Titel: J. Forster und Fritsch's Brachy-Teleskop.
Fundstelle: Band 226, Jahrgang 1877, S. 278
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J. Forster und Fritsch's Brachy-Teleskop. Mit Abbildungen. Forster und Fritsch's Brachy-Teleskop. Das Brachy-Teleskop, dessen Princip durch Figur 1 veranschaulicht wird, hat den Namen von seiner Kürze, welche es im Vergleiche mit den jetzt im Gebrauch stehenden Reflectoren besitzt. Dasselbe vereinigt die Vorzüge des Herschel'schen Teleskopes mit denen des Cassegrain'schen. Der große Spiegel M, welcher unter einem bestimmten (durch Rechnung ermittelten) Winkel zur Ocularachse geneigt ist, wirft die von dem Gegenstande ausgesendeten Strahlen convergirend dem kleinen Spiegel m zu, und dieser, welcher eine schwach convexe Krümmung besitzt, macht, daß das Bild ab erst hinter dem großen Spiegel zu Stande kommt, welches dann durch das Ocular vergrößert in A'B' gesehen wird. Fig. 1., Bd. 226, S. 278 Wäre statt des convexen Spiegels ein Planspiegel vorhanden, so würde, wenn der Abstand desselben vom großen Spiegel ungefähr 2/3 von dessen Brennweite beträgt, ein Bild in β zu Stande kommen; die Beobachtung desselben mit einem kurzen astronomischen Ocular wäre dadurch unmöglich gemacht. Die Krümmung des kleinen Spiegels ist nun so berechnet, daß die Strahlen sich erst in ab zu einem Bilde vereinigen. Da der einfallende Strahl A nicht parallel zur Ocularachse ist, also auch nicht zum reflectirten Strahl des kleinen Spiegels, so ist ein Sucher S von unbedingter Wichtigkeit. Die Figur 2 stellt ein Brachy-Teleskop dar, wie sie der Optiker Karl Fritsch jun. in Wien (VI. Gumpendorferstraße 31) vorräthig am Lager hält. Der große Spiegel, der einen Durchmesser von 106mm hat, befindet sich zur linken des Beobachters und ist, sowie der kleine Spiegel, mit einem Messingrohrstutzen (in Fig. 1 durch VV und vv dargestellt) zu seinem bessern Schutze umgeben. Beide Spiegel sind an dem Ocularrohr R befestigt, welches also gleichzeitig Spiegelträger ist. In dasselbe werden die verschiedenen Oculare gesteckt. In den Verkleidungen V und v befinden sich auch je 3 Rectificirschräubchen s, die zur Richtigstellung der Spiegel dienen. Diese ist natürlich blos Sache des Optikers, und das Instrument ist dann rectificirt, wenn die Krümmungsmittelpunkte der Spiegel sich in einer durch die Ocularachse und die Normalen der Mittelpunkte der Spiegel gelegt gedachten Ebene befinden. Fig. 2., Bd. 226, S. 279 Da die schwere Umhüllung (nämlich das große Rohr), welche alle Reflectoren besitzen, beim Brachy-Teleskop nicht vorhanden ist, so kann dasselbe auf einem compendiösen Stativ festgeschraubt werden. Bei jenen Teleskopen, deren Objectivspiegel einen größern Durchmesser hat, muß dann allerdings der einseitige Druck desselben durch ein passend angebrachtes Gegengewicht, oder durch dessen Verticalstellung aufgehoben werden; bei den 106mm-Brachy-Teleskopen ist eine Aequilibrirung jedoch nicht nothwendig. Mit einem Brachy-Teleskop von 106mm Spiegelöffnung hat Fritsch die Doppelsterne γ Virginis, β Orionis (Rigel), η Pleiadum (Atlas), den Polarstern u.a. sehr schön aufgelöst gesehen. Als Vorzüge dieses Instrumentes werden hervorgehoben, daß 1) der große Spiegel nicht durchbrochen ist, daher das Bild eine große Lichtstärke und Schärfe besitzt; 2) daß der kleine Spiegel nicht mitten im Strahlengange des großen steht, welcher Umstand ebenfalls zur Vermehrung der Helligkeit und Präcision des Bildes beiträgt; 3) daß das Instrument viel kürzer als ein Newton'sches ist und 4) daß der Gegenstand vor dem Beobachter liegt und nicht links von demselben, oder gar hinter dessen Rücken, was für die Orientirung angenehmer ist.