Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 222, Jahrgang 1876, Nr. , S. 281
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Miscellen. Miscellen. Druckwasserleitung zur Kraftabgabe für industrielle Zwecke. Es ist schon vielfach versucht worden, das Druckwasser städtischer Trinkwasserleitungen industriellen Zwecken dienstbar zu machen, und die Zahl der zu diesem Zwecke construirten Motoren ist groß (vgl. S. 184). In der allgemeinen Anwendung scheitert aber dieses rationelle Princip an dem theuren Preise des consumirten Wassers, das einerseits, seiner geringen Spannung halber von 2 bis höchstens 6at, in großen Mengen consumirt werden muß, anderseits als Trinkwasser eine dem industriellen Zweck ganz irrelevante Qualität besitzt, die grade am höchsten bezahlt werden muß. Darum erscheint es als ein wichtiger und bedeutungsvoller Schritt, daß sich in einer der größten Handelsstädte Englands, in Hull, eine Gesellschaft gebildet hat, welche sich die Zuleitung hochgespannten Druckwassers zum alleinigen Zwecke der industriellen Verwendung zur Aufgabe gestellt hat. Diese Gesellschaft (nach Engineering, September 1876 S. 279) schon im J. 1872 als Hull Hydraulic Power Company gegründet, ist in Folge der ungünstigen Zeitverhältnisse erst jetzt zur theilweisen Ausführung ihres Projectes gekommen; der erste Leitungsstrang von etwa 1500m Länge ist kürzlich dem Gebrauche übergeben worden. Derselbe läuft durch die Straßen, welche den sogen. alten Hafen begrenzen, hat 160mm Durchmesser und enthält Druckwasser von 4at, das durch zwei Maschinen von je 60e aus dem Hafenbassin in ein großes Reservoir, zum Absetzen des Schlammes, und von hier in Accumulatoren gepumpt wird. Das Wasser wird, genau wie das Gas einer Gasleitung, unter der Controle von Wassermessern den einzelnen Consumenten abgegeben; die Kosten betragen im Mittel 4 Pf. für 1000k auf 13m Hubhöhe. M. Ballon captif für die Pariser Weltausstellung 1878. Henry Giffard, der Erfinder des Injectors und Einer der wenigen, denen ihre Entdeckung Reichthum gebracht hat, beabsichtigt die Pariser Weltausstellung 1878 mit einem Luftballon zu verherrlichen, welcher zur Auffahrt von Passagieren bestimmt ist und beispiellos großartige Dimensionen haben soll. Während der gleichem Zwecke dienende Ballon der 1867-Weltausstellung 5000cbm Inhalt hatte und sich auf 250m erhob, soll der von Giffard projectirte Ballon 20000cbm enthalten und sich mit 50 Personen auf 500m erheben. Das zur Feßlung dieses Kolosses von 34m Durchmesser bestimmte Drahtseilkabel wird am Boden um eine Seilscheibe, die im Universalgelenk aufgehängt ist, geschlungen und geht von hier aus durch einen 50m langen Tunnel zur eigentlichen Fördermaschine. Dort ist das Seil um eine Trommel von 2m Durchmesser, 7m Länge geschlungen, welche von einer 200e-Maschine angetrieben wird, wenn der Ballon herabgezogen werden soll, beim Aufgange des Ballons aber durch ein Bremsband gehemmt ist. Alle Vorkehrungen zur Sicherheit des Publicums sind selbstverständlich im größten Maßstabe projectirt, und es ist kein Zweifel, daß die Besucher der Ausstellung den Giffard'schen Ballon noch mehr favorisiren werden, als dies mit dem ersten Ballon captif geschah. Das ganze Unternehmen, das mehrere Hunderttausend Franken in der Herstellung kosten soll, will Giffard auf eigene Rechnung führen.Die Revue industriel, October 1876 S. 405 bringt bereits die Abbildungen des Project d'un grand ballon captif à vapeur.D. Red. Fr. Piedboeuf's Roststäbe. Die Dampfkesselfabrik von Jacques Piedboeuf zu Aachen empfiehlt Roststäbe von gewalztem Schmiedeisen und zu je 3 Stäben zusammengenietet mit zwischenliegenden Scheibchen. Die obere Dicke der Stäbe ist 8mm, die untere 2mm. Der Zwischenraum zwischen den Stäben beträgt 6mm. Dieselben gestatten eine sehr große Luftzuströmung, während nur feine Asche durchfallen kann. Ihre Dauerhaftigkeit soll mindestens zweimal die der gußeisernen sein. (Zeitschrift für Bergwesen etc. 1876 S. 185.) Steinkohlen für die deutsche Marine. Die Anforderungen, welche die kais. deutsche Admiralität an Steinkohlen für Marinezwecke macht, sind nach einem Schreiben der kais. Werft in Wilhelmshaven an das k. Oberbergamt in Dortmund folgende: 1) Die Kohle muß schwer sein, damit es möglich ist, in den geringen Räumlichkeiten für Kohlen an Bord eine möglichst große Quantität Kohlen zu stauen. 