Titel: Phloroglucin zur Nachweisung der Holzsubstanz; von Prof. Dr. Wiesner.
Autor: Wiesner
Fundstelle: Band 227, Jahrgang 1878, S. 397
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Phloroglucin zur Nachweisung der Holzsubstanz; von Prof. Dr. Wiesner. Wiesner, über Phloroglucin zur Nachweisung der Holzsubstanz. Bei meinen Studien über die chemische Beschaffenheit der Pflanzengewebe habe ich jüngsthin ein ausserordentlich empfindliches Reagens auf Holzsubstanz entdeckt, das Phloroglucin, ein im Pflanzenreiche sehr häufig vorkommender Körper, der auch durch Spaltung vieler höher zusammengesetzter Pflanzenstoffe, z.B. des Maclurins, entsteht. Bringt man einen Tropfen einer etwa halbprocentigen Lösung von Phloroglucin auf einen Fichtenspan und benetzt man die Stelle mit einem Tropfen Salzsäure, so tritt alsbald eine schöne, lebhaft rothe, etwas ins Violette ziehende Färbung ein. Beim Eintrocknen tritt der violette Ton deutlicher auf. Im durchfallenden Lichte, wenn z.B. ein dünner Schnitt, durch Fichtenholz geführt, nach Behandlung mit Phloroglucin und Salzsäure bei Spiegelbeleuchtung im Mikroskope besehen wird, tritt der violette Ton gleichfalls stark hervor. Die Reaction ist ausserordentlich empfindlich. Eine 0,01 procentige Lösung von Phloroglucin ruft nach Befeuchtung mit Salzsäure eine noch ganz deutliche Rothfärbung an Fichtenholz hervor. Aber selbst eine Lösung, in welcher nur mehr 0,001 Proc. Phloroglucin enthalten ist, kann unter bestimmten Vorsichten die Reaction noch zu erkennen Beben. Legt man nämlich einen Fichtenspan in eine solche Lösung hinein und lässt man denselben 24 Stunden darin liegen, so ruft Salzsäure nach einiger Zeit an diesem Holze noch eine erkennbare Rothfärbung hervor. Man hat es also hier mit einer äusserst empfindlichen Reaction auf Phloroglucin zu thun. Aber auch die kleinsten Spuren von Holzsubstanz in vegetabilischen Geweben lassen sich durch Phloroglucin Nachweisen, besser noch als durch das von mir in die Pflanzenanatomie Eingeführte schwefelsaure Anilin. Die zartesten Keimlinge lassen mit Hilfe dieser Reaction schon eine Verholzung der Gefässe erkennen; die Spur von Holzsubstanz, welche ich mit Hilfe von schwefelsaurem Anilin im Korke vor längerer Zeit entdeckte, lässt sich mit diesem Wagens in noch auffälligerer Weise auffinden. In praktischer Beziehung dürfte diese Reaction nicht ohne Werth sein. Alle Holzschleifstoffpapiere werden durch dieses Reagens intensiv roth. Freilich darf diese Reaction bei Papier nur mit Vorsicht angewendet werden, da nicht nur das Holz, sondern jedes verholzte Gewebe durch dieselbe angezeigt wird. Und völlig gebleichter Holzstoff würde durch diese Reaction nicht aufgedeckt werden können, da die Bleiche ja grade die sogen. Holzsubstanz, diesen so häufig auftretenden Begleiter der Cellulose, zerstört. Es ist nicht nöthig, mich über die Anwendung dieser Reaction in der Untersuchung des Papieres hier ausführlicher auszusprechen, da für diese Reaction, und zwar noch im erhöhten Masse, dasselbe gilt, was ich bei Gelegenheit der Mittheilungen über das Ungerer'sche, Verfahren der Holzstofffabrikation über das schwefelsaure Anilin als Reagens auf Papier darlegte. (Vgl. 1871 202 156.) Jede Spur von Holzsubstanz im Hanfe und selbst im Flachse lässt sich durch das Phloroglucin nachweisen. Flachsproben, die durch schwefelsaures Anilin nur sehr wenig gefärbt werden, nehmen mit Phloroglucin und Salzsäure eine sehr lebhafte rothe Farbe an. Für die Unterscheidung der Flachs- und Hanfsorten ist das Phloroglucin ein, wie ich glaube, nicht zu unterschätzendes Hilfsmittel. Auf die starke Verholzung der Jute habe ich schon vor Jahren aufmerksam gemacht und gezeigt, dass man Hanf von Jute durch schwefelsaures Anilin sehr gut unterscheiden könne. Für diese Unterscheidung ist das Phloroglucin fast schon zu empfindlich. Wollte man diese Reaction dennoch für diesen Zweck benutzen, so müsste man das Phloroglucin sehr verdünnen. Die schöne rothe Farbe, welche verholzte Gewebe und verholzte Pflanzenzellen, z.B. Jute, annehmen, wenn sie mit einer halbprocentigen Lösung von Phloroglucin zusammengebracht und dann mit Salzsäure – man kann aber auch andere Säuren wie Schwefelsäure, Salpetersäure u. dgl. hierzu verwenden – befeuchtet werden, legt den Gedanken nahe, ob nicht das Phloroglucin zum Färben der Jute und anderer verholzter Fasern oder daraus gefertigter Gewebe benutzt werden könnte. Doch traue ich mir in dieser Frage kein Urtheil zu. Sollte der angeregte Gedanke nicht schon von vornherein verwerflich sein, so mögen die betreffenden Fachleute sich hierüber aussprechen.