Titel: Universal-Weckeruhr von Adolf Hummel in Furtwangen.
Autor: C. Schott
Fundstelle: Band 229, Jahrgang 1878, S. 429
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Universal-Weckeruhr von Adolf Hummel in Furtwangen. Mit Abbildungen auf Tafel 37. Schott, über Hummel's Universal-Weckeruhr. Das Bedürfniſs nach Weckeruhren muſs sich schon frühzeitig geltend gemacht haben; unsere ältesten Schwarzwälder Holzuhren zeigen bereits derartige Vorrichtungen, wenn auch in sehr primitiver Form. Die bisher allgemein übliche Einrichtung bei den sogen. Weckeruhren besteht im Wesentlichen in Folgendem: Durch ein Gewicht oder eine Zugfeder wird ein kleiner Hammer in schwingende Bewegung versetzt. Dieser trifft nun ein kleines Glöckchen (in manchen Fällen auch die Hauptglocke) und verursacht so das hörbare Signal. Der Hammer ist auſser seiner Thätigkeit durch einen Stift gehalten. Auf der Welle dieses Stiftes sitzt ein zweiter, der sogen. Auslösungsstift, welcher mit seinem freien Ende auf der Pheripherie einer Scheibe (Weckerscheibe) aufliegt. Diese sitzt auf der Achse des Stundenrades (kleinen Zeigers) auf und dreht sich somit in 12 Stunden einmal um die Achse. Die Peripherie dieser Scheibe zeigt einen kleinen Einschnitt. Sobald nun der Auslösungsstift in diesen Einschnitt niedergedrückt wird, ist der Hammer frei und das Läuten (Wecken) beginnt. Die sogen. Reisewecker haben einen Absteller (Abstellstift), durch welchen das Läuten unterbrochen werden kann. In neuester Zeit läſst man den Auslösungsstift durch ein kleines Gewicht niederziehen; zugleich nimmt man lang wirkende Wecker an, indem für diese ein besonderes Laufwerk aus 3 Rädern angeordnet wird. Das Läuten währt dann so lange, bis das Gewicht (Zugfeder) abgelaufen ist (2 bis 2½ Stunden), oder bis der zu Weckende das den Auslösungsstift niederdrückende Gewichtchen aufhängt. Alle die bis jetzt erfundenen und üblichen Weckeruhren, welche meist auch sehr primitiv ausgeführt sind, zeigen aber noch vielerlei Mängel. Zunächst lassen sich die bisher üblichen Weckeruhren immer nur auf eine Zeit einstellen; sie functioniren somit nur ein einziges Mal und müssen danach aufs Neue gerichtet werden. Deshalb können diese Wecker auch nicht auf mehrere Tage genügen, denn sie müssen entweder (wie bei den gewöhnlichen) frisch aufgezogen werden, oder man muſs (wie z.B. bei den Sauer'schen, Weckern) die Abstellung beseitigen. Es ist deshalb leicht begreiflich, daſs bei diesen Weckeruhren die Vergeſslichkeit eine groſse Rolle spielt und dadurch der Werth der Uhren illusorisch wird. Eine Uhr, auf deren rechtzeitige Wirksamkeit aber oft vieles ankommt (man denke z.B. an die Weckeruhren der Bahnbediensteten, Krankenwärter u.a.), sollte nicht von derartigen Zufälligkeiten und namentlich nie von der Pünktlichkeit des Dienstpersonals abhängen. Die gewöhnliche Weckerscheibe läſst sich ferner nie genau einstellen, so daſs immer ein Spielraum von mehreren Minuten, oft sogar von einer Viertelstunde bleibt. Endlich sind die Weckeruhren mit der gewöhnlichen Weckerscheibe sehr leicht der Beschädigung ausgesetzt. Wird nämlich der Zeiger und damit auch die Scheibe oder diese allein entgegengesetzt ihrer normalen Umdrehung (von rechts durch links nach rechts) bewegt, was von Unkundigen beim Richten des Weckers häufig vorkommt, so stemmt sich der Auslösestift gegen den Zahn in der Scheibe und eine Beschädigung ist unausbleiblich. Die gewöhnliche Weckerscheibe läſst ferner wegen ihres kleinen Umfanges nur eine sehr ungenaue Eintheilung zu und sind namentlich auch die