1cbm etwa faustgroßer Kohlenstücke darf nicht unter 730k wiegen. 2) Die Kohle darf nur geringe Mengen Schlacken und Asche bildender Verunreinigungen enthalten und zwar höchstens 8 Proc. 3) Schwefelverbindungen dürfen in der Kohle nicht vorhanden sein. 4) Die Cohäsion muß eine genügende sein. 5) Beim Verbrennen dürfen die Kohlen nur wenig Rauch entwickeln. 6) Die Verdampfungskraft muß eine möglichst große sein. 7) Die Kohlen dürfen nicht zu sehr backen. Aus diesen Anforderungen geht hervor, daß weder die sogen. Gaskohlen, noch die eigentlichen Backkohlen an Bord Verwendung finden können. Die Versuche wurden in folgender Weise ausgeführt: 1) Durch dreimaliges Wägen von 0cbm,25 Stückkohlen der zu untersuchenden Sorte wird das relative Gewicht bestimmt. 2) Die von einem mehrstündigen Brennversuch herrührenden Rückstände an Schlacken, Asche, Flugasche etc. werden gewogen und das Verhältniß zu dem gesammten verbrauchten Brennmaterial ermittelt. 3) Für die Beurtheilung des Gehaltes an Schwefelverbindungen ist der Augenschein maßgebend. 4) Zur Bestimmung der Cohäsion werden die Kohlen in Stücke zerschlagen, so daß das Gewicht der größten nicht über 0k,5 beträgt, und dann auf einem unter 40° geneigten Siebe mit 30mm langen und breiten Maschen gesiebt. Von diesen gesiebten Kohlen werden 50k in eine mit innern Vorsprüngen versehene schmiedeeiserne Trommel gebracht und wird alsdann letztere 40mal langsam herumgedreht. Darauf werden die Kohlen auf demselben Siebe gesiebt und zugesehen, wie viel Grus entstanden ist. Es müssen hierbei im Minimum 45 Proc. Stücke bleiben. 5) Für die Bestimmung der Stärke des Rauches ist der Augenschein maßgebend. 6) Für die Bestimmung der Verdampfungskraft der Kohlen ist ein Schiffskessel mit zwei Feuerungen an Land aufgestellt. Die Größe der Rostfläche beträgt 3qm,52, die der Heizfläche 100qm,706. Der sich entwickelnde Dampf entweicht, ohne ein Ventil zu passiren, direct in die Atmosphäre. Das Speisen des Kessels erfolgt von oberhalb desselben gelegenen Cisternen aus, deren Inhalt genau bekannt ist, und zwar wird stets Süßwasser zum Speisen benützt. Das verdampfte Wasser wird stets auf 0° reducirt. Mit 1k Kohlen müssen mindestens 7k,5 Wasser von 0° in Dampf von 1at absoluter Spannung sich verwandeln. 7) Das Backen darf nicht zu bedeutend sein, weil sonst ein oftmaliges Schüren, welches den Luftzug beeinträchtigt, erforderlich ist. Auf Veranlassung des Vereins für die bergbaulichen Interessen im Oberbergamtsbezirk Dortmund sind kürzlich Probeversuche mit englischer und westphälischer Dampfkohle für den Dienst der Kriegsmarine angestellt worden, welche folgende Resultate ergaben: Textabbildung Bd. 222, S. 282 Bezeichnung der Kohlen; Gewicht von 1cbm zerschlagenen Kohlen; Erhaltene unverbrannte Rückstände, Asche, Schlacke; Relative Cohäsion; Stündlich sind für 1qm Rostfläche; Kohlen verbrannt; Wasser von 0° verdampft; Für 1k Kohlen ist Wasser von 0° verdampft; Zeitdauer des Rauches; Bemerkungen; Englische von Südwales; Westphälische; Kohlen der berühmtesten Zechen von Südwales; Kohlen einiger von vielen Zechen Westphalens, welche ähnliche Kohlen führen Die Versuche sind in großem, praktischem Maßstabe mittels eines Schiffsdampfkessels und unter genau den gleichen Verhältnissen bei jeder Kohlensorte vorgenommen; sie sind daher im strengsten Sinne des Wortes als vergleichende zu betrachten. Eierbecher aus Papier. R. M. Washburn in Burlington, Jowa, hat ein Patent auf Eierbecher genommen, welche aus Papiermasse und zwar so billig hergestellt werden sollen, daß sie nach einmaligem Gebrauch weggeworfen werden können. Das Scientific American, September 1876 S. 195 bringt eine hübsche Abbildung davon und macht die echt amerikanische Bemerkung dazu: „Diese Eierbecher könnten auch für Ankündigungen dienen, welche auf deren Umfang gedruckt würden, so daß dann beim Gebrauche sowohl körperliche als geistige Nahrung gefunden wird. Diese Erfindung wird voraussichtlich lohnend werden, da solche einfache und billige Artikel am meisten gesucht sind und den größten Nutzen bringen.