Titel: Der Swoszowicer Schwefel und Schwefelkohlenstoff; von Arnulf Nawratil, technischer Chemiker.
Autor: Arnulf Nawratil
Fundstelle: Band 227, Jahrgang 1878, S. 289
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Der Swoszowicer Schwefel und Schwefelkohlenstoff; von Arnulf Nawratil, technischer Chemiker. Nawratil, über das Swoszowicer Schwefelvorkommen. Bei Swoszowice (einem Dorfe bei Krakau) findet sich Schwefel eingelagert mit Gyps im Kalkmergel des Steinsalzgebirges der Molassegruppe; man trifft sehr oft auf Abdrücke von Blättern und Baumstücken, manchmal auch auf Meermuscheln. Es wird auch behauptet, dass der Swoszowicer Schwefel sein Vorkommen eben diesen organischen Körpern verdanke; dieselben reducirten bei sehr beschränktem Luftzutritt den Gyps, das entstandene Schwefelcalcium wurde durch die gebildete Kohlensäure in kohlensauren Kalk und Schwefelwasserstoff zerlegt und aus letzterem durch den Sauerstoff der Luft Schwefel ausgeschieden, welcher in vielen Jahrhunderten die heutigen Schwefellager gebildet hat. Auf gleiche Weise sollen die Schwefellager in Czarkowa an der Nida, in Piotrkowice bei Proszowice, in Radoboj in Croatien, in Girgenti in Sicilien u.s.w. entstanden sein.Schwarzenberg bestreitet diese Hypothese in Beziehung auf die sicilianischen Ablagerungen, da die physikalische Beschaffenheit des Schwefels dieser Lager ganz abweichend ist von jener Beschaffenheit des aus Schwefelwasserstoff abgelagerten Schwefels. Er nimmt an, dass dieser Schwefel viel wahrscheinlicher durch Hitze aus Schwefelmetallen, welche in vielen Gesteinsgruppen vorkommen, ausgetrieben wurde. Der mit Schwefel vermengte Mergel bildet in Swoszowice, so weit es bis heute untersucht wurde, zwei über einander liegende Flötze, von denen das obere aus zwei dünnen Schichten besteht und 1m,58 mächtig ist, das untere 2m,84. Diese Flötze, welche von einander durch eine starke Schicht Fasergyps getrennt wird, laufen wellenförmig über einander und sind sehr oft durch eine schwefellose Mergelschicht unterbrochen; die Mächtigkeit der schwefligen Flötze ist jedoch nicht überall gleich, an manchen Stellen beträgt sie kaum einige Centimeter. Die Mächtigkeit der wellenförmig laufenden Schichten sammt der Fasergypseinlagerung beträgt bis 25m und die Ausdehnung der schwefelhaltigen Schichten, nach den ausgeführten Bohrungen, von Nord gegen Süd bis 7000m, von Ost gegen West 3000m. Die grösste Tiefe der Grube beträgt in dem Rudolfschachte 60m. Das Swoszowicer Gestein, welches 14,5 Proc. Schwefel liefert, wird in ziemlich grossen Klumpen, ähnlich wie das Steinsalz in Wieliczka, mittels Dampfmaschinen aus der Grube heraufgezogen, in prismatische Haufen zusammengelegt und an der Luft getrocknet; die trockenen Klumpen werden dann zerschlagen, wobei kleine Abfälle, welche man dort mial (Schwefelklein) nennt, zurückbleiben; aus diesem Klein wird der Schwefel abgesondert gewonnen. Bis zum J. 1875 standen in Swoszowice zur Ausschmelzung des Schwefels folgende Apparate in Verwendung: In einem grossen Galeerenofen waren 27 eiserne Cylinder angebracht (in drei Reihen von je 9 Stück über einander). Jeder Cylinder wurde mit 70 bis 73k des schwefelhaltigen Gesteins beschickt; in je 12 Stunden wurde die unterste, zunächst des Feuerherdes befindliche Cylinderreihe 4 Mal, die mittlere 3 Mal und die oberste Reihe nur 2 Mal beschickt; in Zeit von 12 Stunden hatte man also in 81 Cylindern 5792k schwefelhaltiges Gestein verarbeitet und erhielt daraus 784 bis 840k Rohschwefel. Dieses Verfahren war sehr ungünstig und kostspielig: man verbrauchte dazu viel Brennmaterial, die dem directen Feuer ausgesetzten eisernen Cylinder gingen durch Bildung von Schwefeleisen schnell zu Grunde, die Arbeit ging langsam