Titel: Silberextraction mittels unterschwefligsaurer Kalkerde.
Fundstelle: Band 222, Jahrgang 1876, S. 178
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Silberextraction mittels unterschwefligsaurer Kalkerde. Silberextraction mittels unterschwefligsaurer Kalkerde. D. W. Brunton macht über die Ausführung dieser zuerst von Kiß auf den Stewart-Schmelzwerken in George-town (Col. Nordamerika) angewendeten Methode (im Engineering and Journal, März 1876 S. 226) die folgenden Mittheilungen. Nachdem die Erze einer Chlorirung in Oefen unterworfen gewesen sind, werden dieselben in hölzernen, runden Fässern von 2m,7 Durchmesser und 1m,2 Höhe gebracht. Jedes Faß enthält 2t Erz und ist im Innern mit einem rotirenden Arm (Schaufel) versehen. Die Fässer haben gleichfalls dichtschließende Deckel und über den Deckeln zwei mit Ventilen versehene Röhren zur Zuführung von Dampf und schwefliger Säure. In die mit dem erforderlichen Quantum Erz gefüllten Fässer wird nun die unter dem Namen Hunt und Douglas-Flüssigkeit bekannte Lösung von Chlornatrium und Eisenchlorür aus einem oberhalb der Fässer stehenden Behälter gelassen. Die Fässer werden dann durch die Deckel geschlossen und die darin befindlichen rotirenden Arme durch Maschinen in Bewegung gesetzt, während zugleich durch eine der erwähnten Röhren den Fässern schweflige Säure zugeführt wird und durch die zweite Röhre Wasserdampf, um den Inhalt der Fässer auf das höchst Mögliche zu erhitzen. Alles im Erz befindliche Kupferoxyd wird jetzt durch das Eisenchlorür aufgelöst. Die zugeführte schweflige Säure wird in einer geschlossenen Retorte dargestellt, welche mit Schwefelkies und Rohschwefel gefüllt ist, und in die ein starker Windstrom geleitet wird. Die Retorte mündet in eine der mit den Fässern in Verbindung stehenden Röhren. Im Falle man die schweflige Säure in diesem Stadium des Processes der Masse nicht zuführte, so würde aus Eisenchlorür durch den oxydirenden Bestandtheil im Erz Eisenchlorid gebildet und Kupfer niedergeschlagen werden. Vermöge der Anwesenheit von Chlornatrium verwandelt nun das Chlorkupfer alles im Erze befindliche Schwefelsilber in Chlorsilber nach Maßgabe der folgenden Gleichung: 2CuCl₂ + Ag₂S + NaCl = 2AgCl + Cu₂Cl₂ + NaCl + S. Nachdem die rotirenden Arme in den Fässern 5 Stunden lang in Bewegung waren, setzt man dieselben in Ruhe, damit die Lösung sich absetzen kann, und sobald dieselbe sich geklärt hat, wird sie abgezapft und Wasser in die Fässer gelassen, auch wieder Dampf hinzugeführt und die rotirenden Arme von Neuem in Bewegung gesetzt. Nach zweistündigem Waschen mit heißem Wasser wird der Apparat dann wieder in Ruhe gerückt, damit der Inhalt sich absetze. Das klare Wasser wird jetzt abgelassen und hierauf unterschwefligsaure Kalkerde mittels eines Gummischlauches aus dem oberhalb der Fässer stehenden Reservoir in die letztern geführt; die rotirenden Arme werden wiederum angelassen und die Lösung durch Dampf auf 38° erhitzt. Der Apparat wird jetzt 4 Stunden lang in Thätigkeit erhalten und danach eingestellt, damit die Flüssigkeit sich klären kann, und die klare Silberlösung wird nun abgezapft. Ist das Erz sehr reich an edlen Metallen, so wird die Behandlung mit unterschwefligsaurem Kalk wohl 3 Stunden lang wiederholt. Nachdem