Titel: | Ueber das Brennen von Ziegelsteinen im Ringofen; von Ferd. Fischer. |
Autor: | Ferd. Fischer |
Fundstelle: | Band 228, Jahrgang 1878, S. 65 |
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Ueber das Brennen von Ziegelsteinen im Ringofen;
von Ferd. Fischer.
F. Fischer, über das Brennen von Ziegelsteinen im
Ringofen.
Geschichtliches.
Die ältesten Baudenkmäler aus Ziegelsteinen sind in Egypten aufgefunden; so wurde
durch die neuesten Nachforschungen festgestellt, daſs der aus Ziegeln hergestellte
Belustempel die Höhe eines Stadiums (200m) gehabt
hat, und daſs er von einer 8 Meilen langen Mauer umgeben war. Das Alter dieser
Bauwerke wird auf 12000 Jahre geschätzt. Auch einige Pyramiden wurden ganz aus
Ziegeln hergestellt; eine solche von König Asychis
erbaute trägt eine Steintafel mit folgender Inschrift: „Halte mich nicht gering
im Vergleich mit den steinernen Pyramiden, denn ich rage vor ihnen ebenso hervor
wie Zeus vor den Göttern. Denn mit der Stange in den See stechend, sammelten
sie, was von Schlamm an der Stange hängen blieb, strichen Ziegel daraus und
erbauten mich auf solche Weise.“ – Aus Nilschlamm fertigten die Egypter
ferner keilförmige Ziegel zur Herstellung der ältesten bekannten Gewölbe, deren
Alter bis etwa 3000 Jahre v. Chr. hinaufreicht.
Massenhafter noch wurden gebrannte Steine in Babylon verwendet.
„Wohlan, lasset uns Ziegel streichen und brennen“ sprachen die Babylonier
bei dem bekannten Thurmbau (1. Buch Moses, 11. Cap. 3. Vers) und nahmen Ziegel zu
Stein und Thon zu Kalk.“ Nach Herodot (1. Buch,
Cap. 178) war Babylon mit einem Graben und einer Mauer von 50 Ellen Breite und 200
Ellen Höhe umgeben. „Während sie den Graben gruben, fertigten sie zugleich Ziegel
aus der Erde, die aus den Gruben geworfen ward, und nachdem sie eine
hinreichende Zahl von Ziegeln gestrichen hatten, brannten sie dieselben in
Oefen.“ Die Herstellung von Backsteinen hatte demnach hier bereits 3000 v.
Chr., wie man aus der schönen, lebhaft gefärbten Glasur der in den Ruinen Babylons
gefundenen Ziegel schlieſsen muſs, eine solche Vollkommenheit erreicht, daſs die
Erfindung der Ziegelbrennerei um noch einige Jahrhunderte älter sein muſs, als die
Gründung der Stadt. Auch in China, Japan und Hinterindien sind Ziegelsteine seit
undenklichen Zeiten im Gebrauch.
Griechen und Römer verwendeten allgemein Ziegelsteine (vgl. 1842
85 389); Vitruv (2.
Buch, 3. Cap.) bespricht ausführlich getrocknete Lehmsteine (lateres) und gebrannte Ziegelsteine (testae).
Von Rom aus verbreitete sich der Backsteinbau über Italien, Gallien, Britanien,
Spanien und Deutschland. Das älteste römische Backsteinmauerwerk in Deutschland ist
am Dom zu Trier; die dazu verwendeten Ziegel scheinen aus der Zeit des Augustus zu stammen. Allgemeiner wurde in Deutschland
die Herstellung und Verwendung der Ziegelsteine aber erst im 12. Jahrhundert. Von
der Hansa wurden Ziegelsteinbauten ausgeführt in Antwerpen, Bergen, Petersburg, und
der deutsche Ritterorden begann i. J. 1276 das Schloſs von Marienburg zu bauen. Aber
selbst im 17. Jahrhundert war die Ziegelfabrikation in Deutschland noch
mangelhaftVgl. R. Gottgetreu: Physische und chemische
Beschaffenheit der Baumaterialien (Berlin 1874), S.
165.; erst der neuesten Zeit war es vorbehalten, nicht nur den
mechanischen Theil derselben sehr zu vervollkommnen, sondern auch die Anfänge einer
wissenschaftlichen Grundlage zur Beurtheilung des Thones und des Brennproceſses zu
schaffen.