von statten und die Arbeiter hatten viel durch Einathmen von schwefliger Säure zu leiden. Diese Schwefelgewinnungsmethode war unter dem Namen „Swoszowicer Methode“ bekannt. Der jetzige Vorsteher des dortigen Werkes, Stanislaus Mrowec, hat nach Besichtigung der ausländischen Musterwerke die alte Swoszowicer Methode verworfen; heute, wo die neuen Apparate erst 1 Jahr im Betriebe sind, arbeitet man viel billiger, schneller und bequemer als früher. Die Aufbereitung des schwefelhaltigen Gesteins blieb unverändert, nur die Gewinnung des Schwefels wird anders betrieben, und zwar werden die grösseren Klumpen direct mittels Wasserdampf ausgesaigert, das Schwefelklein aber wird mittels Schwefelkohlenstoff ausgezogen. Die Aussaigerung erfolgt mittels überhitzten Dampfes, welche Methode Schaffner seit vielen Jahren zur Aussaigerung des aus den Sodarückständen regenerirten Schwefels verwendet. E. und P. Thomas saigern schon seit vielen Jahren auf diese Weise den Schwefel aus, jedoch sind ihre Apparate von den Mrowec'schen verschieden. Der Swoszowicer Apparat besteht aus zwei in einander gesteckten, vertical stehenden Cylindern, die mit einander fest verbunden sind. Der äussere Cylinder besteht aus ziemlich starken, zusammengenieteten Eisenplatten. Der Mantel des innern Cylinders ist mit kleinen Oeffnungen versehen, welche schräg unter einem Winkel von 30° zur Achse geneigt sind. Das untere Ende des innern Cylinders ist offen und mit einem Gitter versehen, auf dem sich ein eisernes Drahtnetz befindet, auf welches Weidenäste gelegt werden. Durch die Mitte längs des innern Cylinders geht eine eiserne Röhre hindurch, welche wieder mit schrägen Oeffnungen, ähnlich wie der innere Cylindermantel, versehen ist. Diese Röhre steht oben mit einer Dampfleitungsröhre in Verbindung. Unter den Cylindern befindet sich eine gusseiserne, doppelwandige, umgestürzte Glocke, welche mittels Schrauben und Flanschen fest und hermetisch an die beschriebenen Cylinder angepasst wird. Der so zusammengestellte Apparat ist in einem Gebälke passend gelagert. Der Apparat wird mit dem schwefelhaltigen Gestein von oben beschickt, dann der Deckel mittels Schrauben verschlossen und endlich der überhitzte Wasserdampf (140 bis 150°) zugeführt. Dieser geht durch die Oeffnungen der Röhre in den innern Cylinder, streicht durch das schwefelhaltige Gestein und saigert den Schwefel aus, der durch das Sieb filtrirt und in die innere heisse Glocke fliesst, von wo er mittels eines Hahnes in eiserne Gefässe abgelassen wird. Der Wasserdampf streicht durch die Oeffnungen des innern Cylinders, circulirt zwischen dem äussern und innern Cylinder und fliesst nach der Condensirung zwischen die äussere und innere Glocke, von wo er ins Freie abgeleitet wird. Der ganze Apparat ist 3m,025 hoch, der Durchmesser des innern Cylinders beträgt 1m,300, des äussern aber 1m,320. In diesem Apparate werden in 3½ Stunden aus 4000k Gestein bis 580k Schwefel ausgeschmolzen. Nach der Ausschmelzung wird der Apparat, ohne dass man die Glocke abnimmt, so geneigt, dass man das vom Schwefel schon befreite Gestein herauskrücken kann. Wenn man bei diesem Verfahren auf jede Beschickung und Auskrückung des Apparates 1 Stunde rechnet, so kann man innerhalb 24 Stunden aus 21333k Gestein 3100k Schwefel ausschmelzen. Der so erhaltene Schwefel ist nicht rein und zeigt eine schmutzig gelbe Farbe. Man reinigt ihn durch Destillation. Hierzu bedient man sich in Swoszowice eines sehr einfachen Apparates, bestehend aus einer Reihe eiserner Röhren, welche in einem Ofen eingemauert sind. Jede Röhre steht in Verbindung mit einem Rohre, welches die Rolle eines Kühlers spielt, aus dem der abgekühlte Schwefel als eine dicke, dunkelbraune Flüssigkeit in untergestellte