Titel: Ueber pneumatische Anlagen zur Depeschenbeförderung.
Autor: E–e.
Fundstelle: Band 227, Jahrgang 1878, S. 151
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Ueber pneumatische Anlagen zur Depeschenbeförderung. Mit Abbildungen auf Tafel 13. (Schluss von S. 39 dieses Bandes.) Ueber pneumatische Anlagen zur Depeschenbeförderung. 4) Die pneumatische Anlage in New-York (Fig. 1 bis 6 Taf. 13) verbindet das Centralamt der Western Union Telegraph Company (Ecke des Broadway und der Dey-Street) mit der Station in der Broad-Street 14 und mit der Baumwollen-Börse durch eine 640m bezieh. 1005m lange Röhre, welche eine Büchse in 32 bezieh. 55 Secunden durchläuft. Eine dritte 830m lange Röhre läuft nach der Station in Pearl-Street 134. Nach dem Centralamte werden die Büchsen gesaugt, von ihm weg geblasen. Der Ueberdruck beträgt (am zweckmässigsten) etwas über 0at,6; gesaugt wird mit einem Vacuum von etwa 304mm. Von Morgens 8 bis Abends 5½ werden 2 bis 3 Tausend Depeschen befördert. Zum Betriebe dient eine 50e Dampfmaschine in dem Centralamte, welche zwei doppelt wirkende Luftpumpen treibt. An die Pumpen schliessen sich zwei weite Hauptrohre, eines für die Luft Verdichtung, das andere für die Verdünnung; diese Hauptrohre gehen nach dem Arbeitsraume, von dem die pneumatischen Rohre fortgehen, und sind so gross, dass sie die absetzende Wirkung der Pumpen ausgleichen. Die Klappen sind theils einfache, theils doppelte und so angeordnet, dass sie entweder ausschliesslich zum Absenden mittels verdichteter Luft und ausschliesslich zum Empfangen durch Saugen benutzt werden können, oder abwechselnd zum Senden und Empfangen in demselben Rohre. Die einfachen Schieber sind in Fig. 1 und 2 Taf, 13 abgebildetDiese beiden Figuren und Fig. 6 finden sich bereits in der von Delarge im Journal télégraphique, 1873 Bd. 2 S. 326 gegebenen Beschreibung der Londoner pneumatischen Anlage; in London sind jedoch Bleirohre von 38 und 57mm Durchmesser und 5 bezieh. 6mm Dicke verwendet worden. Uebrigens ist in Prescott's Electricity and the eletric telegraph (New-York 1877 S. 883), welchem unsere Quelle (Scientific American, 1877 Bd. 36 S. 175) den grössten Theil des Artikels entlehnt, nicht ausgesprochen, dass diese Schieber, bei deren Beschreibung Prescott fast wörtlich dem Journal télégraphique folgt, in New-York benutzt würden. Dagegen zeigt die blos im Scientific American enthaltene Abbildung des New-Yorker Amtes bei allen vier einmündenden Rohren die in Fig. 3 bis 5 Taf. 13 dargestellten Doppel Schieber.D. Ref.; hier ist T das Rohr, in welchem die unterirdische Leitung endet. Zum Empfangen wird die Scharnierklappe C (Fig. 1) emporgehoben und mittels des Hahnes V das Rohr T durch S mit dem Verdünnungshauptrohre verbunden; bei ihrer Ankunft öffnet die Büchse die Klappe C, springt aber in Folge des Stosses zurück und wird dann an der Mündung O des Rohres S festgehalten, bis der Hahn V geschlossen wird, worauf sie von selbst auf den Tisch fällt. Beim Absenden wird die Büchse in das Rohr T (Fig. 2) gesteckt, mittels des Handgriffes m und des die Stangen g verbindenden Querstückes d beim Auftreffen desselben auf den Ring b an der Stange f der Schieber K vor das Rohr T gelegt; darauf schiebt die schiefe Ebene h an der einen Stange g die Rolle J seitwärts, öffnet so in dem Cylinder L eine Klappe und lässt die verdichtete Luft durch M nach T eintreten. Die Ankunft der Büchse wird durch eine elektrische Klingel angezeigt. Wäre das Querstück d fest mit der Stange f verbunden, so würde eine gewisse Kraft zur Bewegung der Verschlusstheile erforderlich sein, weil der Druck auf den Verschluss eine bestimmte Reibung verursacht. Dies ist durch die Beweglichkeit zwischen b und l vermieden; denn beim Zurückbewegen lässt die schiefe Ebene zunächst die Rolle J