Bekanntlich verlangt der Bauingenieur, daſs die ihm gelieferten
Ziegelsteine, abgesehen von einer passenden Form, eine gewisse Härte und Festigkeit
zeigen, nicht verwittern, oft auch, daſs sie eine bestimmte Farbe haben. Der
Fabrikant aber wünscht dies mit möglichst geringen Kosten zu erreichen, namentlich
möglichst wenig Brennmaterial zu verwenden. Die Erfüllung dieser Forderungen ist nun
abhängig von der Beschaffenheit des verwendeten Thones, der beim Brennen erreichten
Temperatur und von der Zusammensetzung der im Ofen entwickelten Rauchgase.Daſs auch die Art der Verarbeitung von Einfluſs auf die Festigkeit der
Ziegelsteine ist, zeigen die Versuche von Bauernfeind. Hiernach beträgt das Zerdrückungsgewicht für 1qc eines gewöhnlichen, mit der Hand
gestrichenen Backsteins von 1,65 bis 1,74 sp. G. 137k, für gewöhnliche Maschinensteine von 1,7
sp. G. 208, für auf der Maschine nachgepreſste Ziegelsteine 283k, dagegen für poröse (Tuff-) Ziegel nur
45k. Rondelet und Rennie fanden für
Ziegelsteine 50 bis 100k, Barlow 174k.
(Vgl. Gottgetreu: Baumaterialien, S. 300.
Ferner D. p. J. 1875 215 281. 1876 220 310.)
Die bei der Ziegelfabrikation in Frage kommenden Thone sind Gemenge von Quarzsand,
unzersetzten Mineraltrümmern und dem Verwitterungsproduct feldspathartiger
Mineralien, der eigentlichen Thonsubstanz, meist verunreinigt mit Kalk, organischen
Stoffen u. dgl. Die Zusammensetzung der reinen Thonsubstanz entspricht nach FreseniusJournal für praktische Chemie, Bd. 57 S.
65. der Formel Al2O3, 3 SiO3 2 HO, nach Brogniart und Malaguti
(1863 169 463) 3Al2O3, 4SiO3
+6HO, nach Forchhammer und A. Terreil (1862 165 440) 2Al2O3,
3SiO3 +6 HO, nach C. BischofC. Bischof: Die feuerfesten Thone, S.
70., der das eine Aequivalent SiO3 frei annimmt, Al2O3, SiO3 + 2HO,
während H. SegerNotizblatt des Vereines für Fabrikation von
Ziegeln, 1876 S. 245. für 3 Kaoline die Formel Al2O3, 2 SiO2 + 2
HO oder H2Al2 (SiO4)2
H2O fand (vgl. 1865 177 383).
Nach H. Seger und J.
AronThonindustriezeitung, 1877 S. 11.
hatten z.B. die nachbenannten Kaoline folgende Zusammensetzung:
Bestandtheile
Kaolin vonLedetz
Kaolin vonKottiken
Kaolin vonTremosna
Kaolin vonZettlitz
Kaolin vonLettin
Kaolin vonKaschkan
Kaolin vonSennewitz
Masse der
kgl.Porzellan-Mannufactur
Thonsubstanz
88,26
87,41
90,29
96,55
74,09
78,51
63,77
54,92
Quarz
3,08
6,40
4,08
2,30
17,21
20,90
35,50
23,52
Feldspath
8,66
6,19
5,63
1,15
8,70
0,59
0,73
21,56
Thonsubstanz
KieselsäureThonerdeEisenoxydMagnesiaKaliWasser
45,3639,58 0,92 0,20 0,2114,02
44,7639,65 0,72 0,34 0,0214,07
45,9839,36 0,73 0,45 0,9913,28
45,3639,71 1,13– 1,2413,32
45,6338,08 0,88 0,66 1,8413,32
45,0039,32 0,75 0,28 0,5314,20
45,3037,15 1,29 0,78 2,0213,11
45,4637,35 1,07 0,73 2,5712,74
Sehr ähnlich und der letzten Formel entsprechend ist die Zusammensetzung der
Thonsubstanz einer Reihe französischer und deutscher plastischer Thone, welche H. SegerThonindustriezeitung, 1877 S. 456.