“ Nolden's Wasserreinigungsapparat. Einem Briefe von Siegmund Kassel in Frankfurt a. M., welchen er in Veranlassung der Besprechung des Nolden'schen Apparates (* 1876 220 375) an den Verfasser gerichtet hat, entnehmen wir Folgendes. Nolden beschäftigt sich schon seit 30 Jahren mit der Lösung des Problems, Kesselsteinansätze zu verhüten, und er hat schon viele und verschiedene Apparate construirt, bis er zu dem heute vorliegenden Resultate gelangte; auch der auf S. 369 Bd. 220 erwähnte Apparat von G. H. Wagner in Paris (vgl. * 1863 169 107) ist eine frühere Erfindung und Construction Nolden's, von welchem G. H. Wagner die Erfindung im Februar 1859 abgekauft hat. Das a. a. O. (Seite 376) ausgesprochene Bedenken, daß durch das Erhitzen des Wassers der kohlensaure Kalk nicht völlig aus dem Wasser entfernt wird, hat sich durch die Praxis bestätigt. Wo es erforderlich ist, wird daher der Chlorbariumlösung die passende Menge klaren Kalkwassers zugesetzt, so daß dem Wasser durch das eine Schöpfrad die verschiedenen Fällungsmittel zugeführt werden. Ueber das elektrische Leitungsvermögen des Wassers; von F. Kohlrausch. Um möglichst reines Wasser darzustellen, destillirte Verfasser dasselbe Wasser nach und nach über übermangansaures Kali, Aetzkali und saures schwefelsaures Kali, um organische Verbindungen zu zerstören, Säuren und Ammoniak zurückzuhalten. Das so gewonnene Wasser wurde dann noch einmal durch einen Platinkühler destillirt, von welchem es gleich in eine Platinschale tropfte, in der man den Widerstand sofort bestimmte. Die Innenfläche dieser Schale bildete nämlich die eine Elektrode, eine concentrisch angebrachte kleinere Schale die zweite. Der Quecksilberwiderstand des zwischenliegenden Raumes war empirisch ermittelt worden. Die so gewonnenen Leitungsvermögen k schwankten erheblich, blieben aber stets unter 1,3; der kleinste Werth, welchen Verfasser erreichte, betrug für 22° k × 10¹⁰ = 0,72. Aber auch von dieser Zahl kann noch nicht behauptet werden, daß sie wirklich das elektrische Leitungsvermögen des reinen Wassers darstellt. Durch rasches Destilliren nämlich wurde das Leitungsvermögen vergrößert, jedenfalls wegen mitgerissener flüssiger Theile. Anderseits aber verbot sich aus zwei Gründen eine beliebig langsame Destillation. Denn erstens zeigte das bereits sehr reine Wasser in der Retorte, trotz eingeworfenen Stückchen Platin, bei langsamem Sieden leicht Siedeverzüge. Zweitens aber mußte man die Operation auch deswegen beschleunigen, weil das Destillat durch bloses Stehen in der Platinschale alsbald ein größeres Leitungsvermögen anzunehmen begann. Obwohl also das obige Wasser zu dem reinsten jemals dargestellten gehören dürfte, so läßt sich doch nicht behaupten, daß es vollkommen rein gewesen, und daß nicht der Werth k = 0,000000000072 ebenfalls nur als eine obere Grenze anzusehen sei. Für die Praxis gibt freilich auch diese Zahl dem Wasser die Bedeutung eines galvanischen Nichtleiters, denn man kann leicht überschlagen, daß eine Säule obigen Wassers von 1mm Länge denselben Widerstand darbietet, wie eine Kupferleitung von gleichem Querschnitt und von einer Länge etwa gleich dem Durchmesser der Mondbahn. Auch leitete käuflicher absoluter Alkohol etwa 4mal besser als obiges Wasser. Erneuerte Destillation brachte den Alkohol auf k × 10¹⁰ = 0,34, also immer noch die Hälfte von obiger Zahl. Aether freilich zeigte k × 10¹⁰ < 0,01. Verfasser theilt einige Proben von der beispiellos empfindlichen