Titel: Mittheilungen über die Fabrikation von Alabaster-, Milch-, Bein-, Kryolith- und Opal-Glas; von M. Hock.
Fundstelle: Band 224, Jahrgang 1877, Nr. , S. 624
Download: XML
Mittheilungen über die Fabrikation von Alabaster-, Milch-, Bein-, Kryolith- und Opal-Glas; von M. Hock. Hock, über Fabrikation von Alabasterglas etc. Alle unter dem Namen „Alabaster-, Milch-, Bein-, Kryolith- und Opal-Glas“ in der Glasindustrie vorkommenden, mehr oder minder getrübten, undurchsichtigen, aber im durchgelassenen Lichte durchscheinenden Glasgattungen finden die Ursache dieser Trübungen entweder in den der Schmelze zugesetzten, zu keinem klaren Glase schmelzbaren Substanzen, oder in einer mehr oder minder vorgeschrittenen partiellen Entglasung der Schmelze, hervorgerufen durch verschiedene, die Entglasung bedingende Zusätze zum Schmelzgemenge, oder durch die speciell nöthige niedere Temperatur im Schmelzofen bei Ausarbeitung dieser Gläser. Eines der wohl am längsten in der Praxis bekannten derartigen Gläser ist das sogen. „Alabasterglas“ — ein Glas, das bei richtiger Zusammensetzung bis auf sein starres Weiß dem natürlichen Alabaster ziemlich ähnelt und meist zur Fabrikation von Luxus-Hohlwaaren Anwendung findet. Die Ursache der Trübung dieses Glases ist wohl in der durch den Kieselsäurereichthum, bei nahezu vollständiger Abwesenheit des Kalkes, bedingten Entglasung zu suchen, und ist daher auch die Zusammensetzung dieses Glases eine ziemlich einfache. Weißer eisenfreier Sand und Potasche sind die Hauptbestandtheile des zur Schmelzung nothwendigen Satzes, und hat man sein Hauptaugenmerk nur darauf zu richten, feine hochgradige Potasche in Anwendung zu bringen, da die Gegenwart von Natronsalzen zur Bildung von klaren, leichtflüssigen Gläsern Veranlassung gibt, welche gewöhnlich das Ausschüren oder Blankschmelzen des Alabasterglases zur Folge haben. Dieser Umstand schließt daher die Verwendung der meist sehr natronhaltigen Melasseasche aus. Es kann auf diese Thatsache nicht genug Gewicht gelegt werden, da in den Fabriken die Ursache des Ausschürens meist allen andern Umständen, nur nicht der Qualität der Potasche zugeschoben wird. Die meisten Vorschriften zur Zusammensetzung des Gemenges für Alabasterglas enthalten auch „gebrannte Knochen“, welche durch ihren phosphorsauren Kalk zur Trübung des Glases beitragen sollen; doch scheint die Wirkung derselben ziemlich prekär, da auch ohne dieselben ganz gutes Alabasterglas hergestellt werden kann, und das gleiche Quantum gebrannter Knochen, in kalkhaltigen Gläsern zur Anwendung gebracht, ohne allen Einfluß bleibt. Zusatz von Borax erhöht den Glanz und die Leichtflüssigkeit des Glases, ist aber auch nicht unbedingt nöthig. Anwendung geringer Mengen gepulverten Talkes (Federweiß) ist in Folge der natürlichen Zusammensetzung (kieselsaure Magnesia) desselben und seiner Eigenschaft, kieselsäurereiche Glasflüsse zur leichteren Entglasung zu bringen, sehr zu empfehlen und sichert ein gutes Erzeugniß. In Folgendem gebe ich nun einen bewährten Satz für Alabasterglas: 100 G. Th. Sand, 40 G. Th. Potasche (mindestens 95 Proc. kohlensaures Kali enthaltend), 5 G. Th. Borax, 5 G. Th. Federweiß. Der Zusatz der Potasche ist aber veränderlich je nach der herrschenden Ofenhitze und kann bei sehr heiß gehenden Regenerativ-Gasöfen selbst auf 30 Th. für 100 Th. Sand herabgemindert werden. Befürchtet Man bei sehr heiß gehenden Oefen oder bei langer Schmelzzeit ein Ausschüren des Glases, so empfiehlt sich, jede lauter geschmolzene Fülle unter der Schmelzzeit auszuschöpfen, in kaltem Wasser zu schrecken und erst insgesammt in der Zeit des Lauterschürens der andern in den Häfen befindlichen Gläser die vorher getrocknete Alabasterschmelze wieder einzulegen. Manchmal tritt die Entglasung eines hell-, aber nicht ganz blankgeschürten Alabasters, der während der frühern Schmelzzeit ganz trübe war, sich aber erst beim Lauterschüren zum Durchgehen geneigt zeigte, erst beim Abgehenlassen und der hierbei eintretenden bedeutenden Abkühlung des Glases ein, und liefert dann noch ein ganz vorzügliches Product, weshalb man bei der Schmelzung dieses Glases nicht sehr ängstlich zu sein