untersucht hat, und von denen angeführt werden mögen: die weiſsen Thone von
Ebernhahn (1), Baumbach (2), Bendorf (3), Lämmersbach (4) und Höhr (5), sämmtlich
aus dem sogen. Kannenbäckerlande, ferner ein magerer (6) und ein fetter (7) weiſser
Steinzeugthon französischen Ursprunges:
Bestandtheile
1
2
3
4
5
6
7
Thonsubstanz
71,22
76,30
39,71
66,23
54,73
44,63
71,54
Quarz
24,03
22,40
57,15
31,42
41,77
52,77
25,97
Feldspathreste
4,75
1,30
3,14
2,35
3,50
2,60
2,49
Thonsubstanz
KieselsäureThonerdeEisenoxydKalkMagnesiaKaliGlühverlust
46,6236,01 1,39– 0,73 3,4710,19
47,4437,21 1,68Spur 0,79 4,22 9,69
47,4435,74 1,94Spur 0,88 3,85 9,52
47,3936,40 1,52– 0,51 3,96 9,92
47,4537,88 1,41– 0,71 4,08 9,00
45,9938,08 2,44Spur 1,19 2,3610,76
45,7535,77 2,94– 0,78 1,2413,70
Wie Seger hervorhebt, gibt somit die chemische
Zusammensetzung keine Anhaltspunkte zur Beurtheilung der scharf hervortretenden
Verschiedenheiten in dem Grad der Plasticität, welche bei den Kaolinen bekanntlich
sehr gering ist, selbst bei meist beträchtlich höherem Gehalt an reinem
wasserhaltigem Thonerdesilicat. Es scheint demnach die Eigenschaft der Plasticität
nicht einer bestimmten chemischen Verbindung eigenthümlich zu sein, sondern nach dem
Grade der mechanischen Zertheilung und der Art der molecularen Lagerung bei Stoffen
gleicher chemischer Zusammensetzung schwanken zu können, und ist der Grad der
Plasticität nach Seger vielleicht bereits in der
Structur der Gesteine, welchen der Thon seine Entstehung verdankt, begründet.
Weniger gut als diese reine Thonsubstanz entspricht der genannten Formel die
Zusammensetzung der durch concentrirte Schwefelsäure aufschlieſsbaren Substanz der
gewöhnlichen Ziegelthone (vgl. 1864 172 465). Nach SegerNotizblatt des Vereines für Fabrikation von
Ziegeln, 1876 S. 255. hatte der Thon von Rathenow, sowie
die Klinkerthone von Bockhorn, Schwarzehütte bei Osterode und von Christiania
folgende Zusammensetzung:
Bestandtheile
Rathenow
Bockhorn
Schwarzehütte
Christiania
Quarz
27,17
44,06
50,64
18,33
Feldspath- und andere Mineraltrümmer
12,70
14,06
19,37
32,64
Thonsubstanz
64,13
41,88
29,99
49,03
Thonsubstanz
KieselsäureThonerdeEisenoxydKalkMagnesiaKali und
NatronWasser
25,3616,37 6,66 0,85 1,00 2,07 8,29
16,2711,85 6,80– 1,30 2,02 5,30
13,73 6,04 5,34– 1,36 1,55 2,48
22,0111,40 6,17– 2,64 2,50 3,61
Die durch Schwefelsäure aufschlieſsbare unreine Thonsubstanz der Ziegelthone enthält
somit kohlensaures Calcium, Eisenoxyd, geringe Mengen von Alkalien, Magnesia, ferner
Mangan, seltener Phosphorsäure, BarytSeger (Thonindustriezeitung, 1877 S. 362) fand in einem Feldspath von
Chotoun bei Prag 2,8 Proc. Baryt., Titan (1869 192 116) Gold und
VanadinWagner's Jahresbericht, 1861 S. 89. Stohmann und Kerl:
Chemie, Bd. 5 S. 368 und 521..