Reaction auf die Reinheit des Wassers durch sein Leitungsvermögen mit: Durch bloses Stehen in der Platinschale unter dicht schließender Glasglocke stieg das Leitungsvermögen eines Destillates von k × 10¹⁰ = 0,77 an in 5 Stunden auf 1,5, in 20 Stunden auf 3,5, in 80 Stunden auf 8,6, in 44 Tagen bis auf 30. – Tabakrauch vermehrte das Leitungsvermögen binnen kurzer Zeit in auffälliger Weise. – Ja, als man versuchte, das Wasser unter der Luftpumpe auf einen Einfluß gelöster Gase zu prüfen, zeigte sich nach dem Evacuiren eine beschleunigte Zunahme des Leitungsvermögens, welche offenbar von den flüchtigen Säuren des etwas ranzigen Fettes herrührte. Ein Milliontel H₂SO₄ oder HNO₃ (d.h. ein Tropfen in etwa 60l) bewirkt ferner im Wasser ungefähr das 10fache von obigem Leitungsvermögen. Endlich verdient bemerkt zu werden, daß die Destillation eines Wassers durch einen Platinkühler k × 10¹⁰ = 2,4, durch einen Glaskühler aber den dreifachen Werth 7,3 ergab. Es ist hiernach erklärlich, daß die meisten Angaben über das Wasser vielfach größere Leitungsvermögen enthalten, als die hier gefundene, oder auch als die von Magnus und von Quincke mitgetheilte Zahl. Anderseits sieht man, ein wie bequemes und empfindliches Reagens auf die Reinheit des Wassers der Chemiker in dem elektrischen Leitungsvermögen besitzen würde. Die Abwesenheit von sämmtlichen unorganischen Körpern und voraussichtlich von der Mehrzahl organischer Substanzen im Wasser, bis zu jeder chemisch in Betracht kommenden Grenze, läßt sich auf diesem Wege leicht feststellen. Noch ist zu bemerken, daß verschiedene untersuchte Schnee- und Regenwässer Leitungsvermögen zwischen k × 10¹⁰ = 4,1 und 19,8 ergaben. Fortgesetzte Beobachtungen hierüber könnten, indem sie den einfachsten und empfindlichsten Maßstab für eine mittlere Reinheit des Niederschlages geben, ein meteorologisches Interesse gewähren. (Nach einem vom Verfasser gef. eingesendeten Separatabdruck der Sitzungsberichte der Münchener Akademie.) Mycothanaton; von Prof. M. Ballo in Budapest. Bezugnehmend auf die Mittheilung des Prof. Dr. Göppert (1876 221 477) über den Häuserschwamm und dessen Bekämpfung, dürfte es vielleicht nicht uninteressant sein, die Zusammensetzung eines der dort erwähnten Geheimmittel zur Vertilgung des Schwammes zu erfahren. Im Auftrage des hiesigen Magistrates habe ich ein „Mycothanaton“, wie es von J. Herrmann in Berlin, S. W., Tempelhofer Ufer 24, in den Handel gebracht wird, untersucht. Die genannte Firma liefert das Mycothanaton zum Preise von 25 M. pro 50k, und es genügen nach ihren Angaben 1k,25 = 1l auf 2qm Fläche Holzwerk, und das Doppelte für Mauerwerk und Erdreich vollkommen. Die Entstehung des Schwammes soll nicht möglich sein, wenn bei Neubauten die Grund- und Kellermauern, das Erdreich und die Dielen und sämmtliche Holztheile mit der siedenden Flüssigkeit imprägnirt werden. Dieses Mycothanaton ist eine grünlichgelbe Flüssigkeit von starkem Salzsäuregeruch und stark saurer Reaction. Sie enthält in 1l 1g,16 Eisenoxyd und Thonerde, 1g,47 Kupferoxyd, 16g,72 Magnesia, 99g,9 Schwefelsäure und eine Unmasse Salzsäure, die zu bestimmen ich ganz für überflüssig fand. Es unterliegt hiernach kaum einem Zweifel, daß dieser „Schwammtodt“ die bei der Bereitung der Kohlensäure aus Magnesit und Schwefelsäure abfallende Lauge ist, welcher rohe Salzsäure untermischt wurde. Der Gehalt an dem anerkannten Holzconservirungsmittel, dem Kupfervitriol, ist so gering (2g,96 in 1l), daß es, auf 2qm Fläche Holzwerk ausgebreitet, unmöglich als ein wirksamer Bestandtheil des Schwammtodtes betrachtet werden kann. Daß dieses Mittel seinem Zwecke unmöglich entsprechen kann, liegt auf der Hand. Selbst bei Neubauten angewendet, kann es dieselben nicht auf die Dauer conserviren, denn die Salzsäure verflüchtigt sich mit dem Lösungsmittel gleichzeitig oder früher, und die freie Schwefelsäure bleibt in Berührung mit Holz bekanntlich auch nicht intact. Klassisch ist die anempfohlene