Titel: Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei.
Autor: V. Griessmayer
Fundstelle: Band 227, Jahrgang 1878, S. 297
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Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei. Griessmayer, Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei. Maischproben. Die Extractausbeute aus dem Malze wurde bisher nach zwei Methoden der Weihenstephaner Schule bestimmt. Die erste Methode gründete sich auf die Proportionalität zwischen Extractgehalt und Wasser in der Würze, die zweite auf den Abschwächungsgrad des Würzegehaltes beim Verdünnen mit bestimmter Wassermenge, sogen. Methode aus zwei Filtraten. Die analytischen Belege waren so günstig, dass man von der vollständigen Uebereinstimmung der Resultate bei beiden Proben überzeugt war. Ich will sie an einem Beispiele hier kurz durchführen. A) Proportionalitäts-Methode. 50g geschrotenen, lufttrocknen Malzes von 47g,935 Trockensubstanz wurden in einem Becherglase, das sammt dem später als Maischscheit dienenden Thermometer tarirt war, abgewogen, mit 200g Wasser eingemaischt, im Wasserbade auf 70 bis 75° erwärmt und 2 Stunden unter vielfachem Aufmaischen mit dem Thermometer auf dieser Temperatur erhalten. Nach dem Abkühlen wurde das Ganze durch Hinzufügung von Wasser wieder auf das ursprüngliche Gewicht gebracht, gehörig durchgearbeitet und nun filtrirt. Das specifische Gewicht des Filtrates, mit dem Pyknometer erhoben, ergab sich zu 1,0645. Dieses entspricht nach Balling's Tabelle 15,721 Proc. Extract in der Würze, und fanden sich in letzterer daher 100 – 15,721 = 84,279 Proc. Wasser. Gemäss einer vorgängigen Trockenbestimmung enthielt aber das lufttrockne Malz bereits 4,13 Proc. hygroskopische Feuchtigkeit, also 2g,065 die verwendeten 50g. Es sind daher in der Gesammtwürze enthalten 200 + 2,065 = 202g,056 Wasser. Wir schliessen daher aus dem bereits erhaltenen procentischen auf den absoluten Extractgehalt der Würze durch den Ansatz 84,279 : 202,065 = 15,721 : x, somit x = 37g,69 Extract in der Würze. Diese 37g,69 stammen aber her aus 50g lufttrocknen = 47g,935 bei 110° getrockneten Malzes. Es sind daher in 100g Malztrockensubstanz enthalten (weil 47,935 : 37,69 = 100 : x) x = 78,627 Proc. Extract (im Malze). B) Methode aus zwei Filtraten. 50g Malz werden mit 200cc Wasser, wie oben, gemaischt. Nach dem Erkalten bringt man die ganze Maische in einen Messcylinder auf 400cc, schüttelt gut durch einander und bringt die Masse auf einen zur Vermeidung des Verdunstens bedeckten Doppeltrichter. Das Filtrat lässt man sofort in einen Messcylinder laufen, weil sein Volum bestimmt wird. Es filtrirten 280cc Würze, welche das specifische Gewicht 1,03627 = 9 Proc. Balling besass. Der Rückstand im Filter wurde abermals auf 400cc mit Wasser verdünnt und nach gehörigem Mischen weiter filtrirt. Dieses zweite Filtrat zeigte das specifische Gewicht 1,009 = 2,25 Proc. Balling. Wir haben zunächst im Filtrat Nr. I 280cc Würze sp. G. 1,03627; also enthält 1cc der Würze (nach dem Ansatz 100 : 1,03627 = 9 : x) x = 0g,0933 Extract.Diese Werthe brauchen nicht mehr eigens berechnet zu werden, da sie in den Tabellen von Metz: Die ardometrische Analyse des Bieres, und von Weiss (Bayerischer Bierbrauer, 1873 Bd. 8) abgelesen werden können. Ausserdem sind auf dem Filter bei den Trebern noch eine Anzahl Cubikcentimeter Würze von