Titel: Ueber die rothe Farbenreaction der Holzsubstanz; von Dr. A. Kielmeyer.
Autor: A. Kielmeyer
Fundstelle: Band 227, Jahrgang 1878, S. 584
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Ueber die rothe Farbenreaction der Holzsubstanz; von Dr. A. Kielmeyer. Kielmeyer, über die rothe Farbenreaction der Holzsubstanz. Prof. Dr. Wiesner hat in seiner neulich (S. 397 d. Bd.) veröffentlichten Abhandlung über Phloroglucin als Reagens der Holzsubstanz zum Schlusse die Frage aufgeworfen, ob die violettrothe Färbung der Holzsubstanz durch Phloroglucin unter Mitwirkung einer Säure nicht zum eigentlichen Färben verholzter Gewebe und verholzter Zellen, z.B. von Jute, technisch verwerthet werden könne. Da das Auftreten der Farbe die Gegenwart einer Säure bedingt, so muss zur Beantwortung dieser Frage in erster Linie festgestellt werden, ob die Farbenreaction auch nach der Behandlung des roth gefärbten Stoffes mit Wasser, eventuell mit Seife oder Soda, um das Gewebe von der schliesslich zerstörenden Einwirkung der Säure zu schützen, noch fortbesteht, und ob sie nach dem Trocknen mit ihren charakteristischen Nuancen noch fortdauert oder nicht, ferner wie nach dieser Behandlung die Farbe sich gegen Luft und Licht verhält, endlich, ob die verholzten Zellen so dicht gedrängt, so zusammenhängend und so gleichmässig vertheilt im Gewebe sind, dass ihre Färbung auf das Auge wirklich den Eindruck einer satten, durch keine Zwischen- und Halbtöne oder gar durch weisse Stellen gestörten Farbe machen kann. Taucht man ein aus Baumwolle und Wolle gemischtes Gewebe, in welchem die beiderlei Fäden sich mit unbewaffnetem Auge unterscheiden lassen, in die Lösung eines Farbstoffes, der nur die Wolle wirklich färbt, die Baumwolle aber gar nicht färbt oder nur leicht einfärbt, so hat man nach dem Abspülen des Gewebes in Wasser das Beispiel einer derart gestörten Farben Wirkung, freilich, in vergrössertem, aber deshalb sehr deutlichem Massstab vor sich. Doch ist vielleicht bei dieser Gelegenheit die Mittheilung nicht ohne Interesse, dass ich vor etlichen Jahren (1872) eine ähnliche rothe Reaction auf Fichtenholz mit einem anderen Körper erhalten habe. Durch Auskochen von Anthracen mit seinem 3fachen Gewicht Salpetersäure von 1,3298 sp. G. und seinem 40fachen Gewicht von starkem Weingeist erhält man eine Nitroverbindung, welche, mit Zinkstaub in bekannter Weise reducirt, eine organische Base liefert, deren saure salzsaure Lösung Fichtenholz ebenso charakteristisch blutroth färbt, wie dasselbe durch Anilinsalze gelb gefärbt wird. Auf Baumwolle, ähnlich dem Salzsäuren Anilin, aufgedruckt, lieferte diese salzsaure Base nur ein mattes, wenig versprechendes Grau, womit mein Interesse für den neuen Körper aufhörte. Aber zufälliger Weise ersuchte mich grade damals ein Papierfabrikant um Angabe eines Reagens, mit dessen Hilfe er in Papiermustern den beigemengten Holzschleifstoff deutlicher erkennen möchte, als mit dem sonst hierzu verwendeten salzsauren Anilin. Wirklich erfüllte jene aus dem Anthracen gewonnene salzsaure Verbindung ihren Zweck als Reagens in ganz befriedigender Weise, sofern sich die von ihr theils orangeroth, theils tiefroth gefärbten Holztheilchen des Papieres viel deutlicher auszeichneten, als dies bei der entsprechenden mattgelben Anilinreaction der Fall ist.