braucht. Setzt man oben beschriebenem Gemenge färbende Metalloxyde zu, so erhält man, je nachdem das Glas blau, Türkis, grün, Chrysopras und unter sonstigen verschiedenen Bezeichnungen im Handel vorkommende Gläser. Für Türkis nimmt man auf obiges Gemenge 750g Kupferoxyd oder auch 2k krystallisirten Kupfervitriol, welchen man vor dem Einbringen in das Gemenge seines Krystallwassers durch Erhitzen beraubt. Bei Anwendung von reinem Kupferoxyd empfiehlt sich, dem Gemenge 2 G. Th. Kalisalpeter zuzufügen, um durch die oxydirende Wirkung desselben eine Reduction des Kupferoxydes zu verhüten, welche leicht eine Dunkelfärbung veranlassen kann. Für Chrysopras nimmt man auf das Gemenge 500g gelbes, Uranoxyd und, damit ein grünlicherer Stich erzielt wird, auch etwa 50g Kupferoxyd. Selbstverständlich lassen sich durch Anwendung von Kobalt-, Chrom- und Manganoxyd auch andere Farbentöne erzielen, und ist es besonders das Manganoxyd in Combination mit reinem, unverbrennlichem Ceylon-Graphit, welche die Mittel geben, dem als Grundlage genommenen Alabasterglase eine schöne grauviolette Modefarbe zu ertheilen. Setzt man dem Glassatze größere Quantitäten Knochenasche oder Zinnoxyd zu, so erhält man das sogen. Milch- oder Beinglas — ein weißes, ganz trübes und zur Opalescenz geneigtes Glas, welches gegenwärtig, nachdem man geeignetere Gläser kennt, von der Anwendung zur Erzeugung von Beleuchtungsgegenständen ganz ausgeschlossen ist, da es die unangenehme Eigenschaft besitzt, die lichtspendende Flamme in blutrothen Umrissen durchscheinen zu lassen. Anstatt der Knochenasche hat man in neuerer Zeit an vielen Orten den gebrannten Baker-Guano in Folge seines höheren procentischen Phosphorsäuregehaltes mit Erfolg in Anwendung gebracht. Das Beinglas hat die Eigenschaft sich meist erst bei starker Abkühlung oder bei wiederholter Erwärmung an der Glasmacherpfeife und nachheriger langsamer Abkühlung zu trüben. Empfehlenswerthe Gemengevorschriften sind: Textabbildung Bd. 224, S. 625 a) 100 Th. Sand,; b) 100 Th. Sand,; 30 Th. Knochenasche,; 35 Th. Potasche,; 30 Th. Potasche,; 30 Th. gebrannter Baker-Guano,; 5 Th. Borax,; 3 Th. Kalisalpeter,; 5 Th. Minium.; 3 Th. Zinnoxyd.; Diese Gläser wurden früher beinahe ausschließlich zur Erzeugung der Lampenkugeln, Schirme und Beleuchtungsartikel überhaupt verwendet. Der Nachtheil, den die Anwendung derselben mit sich bringt, ist, wie schon oben angeführt, daß sie verhältnißmäßig wenig Licht und dieses nur unter Sichtbarkeit der Flamme in blutrothen Umrissen durchlassen. Die moderne Glasindustrie hat uns nun vor einigen Jahren ein neues Material zur Erzeugung weißen opaken Glases, den Kryolith, kennen gelernt. Derselbe wurde zuerst in Nordamerika für die Zwecke der Glasfabrikation verwendet; heute wendet man denselben in der deutsch-böhmischen Glasindustrie allgemein zur Fabrikation und Imitation des aus Belgien und Frankreich kommenden Opalglases an, ohne jedoch dem damit erzeugten Glase alle jene Eigenschaften in derselben Vollkommenheit wieder zu geben, wie sie den französischen Fabrikaten eigenthümlich sind. Die Wirkung des Kryoliths beruht hauptsächlich auf seinem Thonerdegehalt, welcher im Glassatze, wenn in genügender Menge vorhanden, eine feinkörnige Entglasung der Schmelze bei Abkühlung derselben bedingt (vgl. 1874 213 221). Die Schmelzung und Verarbeitung eines solchen Kryolithglases, für welches ich die Vorschriften weiter unten geben werde, hat aber viele Mißlichkeiten und Uebelstände im Gefolge, welche schon manchem Fabrikanten die Erzeugung desselben verleidet haben. Der Hauptnachtheil der Anwendung des Kryoliths zeigt sich in seinem Gehalte an Fluor, welches während der Schmelze eine flüchtige Verbindung zu Fluorsilicium eingeht. Es ist deshalb die Erzeugung des Kryolithglases eine heikle Sache, indem ein zu großer Kryolithzusatz in das Glasgemenge, bei welchem die größere Menge der vorhandenen Thonerde durchgreifend mit ihrer entglasenden Wirkung zur Geltung kommt und so die Trübung verursacht, durch seinen allzugroßen Fluorgehalt zu nachtheilige Wirkungen für Hafen und Ofen hat, während eine geringe Menge Kryolith, besonders in heißgehenden Oefen, ein dem