Den Wassergehalt geben die Thone theils beim Trocknen ab, wobei sie nach SegerNotizblatt des Vereines für Fabrikation von
Ziegeln, 1875 S. 336. eine lineare Schwindung bis 11,5
Proc. zeigen, theils aber erst bei höherer Temperatur. Durch den Verlust dieses erst
bei Glühhitze entweichenden Hydratwassers verliert der Thon seine Aufschlämmbarkeit
sowie Plasticität dauernd und bildet eine steinartige, sehr poröse und noch leicht
zerreibliche Masse. Mit steigender Temperatur wird er dichter, härter, klingend, hat
aber noch einen erdigen Bruch; die Kieselsäure treibt dann die Kohlensäure, das
Chlor und die Schwefelsäure aus, bildet mit den Alkalien, dem Kalk, der Magnesia und
dem Eisenoxyd Silicate und diese geben mit dem Thonerdesilicat leichtflüssige
Doppelsilicate, der Thon sintert mehr und mehr, bis er schlieſslich völlig schmilzt.
Obgleich das specifische Gewicht der Thonsubstanz nach den Versuchen von Laurent beim Erhitzen von 100° bis Dunkelrothglut von
2,47 bis 2,70 steigt, dann aber bei Weiſsglut wieder auf 2,48 fällt, nimmt doch die
Dichte der ganzen Ziegelsteine durch Abnahme der Poren mit steigender Temperatur zu. Karmarsch fand, daſs frisch geformte Steine von 262mm Länge, 130mm
Breite und 61mm Dicke schwanden:
Länge
Breite
Dicke.
Durch Trocknen
7,25
10,75
9,75
Proc.
Durch Trocknen und schwaches Brennen
8,50
13,00
14,75
„
Durch starkes Brennen zu Klinker
11,75
23,00
19,75
„
Aron (1875 216 258) 438. 217 47)
fand eine lineare Schwindung von 0,3 bis 4,1 Proc. bei Rothglut und 1,2 bis 8 Proc.
bei Weiſsglut; die Steine schwanden um so weniger, je gröber die Korngröſse des
darin enthaltenen Quarzsandes war.Notizblatt des Vereines für Fabrikation von
Ziegeln, 1875 S. 316. 319. Thon von Grünstadt zeigte bei
650° noch keine Schwindung, bei 800° 0,7, bei 900° 4,7 bei 950° 6,5 und bei 980° 7,3
Proc. Schwindung (vgl. 1875 215 137). F. W. DaubeNotizblatt des Vereines für Fabrikation von
Ziegeln, 1877 S. 318. fand beim Trocknen und Brennen
eines Thones folgende Abnahmen des Gewichtes und Volums:
Gewichts-verlust
GesammtelineareSchwindung
Nach dem Trocknen an der Luft nach 1 Tag
Proc.11,7
Proc.5,0
„ „ „ „ „ „ „ 2
„
16,1
5,6
„ „ „ „ „ „ „ 20
„
19,8
6,4
Nach dem Trocknen bei 150°
22,0
6,7
Nach dem Brennen, schwach gebrannt (roth)
28,4
6,7
„ „ „ mittelhart
29,0
6,9
„ „ „ hart (weiſs)
29,6
–
„ „ „ zu Klinker (grün)
29,6
8,8
Wie sehr die Porosität und die Widerstandsfähigkeit der aus demselben Thone
hergestellten Ziegelsteine von der beim Brennen angewendeten Temperatur abhängen,
bestätigen die weiteren Versuche von Daube, deren
Resultate in folgender Tabelle zusammengestellt sind.
Schwachgebrannt
Mittelhartgebrannt
Hartgebrannt
Klinker
Aufnahme von Feuchtigkeit an der Luft. Proc.
0,4
0,08
0
0
Desgleichen beim Eintauchen in Wasser
16,2
16,5
16,4
1,6
Desgleichen in kochendes Wasser
18,0
19,3
19,0
2,6
Hierbei in Wasser gelöst (CaSO4)
0,7
0,2
0,15
0,09
Gewichtsverlust in 10proc. Salzsäure
8,5
8,0
7,4
2,5
Desgleichen in Salpetersäure
5,0
4,9
4,0
0,6
Gewichtszunahme in Schwefelsäure durch Bildung
von CaSO4
1,2
1,2
0,9
0,8
Nach dem Behandeln mit Salzsäure zeigten die schwach und mittelhart gebrannten Steine
starke Risse, die hart gebrannten nur feine Risse, während die Klinker unverändert
geblieben waren.
(Fortsetzung folgt.)