Anwendung für Mauerwerk! Es ist nicht uninteressant zu sehen, mit welcher Kühnheit zwecklose Mittel zu erstaunlich hohen Preisen in Umlauf gesetzt werden, Mittel, welche höchstens als Holz- und Mauerwerkverderber betrachtet werden können, abgesehen von den damit verbundenen Gefahren in sanitärer Beziehung. (Vgl. 1876 222 96.) Budapest, October 1876. Zur Verhütung des Milzbrandes. Nach Spinola verliert ein einziger preußischer Kreis, der Mannsfelder Seekreis, jährlich für 180000 M. Schafe durch Milzbrand, und allein im Gouvernement Nowgorod gingen in den J. 1867 bis 1870 über 56000 Pferde, Schafe und Kühe und außerdem 528 Menschen an dieser Krankheit zu Grunde. In einer längeren Arbeit zeigt nun Dr. Koch (F. Cohn's Beiträge zur Biologie der Pflanzen, Bd. 2 S. 277), daß Milzbrandsubstanzen, ob frisch oder angefault oder getrocknet und Jahre alt, nur dann Milzbrand zu erzeugen vermögen, wenn sie entwicklungsfähige Bacillen oder Sporen des Bacillus Anthracis enthalten. Die Uebertragung der Krankheit auf Menschen geschieht beim Schlachten und Abhäuten milzbrandiger Thiere, durch Insekten, namentlich aber als Staub an Wolle, Lumpen, Häuten u. dgl. haftend. Während die Bacillen sich nur kurze Zeit lebensfähig erhalten, wird die Keimfähigkeit der Sporen selbst durch jahrelange Trockenheit oder monatelangen Aufenthalt in faulender Flüssigkeit nicht zerstört. Da die Bacillen zur Sporenbildung Luftzufuhr, Feuchtigkeit und eine Temperatur von über 15° nöthig haben, so schlägt Koch vor, zur Beschränkung des Milzbrandes die gefallenen Thiere in 8 bis 10m tiefe Brunnen oder Gruben zu verscharren, deren Temperatur selbst im Sommer unter 15° bleibt. Waarenverfälschung. Nach dem letzten Jahresberichte des Stuttgarter Gewerbevereins sind die Nahrungsmittel und Getränke gefälscht, wenn sie Stoffe enthalten, welche gesundheitsschädlich sind, oder wenn ihnen Substanzen beigemischt sind, welche das Gewicht, den Umfang oder die Stärke merklich erhöhen, oder ihnen einen fictiven Werth geben, es wäre denn, daß der Zusatz zur Darstellung oder Erhaltung des Artikels nothwendig oder daß derselbe beim Verkaufe bekannt wäre (vgl. 1875 217 431). Der Weintrinker kann danach unter „Wein“ lediglich den nach den Regeln der Wissenschaft vergohrenen Traubensaft verstehen, nicht aber ein aus Wasser, Kartoffelzucker, Sprit, Weinsteinsäure, oder gar metallischer Lösungen zusammengesetztes Fabrikat. Der Biertrinker ist berechtigt, daß ihm unter „Bier“ nichts anderes als ein aus Malz und Hopfen bereitetes Getränk gereicht werde, und ist die bei diesem Artikel allgemein verbreitete Anwendung von Surrogaten unzweifelhaft zu verwerfen. Aehnlich verhält es sich mit den Gewürzen, welche das Mehl von Hülsenfrüchten, Staub u.s.w. beigemischt wird, oder bei den Würsten, wenn sie aus einem Gemisch von Fleisch, Kartoffelstärke oder gar Brod bestehen. Nach einem Abkommen mit dem städtischen Chemiker Dr. Klinger können die Mitglieder des Vereins Nahrungs- und Genußmittel, sowie die in ihrem Geschäfte zu verwendenden Materialien auf ihre Reinheit und Giftlosigkeit unentgeltlich untersuchen lassen. Der Zweck dieser Einrichtung ist, dem reellen Gewerbtreibenden ein Mittel zu bieten, durch das er sich einer unlautern Concurrenz erwehren kann, und daß der gute Ruf der dortigen Geschäftswelt erhalten bleibe. „Wir veröffentlichen deshalb die jeweiligen Ergebnisse der Untersuchungen unter der Beschränkung, daß die Verfertiger oder Verkäufer geringer oder mittelmäßiger Waaren nicht namentlich benannt werden, weil es nicht in unserer Absicht liegen kann und wir auch nicht befugt sind, einen Geschäftsmann durch die Presse in Mißcredit zu bringen, anderseits durch die Hervorhebung der Verkäufer fehlerfreier Artikel hinreichend Concurrenz hervorgerufen wird, den Markt mit preiswürdigen unverfälschten Waaren zu versehen und einem reellen Geschäftsbetrieb in die Hand zu arbeiten.