Titel: Ueber die Aufschliessung des Chromerzes; von J. Fels, Chromkalium-Fabrikschemiker in Triest.
Autor: J. Fels
Fundstelle: Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 87
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Ueber die Aufschliessung des Chromerzes; von J. Fels, Chromkalium-Fabrikschemiker in Triest. Fels, über die AuffchließungAufschließung des Chromerzes. Von Zeit zu Zeit tauchen neue Verfahrungsweisen auf, welche angeblich eine bequemere und schnellere Zerlegung des Chromeisensteines ermöglichen sollen. In den nachstehenden Zeilen soll nun das Ergebniß der Prüfung der betreffenden Methoden dargelegt werden, um daraus entnehmen zu können, ob und inwieweit ein Fortschritt in den in letzterer Zeit aufgetauchten Vorschlägen gegenüber den ältern Methoden zugestanden werden muß. Der Ausführung der einzelnen Analysen wurden gleiche Umstände zu Grunde gelegt, indem erstens das in den verschiedenen Versuchen verwendete Chromerz bei denselben Mengen von gleicher Qualität und Feinheit war, und zweitens die Vornahme der Glüh- und Schmelzoperationen stets zur gleichen Tageszeit geschah, um eben die Dauer der Aufschließung nach den verschiedenen Methoden richtig mit einander vergleichen zu können, was nur bei gleichem Gasdrucke möglich ist. Der Chromeisenstein stammte aus den Werken der Firma Ernest Hofmann in Alt-Orsova (Banat) und hatte folgende Zusammensetzung: Chromoxyd 45,20 Eisenoxydul 23,80 Thonerde 13,97 Magnesia 10,13 Kieselsäure 6,42 ––––– 99,52. Da die meisten Chromerzanalysen in den chemischen Laboratorien der Chromkaliumfabriken zur Ausführung gelangen, so ist bei Beurtheilung der verschiedenen analytischen Methoden jene für die geeignetste zu halten, welche den Anforderungen des technischen Chemikers vollkommen entspricht, d. h. bei größter Einfachheit, Schnelligkeit und Sicherheit der Aufschließoperation die Bestimmung mittels der Maßanalyse zuläßt und dabei in allen Fällen verläßliche Resultate gibt. Hauptsächlich von diesem für den praktischen Werth der analytischen Methode maßgebendsten Gesichtspunkte aus, sollen nun die einzelnen Methoden beurtheilt und verglichen werden. I. Methode von Hart.Journal für praktische Chemie, Bd. 67 S. 320. Hiernach trägt man in 8 Th. geschmolzenen Borax 1 Th. fein geschlemmtes Erz, läßt den Tiegel noch ½ Stunde in heller Rothglut, setzt dann so lange trockenes kohlensaures Natrium zu, als noch Aufbrausen entsteht, und fügt nun allmälig unter Umrühren 3 Th. eines Gemisches aus gleichen Theilen Salpeter (KNO3) und Soda (Na2CO3) hinzu. Alles Chromoxyd soll so in Chromsäure verwandelt werden. 0g,5 des in ein unfühlbares Pulver gebrachten Erzes wurden mit den entsprechenden Zusätzen auf die angegebene Art im Porzellantiegel vor dem Gasgebläse bei heller Rothglut behandelt und nach 50 Minuten Gesammtzeit der Analyse unterworfen. Die Schmelzung löste sich mäßig leicht vom Tiegel los und gab eine Lösung, welche in der That erkennen ließ, daß keine unzersetzten Erztheilchen mehr in derselben enthalten sein können. Die Lösung wurde abfiltrirt und nach der Methode von H. Schwarz mit schwefelsaurem Eisenoxydulammonium titrirt; es waren 44,98 Proc. Cr2O3 aufgeschlossen. Der in Wasser unlösliche Theil wurde nach Dittmar (1876 221 450) aufgeschlossen und zeigte bei der nachherigen Behandlung mit Wasser keine Spur von Chromsäure mehr. So befriedigend diese Resultate auch sind, möchte ich dennoch diese Methode als umständlich und leicht zu Verlusten führend bezeichnen. II. Methode von Calvert (1852 125 466). 1 Th. Chromerz wird mit 3 bis 4 Th. Natronkalk, dem ein Viertel des Gewichtes Natriumnitrat zugesetzt ist, 2 Stunden hindurch geglüht. 1. Probe. 0g,5 Erz wurden mit 2g Natronkalk und 0g,5 Chilisalpeter im Porzellantiegel über dem Babo'schen Brenner 2 Stunden geglüht. Es wurden aufgeschlossen 42,63. Im Rückstände blieben nachweisbar 2,57 Proc. Cr2O3. 