frei, und die vernichtete Luft tritt nun nicht mehr in die Röhre; darauf erst stösst a gegen l und f öffnet den Verschluss. Die Theile, welche die Klappe und den Schieber bilden, sind zum grössten Theil aus Messing und sitzen an starken Platten, von denen die eine in verticaler, die andere in horizontaler Lage sich befindet. Die letztere bildet den Tisch, worauf die abzusendenden und ankommenden Depeschen zu liegen kommen. Von einem doppelten Schieber geben Fig. 3 bis 5 Taf. 13 Rückansicht, Schnitt und Grundriss. Beim Absenden wird die Depeschenbüchse durch die Mündung P (Fig. 4) in die Depeschenkammer M gebracht, bis ihr Buffer von der Verengung C, welche mit der Büchse gleichen Durchmesser hat, festgehalten wird; darauf wird der Handgriff H vorwärts bewegt und verschliesst mittels des Schiebers S die Mündung P der Kammer M; da stösst der Ansatz S1 an das untere Ende des um O drehbaren Quadranten Q, drückt es in den Schlitz s (Fig. 4) der Gleitstange B, nimmt es, während S vollends in die Kammer b hineingeschoben wird, mit und öffnet durch die Wirkung seines obern Endes auf die Zahnstange R den Schieber T; währenddessen trifft die schiefe Ebene J an der einen Seitenstange des untern Schiebers auf die Rolle F und stellt mittels der Klappe V die Verbindung des Verdichtungshauptrohres mit dem Depeschenrohre her, so dass die verdichtete Luft nun auf den untern Theil der Büchse wirkt und diese forttreibt. Muss während des Laufes der ersten Büchse eine zweite nachgeschickt werden, so wird der Griff H zurückbewegt, die zweite Büchse eingeführt und H wieder vorwärts bewegt. Das Depeschenrohr wird dabei nicht entleert; da aber dieser Vorgang nur etwa 4 Secunden dauert, so wird in dem langen Rohre die Wegnahme des Druckes kaum verspürt und die Geschwindigkeit der ersten Büchse fast gar vermindert. Der Hahn D ist natürlich beständig geschlossen. Die Mündung P bildet das nahe über dem Tische befindliche untere Ende eines aufsteigenden und in einem grossen Bogen wieder abwärts gehenden und an die unterirdische Leitung sich anschliessenden Rohres. Beim Empfangen wird zunächst die Verbindung der Klappe V mit dem Verdichtungshauptrohre durch einen etwas tiefer an dem Rohre E (Fig. 3) befindlichen Hahn abgesperrt; darauf wird der Griff H vorwärts bewegt und der Hahn D geöffnet, um das Depeschenrohr mit dem Verdünnungshauptrohre zu verbinden; die auf der andern Station eingeführte Büchse wird dann durch die atmosphärische Luft in die Kammer M getrieben und meldet sich daselbst durch ihr Aufschlagen auf den Schieber S an; nachdem D vorher geschlossen worden ist, wird dann H zurückgeschoben, und die Büchse fällt aus der Kammer M heraus. Folgen noch andere Büchsen nach, so muss H gleich wieder vorwärts geschoben werden, und es ändert sich dann die Geschwindigkeit der noch folgenden Büchsen durch das Oeffnen nicht merklich. Doch ist es nicht wünschenswerth, dass mehr als eine Büchse auf einmal befördert wird. Wo der Verkehr nicht zur Anlage doppelter Röhren nöthigt, wird dasselbe Rohr zum Absenden und Empfangen benutzt. Dann wird der obere Schieber ausser Dienst gesetzt, indem man den Keil G (Fig. 4) herausnimmt, die Zahnstange R entfernt und T zurückzieht und in dieser Lage durch einen Vorstecker erhält. Die Absendung erfolgt dann wie bisher; sobald aber die Ankunft der abgesendeten Büchse gemeldet wird, wird H blos so weit zurückbewegt, dass die Verbindung zwischen dem Verdichtungshauptrohre und dem Depeschenrohre abgeschlossen, nicht aber der Schieber S von der Mündung P entfernt wird; die verdichtete Luft kann daher blos aus dem entfernten Rohrende austreten. Zum Empfangen wird der Hahn D geöffnet, bis die Büchse eintrifft; dann wird D geschlossen, H zurückgeschoben und die Büchse fällt heraus. Die Rohre sind aus Messing, haben 57mm Weite