Ziffern sehr schwer abzulesen. Es wurde schon vielfältig das Bedürfniſs nach einer Weckeruhr laut, welche den hier angeführten Mängeln und Nachtheilen nicht unterworfen ist. Dem Uhrenfabrikanten A. Hummel in Furtwangen ist es endlich gelungen, eine Weckeruhr (D. R. P. Nr. 1565 vom 4. Juli 1877) zu construiren, welche allen Anforderungen entspricht und die deshalb mit vollem Recht den Namen „Universal-Weckeruhr (Fig. 9 bis 13 Taf. 37) verdient. Auch hier wurde, wie dies früher schon im Schwarzwald für gewisse Fälle üblich war, für den Wecker ein besonderes Laufwerk angenommen. Auf der Ankerwelle dieses Laufwerkes (Fig. 10 und 11), bestehend aus Bodenrad a (mit Kettenrad oder Federhaus und Sperrrad), Mittelrad b und Steigrad c, sitzt ein Hammerarm D, welcher nach seiner Auslösung in schwingende Bewegung versetzt wird, auf eine oder zwei Glocken schlägt und so ein sehr lautes Signal abgibt. Da im Räderwerk dieses Weckers eine mehrfache Uebersetzung stattfindet, so kann das Wecken unter Umständen sehr lange währen, bei der vorliegenden Construction etwa 3 Stunden. Die Auslösung des Weckerhammers geschieht auf folgende Weise. Auf der Achse des Stundenrades e, welches in 12 Stunden eine Umdrehung macht, sitzt das Auslösungsrad (Weckerscheibe) F, dessen Uebersetzung so getroffen ist, daſs es in 24 Stunden eine Umdrehung macht. Ueber und hinter der Weckerscheibe befindet sich der Auslösungshebel G, welcher um den Zapfen r vertical drehbar ist. An seinem linken Ende trägt derselbe den Auslösungs- oder Arretirungsstift g. In die Hammerwelle D ist der Stift d eingelöthet; dieser ragt mit seinem rechtwinklig abgebogenen freien Ende durch eine kleine Oeffnung i der vorderen Uhrgestellplatine hinaus und macht mit dem Hammer dessen schwingende Bewegungen mit. Der Auslösungshebel G legt sich nun in seiner Ruhelage mit dem Auslösungastift g vor das Ende des Stiftes d und hält diesen dadurch fest, d.h. verhindert dessen schwingende Bewegung. Selbstverständlich ist jetzt auch der Hammer D arretirt (vgl. Fig. 10 bis 12). Der Wecker ist auſser Thätigkeit. Wird nun der Auslösungshebel G um seinen Zapfen r aufwärts gedreht, so hebt sich sein freies Ende und gelangt der Auslösungsstift g in die Stellung g' bis über die Oeffnung i in der Platine. Jetzt ist der Stift d frei und der Wecker tritt in Thätigkeit. Senkt sich dagegen der Auslösungshebel wieder bis zu seiner Ruhelage, so stellt sich der Auslösungsstift g vor den Stift d; der Wecker ist wieder arretirt. Die Hebung und Senkung des Auslösungshebels wird nun auf folgende Weise bewerkstelligt. In den Radkranz der Weckerscheibe F (Fig. 9 und 10) sind 96 Löcher eingebohrt, welche den 24 Tagesstunden und den dazwischen liegenden Viertelstunden entsprechen. In diese Löcher sind Stifte, sogen. Auslösungsnägel, eingeschliffen, welche sich jedoch nur bis zu einer gewissen, genau bestimmten Länge einstecken lassen. Auf dem Auslösungshebel G ist der Auslösungszahn z aufgeschraubt, welcher sich- in der Ruhelage des Auslösungshebels so weit herabgesenkt hat, daſs er von den Auslösungsnägeln getroffen werden muſs. An die linke untere Seite dieses Auslösungszahnes z ist die Hebelfläche hl (Fig. 13) angeschliffen. Trifft nun das Ende eines Auslösungsnagels diese Fläche, so beginnt er den Auslösungszahn z und mit diesem den Hebel G zu heben so lange, bis der Punkt l erreicht ist, worauf der Auslösungsnagel auf der polirten Fläche lm des Zahnes z fortgleitet. Sobald aber der Auslösungsnagel den Endpunkt l erreicht, hat sich auch der Auslösungsstift g so weit