“ Bestimmung des Theïn im Thee. Aehnlich der Bestimmung des Kaffeïns im Kaffee (1876 219 552) schlägt Markownikoff (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1876 S. 1312) folgendes Verfahren zur Bestimmung des Theïns im Thee vor. 15g pulverisirter Thee werden mit 500cc Wasser und 15g gebrannter Magnesia gekocht. Die Flüssigkeit wird dann abfiltrirt, der Rückstand mit heißem Wasser nachgewaschen, das Filtrat mit wenig Magnesia und Sand zur Trockne abgedampft. Der Rückstand wird mit heißem Benzol ausgezogen, dieses dann im Wasserbade abdestillirt, der letzte Rest des Benzols durch gelindes Einblasen von Luft entfernt und das so erhaltene Theïn gewogen. Nach der Ansicht des Verfassers wird die nicht ganz vollkommene Genauigkeit dieses Verfahrens durch das mögliche Verflüchtigen einer geringen Quantität des Theïns mit den Benzoldämpfen bedingt. Aus seinen Experimenten geht hervor, daß die Quantität unorganischer Bestandtheile, welche als Asche zurückbleiben, mit zunehmendem Werthe des Theïns abnimmt (6,09 bis 5,66 Proc.). Da aber die höheren Sorten des Thees aus jüngern Blättern als die niedrigen bereitet werden, so ist folglich in dem jungen Blatte verhältnißmäßig mehr Theïn als in dem alten enthalten. Markownikoff ist übrigens der Ansicht, daß der Werth des Thees nicht durch die Quantität des Theïns, sondern durch Gerbsäure, ätherisches Oel und andere Bestandtheile bedingt wird. (Vgl. 1 65 176 325. 1875 218 220.) Prüfung der Salicylsäure auf Reinheit. Nur krystallisirte, völlig reine Salicylsäure soll für innern Gebrauch, sei es als Arzneimittel oder zur Haltbarmachung von Wein (1875 217 402), Bier (1876 220 245), Früchten u. dgl. verwendet werden, wie H. Kolbe (Journal für praktische Chemie, 1876 Bd. 14 S. 143) in Erinnerung bringt. Die weniger reine Salicylsäure, welche meist einen fremden Beigeschmack hat, kann bei fortgesetztem Gebrauch gesundheitsschädlich werden. Zur Prüfung der käuflichen Salicylsäure auf ihre Reinheit löst man etwa 0g,5 in 5cc starken Alkohol, gießt die klare Lösung in ein Uhrglas und läßt bei gewöhnlicher Lufttemperatur langsam verdunsten. Die dann zurückbleibende Salicylsäure bildet rings um den Rand des Uhrglases einen Ring von schön efflorescirten Krystallaggregaten. Diese Masse ist rein weiß, wenn die Salycilsäure ganz rein und umkrystallisirt war, aber gelblich oder gelb bei der blos gefällten Säure. Ist sie bräunlich oder braun, dann ist das Präparat, auch wenn es als Pulver weiß und äußerlich rein erscheint, als schlecht zu verwerfen. Ueber Braunkohlentheer. Aus dem schweren hochsiedenden Oele des Braunkohlentheers, aus dem das Paraffin herauskrystallisirt ist, dem Rothöle, hat Burg (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1876 S. 1207) einen neuen, bei 122° schmelzenden Kohlenwasserstoff abgeschieden, der erst über 360° siedet. Die Analyse desselben führte zu der Formel C₁₈H₁₂. Glycerin in der Gerberei. Nach Mittheilung eines Fachmanns (im Gerber, 1876 S. 527) eignet sich Glycerin namentlich zur Conservirung grüner Häute. Durch Einsalzen werden die Häute zwar feucht conservirt, sind dann aber zu manchen Zwecken weniger tauglich; Carbolsäure conservirt gut, die Häute trocknen aber theilweise. Alles dieses ist zu umgehen, wenn die Häute mit einer Mischung von Glycerin und Carbolsäure behandelt werden. Die Carbolsäure erhöht die conservirende Wirkung des Glycerins, letzteres aber erhält die Häute vollkommen weich und frisch, wie sie nach der Schlachtung sind; beide Substanzen wirken nicht im mindesten verändernd auf die Hautsubstanz. Vor dem Einarbeiten werden die Häute einfach durch Auswaschen von dem Conservirungsmittel befreit und sind in demselben Zustand und daher auch gleich ebenso zu behandeln wie grüne Häute. Die frische Haut wird hierzu auf der Aasseite mit einer Mischung von 90 Th. rohen dunklen Glycerins und 10 Th. 50proc. Carbolsäure mittels eines Maurerpinsels bestrichen und wie gewöhnlich in Kisten und Päcke zusammen gebracht. Es wird nun eben Sache der Praxis sein festzustellen, wie sich