Blechgefässe herunterfliesst, um schliesslich ausgeschöpft und in feuchte hölzerne Formen eingegossen zu werden. Auf diese Weise bekommt man den Schwefel in Gestalt von Stangen oder Kuchen. Hoffentlich wird auch dieser Destillirapparat bald durch einen andern ersetzt, wie man auch zum Formen des Schwefels wohl die Vorrichtung von L. Reis, welche die Fabrik Hoch und Reis in Dam bei Antwerpen mit grossem Erfolge benutztVgl. A. Bauer: Bericht über die chemische Grossindustrie auf der Wiener Weltausstellung 1873 (Wien 1874), S. 2., in Anwendung bringen dürfte. Die kleinen Abfälle, das sogen. Schwefelklein, welche beim Zerschlagen der grossen Klumpen zurückbleiben, sammeln sich in grossen Massen an und bilden das schwefelreichste Gestein; dasselbe kann in dem oben beschriebenen Apparate nicht ausgeschmolzen werden, da der Wasserdampf beim Condensiren aus dem Klein eine teigige Masse bilden oder ein Zusammenballen zu grösseren dichten Klumpen veranlassen und dadurch die Circulation des Wasserdampfes hindern, sowie die Oeffnungen der dampfführenden Röhre und des innern Cylinders verstopfen würde. Um diesem Uebelstande vorzubeugen, zieht Mrowec nach H. C Bollmann's Vorgang den Schwefel aus diesem Schwefelklein mittels Schwefelkohlenstoff aus. Zu diesem Behufe wendet er einen sehr einfachen Apparat an, der jenem zum Extrahiren der Oele aus dem Oelsamen ähnlich ist. Dieser Apparat besteht aus einem doppelwandigen eisernen Cylinder – einem Blechbehälter, welcher den schon mit Schwefel gesättigten Schwefelkohlenstoff aufnimmt – aus einer eisernen Retorte, eisernen Kühlschlangen, die 150m lang sind und in welchen der Schwefelkohlenstoffdampf condensirt wird, endlich aus zwei Behältern, in welche der condensirte Schwefelkohlenstoff hineinfliesst. Der Cylinder wird von oben mit dem Schwefelklein beschickt, sodann mit Schwefelkohlenstoff gefüllt und mittels eines Deckels luftdicht verschlossen. Nach 2 Stunden, sobald der Schwefelkohlenstoff mit Schwefel gesättigt ist, wird derselbe durch eine am Boden angebrachte Röhre in den Blechbehälter herausgelassen und kommt von da in die Retorte. Dieselbe besteht aus zwei in einander steckenden weiten Röhren, zwischen welchen Wasserdampf circulirt. Der Schwefelkohlenstoff wird verdampft, in der langen Kühlschlange condensirt und dem grösseren Reservoir zugeleitet. Der in der Retorte zurückbleibende krystallinische Schwefel setzt sich am Boden des innern Rohres ab. Der Extractionscylinder fasst 3250k Schwefelklein, zu dem 1500k Schwefelkohlenstoff gegossen werden. Eine Beschickung wird mit demselben Schwefelkohlenstoff 3 Mal ausgezogen, wobei man 400 bis 500k Schwefel bekommt. Nach dem ersten Ausziehen bleibt in der Retorte die stärkste Schicht Schwefel, nach der dritten schon eine ganz dünne. Das weitere Ausziehen der Beschickung, welches schon sehr schwefelarm ist, lohnt sich nicht mehr, da die Gewinnungskosten seinen Werth übersteigen. Das Abtreiben des Schwefelkohlenstoffes vom Schwefel dauert jedesmal 3¼ Stunden. Nach 3maligem Ausziehen einer und derselben Schwefelkleinbeschickung verliert man verhältnissmässig wenig Schwefelkohlenstoff, nur 1,66 Proc; die Apparate sind so luftdicht und so gut angebracht, dass der verlorene Schwefelkohlenstoff die Luft im Fabriksraume nicht verunreinigt, sondern nach aussen entweicht. Nach 3maligem Ausziehen leitet man in den Extractionscylinder überhitzten Dampf direct durch eine Röhre zu, welche durch die Mitte desselben aufsteigt, und indirect zwischen den inneren und äusseren Mantel, um das vom Schwefel schon befreite, jedoch bei den früher besprochenen Operationen noch mit Schwefelkohlenstoff getränkte Gestein von demselben zu befreien. Schwefelkohlenstoffdampf und Wasserdampf