gehoben, daſs der Stift d nunmehr frei ist und der Wecker in Thätigkeit treten kann. Kommt dagegen ein Auslösungsnagel an das Ende m, so fällt der Auslösungshebel durch seine eigene Schwere in die Ruhelage zurück und der Wecker ist wieder arretirt. Das Läuten dauert daher so lange, als der Auslösungszahn z auf einem Auslösungsnagel aufliegt. Von der Länge des Bogens lm hangt somit auch die Dauer der Thätigkeit des Weckers ab. Nimmt man deshalb den Auflösungszahn schmäler oder breiter, so währt auch das Wecken kürzere oder längere Zeit. Nach der vorliegenden Construction würde der Wecker etwa ½ Stunde läuten. In den meisten Fällen dürfte jedoch eine Zeit von 10 Minuten mehr als genügen. Alsdann könnte der Auslösungszahn auch viel schmäler angenommen werden. Sollte ein 10 Minuten langes Wecken (die gewöhnlichen Schwarzwälder Wecker läuten kaum 30 Secunden) nicht genügen, so braucht man blos mehrere Auslösungsnägel nach einander einzustecken und der Wecker functionirt dann stundenlang. Es geht aus der Beschreibung hervor, und ist auch aus der Zeichnung sofort ersichtlich, daſs der nächstfolgende Auslösungsnagel dieselbe Wirkung wie der erste hervorbringen muſs; daſs also das „Wecken“ auf jede beliebige Viertelstunde eingestellt werden kann, je nachdem ein Auslösungsnagel in das betreffende Loch eingesteckt wird. Der Reihe nach kommen die den Zeitstunden entsprechenden Oeffnungen der Weckerscheibe mit den jeweils dazwischen liegenden Vierteln unter den Zahn z des Auslösungshebels und können somit durch Einstecken von Auslösungsnägeln wirksam gemacht werden. Um das Auffinden der den einzelnen Zeitstunden entsprechenden Löcher zu erleichtern, ist auf der Weckerscheibe ein kleines Zifferblatt P (Fig. 9 und 11) befestigt, welches sich mit jener umdreht. Dieses Zifferblatt ist oben wie die Scheibe durchbohrt und zwar so, daſs die Oeffnungen genau auf einander passen. Da sich die Weckerscheibe wie der kleine Zeiger von rechts nach links umdreht, so müssen die Ziffern auf diesem Zifferblatt P in umgekehrter Reihe folgen wie jene auf dem Hauptblatt. Die Ziffern auf schraffirtem Felde entsprechen den Nachtstunden, die übrigen den Tagesstunden. Die Auslösungsnägel, deren mehrere eingezeichnet sind, werden wie bereits erwähnt, in die Oeffnungen der Weckerscheibe genau eingeschliffen und erhalten durch die Stärke des Radkranzes eine sichere Führung. Zugleich wird hierdurch einem zufälligen Herausfallen der Nägel vorgebeugt. Zu jeder Uhr werden 24 Nägel gegeben; diejenigen, welche keine Verwendung finden, werden an der Peripherie des groſsen Zifferblattes eingesteckt und auf diese Weise aufbewahrt. Der Zahn z ist auf dem Auslösungshebel G derart befestigt, daſs er sich drehen kann. Durch den Stift o auf dem Auslösungshebel ist einer weiteren Rechtsbewegung des Zahnes z über die verticale Stellung hinaus vorgebeugt; die Feder q hält den Zahn zugleich in seiner Stellung. Streift nun ein Auslösungsnagel während seiner normalen Umdrehung von rechts nach links die Hebelfläche, so kann er wegen dem Stift o nicht ausweichen, der Hebel muſs sich also heben. Wird dagegen das Zeigerrad und mit ihm die Weckerscheibe mit den Auslösungnägeln einmal links herum bewegt, so trifft ein Nagel die Fläche t (Fig. 13) des Zahnes z, dreht diesen nach links und kann so selbst seine Umdrehung ungehindert fortsetzen, ohne daſs irgend welche Beschädigung verursacht wird, indem die Feder q den Zahn z sofort wieder in seine richtige Lage zurückführt. Als ein wesentlicher Vorzug der Hummel'schen Weckeruhr dürfte die Vorrichtung