der Mehrkostenpreis dieses Conservirungsmittels gegen das Salz zu den damit erreichten erhöhten Vortheilen verhält, wonach sich die allgemeine Verwendung desselben richten dürfte. Zum Geschmeidigmachen der gegerbten Häute ist Glycerin dagegen nicht zu empfehlen. Lohgare Leder werden durch Glycerin sogar steifer und spröder als zuvor. Noch weniger hat die Verwendung glycerinhaltiger Lederschmiermittel Sinn, da das Glycerin in Wasser löslich ist. Lichtregulirungs-Tapeten. Es müßte gewiß sehr angenehm genannt werden, einer Wandbekleidung zu begegnen, welche fähig wäre, sich der jeweiligen, mehr oder minder stärkeren Beleuchtung und Helle in der Art anzubequemen, daß sie bei größerer Helle um so dunkler, bei größerer Dunkelheit desto heller sich zeigen könnte. Es wird nun (in der (Papierzeitung, 1876 S. 281) der Vorschlag gemacht, die Zimmerwände, Rollvorhänge u.s.w. mit oxalsaurem Kupfer zu überziehen, welches im Lichte dunkel wird, im Finstern aber wieder hell. Durch Combination mit andern Farben ließen sich Tapeten mit wohlthuendem Farbenwechsel herstellen. Garnbleiche von L. Toussaint in Flers. 100k Baumwolle werden 8 Stunden in einer Sodalauge gebaucht, zu deren Bereitung 3k krystallisirte Soda und 1k gebrannter Kalk verwendet worden sind. Nach dem Abwässern im Bauchkessel und nach dem Waschen gibt man die Waare in die Chlorkalklösung, bleibt 2 Stunden darin und geht von hier direct in die verdünnte Schwefelsäure, in welcher die Baumwolle 20 Minuten verbleibt. Das angegebene Quantum Garn braucht hierbei 5k Chlorkalkpulver und 0l,66 englische Schwefelsäure. Nach dem Weißmachen wird in fließendem Wasser sorgfältig gewaschen, hernach einmal, unter Umständen auch zweimal, durch ein lauwarmes Seifebad genommen, indem man für 100k Garn 1k Palmölseife rechnet. Die Baumwolle ist damit von anhängender Säure befreit und kann nun geschlichtet werden, und zwar das Zettelgarn mit 6k, das Schußgarn mit 2k Stärke per 100k unter Hinzufügung einer gewissen Menge säurefesten Ultramarins. Ein so behandeltes Baumwollgarn ist vollkommen gleichmäßig gebleicht und bleibt auf dem Lager schön weiß, gleichviel ob es in Strängen oder als Gewebe aufbewahrt ist. (Nach dem Moniteur industrielle belge, 1876 S. 378.) Kl. Die deutsche chemische Industrie auf der Centennialausstellung in Philadelphia 1876; von Rudolf v. Wagner. Als vor Jahr und Tag die Einladung an die chemischen Industriellen des deutschen Reiches erging, die im J. 1876 in Philadelphia abzuhaltende Centennialweltausstellung mit ihren Producten zu beschicken, da zeigte sich bei unsern Fabrikanten nur geringe Lust, bei der transatlantischen Industrie-Ausstellung sich zu betheiligen. Galt es ja einem Lande, das seit Washington's Zeiten bis auf den heutigen Tag schutzzöllnerischen Tendenzen gehuldigt und seinen Markt in der Mehrzahl der chemischen Producte der Mitbewerbung der deutschen Industrie verschlossen. Nichtsdestoweniger hielt es eine Anzahl hervorragender chemischer Industriellen ihren Interessen entsprechend, von der Centennialausstellung nicht wegzubleiben und das Beste, was sie zu produciren vermochten, der Beurtheilung der Besucher der Ausstellung und des internationalen Preisgerichtes zu unterwerfen. Die chemische Abtheilung in der deutschen Ausstellung in Philadelphia konnte somit selbstverständlich ein getreues und übersichtliches Bild von der Größe und Bedeutung der chemischen Industrie Deutschlands nicht geben; immerhin bot die Ausstellung des Interessanten so viel, daß nach der Meinung aller sachverständigen Kritiker die deutsche chemische Abtheilung zu den Zierden der deutschen Industrie, wie sie auf den Centennial-Grounds an den Ufern des Schuylkill auftrat, und zu den Glanzpunkten der Gesammtausstellung überhaupt gerechnet werden mußte. Daß die Art der Aufstellung der deutschen chemischen Industrie in hohem Grade mangelhaft war und in einzelnen Fällen die Aussteller geradezu benachtheiligte, war höchst bedauerlich und bewies unwiderleglich, daß die mit der Installation amtlich Betrauten entweder mit unverantwortlichem Leichtsinn gearbeitet oder ihrer Aufgabe nicht im geringsten gewachsen waren. In der Besprechung der von den einzelnen Fabrikanten ausgestellten Producte (Beilage zur Allgemeinen Zeitung, 1876 S. 3521. 