Blankschüren sehr zugeneigtes Glas liefert. Weitere Uebelstände ergeben sich oft bei der Verarbeitung dieses Glases, indem selbiges oft in der Entglasung bei der durch die Arbeit nöthigen, mehrmaligen Erwärmung und Abkühlung der zu fertigenden Gegenstände so weit fortschreitet, daß die fertige Waare rauh oder krätzig wird, was dieselbe hinsichtlich der Verkäuflichkeit gewiß nicht empfiehlt. Manchmal, wenn der Glassatz bleioxydhaltig war, treten auf der Oberfläche der gefertigten Waare dunklere Flecken auf, welche oft gar nicht, oder nur durch mehrmaliges, langwieriges Antempern der fertigen Waare im Kühlofen bis zum beginnenden Erweichen — eine Operation, welche auch mehr das Mißlingen als Gelingen für sich hat — zum Verschwinden zu bringen sind. Sehr selten eignet sich dieses Glas zur Decoration mit Farben, indem unzersetzte Fluorverbindungen meist ein Ausschlagen der Farben im Feuerflusse bedingen. Gutes Kryolithglas erhält man aus einem Gemenge, dessen Zusammensetzung die folgende ist: 100 Th. Sand, 20 Th. Kryolith, 12 Th. Soda, 4 Th. Natronsalpeter, 2 Th. Zink- oder Bleioxyd. Das Glas aus diesem Gemenge schmilzt in höchstens 10 bis 12 Stunden und ist daher, wenn in demselben Ofen gleichzeitig andere Gläser geschmolzen werden, dem entsprechend später einzulegen. Allen Anforderungen, welche sich an ein opakes, weißes Glas für die Zwecke der Erzeugung von Beleuchtungsartikeln stellen lassen, entspricht vollkommen das schon oben erwähnte belgische oder französische „Opalglas“. Dasselbe läßt selbst bei geringer Dicke das Licht reichlich mit milchigem Scheine ohne Sichtbarkeit der rothen Flammencontouren durch und übt dadurch auf das Auge einen angenehmen, behaglichen Eindruck aus. Die von mir ausgeführte Analyse des Glases einer vorzüglichen belgischen Lampenkugel ergab in 100 Theilen an: Kieselsäure 63,7 Bleioxyd 16,5 Eisenoxyd 0,3 Thonerde 16,8 Kali 2,3 ––––– 99,6. Hieraus ist ersichtlich, daß zur Trübung dieses Glases als ausschließliches Agens die Thonerde verwendet wurde, und daß, um die nachtheiligen Wirkungen der bedeutenden, durch die große Thonerdemenge hergebrachten Entglasung hinsichtlich der Dauerhaftigkeit der aus solchem Glase gefertigten Gegenstände zu paralysiren, der entsprechende Glassatz eine sehr weiche Zurichtung, unter Zuhilfenahme eines ziemlichen Quantums Bleioxyd, erhielt. Ich habe nun auf Grundlage des Analysenergebnisses die Zusammensetzung eines entsprechenden Glassatzes versucht und bin nach vielfältigen Versuchen zu dem Resultate gekommen, daß der natürliche Feldspath nach seiner chemischen Zusammensetzung das geeignetste Material als Kieselsäure und zugleich Thonerde lieferndes Mineral zur Grundlage eines der Analyse nahe kommenden Glassatzes sei. Meine Vorschrift für diesen Glassatz ist sehr einfach und lautet: 100 Th. eisenfreier, fein gepochter Feldspath, 22 Th. eisen- und kupferfreies Minium. Dieses Glas schmilzt in sehr kurzer Zeit (ein Hafen von 100k Inhalt in 12 bis 14 Stunden) und bildet eine vollkommen homogene, leichtflüssige Masse, die sich leicht verarbeiten läßt und durch die ganze Dauer der Arbeit keiner Zersetzung unterworfen ist. In heißgehenden Oefen kommt es manchmal vor, daß sich das Glas während des Lauterschürens vollkommen blank ausschürt; es hat dies aber nichts zu sagen, da es sich ausnahmslos während des Abgehenlassens durch die eintretende Abkühlung wieder beschlägt und vollkommen weiß und undurchsichtig wird. Die aus diesem Glase gearbeiteten Gegenstände kommen in ihren Eigenschaften den belgischen und französischen ganz gleich. Dem Glassatze zugefügte färbende Metalloxyde verleihen demselben in Folge seines hohen Bleigehaltes sehr reiche, satte Farbentöne, und machen es daher insbesondere zur Erzeugung von Luxuswaaren, wie Blumenvasen etc., sehr geeignet. Setzt man zu dem Gemenge einige Kilogramm gepochte Goldrubin-Zapfen, so erhält man ein schönes, durch die Masse egal gefärbtes, mattrosa Glas. Sehr geeignet ist auch die beim Alabasterglase bereits erwähnte Färbung mit Manganoxyd und gepulvertem Ceylon-Graphit, oder Kobaltoxyd und Ceylon-Graphit. (Vom Verfasser gef. eingesendeter Abdruck aus dem Sprechsaal, 1877 S. 70.)