streichen durch die Kühlschlangen, werden verdichtet unduud fliessen in den zweiten kleineren Behälter. Dieses Einleiten des Wasserdampfes dauert 3 Stunden. Das von Schwefelkohlenstoff befreite Gestein wird aus dem Extractionscylinder durch eine an seinem Boden angebrachte Oeffnung herausgekrückt. Selbstverständlich muss diese Oeffnung während des Ausziehens luftdicht verschlossen sein. Bei diesem Verfahren kann man innerhalb 72 Stunden den Extractionscylinder 4 Mal füllen und 600k Schwefel gewinnen. Der auf diese Weise erhaltene Schwefel ist krystallinisch, hat eine gelbe Farbe und ist ziemlich rein. Anfangs hat derselbe einen mit der Zeit verschwindenden bituminösen Geruch. Mit den beiden beschriebenen Apparaten producirt das Swoszowicer Werk 1050 bis 1087t Schwefel aus 7500t Gestein jährlich; doch könnte selbst die doppelte Menge dargestellt werden. Da der nach der letztern Methode erhaltene Schwefel reiner erhalten wird und man mit demselben viel günstigere Resultate erzielt, baut jetzt Mrowec drei solche Schwefelextractionsapparate, in welchen er die gesammte Schwefelerzmenge (= 7500t) auf Schwefel verarbeiten wird. Da auch diese Schwefelmenge keinen oder nur einen geringen Absatz findet, so wird jetzt daraus Schwefelkohlenstoff dargestellt. Schwefelkohlenstoff (CS2) wurde i. J. 1776 von Lampadius in Freiburg entdeckt. Man erhält ihn bekanntlich, indem man Schwefeldampf durch glühende Kohle durchstreichen lässt. Nach Rud. v. Wagner bildet sich derselbe bei der trockenen Destillation von Kohle mit Schwefelmetallen, z.B. mit Schwefeleisen, Schwefelantimon, Zinkblende u.s.w. Nach der letztern Methode wird bis jetzt kein Schwefelkohlenstoff fabriksmässig dargestellt; jedoch bildet sich derselbe auf diese Weise bei der trockenen Destillation der Steinkohle und verunreinigt das Leuchtgas. Die Apparate, welche allgemein zur Darstellung des Schwefelkohlenstoffes in Verwendung stehen, sind alle einander ähnlich; sie bestehen aus einer senkrecht in einen Ofen eingemauerten Retorte, welche oben mit einem Deckel und zwei Oeffnungen versehen ist. Durch die eine Oeffnung geht bis fast an den Boden der Retorte eine gerade, an beiden Enden offene Röhre. Die zweite Oeffnung ist mit einer Kühlvorrichtung verbunden, in welcher der in der Retorte sich bildende Schwefelkohlenstoffdampf verflüssigt wird. Nachdem die Retorte mit Holzkohle oder Kokes beschickt ist, wird dieselbe mit dem Deckel verschlossen und mit der Kühlvorrichtung in Verbindung gesetzt. Die unter der Retorte angebrachte Feuerung bringt die in der Retorte befindliche Kohle zum Glühen, und sobald dies erreicht ist, wirft man (durch die bis zum Boden der Retorte gehende Röhre) den Schwefel zu. Nach jeder Beschickung mit Schwefel wird die Röhre gasdicht verstopft. Der Schwefel verwandelt sich in Dampf und der sich bildende Schwefelkohlenstoffdampf geht in die Kühlvorrichtung, wo derselbe verdichtet wird. In Swoszowice sind zwei Apparate thätig; der kleinere unterscheidet sich von dem früher beschriebenen dadurch, dass das Rohr, durch welches man den Schwefel in die Retorte wirft, anders angebracht ist; es ist nämlich die Einrichtung getroffen worden, dass vom Boden der Retorte nach aussen eine in die Höhe gebogene Röhre ausmündet, durch welche der Schwefel von Zeit zu Zeit zugeworfen wird. Nach jedesmaliger Beschickung wird diese Röhre mittels eines Pfropfens geschlossen. Dieser Apparat liefert in 24 Stunden 200k Schwefelkohlenstoff, wobei man auf 93k Kohle 100k Schwefel verbraucht. Der zweite neuere Apparat ist grösser als der eben beschriebene, in der Einrichtung aber derselbe jenem ähnlich; hier wird der Schwefel von oben beschickt. Die Retorte ist von innen und von aussen bis zu einer gewissen Höhe mit