3643. 3673) hebt Verfasser als lobenswerth besonders hervor: die Staßfurter Kali-Industrie, die Oxalsäure von Köpp in Oestrich und Kunheim in Berlin, die Alkaloide von Jobst in Stuttgart, Tannin, Gallussäure, Jodkalium von E. Schering in Berlin, sowie die Präparate von Schuchard in Görlitz, Trommsdorff in Erfurt, Marquart in Bonn und der Firma Saame in Ludwigshafen. Der Verfasser betont, daß die meisten der genannten Fabriken in Nordamerika wohl bekannt sind und mehrere derselben ihrer Verdienste um die wissenschaftliche Seite der chemischen Industrie wegen geradezu Musteranstalten genannt werden. Rühmend wird ferner die Salicylsäure von v. Heyden in Dresden, die für die chemische Forschung wichtigen Präparate von Kahlbaum in Berlin, das künstliche Bittermandelöl von Wilhelmi in Leipzig, sowie die Paraffinindustrie der Provinz Sachsen erwähnt. Die Farbenindustrie Deutschlands war qualitativ in vortrefflicher Weise vertreten. Das Ultramarin, allen gegentheiligen Behauptungen gegenüber auf deutschem Boden erfunden (vgl. 1876 220 338), war in bekannter Güte ausgestellt von den Fabriken in Nürnberg, Marienberg und Kaiserslautern. Guimet in Lyon hatte als „Novität“, neben gewöhnlichem, mit Schwefel erhaltenem Ultramarin, Tellur- und Selen-Ultramarin ausgestellt (vgl. 1876 221 192). Im historischen Interesse sei beigefügt, daß beide „neue“ Ultramarinsorten bereits 1863 von Professor Leykauf in Nürnberg erzielt wurden. Proben davon finden sich in der Mustersammlung der Nürnberger Ultramarinfabrik. Mineral- und Erdfarben hatten namentlich Clever in Werden und Hirsch und Merzenich in Grenzhausen ausgestellt. Die Betheiligung der Theerfarbenfabriken an der Ausstellung entsprach nicht der hohen Bedeutung, welche diese Industrie für Deutschland besitzt; Deutschland führte im J. 1874 an Anilinfarben 306000k aus und liefert etwa 45 Proc. sämmtlicher Anilin- und Alizarinfarben auf den Weltmarkt. Dieser mächtige Ausschwung dieser Industrie, welche auf der Londoner Weltausstellung 1862 nur mit zwei Farben auftrat, ist bekanntlich namentlich den Untersuchungen A. W. Hofmann's zu verdanken. Ausgestellt hatten die Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation in Berlin, die Frankfurter Anilinfarbenfabrik, Bayer und Comp. in Barmen, Vogel in Leipzig. Lobenswerth war ferner die Tinte von Beyer in Chemnitz, die bekannten Bronzefarben aus Nürnberg und Fürth, sowie die ätherischen Oele. Das Preisgericht für die chemische Gruppe bestand aus folgenden 10 „Judges“: 1) Prof. J. Lawrence-Smith aus Louisville (Kentucki), Chairman der Gruppe; 2) Prof. F. A. Genth, University of Pennsylvania in Philadelphia; 3) Prof. C. A. Joy vom Columbia College in New-York; 4) Prof. C. F. Chandler von der School of Mines in New-York; 5) Prof. J. W. Mallet von der University of Virginia in Charlottesville; 6) Prof. Odling aus London; 7) Prof. Dewilde von der kgl. belgischen Universität in Brüssel; 8) Prof. Paterno von der kgl. italienischen Universität in Palermo; 9) Fr. Kuhlmann, Fabrikbesitzer in Lille; 10) Prof. R. v. Wagner aus Würzburg. – Außerdem fungirte bei dem Preisgericht als Experte noch der von der deutschen Reichscommission nach Philadelphia gesandte Fabrikbesitzer Dr. Martius aus Berlin. Zur Butterfälschung. In Lübben wurde (nach dem Göttinger-Grubenhagenschen landwirthschaftlichen Wochenblatt) am 13. September vom kgl. Kreisgericht die Ehefrau eines wohlhabenden Bauern aus Schlepzig wegen Fälschung von Butter, welche sie, mit Kartoffeln gemengt, in der Stadt verkauft hatte, zu 3 Monaten Gefängniß, 300 M. Geldbuße, Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf ein Jahr und Tragung der Kosten verurtheilt.