2. Probe. Dieselben Gewichtsmengen wurden 2½ Stunden der Rothglut ausgesetzt, wonach die Aufschließung eine vollständige war. Die wässerige Lösung enthielt 45,06 Proc. Cr2O3, der Rückstand keine Spur. Die Schmelze, welche des Salpeterzusatzes wegen nicht im Platintiegel erzeugt werden konnte, löste sich schwer von den Wänden des Porzellangefäßes los, da dieselben stellenweise empfindlich angegriffen erschienen. Daß hierdurch die Thonerde- und Kieselsäuremengen in dem Erze verändert wurden, ist begreiflich; wo es sich aber um die blose Chromoxydbestimmung handelt, sind die nach Calvert erlangten Resultate zufriedenstellend — um so mehr, als die Aufschließung ohne Anwendung des Gebläses vollständig vor sich geht. III. Methode von J. Blodget Britton (1870 195 503). Diese Methode ist eine Modification der Calvert'schen und zielt darauf hin, ein kräftigeres Oxydationsmittel als Natriumnitrat anzuwenden, welches gleichzeitig gestattet, die erwähnten Uebelstände der letztern Methode durch die Ausführung der Schmelzung im Platintiegel zu beseitigen. Britton ersetzt das Na NO3 durch KClO3. Nach ihm werden 0g,5 des möglichst fein pulverisirten Chromits auf das innigste mit 4g eines Gemenges von 1 Th. Kaliumchlorat und 3 Th. Natronkalk (1 Th. Na HO + 1 Th. CaO) gemischt, und 1½ Stunden bei heller Rothglut erhalten. 1. Probe. Als ich 0g,5 des Erzes genau nach diesem Verfahren behandelte, fand ich nach 1½ stündigem Glühen der Mischung aufgeschlossen 45,00 Proc. Cr2O3; im Rückstände fanden sich noch Spuren von Cr2O3, welche durch Schmelzung desselben unter Vermittlung des Dittmar'schen Flusses nachgewiesen wurden. 2. Probe. Die gleichen Gewichtsmengen von den angeführten Substanzen wurden nun im Platintiegel ½ Stunde länger als bei der 1. Probe der Hitze des Dreibrenners ausgesetzt, wonach die Aufschließung eine vollständige war; aufgeschlossen wurden 45,17 Proc. Cr2O3, der Rückstand enthielt keine Spur des Erzes mehr.    Aus der Vergleichung der zwei vorstehenden Proben mit den beiden nach Calvert's Methode angestellten Versuchen geht hervor, daß unter Vermittlung des KClO3 die Aufschließung schneller erfolgt, als mit Hilfe des Na NO3. Ich führte nun die 3. Probe mit demselben Gemisch vor dem Gasgebläse aus und fand, daß schon nach 20 Minuten die Zersetzung des Chromits eine vollständige ist. Es darf sonach diese Methode zu jenen gezählt werden, welche die Aufschließungen schnell und sicher ermöglichen und deshalb die größte Beachtung von Seite der Analytiker verdienen. IV. Methode von F. H. StorrerZeitschrift für analytische Chemie, 1870 S. 71. Die Thatsache, daß die Ueberführung des Chromoxydes in Chromsäure unter Vermittlung von Salpetersäure und chlorsaurem Kalium in der Wärme gelingt, hat F. H. Storrer veranlaßt, die Aufschließung des Chromeisensteines nach diesem Verfahren zu empfehlen. A. H. Pearson fand auch, daß die Zersetzung des Chromerzes durch die oxydirende Wirkung des erwähnten Gemisches von HNO3 und KClO3 schon nach Verlauf von ½ Stunde beendet war. In dem unlöslichen Theile, welcher bei der Behandlung des Erzes verblieb, ließ sich durch Schmelzen mit Soda und Salpeter keine Spur von Chrom nachweisen. Die Ausführung der Analyse nach dieser Methode soll am besten auf die Weise ausgeführt werden, daß man 0g,5 des geschlemmten Erzes in eine Porzellanschale bringt, in welche ein Trichter umgekehrt eingesetzt ist. Man fügt nun 50cc HNO3 von 1,3764 spec. Gew. hinzu und allmälig, während des Erwärmens im Wasserbade oder über der freien Flamme, Krystalle von Kaliumchlorat. Die abdampfende Säure muß zeitweilig ersetzt werden, ebenso das chlorsaure Kalium. 1. Probe. 