zum Unterbrechen des Weckens angesehen werden; diese besteht zunächst aus dem Abstellhebel H (Fig. 10 bis 12). Am rechten Ende desselben befindet sich der um v drehbare Stellkegel k. Durch die Feder u wird derselbe in seiner Lage gehalten, während der Stift w eine Weiterdrehung nach dieser Richtung unmöglich macht. Auf der hinteren Seite des Auslösungshebels G ist der Stift g1 eingesteckt. Dieser beschreibt bei der Hebung des Auslösungshebels den Bogen αβ und hebt sich bis g2. Wird nun der Winkelhebel H an der Schnur N angezogen, so hebt sich der rechte Arm desselben und das Ende des Sperrkegels k beschreibt den Bogen γδ. Auf diesem Wege trifft der Sperrkegel den Stift g1, klappt an diesem vorbei und legt sich nun, sobald man mit dem Anziehen der Schnur nachläſst, mit seiner unteren Fläche auf diesen Stift. Dadurch wird zugleich der Winkelhebel H in der Höhe gehalten und zwar so lange, als der Auslösungshebel G selbst in der Höhe bleibt, d.h. so lange, als das Wecken andauert. Senkt sich der Auslösungshebel G in seine Ruhelage zurück, so gleitet der Sperrkegel von dem Stift g1 ab und fällt nun auch seinerseits, durch die Feder p (Fig. 10) getrieben, in seine frühere Lage zurück. In Fig. 12 ist der Winkelhebel H in seiner Ruhelage und in seiner höchsten Lage veranschaulicht. Auf das linke Ende des Abstellhebels H ist zugleich der Arm s aufgesteckt, welcher in der Ruhelage an dem Stift x anliegt. Dieser Arm macht selbstverständlich die vorhin beschriebenen Aufwärts- und Abwärtsbewegung des Hebels H mit. In der Ruhelage des letzteren befindet er sich seitlich des Stiftes d und hemmt somit dessen Bewegungen nicht. Wird dagegen der Abstellhebel H bei N angezogen, so senkt sich der Arm s (Fig. 12), stellt sich vor den Stift d und hemmt daher dessen Bewegung und damit auch das Läuten; der Wecker ist abgestellt. Fällt der Abstellhebel H in seine Ruhelage zurück, so hebt sich auch der Arm s über den Schlitz i und wird somit durch ihn der Stift d in seinen Bewegungen nicht mehr gehemmt. Mit der Hebung des Hebels G kann also der Wecker wieder functioniren. Hängt man an die Schnur ein kleines Gewichtchen, oder befestigt dieselbe nach dem Anziehen an einen in die Wand eingeschlagenen Nagel, so bleibt der Arm s gesenkt, der Wecker ist, so lange dieses Hinderniſs andauert, arretirt und die Uhr functionirt von jetzt ab als einfacher Zeitmesser. Während nun bei den seitherigen Weckeruhren der Wecker nach seiner Abstellung erst dann wieder functioniren kann, wenn letztere beseitigt ist, wird diese bei der hier vorliegenden Construction durch das Uhrwerk selbst wieder aufgehoben; die Uhr wird also zu einer etwa später festgesetzten Zeit wieder wecken, ohne daſs besondere Vorsorge zu treffen ist. Die beschriebene Weckervorrichtung kann bei jedem Uhrwerk angebracht werden; die einzelnen Bestandtheile sind einfach und solid construirt; eine Beschädigung ist nicht leicht möglich. Im vorliegenden Falle wurde das Werk einer maſsiven 8-Tage-Uhr angenommen, weil die Wecker Vorrichtungen bei dieser Uhrensorte am häufigsten vorkommen. Die Vorzüge der Hummel'schen Universal-Weckeruhr sind, kurz zusammengefaſst, folgende: 1) Leichtes Ablesen der Ziffern auf dem Weckerzifferblatt. 2) Rechtzeitiges sicheres Functioniren des Weckers. 3) Lang anhaltendes Wecken. 4) Leichte und sichere Abstellung des Weckers. 5) Wiederholtes Wecken zu verschiedenen Zeiten bei nur einmaligem Richten. 6) Selbstthätige Aufhebung der Abstellung. C. Schott.

Tafeln

Tafel Tafel 37
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