derselben Concentration geblieben, die nach dem Verdünnen 1,009 sp. G. oder nurmehr (laut Tabelle) 0g,0227 Extract für 1cc Würze enthielten. Das Volum dieser bei den Trebern verbliebenen Würze lässt sich in folgender Weise erheben. Es sei F = Volum des I. Filtrates, x = Cubikcentimeter Würze bei den Trebern, E = Gramm Extract in 1cc des I. Filtrates, e = Gramm Extract in 1cc des II. Filtrates. Man hat demnach die Gleichung: \begin{array}{rcl}\mbox{Vor dem\;} & \, & \mbox{\;Nach dem}\\\mbox{Verdünnen} & \, & \mbox{Verdünnen}\\xE\;\;\;\;\; & = & \;\;(x+F)\,e,\end{array}\\ \mbox{oder}\;x(E-e)=Fe,\; \mbox{woraus}\;x=\frac{Fe}{E-e}. Die Gesammtextractausbeute aus 50g tufttrocknen Malzes ist daher \left(F+\frac{Fe}{E-e}\right)\,E. Nun zeigte aber dieses Malz einen Wassergehalt von 7,5 Proc. Es ergab sich daher folgende Gleichung y=\left(280+\frac{280 \times 0,0227}{0,0933-0,0227}\right)0,0933=34^g,524 Extract in 50g lufttrocknem Malz. Also sind in 100g Malztrockensubstanz, nach dem Ansatz 46,25:34,524=100:x, x=74,64\;\mbox{Proc.} Extract enthalten. Diese Methode wurde später durch Weiss in München dahin abgekürzt, dass man immer nur 250cc filtrirte, bezieh. einen Ueberschuss mit dem zweiten Filtrate vereinte. Man gelangt hierdurch zu der einfachern Formel \frac{250\,E^2}{E-e}= der Extractausbeute aus 50g Malz. Für alle Werthe von E ergibt sich nun auch ein constanter Werth von 250 E2 und ist in der erwähnten Tabelle von Weiss nachzuschlagen. Beispiel. 50g Malz = 48g,2 Malztrockensubstanz wurden mit 200cc Wasser, wie oben, gemaischt, die gekühlte Maische auf 400cc verdünnt, hiervon 250cc abfiltrirt. Hierauf wird die würzenasse Treber auf 400cc verdünnt und wieder filtrirt. Spec. Gew. des I. Filtrates 1,03251, also E = 0,083354    „    „   „ II.       „ 1,01128,    „ e = 0,028569. Mithin Extractausbeute: x=\frac{250\,E^2 \times 100}{(E-e) \times 48,2}=\frac{1,737 \times 100}{0,054785 \times 48,2}=65,78\,\mbox{Proc.} Beide Methoden nun sind fortwährend im Gebrauche gewesen, bis in der neuesten Zeit Dr. W. Schultze (Bayerischer Bierbrauer, 1877 S. 113), mit grossem analytischen Scharfsinn nachgewiesen hat, dass dieselben nicht nur keine übereinstimmenden Resultate liefern, sondern auch jede schon an sich fehlerhaft ist. Bezüglich der Proportionalitätsprobe führt Schultze durch, dass sie deshalb immer zu hohe Resultate liefern muss, weil die in Berechnung gezogene Menge des Wassers zu hoch ist; man muss davon diejenige Menge Wasser vorerst in Abzug bringen, welche bei der Saccharificirung in das Molecül der Stärke eintritt. Dieser Satz ist gewiss vollständig richtig. Aber bei der Berechnung darf nicht das Atomgewicht der Glucose (180), sondern es muss das der Maltose (342) zu Grunde gelegt, beziehungsweise überhaupt der Würzezucker als Maltose gerechnet werden. Abgesehen davon darf auch hierbei – wenn auch nur der Vollständigkeit halber – daran erinnert werden, dass neben der Verzuckerung such noch ein anderer Process in der Maische verläuft, die Peptonisirung des Proteine! Uebrigens gebe ich gerne zu, dass dieser Process deshalb noch nicht in Rechnung gebracht werden kann, weil ja die Gelehrten noch immer darüber streiten, ob bei der Peptonisirung Wasser aufgenommen wird oder nicht. Da nun bei einem normalen Maischprocess sich die specifische Rotation + 170,6° ergibt, welche wiederum der ersten Formel O'Sullivans: