Titel: Ueber die Löslichkeit der Seide in einer alkalischen Glycerin-Kupferflüssigkeit; von Julius Löwe.
Autor: Julius Löwe [GND]
Fundstelle: Band 222, Jahrgang 1876, S. 275
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Ueber die Löslichkeit der Seide in einer alkalischen Glycerin-Kupferflüssigkeit; von Julius Löwe. Löwe, Löslichkeit der Seide in einer alkalischen Glycerin-Kupferflüssigkeit. Zur Lösung der Seide wurde von Schloßberger das Nickeloxydul-Ammoniak, von Persoz das Chlorzink und von Spiller die concentrirte Salzsäure vorgeschlagen. Ein Lösungsmittel für Seide, welches den genannten nicht nachsteht, sie an Wirkung bei größerer Verdünnung sogar übertrifft, ist die kalte alkalische Glycerin-Kupferlösung. In sehr schwachen Lösungen derselben erfolgt die Verflüssigung der Seide zwar langsamer, in mäßig concentrirten hingegen quillt sie schon nach kurzer Benetzung auf und löst sich bald bei größerer Menge zu einer dicklichen Flüssigkeit, welche jedoch, wenn auch langsam, filtrirbar ist. Bei einem Zusatz von Salzsäure u. dgl. scheidet das Filtrat eine weißliche Gallerte aus; manchmal verzögert sich selbst die Ausscheidung und dann gesteht dasselbe wie eine erkaltende Gelatinlösung. Wolle, Baumwolle und Leinen werden auch nach Stunden von der Flüssigkeit weder angegriffen, noch aufgenommen und scheint die lösende Kraft der alkalischen Glycerin-Kupferlösung sich speciell nur auf Seide zu erstrecken. In gemischten Geweben lassen sich somit die übrigen Bestandtheile neben der Seide leicht entdecken und selbst mit hier erforderlicher Genauigkeit auch quantitativ feststellen. Die durch Eisensalze schwarz gefärbte Seide löst sich in genanntem Lösungsmittel hingegen weit unvollkommener und schwieriger und zwar aus dem Grunde, weil das anwesende unlösliche Eisenoxyd umhüllend wirkt und so die Faser dem Angriffe des Lösungsmittels entzieht. Läßt man hingegen so gebeizte Seide einige Zeit in einer Lösung von Schwefelkalium oder Schwefelammonium liegen, wäscht aus und entzieht das hierdurch gebildete Schwefeleisen durch verdünnte Salzsäure, so erfolgt die Lösung nach solcher Behandlung, wegen der theilweisen Entfernung des Eisens, leichter. Auch durch Behandlung der Probe mit verdünnter Salzsäure und metallischem Zink oder durch Anwendung eines andern Verfahrens läßt sich in speciellem Falle der Zweck erreichen. Mit andern Farben gefärbte Seide zeigt diesen Unterschied in der Löslichkeit nicht und beruht derselbe nur im angeführten Falle auf der abschließenden Wirkung des Eisenoxydes. In gemischten Geweben von schwarzer Farbe müßte zur Nachweisung der andern Fäden die erwähnte Behandlung der Lösung vorausgehen. Weiße Wolle färbt sich unter Aufnahme von Kupfer in der kalten alkalischen Glycerin-Kupferlösung etwas blauschwarz, welche Färbung ihr jedoch durch ein saures Bad leicht entzogen werden kann. Die Bereitung der alkalischen Glycerin-Kupferlösung, welche ich zwar schon (in der Zeitschrift für analytische Chemie, 1870 S. 20 und 1871 S. 452) zu anderm Zwecke angegeben, geschieht in folgender Weise: 16g reines Kupfervitriol löst man in 140 bis 160g destillirtem Wasser, gibt 8 bis 10g reines Glycerin von 1,240 spec. Gew. hinzu und mischt das Ganze gut mittels Schütteln durch einander. Darauf tröpfelt man, unter Vermeidung eines größern Ueberschusses, kalt so lange Natronlauge ein, bis der entstandene hellblaue Niederschlag, das Hydrat des Kupferoxydes, sich völlig ohne Rückstand zu einer lasurblauen Flüssigkeit aufgelöst hat, welche man unfiltrirt unter gutem Verschlusse, bei Reinheit der verbrauchten Materialien, unbegrenzte Zeit ohne die geringste Zersetzung aufbewahren kann. Frankfurt a. M., September 1876.