letzteres Salz abgezogen ist, behandelt man das Erz wiederum mit zu etwa 40° erhitztem Wasser, welches dann nach dem Klären abgelassen wird. Endlich entleert man das Faß von dem Erz, indem man einen Strom Wasser darauf leitet, während man zugleich die rotirenden Schaufeln in Bewegung setzt und vorher noch ein am Boden des Fasses befindliches Abzugloch öffnet. Auf diese Weise kann der Apparat in wenigen Minuten entleert, gereinigt und für eine neue Charge vorbereitet werden. Die Chlornatrium-Eisenchlorür-Lösung führt man nach dem Abzapfen vom Operationsfasse durch ein Filtergefäß, um mechanische Unreinigkeiten daraus zu entfernen, und leitet dieselbe hierauf durch eine Anzahl kleiner, mit Eisenstücken gefüllter Behälter, um das Kupfer darin niederzuschlagen und die Flüssigkeit auf ihre ursprüngliche Zusammensetzung zurückzuführen. Der hierbei stattfindende Proceß ist aus folgender Gleichung ersichtlich: Cu₂Cl₂ + NaCl + Fe = 2Cu + FeCl₂ + NaCl. Die Flüssigkeit ist nun wieder für den Gebrauch fertig und wird in das dafür bestimmte Reservoir gepumpt. Das Waschwasser wird auf dieselbe Weise behandelt, in kupfernen Pfannen auf 15° B. eingedampft und ebenfalls in das betreffende Reservoir geschafft. Die das Silber enthaltende unterschwefligsaure Lösung wird durch Filterbehälter in große Niederschlagsgefäße geleitet. Die Art, in welcher die Lösung von Statten geht, erläutert die folgende Gleichung: 2AgCl + 3CaS₂O₃ = Ag₂Ca₂S₆O₉ + CaCl₂. Das Silber wird durch Schwefelcalcium aus der Lösung gefällt; nach Zusatz des Niederschlagsmittels rührt man stark, für einige Minuten, und läßt dann den Niederschlag sich auf dem Boden des Gefäßes sammeln. Der chemische Vorgang dabei ist folgender: Ag₂Ca₂S₆O₉ + CaS = Ag₂S + 3 CaS₂O₃. Nachdem die Flüssigkeit sich geklärt hat, wird sie in das Regeneratorgefäß gelassen und schweflige Säure hindurch geführt, wodurch alles beim Füllen etwa überschüssig angewandte Schwefelcalcium in folgender Weise umgewandelt wird: 2CaS + 3SO₂ = 2CaS₂O₃ + S. Die regenerirte Flüssigkeit wird dann gleichfalls zu fernerm Gebrauch in das betreffende Reservoir gepumpt. Das Wasser, mit welchem das Erz nach der Behandlung mit unterschwefligsaurem Kalk gewaschen wurde, wird auf die gleiche Weise regenerirt, in eisernen Pfannen auf 8° B. eingedampft und in das Reservoir gepumpt. Sobald nun der Niederschlag in dem betreffenden Gefäße sich zu 125 bis 150mm Höhe angesammelt hat, wird er zur Entfernung aller Unreinigkeiten mit heißem Wasser gewaschen, dann getrocknet und bei niedriger Temperatur in einem kleinen Flammofen geröstet, bis aller Schwefel ausgetrieben ist. Flußmittel, wenn solche erforderlich sind, werden noch zugesetzt und die Temperatur so erhöht, daß die ganze Masse in Fluß geräth. Man zieht dann die Schlacke ab und schöpft das reine Metall in Formen. Im Falle die Schlacken mehr als 20 Unzen Silber pro Tonne (etwa 1/2 pro Mille) enthalten, werden sie zum Erz zurückgegeben. Die durch diesen Proceß veranlaßten Unkosten, worin die Kosten für das Pulverisiren und das Chloriren des Erzes nicht inbegriffen sind, betragen für die Tonne: Arbeitslohn 1,87 Dollars Brennmaterial 1,13      „ Chemikalien 1,60      „ Rösten und Schmelzen     1,20      „ ––––––––––– Summe 5,80 Dollars.