einem feuerfesten Thon bekleidet. Zwischen der Retorte und dem Kühlapparate befinden sich drei bodenlose eiserne Condensatoren, welche in einer eisernen Pfanne stehen und mit einander mittels Röhren, die vom obern Ende derselben ausgehen, verbunden sind. Sobald Schwefelkohlenstoff aus der Retorte durch eine 26cm breite Röhre herauskommt, verdichtet er sich grösstentheils schon in diesen drei Condensatoren und fliesst unter einer Wasserschicht zu Boden der Pfanne, in welcher diese Condensatoren auf einem Roste stehen. Der hier nicht condensirte Schwefelkohlenstoff streicht durch die Kühlschlangen, verflüssigt sich und fliesst in ein untergestelltes Gefäss. Dieser Apparat zeichnet sich noch dadurch aus, dass die 2m,25 tiefe Retorte elliptisch ist (die grössere Achse beträgt 1m,33, die kleinere 0m,95); dadurch soll ein rascheres Glühen der Kohlen in der Retorte erzielt werden. Man muss jedoch trachten, die Temperatur nicht zu hoch steigen zu lassen, da sonst die Retorte rasch zerstört würde.In Swoszowice zeigte sich, dass diese Retorte zu breit ist, weshalb die grosse Menge Kohle ungleichförmig und nicht hinreichend glühend wird. Dies ist auch der eigentliche Grund, warum man ziemlich grosse Verluste an Schwefel bekommt. Es werden daher zwei neue Retorten von einem kleineren Durchmesser aufgestellt. Der Apparat erzeugt in 24 Stunden 400k Schwefelkohlenstoff. Die beiden Apparate erzeugen Schwefelkohlenstoff ohne Unterbrechung und werden mit Kohle nach je 12 Stunden, mit Schwefel nach je 8 bis 10 Minuten beschickt. Die Retorten reinigt man in Swoszowice, bei Verwendung des nicht raffinirten Schwefels, jede 2 Wochen, bei Verwendung des meinen Schwefels jede 2 Monate. Diese Reinigung ist eine sehr mühsame Arbeit; sie nimmt viel Zeit in Anspruch, bedingt Verluste an Material, und die Arbeiter sind dabei der Hitze und den Dämpfen des brennenden Schwefelkohlenstoffes ausgesetzt. Was die Dauerhaftigkeit der Retorten anbelangt, hat die Praxis in Swoszowice gezeigt, dass eine gut eingemauerte und mit feuerfesten Ziegeln ummauerte Retorte auf jede Gewichtseinheit des Eisens bis 10 Mal so viel Schwefelkohlenstoff erzeugen kann. Schwefelwasserstoff, der sich bei der Darstellung des Schwefelkohlenstoffes bildet, verunreinigt die Luft in den Fabriksräumen. Die Arbeiter, die schon 2 Jahre in dieser Luft arbeiten, haben aber bis jetzt noch keine Gesundheitsstörungen erlitten. Der in Swoszowice erhaltene Schwefelkohlenstoff ist unrein, enthalt 8 bis 10 Proc. und manchmal auch mehr aufgelösten Schwefel, ausserdem Schwefelwasserstoff und viele andere Körper, wahrscheinlich Verbindungen von Kohle, Schwefel, Sauerstoff und Wasserstoff, welche näher untersucht werden sollten. Eben diesen Körpern verdankt der Schwefelkohlenstoff seinen üblen Geruch; ein ganz reiner Schwefelkohlenstoff soll an Chloroform erinnern. Ohne Annahme solcher Körper wäre nach Braun A. W. Hof mann: Amtlicher Bericht über die Weltausstellung in Wien 1873, Bd. 1 S. 270. die sehr bedeutende Gasentwicklung und der bis 25 Proc. steigende Verlust beim Destilliren des rohen Productes nicht zu erklären. In Swoszowice verliert man bei der Destillation nur 15 Proc., Dank der guten Condensation. In Swoszowice reinigt man den Schwefelkohlenstoff durch einmaliges Destilliren; dabei erhält man ein farbloses Product, welches noch nicht ganz schwefelfrei ist und ausserdem noch immer einen unangenehmen Geruch besitzt. Diese Destillation wird in einem sehr einfachen Apparate ausgeführt, welcher jenen ähnlich ist, die man gewöhnlich zur Destillation des Wassers in den chemischen Laboratorien verwendet und sich von den letztern nur dadurch unterscheidet, dass die Destillirblase in einem Wasserbade erhitzt wird und die Kühlschlangen