0g,5 des feingeschlemmten Erzes wurden, wie angegeben, behandelt. Als nach Verlauf einer Stunde die Operation unterbrochen wurde, zeigten sich aufgeschlossen 26,41; der Rückstand enthielt noch 18,79 Proc. Cr2O3, welche wie gewöhnlich durch Aufschließung mit dem Dittmar'schen Fluß, nachherigem Auflösen der Schmelze in Wasser und Titriren der angesäuerten Lösung nachgewiesen wurden. 2. Probe. Eine neue Probe, 3 Stunden hindurch behandelt, gab in der Lösung 41,76 und im Rückstände 3,44 Proc. Cr2O3.    Da bei der Vornahme der Operation auf die angegebene Weise die Verdampfung der Säure fast nicht verhindert wird, und so den Analytiker sehr belästigt, bediente ich mich bei Ausführung eines 3. Versuches einer Retorte mit Tubulus und passender Vorlage. 10Ccc concentrirtes HNO3 und 25g KClO3 wurden mit dem Erz eingetragen, und die Erhitzung begonnen. Die Säure destillirte über und sammelte sich in der Vorlage an. Obwohl ich so einem kleinen äußern Uebelstande der Methode abgeholfen, konnte ich doch auch bei dieser Probe keine vollständige Aufschließung erzielen. Nach 3 Stunden waren gelöst 39,18, der Rückstand enthielt noch 6,02 Proc. Cr2O3. Ich kann sonach A. H. Pearson's Angaben nicht bestätigen und diese Methode, selbst wenn sie innerhalb der von Ersterem erwähnten Zeit eine vollständige Zersetzung des Erzes erzielen ließe, für technische Laboratorien nicht empfehlen, da alles Chrom in Form salpetersauren Chromoxydes erhalten wird und eine gewichtsanalytische Bestimmung in vielen Fällen zu zeitraubend ist.J. C. Stoddart bekam gleichfalls ungünstige Resultate. Vgl. Chemical News, vol. 23 p. 284. American Chemist, vol. 1 p. 284. vol. 7 p. 455 V. Methode von Al. MitscherlichZeitschrift für analytische Chemie, 1861 S. 34. Schwer zerlegbare Mineralien, mit Schwefelsäure von geeigneter Concentration in geschlossene Glasröhren gebracht und erhitzt, lösen sich leicht. Diese Beobachtung wurde von Al. Mitscherlich gemacht und von Francis C. PhillipsZeitschrift für analytische Chemie, 1873 S. 189. auf die Analyse der Chromite angewendet. Nach diesem gelingt die Aufschließung am leichtesten. bei Anwendung einer Schwefelsäure von 1,34 spec. Gew. 0g,5 Erz, mit 8cc Säure in ein Rohr aus böhmischem Glase eingeschmolzen, wurden (bei 250 bis 300 °) nach 10 Stunden vollständig gelöst. H2SO4 von anderer, geringerer oder stärkerer Concentration ergab immer ungünstigere Resultate. Immerhin bleibt aber die Operation eine höchst gefährliche, und hat sich deshalb diese Methode den Weg ins Laboratorium für die Dauer nicht bahnen können. Zwei Proben, welche ich nach dieser Vorschrift unter den geeigneten Vorsichtsmaßregeln ausführen wollte, explodirten, als die Temperatur der im Oelbade erhitzten Mischung kaum etwas mehr als 250° betrug. Weitere Versuche stellte ich nicht mehr an und erwähne hier diese Methode nur der Vollständigkeit wegen. VI. Methode vonDr. H. Hager. Dr. H. Hager: Untersuchungen, Bd. 1 S. 163. 1 Th. des Minerales wird mit 3 Th. Fluornatrium gemengt, in ein Graphittiegelchen eingetragen, mit 12 Th. gepulvertem Kaliumbisulfat bedeckt und erhitzt. Nach 5 bis 6 Minuten, während welcher Zeit die Masse ins Kochen geräth, ist der Schmelzproceß beendet. Ich ging wieder von 0g,5 Erz aus und fand diese Angaben bei wiederholten Versuchen vollkommen bestätigt. Das Gemenge wird am besten im Platintiegel sehr vorsichtig erwärmt, und in dem Maße, als das Aufschäumen der schmelzenden Masse aufhört, die Hitze gesteigert. Die Schmelze fließt nach 5 bis 6 Minuten ruhig und wird nach weiteren 5 Minuten zäh, was ich für das Endzeichen der stattfindenden Reactionen halte. Die grüne Masse, welche nun alles Chrom in Form von Chromfluorid enthält, würde sich nach meiner Ansicht nur zu einer umständlichen Bestimmung des Cr2O3 eignen, während ich es für besser finde, die Umwandlung des Fluorids in die Sauerstoffverbindung in einer zweiten, nur kurze Zeit erfordernde Schmelzung vorzunehmen. Man läßt die Masse abkühlen, gibt nun allmälig Kaliumchlorat zu