und 9mm,5 Wandstärke. Die Anlagekosten sollen sich auf etwa 125000 M. belaufen. Als elektrischer Telegraph zum Geben der Abgangs- und Ankunftssignale und zur Beantwortung der nothwendigen Anfragen dient eine elektrische Klingel mit einfachen Schlägen. Die Büchsen sind cylindrisch, aus Guttapercha, 150mm lang und 4mm dick. Fig. 6 zeigt eine im Schnitt. Die Guttapercha ist mit Filz oder Droget überzogen, welcher über das offene Ende vorsteht. Dieser Theil stülpt sich durch den Druck dahinter auf und gibt einen dichten Schluss. Der vordere Theil bildet einen Buffer aus mehreren Lagen Filz, welcher gerade in das Messingrohr passt. Damit die Depeschen nicht aus der Büchse herausfallen, ist ihr Ende mit einem elastischen Bande verschlossen, das sich beim Einstecken der Depeschen hinreichend dehnt. An den Nebenstationen, wo keine Apparate erforderlich sind, sind die Enden der Depeschenrohre nach unten gerichtet, damit nichts hineinfallen kann. Alle einlangenden Telegramme werden in den Stationen der Western Union Company mit Copirtinte auf besondere Formulare geschrieben und in einer Presse copirt. Die letztere enthält zwei Walzen, welche durch Dampfkraft, einen Elektromotor oder mit der Hand umgedreht werden. Dieses Verfahren ist reinlicher und auch sonst vorzüglicher, als das umständliche europäische Verfahren. Nur wenn eine grosse Anzahl Copien von demselben Telegramm zu machen sind, wie bei Presstelegrammen, verfährt man wie in Europa. 5) Die pneumatische Anlage in München. Die pneumatische Verbindung zwischen dem Post- und Telegraphengebäude in München dient dazu, um die in der Filialstation „Post“ und „Börse“ aufgegebenen Telegramme an die Centralstation im Telegraphengebäude am Bahnhofplatze zu befördern, von wo aus dann die telegraphische Beförderung erfolgt, dann dazu, um die bei der Centralstation ankommenden Telegramme, soweit sie nicht von dieser Station zugestellt werden, an die Station „Börse“ behufs rascherer Zustellung von dort aus zu befördern. Die Maschinenhalle befindet sich im vertieften innern Hofraum des Telegraphengebäudes. Die Luftbehälter sind in den anstossenden Kellerräumen des Gebäudes untergebracht. Die Dampfkessel sind auf 6at Arbeitsspannung eingerichtet. Die Betriebsdampfmaschinen arbeiten ohne Condensation mit veränderlicher Expansion und sind auf je 12e berechnet. Bei der Centralstation befindet sich ein Linien-Anfang-Doppelapparat, bei der Station „Börse“ ein Linien-Mittel-Doppelapparat. Bei der Station „Post“ ist zur Zeit noch kein Apparat aufgestellt. Die Herstellung der Rohrleitung erfolgte im Monat October 1876, die Aufstellung der Dampfkessel und Dampfmaschinen hat während des darauffolgenden Winters und die Inbetriebnahme der Anlage im Monat April 1877 stattgefunden. Der Betrieb erstreckt sich von Früh 8 bis Abends 8 Uhr. Alle 10 Minuten geht ein Zug von der Centralstation zur Börse und ein solcher von der Börse zur Centralstation. Die Länge der Rohrleitung von der Centralstation über das Bureau in der Post zur Börse beträgt 1730m, von da bis zur Centralstation zurück 1210m, zusammen 2940m. Auf dem erstgenannten Strange wird der Zug mit verdichteter Luft von der Centralstation zur Station Börse, auf dem letztgenannten Strange mittels verdünnter Luft unter Mitwirkung der atmosphärischen Luft von der Börse zur Centralstation befördert. Die Kosten der Anlage betragen für die Rohrleitung und Luftbehälter 80000 M., für die Dampfmaschinenanlage 58000 M. und für Apparate 15000 M. Es ist beabsichtigt, die bestehende Anlage in der Art zu erweitern, dass unter Aufstellung weiterer Luftbehälter ein zweiter Schliessungsbogen mit 6 Zwischenstationen hergestellt wird, und dann im neuen Netze auch Rohrpostbriefe zur Beförderung gelangen. E–e.

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