0,71 Thonerde     0,70 Theer und Theeröle     0,25 Wasser   19,20   32,28 –––––––––––––––––––––– 100,00 100,00. (Nach dem Journal of Gaslight, 1876 S. 387.) Anilinbronzefarbe von O. Fiorillo in Baltimore. Nach dem von der Papierzeitung, 1876 S. 158 mitgetheilten amerikanischen Patent Fiorillo's werden 10 Th. Anilinroth, sogen. Diamantfuchsin oder Roseïn, und 5 Th. Anilinpurpur (Methylviolett) in 100 Th. 95grädigem Alkohol gelöst, indem das Gefäß mit der Mischung, um die Auflösung zu befördern, in ein Wasser- oder Sandbad gesetzt wird. Ist die Lösung erfolgt, so werden 5 Th. Benzoësäure hinzugefügt und 5 bis 10 Minuten lang gekocht, bis sich die grüne Farbe der Mischung in eine helle goldene Bronzefarbe verwandelt hat. Die so erzeugte Farbe besitzt hohen Glanz, große Dauer und haftet fest an Papier, Papiermasse, Holz, Glas, Zinn, Porzellan, Leder, überhaupt an fast allen Stoffen. Sie läßt sich leicht mit einem Pinsel auftragen und trocknet in wenigen Minuten. Sie erfüllt ihren Zweck ebenso gut auf weißem wie farbigem Untergrund und eignet sich der Leichtigkeit ihrer Anwendung und ihrer Dauerhaftigkeit wegen für Damenschuhe, Pantoffeln und andere Lederwaaren, denen sie eine helle goldbronzene Färbung gibt. Sie soll auch an Metallen jeder Art festhaften und ist deshalb zu allen möglichen Verzierungen verwendbar. Conservirung leinener Zeuge und Garne; nach H. Lebrun. Nachdem man gefunden, daß sich Segel, Taue, Stricke, Netze u.s.w., die mit Lohbrühe behandelt oder gegerbt worden sind, bei weitem länger halten, als die nicht so präparirten, empfiehlt Lebrun (im Centralblatt für Textilindustrie, 1876 S. 510) folgendes Verfahren, derartige Stoffe zu conserviren. 1k gute Eichenlohe wird 1/2 Stunde lang in 20l reinem Flußwasser abgekocht, nach dem Abseihen und Auspressen des Rückstandes erhält man ungefähr 15l Lohbrühe. Mit derselben werden die Zeuge oder Garne in kupfernen, thönernen oder hölzernen, aber nicht in eisernen Geschirren heiß abgebrüht. Die Flüssigkeit muß die zu gerbenden Stoffe vollkommen bedecken, und läßt man letztere 48 Stunden lang unter zeitweiligem Umrühren in dem Lohbad liegen. Hierauf werden sie herausgenommen, ausgewunden, gewaschen, nochmals ausgewunden, zeigen dann nach dem Trocknen eine angenehme, schwach lederartige Farbe und widerstehen nach dieser Behandlung allen Wirkungen der Nässe und den verschiedenen Witterungseinflüssen weit länger als die gleichen Stoffe, welche dieser Präparation nicht unterworfen worden sind. Verfasser fügt bei, daß sowohl gebleichte, als ungebleichte Leinwand auf diese Weise gegerbt werden kann, daß aber ungebleichte Stoffe zuvor entschlichtet werden müssen, und daß schon durch Vermoderung angegriffene Leinwandstücke durch solche Behandlung mit gerbstoffhaltigen Flüssigkeiten vor weiter um sich greifender Zerstörung geschützt werden können. Wie wirksam diese Methode, Leinwand vor den fortdauernden Einflüssen von Feuchtigkeit, Wärme und Luft zu schützen, sich erwiesen hat, geht aus dem Umstande hervor, daß Leinwandstücke, welche mit Eichenrindenabkochung 72 Stunden lang in ähnlicher Weise behandelt worden waren, nachdem dieselben 10 Jahre lang in einem feuchten, dumpfigen Keller, auf Holzrahmen gespannt, gelegen hatten, sich völlig unverändert zeigten, wogegen andere daneben liegende Probestücke von ungegerbter Leinwand fast gänzlich vermodert waren. Während bisher nur Carbolsäure, Holzessig, Chlorzink, Kupfervitriol und andere Metallsalze als Conservirungsmittel für Holz gegolten haben, so zeigte sich in diesem Fall noch weiter, daß auch der mit Gerbstoff behandelte Holzrahmen nach Verlauf der 10 Jahre noch völlig unversehrt war, der andere nicht präparirte Holzrahmen dagegen der Vermoderung und Verwesung nicht widerstanden hatte. Kl. Entdeckung von Fälschungen in Schriftstücken. Nach einer Mittheilung von Gobert hat derselbe gefunden, daß, wenn eine Schrift noch so sorgfältig ausradirt ist, doch genug Spuren von Eisenoxyd der angewendeten Tinte zurückbleiben, um in einer photographischen Abbildung hervorzutreten. Das Licht, welches von unbeschriebenem Papier zurückgeworfen wird, wirkt auf die photographischen Stoffe anders als das, welches von Stellen zurückgeworfen wird, die einst mit Tinte bedeckt waren, wenn das Auge auch keine Spur mehr davon bemerkt. Man glaubt, daß durch dieses Hilfsmittel die Echtheit oder Fälschung einer Schrift stets erwiesen werden kann. (Papierzeitung, 1876 S. 264). –––––––––– Berichtigung. In Jurisch's Abhandlung über Chlordarstellung ist zu lesen: S. 374 Z. 3 v. u. „5 und 6“ statt „4 und 5“; – in der zugehörigen Tafel VIII in Fig. 1 Probe 8 Verflüchtigung des Kupfers „27mg,1“ statt „27mg. (In Fig. 2 Probe 10 ist die Zersetzung – undeutlich ausgedruckt – mit 11,26 Proc. zu lesen.)