C18H30O13 + H2O = C12H22 O11 + C6H10O5 Stärke Maltose Dextrin entspricht, so kann man annehmen, dass als Schlusseffect sämmtlicher in der Maische erfolgter Ferment Wirkungen obige Formel den genau entsprechenden Ausdruck liefert, und darf daher die Wassermenge demgemäss reducirt werden. Bezüglich der Methode aus 2 Filtraten weist Schultze nach, dass sie immer zu niedere Resultate liefern muss, weil die Werthe für e in der Tabelle zu klein sind, was wiederum daher kommt, dass die Balling'sche Tabelle für alle niederen specifischen Gewichte zu kleine Extractmengen gibt. Schultze kommt daher zu dem Schlusse, dass man von der Anwendung beider Methoden absehen muss, weil sie den analytischen Anforderungen nicht genügen; wollte man eine exacte Probe vornehmen, so müsste man in anderer Weise verfahren. Indem ich mir vorbehalte, weiter unten eine andere Anschauung zu motiviren, schreite ich gleich zur Darstellung der Methoden von W. Schultze. Beide Methoden verlangen folgende Operationen: 1) Bestimmung des Trockengehaltes des Malzes, 2) der Trebermenge aus dem Malze, 3) des im Malze präexistirenden Zuckers, 4) des Zuckergehaltes der Maische. Selbstverständlich muss auch hier sowohl unter 3 als unter 4 der Zucker als Maltose gerechnet werden.Sollte ein Theil des Malzzuckers nach Kühnemann aus Rohrzucker bestehen, so wird die Richtigkeit der Rechnung dadurch nicht berührt, weil ja dieser auch in der Würze die Kupferlösung nicht reducirt. Da aber Schultze auch hier allen Zucker als Glucose berechnet, so will ich – um seine Ziffern gebrauchen zu können – von einer Umrechnung Abstand nehmen, was ich für um so zulässiger erachte, als ja hierdurch der Werth seiner Methode nicht im Geringsten beeinflusst wird. I. Methode: 50g Malz mit 47g,582 Trockensubstanz wurden mit 400cc Wasser gemaischt. Die Maische wurde durch ein bei 110° getrocknetes und gewogenes Filter filtrirt und dann die auf dem Filter befindlichen Treber so lange mit 70° heissem Wasser ausgewaschen, bis eine Probe des ablaufenden Wassers auf Platinblech keinen Rückstand hinterliess. Schliesslich wurden Treber und Filter bei 110° bis zur Gewichtsconstanz getrocknet und gewogen. g Die Maische, vor dem Filtriren gewogen, ergab 417,600  davon ab die in ihr suspendirten Treber mit 13,628  –––––––– Beträgt das Gewicht der Würze 403,972. Zieht man nun vom Gewichte der Würze das in derselben enthaltene Wasser ab, so erhält man die absolute Menge Extract, welche die 50g Malz geliefert haben. Zu diesem Zwecke wird zunächst vom Gewichte der Gesammtmaische das Gewicht der Malztrockensubstanz abgezogen = 417,600 – 47,582 = 370g,018 Wasser. Von dieser so gefundenen Wassermenge ist aber diejenige abzuziehen, die in Folge der Verzuckerung ins Stärkemolecül eingetreten ist. Um diese zu bestimmen, verfährt man, wie folgt. Man bestimmt das specifische Gewicht der filtrirten Würze (vor dem Nachwaschen) und macht die Zuckerbestimmung darin. Laut obiger Griessmayer, Rundschau auf dem Gebiete der Brauerei. Angabe wog die Würze 403g,972; ihr specifisches Gewicht fand ich zu 1,0359; also betrug ihr Volum = (403,972 : 1,0359) = 389cc,97. Die Zuckerbestimmung ergab, dass 1cc,316 Würze 10cc der Kupferlösung reducirten; daher aus dem Ansatz 1,316 : 0,05 = 389,97 : x sich berechnet x = 148,816 Zucker. Hiervon musste nun erst der im Malze präexistirende Zucker abgezogen werden. Mit