Titel: Ueber das Anthraflavon und ein Nebenproduct bei der Fabrikation des künstlichen Alizarins; von A. Rosenstiehl.
Autor: A. Rosenstiehl
Fundstelle: Band 222, Jahrgang 1876, S. 275
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Ueber das Anthraflavon und ein Nebenproduct bei der Fabrikation des künstlichen Alizarins; von A. Rosenstiehl. Rosenstiehl, über das Anthraflavon etc. Bei der Fabrikation des künstlichen Alizarins treten zwei Bioxyanthrachinone als Nebenproducte auf, die Anthraflavinsäure und die Isoanthraflavinsäure. Nach Caro entstehen dieselben aus zwei verschiedenen Anthrachinonsulfosäuren durch gemäßigte Einwirkung von Alkali, und zwar aus der α-Anthrachinonbisulfosäure die Anthraflavinsäure, aus der β-Anthrachinonbisulfosäure die Isoanthraflavinsäure. Bei stärkerer Einwirkung des Alkalis entsteht aus ersterer Flavopurpurin, aus letzterer Anthrapurpurin. Schon früher hatte Perkin die Vermuthung ausgesprochen, daß sich Anthrapurpurin aus der Isoanthraflavinsäure bilde. Schunk und Römer haben nun in einer neueren Abhandlung die Richtigkeit der Ansichten von Caro und von Perkin bestätigt und die beiden neuen Trioxyanthrachinone näher beschrieben. Beide Purpurine färben Beizen an, sie sind in kochendem Wasser, in Aether, in Baritwasser und in Alaun wenig löslich; beide sublimiren in orangefarbenen bezieh. gelben Nadeln. Leicht löslich sind sie in Alkohol, in kochendem Eisessig, in concentrirter Schwefelsäure, in Kalilauge und in Ammoniak. Die ammoniakalischen Lösungen sowie auch die in Natriumcarbonat unterscheiden sich durch ihre Färbung; die des Anthrapurpurins sind in beiden Fällen violett, die des Flavopurpurins gelbroth gefärbt. Ferner gibt ersteres mit überschüssigem alkoholischem Bleiacetat, sowie mit alkoholischem Kupferacetat eine violette, letzteres beide Male eine rothe Lösung. Das Anthrapurpurin entsteht leicht aus der Isoanthraflavinsäure durch Erhitzen mit Aetzkali, besonders schnell, wenn die Temperatur nahe der des schmelzenden Kalis ist. Die Anthraflavinsäure scheint weniger leicht von Kali angegriffenen zu werden als die Isosäure. Am leichtesten geht aus ihr die Bildung des Flavopurpurins vor sich, wenn man, statt zu schmelzen, starke Kalilauge unter Druck anwendet. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1876 S. 678.) Diese Abhandlung veranlaßte Rosenstiehl in den Comptes rendus, 1876 t. 82 p. 1394 auf das früher von ihm untersuchte, von Barth und Sennhofer entdeckte, aus Oxybenzoësäure dargestellte Anthraflavon zurückzukommen. Dasselbe liefert beim Schmelzen mit Kalihydrat zwei Farbstoffe, von denen der eine in Benzin und Alaunflüssigkeit löslich ist und mordancirten Stoff in der Weise des Alizarins, der andere, unlöslich in den beiden genannten Lösungsmitteln, denselben in den Nüancen des Purpurins färbt, und zwar je ebenso lebhaft und ebenso echt wie die entsprechenden natürlichen Krappfarbstoffe. Ersterer bildet sich nur in äußerst geringer Menge, letzterer entsteht reichlich, stellt eine Isomerie des Purpurins vor und nähert sich in seinen Eigenschaften dem Isopurpurin oder dem Anthrapurpurin von Perkin. Daß bei der Behandlung des Anthraflavons mit Alkalien zwei verschiedene Farbstoffe entstehen, hängt mit dem Umstand zusammen, daß das Anthraflavon selbst aus einem Gemenge von zwei unter sich verschiedenen, dem Alizarin isomeren Körpern besteht. Das Natronsalz der einen dieser beiden Verbindungen ist sehr leicht löslich in Wasser; sie selbst löst sich in Baritwasser mit gelber Farbe auf, gibt mit Thonerdehydrat einen orangefarbigen Lack und liefert beim Schmelzen mit Kalihydrat bei 135 bis 150° jene soeben besprochene Isomerie des Purpurins. Nach der Ansicht Rosenstiehl's wäre dieser eine Bestandtheil des Anthraflavons identisch mit der Isoanthraflavinsäure von Schunk und Römer, und das aus ihm erhaltene Purpurin mit ihrem Anthrapurpurin. Dagegen ist das Natronsalz der andern im Anthraflavon enthaltenen Isomerie des Alizarins in Wasser wenig löslich, ebenso ist sie selbst unlöslich in kaltem Baritwasser, verbindet sich mit Thonerdehydrat nicht und bildet beim Schmelzen mit Alkalien nur bei sehr hoher Temperatur, unter theilweiser Zersetzung und nur in geringer Menge eine zum Färben geeignete Substanz. Diesen zweiten Bestandtheil des Anthraflavons erklärt Rosenstiehl für gleichbedeutend mit der Anthraflavinsäure von Schunk und Römer, und das aus ihm gewonnene Schmelzungsproduct identisch mit deren Flavopurpurin, welches wie jenes in goldgelben Nadeln erhalten wird, während das Anthrapurpurin orangefarbene Nadeln vorstellt. Schließlich gehört hierher noch die Anthraxanthinsäure, welche Ulrich und v. Perger neben reinem Isopurpurin als Nebenproduct des von ihnen fabrikmäßig dargestellten Alizarins gefunden haben (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1876 S. 131). Wie sie selbst vermuthet, so hat sich aus Rosenstiehl's Untersuchung dieser Substanz ergeben, daß dieselbe nach ihren Eigenschaften mit dem Anthraflavon und mit der Anthraflavinsäure und Isoanthraflavinsäure sehr nahe verwandt, sogar identisch sei. Kl.