bedeutend länger sind. Der so gereinigte Schwefelkohlenstoff kommt in den Handel in blechernen Gefässen. Eine solche Flasche enthält 50k Schwefelkohlenstoff. Ein reines Product bekommt man nach Rud. v. Wagner durch Destillation des rohen Schwefelkohlenstoffes mit einer Chlorkalklösung. Nach Braun erhält man ein sehr reines Product, wenn man den Schwefelkohlenstoff einige Mal mit reinem Oel destillirt. Das Oel hält jedesmal die unangenehm riechenden Producte und den Schwefel zurück. Deiss Wagners Jahresbericht, 1861 S. 162. destillirt den Schwefelkohlenstoff mit Natriumhydrat, Chlorwasser und Chlorkalklösung. Nach Sidot Wagner's Jahresbericht, 1870 S. 171. bekommt man reines Product durch Schütteln des rectificirten Schwefelkohlenstoffes mit reinem Quecksilber. Cloëz Comptes rendus, 1869 Bd. 69 S. 1356. schüttelt CS2 mit 0,5 Proc. Sublimat und destillirt denselben dann mit 2 Proc. eines farblosen Fettes. Bis zum J. 1850 wurde Schwefelkohlenstoff ausschliesslich zum Vulcanisiren des Kautschuks verwendet, jetzt verwendet man denselben ausserdem zu folgenden Zwecken: Zum Extrahiren der Fette aus den Samen. Diese Methode ist sehr günstig, namentlich dort, wo das Viehfutter billig ist und die Presslinge, die noch eine beträchtliche Menge Oel (sehr oft bis 25 Proc.) enthalten, schwer verkauft werden können. Diese Oelgewinnung ist da ziemlich verbreitet. Schwefelkohlenstoff dient zum Entfetten der Wolle und das gewonnene Fett zur Seifenfabrikation. Die Apparate, welche hierzu dienen, sind beschrieben worden von: Deiss Wagners Jahresbericht, 1857 S. 108., Deprat Moniteur scientifique, 1865 S. 298., Löwenberg Wagners Jahresbericht, 1862 S. 519., Braun A. W. Hofmann: Amtlicher Bericht über die Wiener Weltausstellung 1873, Bd. 1 S. 272., Heyl Polytechnisches Centralblatt, 1864 S. 414.; Hädicke (1871 201 427), Fischer (1872 205 274), Payen (1863 170 290), H. Schwarz Offizieller Ausstellungsbericht: Die Fettwaaren (Wien 1873), S. 3. u.a.Wagner's Jahresbericht, 1864 S. 489. 1865 S. 558. Schwefelkohlenstoff wird ferner verwendet zum Entfetten der Knochen, aus welchen man Spodium erzeugt, zur Fabrikation löslicher Gewürze aus Pfeffer, Nelken, Knoblauch, Zwiebel u.s.w.Wagner's Jahresbericht, 1869 S. 175. 445. , zur Fabrikation des Ferrocyanhaliums nach Gelis' Methode, indem man den Schwefelkohlenstoff zuerst in Schwefelammonium überführtWagner's Jahresbericht, 1864 S. 254.; zum Reinigen des Paraffins nach Alcan's MethodeWagner's Jahresbericht, 1858 S. 127.; zum Betrieb der Dampfmaschinen (vgl. 1873 208 233); zum Reinigen des amorphen Phosphors; zur Bereitung des phönicischen Feuers, einer Lösung von Phosphor und Schwefelkohlenstoff, womit Brandgeschosse für gezogene Geschütze gefüllt werden. F. Louis aus Paris erlangte in England ein Privilegium zur Bereitung der Zündhölzchen aus einer Lösung von Phosphor und Schwefelkohlenstoff.Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1872 S. 733. Zum Vertilgen der Phylloxera rastatrix Die Verwaltung der Klosterneuburger Weingärten hat im J. 1876 aus Swoszowice 60000k und die Ungarn im selben Jahre 50000k Schwefelkohlenstoff bezogen. und zum Tödten der Ratten, des Kornwurmes, der Motten, sowie zur Bereitung des xantkogensauren Kaliums (vgl. 1875 217 79) 430. 1876 221 191. 222 190. 191. 1877 224 558. 226 433) ist Schwefelkohlenstoff in Anwendung gebracht worden. Eine Auflösung von Kautschuk in Schwefelkohlenstoff ist nach Bolley ein vortreffliches Deckmittel für Landkarten und Aufschriftkarten etc. Eine Auflösung von Wachs in Schwefelkohlenstoff dient zur Bereitung von Wachspapier und zum Bestreichen von Gypsmodellen. Schwefelkohlenstoff dient ferner noch zur Bereitung des Chlorkohlenstoffes CCl4. Krakau, September 1877.