und erhitzt neuerdings. Nach wenigen Minuten hat man eine gelbe Schmelze, in der sich alles Chrom als Chromsäure vorfindet und maßanalytisch leicht bestimmen läßt. Ich habe bei mehrfachen Versuchen stets vollständige Aufschließungen des Erzes erzielt. VII. Methode von W. Dittmar (*1876 221 450). Werden 0g,5 Erz mit 5 bis 6g eines aus Borax und kohlensauren Alkalien bestehenden Flußmittels zusammengeschmolzen, so tritt in der That nach verhältnißmäßig kurzer Zeit eine vollständige Lösung des Erzes und eine ebensolche Oxydation des Chromoxydes zu Chromsäure ein. Das von Dittmar empfohlene Flußmittel, welches ich oben mehrfach als Dittmar'schen Fluß“ bezeichnete, besteht aus 2 Th. Boraxglas und 3 Th. einer Mischung von NaK CO3. Werden diese Substanzen so lange gemeinsam der Schmelzhitze ausgesetzt, bis keine Kohlensäureentwicklung mehr auftritt, und dann in ein Platingefäß gegossen, wo das Erstarren der Masse erfolgt, so hat man den fertigen Fluß, welcher nun in geschlossenen Gefäßen aufzubewahren ist. Ich versuchte mehrfach die Einwirkung dieser Schmelze auf feingeschlämmtes Chromerz und fand, daß bei der Hitze des Bunsen'schen Dreibrenners keine genügende Auflösung des Minerales erfolgte; wohl aber vor dem Gasgebläse. Bei Anwendung oberwähnten Gemisches zeigten sich nach 20 Minuten langem Operiren mit dem Gasgebläse aufgeschlossen 45,01 Proc. Cr2O3. Der Rückstand von der in Wasser aufgelösten Schmelze enthielt keine nachweisbare Spur von Oxyd. Ueber dem Dreibrenner war die Aufschließung des Erzes nach Verlauf von ¾ Stunden noch nicht vollkommen. Der in Wasser unlösliche Theil enthielt noch 5,14 Proc. Cr2O3. Hieraus ist ersichtlich, daß die Dittmar'sche Probe sich in Bezug auf Leichtigkeit der Aufschließung des Chromits der J. B. Britton'schen anreiht und somit zu jenen Methoden zählt, welche den Anforderungen des Analytikers am meisten entsprechen. VIII. Methode von R. Kaiser. Zeitschrift für analytische Chemie, 1876 S. 187. Derselbe schlägt vor, Kalkhydrat als Zusatz zur Soda zu verwenden, um das Erz in der glühenden, nicht schmelzenden Masse suspendirt zu halten und so der oxydirenden Einwirkung des Sauerstoffes auszusetzen. Eine im Principe ähnliche Art des Erzaufschlusses wurde schon lange vorher von StromeyerMuspratt's Chemie, 2. Aufl. Bd. 6 S. 329. für die Anwendung im Großen empfohlen, weil eben da insbesondere die Beschaffenheit der glühenden Mischungen für die Ausbeute an chromsaurem Kalium von großen Belang ist und eine flüssige Schmelze andere Resultate gibt als eine teigartige. Bei der Analyse aber kommt meiner Ansicht nach dieser Punkt gar nicht in Betracht, wenn hinreichend feines Erz und passende Oxydationsmittel vorliegen. Werden 2 Th. trockner Soda und 3 Th. Kalkhydrat mit 1 Th. Erz gemischt und ¾ Stunden hindurch der Gebläsehitze ausgesetzt, so erfolgt nach Kaiser die Aufschließung vollständig. Ich fand diese Angabe in mehrfach angestellten Proben bestätigt. IX. Methode von J. Clouet (1869 193 33). 0g,5 Erz werden mit 3, besser mehreren Theilen calcinirter, reiner Soda 3 Stunden hindurch der intensivsten Flamme des Bunsen'schen Gasgebläses ausgesetzt. Die Aufschließung ist wohl vollständig, die. Operation jedoch nicht die bequemste. Ein Zusatz von Salpeter gegen das Ende der Aufschließung ist nicht recht zulässig, da der Platintiegel zu viel Schaden leidet. Desgleichen wird die Vornahme der Schmelzung mit Hilfe der Hitze des „Chromofen“ dem Platingefäße ebenfalls sehr gefährlich. Aus der Besprechung der eben angeführten wichtigsten Aufschließungsmethoden des Chromerzes geht hervor, daß die Angaben von Calvert, J. B. Britton und W. Dittmar für die Zwecke des Fabrikchemikers die beachtenswerthesten sind und manche hin und wieder aufgetauchten neuen Methoden bisher keine wirklichen Verbesserungen der bereits bekannten Verfahrungsweisen enthielten.