Weingeist extrahirt und mit Fehling's Lösung bestimmt, lieferte er 2,23 Proc. der Malztrockensubstanz. Also (400 : 2,23 = 47,582 : x) x = 1g,061 Zucker im Malze, und 14,816 – 1,061 = 13g,755 Zucker, die beim Maischen erst auf Kosten des Stärkmehles- und des Wassers entstanden sind. Da nun 180 Th. GlucoseWenn man obige 13g,755 Glucose durch Multiplication mit 3/2 in Maltose umrechnet, so erhält man 13,755 × 3/2 = 20g,632 Maltose und hat dann (bei Atomgewicht der Maltose = 342) die Proportion 342 : 18 = 20,632 : x, nach welcher x = 1g,085 Additionswasser.  18 Th. Wasser bei ihrer Bildung aus Stärke voraussetzen, oder 10 Th. Glucose 1 Th. Wasser, so haben wir den Ansatz 10 : 1 = 13,755 : x, woraus x = 1g,375 Additionswasser. Das aus 50g Malz erhaltene Extract war somit nicht in 370g,018, sondern nur in 370,018 – 1,375 = 368g,643 Wasser aufgelöst enthalten. Auf diesem langen Wege finden war die Menge Wasser, welche in der Würze enthalten ist. Indem wir nun diese vom Gewichte der Würze abziehen, finden wir das Gewicht des Extractes: g Gewicht der Würze 403,972 Gewicht des darin befindlichen Wassers 368,643 ––––––– Gewicht des Extractes   35,329. also lieferten 100g Malz in Wahrheit 70g,658 Extract. II. Methode: Das Gewicht des Extractes aus 100g Malz setzt sich zusammen aus dem Gewichte der Extractbildner des Malzes und aus dem Gewichte des Additionswassers, welches in die Substanz des neu gebildeten Zuckers übergegangen ist. Nun betragen die Extractbildner in 100 Malz gemäss obiger Trockensubstanz- und Treber-Bestimmungen: g 100 – (4,836 + 27,256)         Wasser   Treber = 67,908 Diese addirten an Wasser 2 × 1,375 =   2,750 –––––––– Also lieferten 100 Malz wirklich 70,658 Proc. Extract. Diese beiden Methoden Schultze's entsprechen gewiss den strengsten analytischen Anforderungen und sind vortrefflich – aber eingestandener Massen fürchterlich umständlich; für eine technische Probe eignen sie sich daher nicht. Wohl aber glaube ich, dass die Proportionalitätsmethode, entsprechend vereinfacht, trotz der ihr nachgewiesenen Mängel, dem technischen Bedürfnisse genügen dürfte. Die Mehrausbeute, die durch Nichtberücksichtigung des Additionswassers entsteht, beträgt nämlich nur ⅕ bis ⅓ Proc.; man darf daher füglich die Bestimmung desselben vernachlässigen. Wenn man nun der rascheren Arbeit wegen auch noch das Pyknometer mit dem Saccharometer vertauscht, so gestaltet sich die Methode einfach folgendermassen: 100g Malz werden geschrotet und genau abgewogen, was allenfalls durch Nachmahlen von einigen Körnern zu geschehen hat. Man vermaischt das Malz mit 400cc Wasser und verdünnt nach Vollendung der Verzuckerung die vorerst abzukühlende Maische mit noch etwa 400cc Wasser, damit man ein bequemes Volum bekommt. Die ganze Maische wird ordentlich gemischt, genau gewogen und nun durch doppeltes Beuteltuch rasch filtrirt. Einige Trebertheile, die hierbei durch das Filter gehen, sind ohne Einfluss auf das specifische Gewicht der Würze. Sobald eine genügende Menge abfiltrirt ist, giesst man die Würze in den enghalsigen Cylinder, in welchem man mittels des Saccharometers den Extractgehalt erhebt. Während des Maischens wird in einer anderen Probe desselben Malzes der Wassergehalt bestimmt, und die Probe ist fertig. Die Rechnung geschieht alsdann auf dieselbe Weise, wie es oben unter A näher ausgeführt wurde. ==> V. Griessmayer.